OGH vom 25.04.2013, 2Ob16/13m
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der Klägerin J***** H*****, vertreten durch Pallauf Meißnitzer Staindl Partner, Rechtsanwälte in Salzburg, gegen den Beklagten J***** H*****, vertreten durch Dr. Thomas Girardi, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Feststellung (Streitwert 10.800 EUR) sA, über den Revisionsrekurs der Klägerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom , GZ 3 R 199/12y 9, womit der Beschluss des Landesgerichts Salzburg vom , GZ 7 Cg 129/12z 4, abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Revisionsrekursbeantwortung des Beklagten wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Im Grundbuch ist zur EZ der Liegenschaft der Klägerin im Lastenblatt die Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens auf einem Grundstück der Klägerin „gemäß Pkt V Schenkungsvertrag 1990 02 07“ für Grundstücke des Beklagten, ihres Bruders, eingetragen und im Gutsbestandsblatt der EZ der Liegenschaft des Beklagten ersichtlich gemacht.
Die Klägerin behauptet, der Beklagte beabsichtige, das herrschende Grundstück in Bauflächen zu parzellieren. Bei Vertragsschluss sei jedoch nur ein Teil dieses Grundstücks Bauland gewesen, während der Rest landwirtschaftlich genutzt worden sei. Das Parzellieren des herrschenden Grundstücks für Bauzwecke erweitere unzulässig die Dienstbarkeit. Deshalb begehrte die Klägerin die urteilsmäßige Feststellung, dass die dem Beklagten als Eigentümer des herrschenden Grundstücks am Grundstück der Klägerin zustehende Dienstbarkeit des Geh und Fahrtrechts nur zur Erschließung eines in der Klage näher beschriebenen Teils des herrschenden Grundstücks von etwa 1.000 m 2 als Bauland genutzt werden dürfe und darüber hinaus nur für landwirtschaftliche Zwecke bestünde. Hilfsweise stellte die Klägerin ein Begehren auf Unterlassung der Ausübung des Servitutsrechts für bestimmte Teile des herrschenden Grundstücks zu anderen als zu landwirtschaftlichen Zwecken. Ferner beantragte sie, die Klage im Grundbuch sowohl beim herrschenden als auch beim dienenden Grundstück anzumerken.
Das Erstgericht bewilligte die Streitanmerkung ob der dem Beklagten gehörenden Liegenschaft und ersuchte das Grundbuchsgericht um den Vollzug, der auch vorgenommen wurde.
Das Rekursgericht wies den Antrag auf Streitanmerkung ab. Eine Streitanmerkung sei nur zulässig, wenn die Gültigkeit einer bücherlichen Eintragung bestritten und die Wiederherstellung des früheren Buchstands verlangt werde. Die Klägerin bekämpfe jedoch den Grundbuchstand nicht. Hier bleibe das intabulierte Geh und Fahrtrecht unabhängig vom Ausgang des Verfahrens bestehen. Strittig sei nämlich nur der durch Auslegung des Vertrags zu ermittelnde Umfang des Rechts. Eine Anmerkung der Klage sei daher gemäß § 61 Abs 1 Grundbuchsgesetz (GBG) nicht zulässig. Der ordentliche Revisionsrekurs sei gemäß § 126 Abs 2 GBG und § 62 Abs 1 AußStrG mangels höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Frage, ob ein Streit über den Umfang einer Dienstbarkeit (bei der herrschenden Parzelle) im Grundbuch angemerkt werden könne, zulässig.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Klägerin mit dem Antrag, die Entscheidung der ersten Instanz wiederherzustellen. Die Klagsanmerkung könne durch Analogie auch auf Klagen angewendet werden, deren Anspruchsgrund und Funktion einem der Streitanmerkung zugänglichen Klagstypus entspreche. Die gegenständliche Klage ziele darauf ab, die Ausweitung der Dienstbarkeit abzuwehren. Damit entspreche sie jedenfalls in ihrer Funktion den im GBG geregelten Klagen. Diese Funktion liege in der Zerstörung des guten Glaubens eines Rechtsnachfolgers des dinglich Berechtigten und darin, dass das über die Klage erwirkte Urteil auch gegen die bücherlichen Rechtsnachfolger des Beklagten wirke.
Der Beklagte brachte „trotz Kenntnis der Bestimmungen des § 124 GBG“ eine Revisionsrekursbeantwortung ein.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig ; er ist aber nicht berechtigt .
1. Gemäß § 61 Abs 1 GBG kann jemand, der durch eine Einverleibung in seinem bücherlichen Recht verletzt erscheint, die Einverleibung aus dem Grund der Ungültigkeit im Prozessweg bestreitet und die Wiederherstellung des vorigen bücherlichen Standes begehrt, die Anmerkung eines solchen Streits im Grundbuch entweder gleichzeitig mit der Klage oder später verlangen. Nach Abs 2 leg cit hat die Streitanmerkung zur Folge, dass das über die Klage ergehende Urteil auch gegen die Personen, die erst nach dem Zeitpunkt, in dem das Gesuch um die Streitanmerkung an das Grundbuchsgericht gelangt ist, bücherliche Rechte erlangt haben, seine volle Wirksamkeit äußert.
2. Voraussetzung für eine Streitanmerkung ist, dass derjenige, der diese Anmerkung anstrebt, in einem bücherlichen Recht verletzt worden ist (RIS Justiz RS0060512).
Nach § 61 Abs 2 GBG ist eine Streitanmerkung nur zulässig, wenn die Wiederherstellung des früheren Buchstands begehrt wird (RIS Justiz RS0060511; Kodek in Kodek , Grundbuchsrecht 1.01 § 61 GBG Rz 37).
3. Klagsanmerkungen sind nur zulässig, soweit sie das GBG oder ein anderes Gesetz vorsieht, das festlegt, welche Rechtswirkungen damit begründet werden sollen. Das schließt eine Analogie nicht aus, schränkt sie jedoch auf Klagen ein, deren Anspruchsgrund und Funktion einem der Streitanmerkung zugänglichen Klagstypus entsprechen (RIS Justiz RS0016506).
4. Unzulässig ist etwa die Streitanmerkung der Klage auf Festlegung einer Grundstücksgrenze, mag sie auch auf ein dingliches Recht gestützt sein (7 Ob 543/90 = RIS Justiz RS0060502), oder der Klage auf Einwilligung in die Einverleibung einer vertraglich eingeräumten Dienstbarkeit ( Kodek , aaO Rz 61). Ebenso unzulässig ist die Streitanmerkung einer Klage, deren Begehren nicht auf Unwirksamkeit und Löschung eines bücherlichen Rechts, sondern auf die Lösung einer für ein allfälliges späteres Verbücherungsbegehren relevanten Vorfrage gerichtet ist (1 Ob 2359/96k = NZ 1998, 176).
5. Der hier zu beurteilende Fall ist dem zuletzt genannten ähnlich. Auch hier richtet sich das Klagebegehren nicht auf Unwirksamkeit und Löschung eines bücherlichen Rechts, sondern auf die Feststellung des konkreten Umfangs der Servitut. Aber auch im Falle eines Obsiegens der Klägerin würde sich nichts daran ändern, dass dem Beklagten das Recht der Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens auf einem Grundstück der Klägerin „gemäß Pkt V Schenkungsvertrag 1990 02 07“ (wie derzeit im Grundbuch einverleibt) zustünde. Das Klagebegehren betrifft daher auch hier bestenfalls eine Vorfrage für ein allfälliges späteres Begehren auf Verbücherung der Einschränkung der Servitut, strebt aber weder im Hauptbegehren auf Feststellung, noch im Eventualbegehren auf Unterlassung eine Änderung des Grundbuchstands an. Daher kommt eine Anmerkung der Klage im Grundbuch auch in analoger Anwendung des § 61 GBG nicht in Betracht.
Dem Rekurs der Klägerin war daher nicht Folge zu geben.
Die Revisionsrekursbeantwortung des Beklagten war zurückzuweisen, weil gemäß § 126 Abs 2 letzter Satz GBG eine Beantwortung des Revisionsrekurses nicht zulässig ist.