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OGH vom 18.04.2002, 6Ob310/01h

OGH vom 18.04.2002, 6Ob310/01h

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Kambiz N*****, vertreten durch Dr. Karl Schön, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei M***** AG, *****, vertreten durch Dr. Wolfgang W. Richter, Rechtsanwalt in Wien, wegen 1,874.617 S, Rechnungslegung und Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 118/01d-41, womit das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom , GZ 21 Cg 92/99m-35, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom , GZ 6 Ob 310/01h wird aufgehoben.

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Mit Beschluss vom , GZ 6 Ob 301/01h, wurde die außerordentliche Revision des Klägers zurückgewiesen, weil sie gegen das am zugestellte Urteil des Berufungsgerichtes erst am , also nach Ablauf der Rechtsmittelfrist, zur Post gegeben worden sei.

Nunmehr hat der Kläger durch Vorlage der mit dem Eingangsvermerk seines Vertreters versehenen ersten Seite der Ausfertigung des zweitinstanzlichen Urteiles und dem Hinweis auf den (gerade noch lesbaren) Stempel des Aufgabepostamtes auf dem Rückschein () nachgewiesen, dass das angefochtene Urteil an seinen Vertreter tatsächlich erst am zugestellt wurde, obgleich das handschriftlich auf der Übernahmsbestätigung des Rückscheines eingesetzte Datum als "" zu lesen ist (und die Abfertigung durch das Erstgericht bereits am erfolgte).

Rechtliche Beurteilung

Stellt sich die Annahme der Verspätung eines Rechtsmittels nachträglich als objektiv unrichtig heraus, dann ist dieser Fehler - auch vom Obersten Gerichtshof - in analoger Anwendung der §§ 419 Abs 1, 522 Abs 1 ZPO zu korrigieren (2 Ob 194/00v mwN). Der Zurückweisungsbeschluss vom war daher zu beheben. Die damit als rechtzeitig anzusehende außerordentliche Revision des Klägers ist jedoch mangels erheblicher Rechtsfrage unzulässig. Die Kündigung ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung. Sie bedarf keiner Annahme (RIS-Justiz RS0028555). Für Kündigungen gilt die Vorschrift des § 862a ABGB analog; sie müssen dem Vertragspartner zugegangen sein (RIS-Justiz RS0014092). Es reicht aus, dass die Willenserklärung in den Machtbereich des Adressaten gelangt ist, selbst wenn sie dieser persönlich nicht erhalten hat. Es genügt vielmehr, dass er die Möglichkeit hatte, die Erklärung zur Kenntnis zu nehmen (SZ 53/28; RIS-Justiz RS0014078). Derjenige, der eine Kündigung ausspricht, trägt regelmäßig das Risiko für den ordnungsgemäßen Zugang der Erklärung. Ein Übergang des Risikos kann nur eintreten, wenn sich der Vertragspartner dem Zugang der Erklärung absichtlich oder wider Treu und Glauben entzieht. In diesem Fall muss er sich so behandeln lassen, als ob er die Auflösungserklärung rechtzeitig empfangen hätte (RIS-Justiz RS0047277). Jeden Empfänger treffen darüber hinaus gewisse Obliegenheiten zur Vorsorge, dass ihn betreffende Erklärungen ihm auch zugehen können, und zwar umso mehr, je eher er mit der Möglichkeit des Einlangens solcher Erklärungen rechnen muss. Ein Kaufmann - wie der Kläger - wird demgemäß Empfangsvorkehrungen treffen müssen (9 ObA 124/97v = RdW 1998, 294; Rummel in Rummel ABGB I3 § 862a ABGB Rz 5). Diese in ihren grundsätzlichen Aussagen keineswegs auf das Gebiet des Arbeitsrechtes (Zugang von Kündigungen eines Dienstverhältnisses) beschränkte Rechtsprechung wurde vom Berufungsgericht zu Recht auch für den vorliegenden Fall als beachtlich angesehen. Die allgemeinen Regelungen über den rechtzeitigen Zugang von Erklärungen wird weder durch die Postordnung noch durch das - auf behördliche Zustellungen beschränkte (§ 1 ZustG) - Zustellgesetz modifiziert (vgl SZ 68/85; Rummel aaO Rz 2a mwN). Eine zur Korrektur Anlass gebende Fehlbeurteilung durch das Berufungsgericht liegt nicht vor.

Auf die Frage, ob eine durch Telefax übermittelte Kündigung dem vereinbarten Schriftlichkeitserfordernis entspricht, kommt es daher nicht an.

Fundstelle(n):
CAAAD-51247