Suchen Hilfe
OGH 16.01.1996, 4Ob503/96

OGH 16.01.1996, 4Ob503/96

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
HGB §439a
CMR allg
CMR Art1
RS0104520
Das CMR gilt nach Maßgabe des § 439a HGB für entgeltliche Güterbeförderungen, wenn der vertragliche Ort der Übernahme und der Ablieferung des Gutes im Inland liegen, doch reglementiert § 439a HGB nur die dort genannten Beförderungsverträge, nicht aber jene, die gemäß Art 1 CMR diesem Übereinkommen unmittelbar unterliegen.
Normen
HGB §425
HGB §440 Abs1
CMR Art16
RS0104521
Nach Art 16 CMR hat der Frachtführer Anspruch auf Erstattung der Kosten, die ihm dadurch entstehen, daß er Weisungen einholt oder ausführt, es sei denn, daß er diese Kosten verschuldet hat; den Ersatz anderer Aufwendungen regelt die CMR nicht.
Normen
HGB §409
HGB §413
HGB §440 Abs1
RS0104522
Der Anspruch des Spediteurs auf Ersatz seines Aufwandes bleibt trotz Vereinbarung fester Beförderungskosten bestehen, soweit es sich nicht um Fracht oder Kosten handelt, die vereinbarungsgemäß von der Fixkostenvereinbarung umfaßt werden. Aufwand ist (unter anderem) die Eingehung von Verbindlichkeiten gegenüber Dritten aus Anlaß der Spedition, wenn diese Eingehung von Verbindlichkeiten die Folge des übernommenen Auftrages war. Der Aufwand muß notwendig und nützlich sein; der Spediteur muß ihn als sorgfältiger Kaufmann unter Berücksichtigung des Interesses und allfälliger Weisungen des Versenders für erforderlich halten.
Normen
HGB §409
HGB §413
ZollG §174
ZollG §179
RS0104523
Ein Spediteur, der sich - und die beteiligten (Zwischen)Spediteure - allein schon dadurch von der Zollschuld befreien kann, daß er dem Zollamt gegenüber nachweist, die Ware dem Warenempfänger übergeben zu haben, kann bei Anwendung gehöriger Sorgfalt die trotzdem von ihm entrichteten Eingangsabgaben nicht für einen für seinen Auftraggeber (einen Zwischenspediteur) erforderlichen Aufwand halten.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes HonProf.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Graf und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T*****GesellschaftmbH & Co KG, *****vertreten durch Dr.Willibald Rath und Dr.Manfred Rath, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei J***** GesellschaftmbH, ***** vertreten durch Dr.Leo Häusler und Dr.Johann Grasch, Rechtsanwälte in Leibnitz, wegen S 301.119,-- sA, infolge Rekurses der Beklagten gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom , GZ 5 R 104/95-33, mit dem infolge Berufung der Beklagten das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom , GZ 17 Cg 295/93g-28, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und in der Sache selbst zu Recht erkannt:

Das Urteil des Erstgerichtes wird dahin abgeändert, daß das Klagebegehren, die Beklagte sei schuldig, der Klägerin S 301.119,-- samt 12 % Zinsen seit und 20 % Umsatzsteuer aus den Zinsen zu zahlen, abgewiesen wird.

Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit S 99.224,50 bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz (darin S 15.489,50 USt und S 6.287,50 Barauslagen) zu ersetzen.

Die Klägerin ist weiters schuldig, der Beklagten die mit S 66.509,40 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin S 7.109,90 USt und S 23.850,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die B***** GesellschaftmbH in L***** erteilte dem Speditionsunternehmen S***** & Co GesellschaftmbH den Auftrag, eine Maschine von England nach L***** zu transportieren. Die S***** & Co GesellschaftmbH gab den Auftrag an die Beklagte weiter. Die Beklagte beauftragte die Klägerin, die Ware unverzollt und "versiegelt" zur B***** GesellschaftmbH zu befördern. Die Fracht wurde mit S 10.000,-- vereinbart. Die Klägerin ließ die Maschine von der U*****gesellschaftmbH transportieren, welche die Maschine der B***** GesellschaftmbH unverzollt und "versiegelt" mit den Begleitpapieren übergab. Die B***** GesellschaftmbH hätte die Maschine der Zollbehörde bis als Zollgut stellen müssen, unterließ dies aber.

Am forderte das Zollamt Linz die U*****gesellschaftmbH auf, nachzuweisen, daß die Maschine verzollt worden sei. Die U*****gesellschaftmbH leitete das Ausforschungsschreiben an die Klägerin weiter; diese verständigte die Beklagte, den Masseverwalter - über das Vermögen der B***** GesellschaftmbH war am das Konkursverfahren eröffnet worden - und die Bank *****.

Die Bank ***** war Vorbehaltseigentümer der Maschine; sie verkaufte die Maschine an die E*****GesellschaftmbH. Das Speditionsunternehmen S***** GesellschaftmbH forderte die Bank und die E*****GesellschaftmbH vergeblich auf, die Maschine dem Zollamt zu stellen und die Einfuhrumsatzsteuer zu entrichten.

Das Zollamt Linz verpflichtete die U*****gesellschaftmbH mit Bescheid vom , als "Einführer" die Einfuhrumsatzsteuer von S 291.974,--, die AF-Gebühr von S 4.380,-- und den Säumniszuschlag von S 5.927,--, insgesamt S 302.281,--, zu entrichten. Die U*****gesellschaftmbH belastete die Klägerin mit diesem Betrag und mit der Barvorlage, der branchenüblichen Vorlageprovision, von S 9.145,--; sie stundete die Beträge jedoch gleichzeitig. Die Bank ***** verrechnete die AF-Gebühr und den Säumniszuschlag von insgesamt S 10.307,-- in der Folge direkt mit dem Speditionsunternehmen S***** & Co GesellschaftmbH und beglich den Betrag.

Die Klägerin begehrt S 301.119,-- sA.

Sie habe für die Beklagte auftrags- und ordnungsgemäß Speditions- und Zolleistungen erbracht. Dem Speditionsauftrag seien die Allgemeinen Österreichischen Spediteurbedingungen (AÖSp) zugrunde gelegen. Danach habe der Auftraggeber den Spediteur für allfällige Zoll- oder Steuerforderungen oder sonstige Abgaben schadlos zu halten. Als Spediteurin hätte die Beklagte für die Verzollung und Zahlung der Einfuhrumsatzsteuer Sorge tragen müssen. Der Beklagten wäre es möglich gewesen, die Einfuhrumsatzsteuer mit ihren Auftraggebern zu verrechnen. Sie hätte auch entsprechende Unterlagen vorlegen und die Aufhebung der Vorschreibung erwirken können. Die Beklagte sei nach den Usancen im Speditions- und Transportgewerbe verpflichtet, der Klägerin die Einfuhrumsatzsteuer zu zahlen. Mit der Zahlung von Nebenspesen habe die Beklagte die Haftung für die von der Klägerin erbrachten Aufwendungen übernommen. Die Klägerin sei bereit, die Originalpapiere herauszugeben, wenn die Zahlung der Forderung sichergestellt sei. Die Verjährungsbestimmungen der AÖSp seien nicht anwendbar.

Die Beklagte beantragt, das Klagebegehren abzuweisen.

Da es sich um einen grenzüberschreitenden Straßengütertransport handle, sei das Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) anzuwenden, nicht hingegen die AÖSp. Die U*****gesellschaftmbH und nicht die Beklagte hätte die Zahlung der Einfuhrumsatzsteuer sicherstellen müssen. Die Klägerin könne den Aufwand vom Absender oder vom Empfänger ersetzt verlangen. Der Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der B***** GesellschaftmbH und die über die Ware verfügungsberechtigte Bank *****seien verpflichtet, die Einfuhrumsatzsteuer zu zahlen; sie könnten die Steuer als Vorsteuer geltend machen. Dafür benötigten sie die Originalpapiere, die sich nicht in Händen der Beklagten befänden. Der Anspruch der Klägerin sei verjährt.

Die U*****gesellschaftmbH habe ihre Schadensminderungspflicht verletzt. Sie hätte von ihrem Recht gemäß § 174 Abs 4 ZollG Gebrauch machen und sich von der Verpflichtung zur Zahlung der Einfuhrumsatzsteuer befreien können.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es sprach der Klägerin Zinsen seit und nicht, wie begehrt, seit zu.

Es sei nicht üblich, daß das Speditionsunternehmen nachprüft, ob die abgelieferte Ware ordnungsgemäß gestellt wird. Üblich sei es, daß in der Auftragskette Ansprüche vom jeweiligen Auftragnehmer gegen den jeweiligen Auftraggeber geltend gemacht würden.

Die Klägerin habe den ihr erteilten Auftrag ordnungsgemäß erfüllt. Der Spediteur hafte kraft Gesetzes für die Zollschuld. Die Klägerin sei nach den Usancen und aufgrund des mit der Beklagten geschlossenen Vertrages berechtigt, die von der U*****gesellschaftmbH gezahlten und ihr angelasteten Beträge zu fordern. § 54 AÖSp sei nicht anzuwenden; die Forderung sei auch nicht verjährt.

Das Berufungsgericht hob die Entscheidung des Erstgerichtes auf und verwies die Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Urteilsfällung zurück. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.

Auf den zwischen den Streitteilen geschlossenen Vertrag sei die CMR anzuwenden. Art 37f regle nur Regreßansprüche unter aufeinanderfolgenden Frachtführerin iS des Art 34 CMR. Nach Art 34 CMR müsse die grenzüberschreitende Beförderung Gegenstand eines einzigen Vertrages sein, es müsse ein durchgehender Frachtbrief ausgestellt werden und der Frachtführer müsse den Frachtbrief mit dem Gut übernehmen. Art 34 CMR erfasse auch jene Fälle, in denen der Hauptfrachtführer den gesamten Auftrag einem Unterfrachtführer weitergebe. Soweit Regreßansprüche nicht unter die CMR fielen, seien §§ 441, 432 HGB anzuwenden. Durch diese Bestimmungen werde ein Rechtsband zwischen mehreren am Frachtvertrag beteiligten Frachtführern und Spediteuren geschaffen. Das Gut könne ohne Verlust der dinglichen Sicherheit weitergegeben werden, jeder könne auf seinen Vormann Rückgriff nehmen.

Die Klägerin könne, wie ein Gesamtschuldner, von der Beklagten Zahlung erst begehren, wenn sie ihrem Vormann den Schaden ersetzt habe. Auch die vergleichbaren Regreßbestimmungen des Art 37 CMR und § 432 Abs 3 HGB setzten die Zahlung des Regreßberechtigten voraus. Die Klägerin könne daher zwar noch kein Leistungsbegehren, wohl aber ein Feststellungsbegehren stellen. Ein Leistungsbegehren schließe regelmäßig ein Feststellungsbegehren mit ein.

Über die von der Beklagten erhobenen Einwendungen gegen den Regreßanspruch seien noch Feststellungen zu treffen. Nach Art 3 CMR hafte die Klägerin als Frachtführerin auch für Versäumnisse ihrer Unterfrachtführerin. Nach § 174 Abs 4 ZollG hafteten der Verfügungsberechtigte und der Warenempfänger für die Zollschuld als Gesamtschuldner. Der Verfügungsberechtigte könne sich durch den Nachweis der Übernahme der Ware durch den Warenempfänger von der Zollschuld lösen. Die Beklagte habe vorgebracht, daß sich die U*****gesellschaftmbH von der Haftung befreien hätte können. Die Klägerin habe hingegen darauf hingewiesen, daß es die Beklagte unterlassen habe, die U*****gesellschaftmbH zu entsprechenden Schritten aufzufordern. Die zollrechtliche Verfügungsberechtigung gebe kein Recht zum Vorsteuerabzug; vorsteuerabzugsberechtigt sei, wer umsatzsteuerrechtlich verfügungsbefugt sei. Werde die Einfuhrumsatzsteuer nicht von dem Unternehmer entrichtet, der sie als Vorsteuer geltend machen wolle, so benötige er einen Beleg über die Entrichtung. Das Zollamt stelle Ersatzbelege aus. Zu diesen Fragen und auch zur Verjährungsfrage fehlten Feststellungen.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung gerichtete Rekurs der Beklagten ist zulässig und im Ergebnis berechtigt.

Die Beklagte hat der Klägerin einen Speditionsauftrag zu festen Kosten erteilt. In einem solchen Fall hat der Spediteur ausschließlich die Rechte und Pflichten eines Frachtführers (§ 413 Abs 1 HGB). Zwischen den Streitteilen ist Frachtrecht anzuwenden; das ist, da es sich um einen grenzüberschreitenden Straßentransport handelt, das Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR), BGBl 1961/138 idF BGBl 1981/192. Das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland ist, ebenso wie Österreich, Vertragspartei (BGBl 1967/347; BGBl 1981/192). Das CMR gilt zwar jetzt nach Maßgabe des § 439a HGB für entgeltliche Güterbeförderungen, wenn der vertragliche Ort der Übernahme und der Ablieferung des Gutes im Inland liegen, doch reglementiert § 439a HGB nur die dort genannten Beförderungsverträge, nicht aber jene, die gemäß Art 1 CMR diesem Übereinkommen unmittelbar unterliegen (Schütz in Straube, HGB-Kommentar2 § 439a Rz 7). Fragen, die die CMR abschließend regelt, verdrängen das sonst anwendbare nationale Recht; alle übrigen Fragen sind nach dem nationalen Recht zu beurteilen (SZ 49/3; 13.331/5; Schütz § 452 Anh I CMR Rz 4; Rz 11 zu § 439a). Nach Art 16 CMR hat der Frachtführer Anspruch auf Erstattung der Kosten, die ihm dadurch entstehen, daß er Weisungen einholt oder ausführt, es sei denn, daß er diese Kosten verschuldet hat; den Ersatz anderer Aufwendungen regelt die CMR nicht. Für die hier zu beurteilende Frage sind daher die Bestimmungen des HGB maßgebend.

§ 440 Abs 1 HGB gibt dem Frachtführer wegen aller durch den Frachtvertrag begründeten Forderungen, isnbesondere (ua) der Zollgelder und anderer Auslagen, ein Pfandrecht an dem Gute. Der Ersatz von Zahlungen des Frachtführers zur Tilgung von Abgabenschulden muß auch ohne ausdrückliche Regelung nach Treu und Glauben als vereinbart gelten, wenn die Abgabenschulden in Erfüllung der Aufträge notwendigerweise entstanden sind (RdW 1987, 409; s Schütz aaO § 425 Rz 29). Der Anspruch des Spediteurs auf Ersatz seines Aufwandes bleibt trotz Vereinbarung fester Beförderungskosten bestehen, soweit es sich nicht um Fracht oder Kosten handelt, die vereinbarungsgemäß von der Fixkostenvereinbarung umfaßt werden (Schütz aaO § 413 Rz 4 mwN). "Aufwand" ist (ua) "die Eingehung von Verbindlichkeiten gegenüber Dritten" aus Anlaß der Spedition, "wenn diese Eingehung von Verbindlichkeiten die Folge des übernommenen Auftrages war" (Schütz aaO § 409 Rz 7 unter Hinweis auf Stanzl in Klang**2 IV/1, 847 mwN; s auch SZ 7/29; SZ 11/239; Strasser in Rummel, ABGB**2 §§ 1014, 1015 Rz 4, wonach die bloße Belastung des Geschäftsbesorgers mit einer Verbindlichkeit schon vor Zahlung der Schuld Aufwand ist; vgl auch Schröder Schlegelberger5 § 409 Rz 15b, wonach der Spediteur vor der Zahlung einen Befreiungsanspruch hat; s auch Honsell in Heymann, HGB § 409 Rz 20). Der Aufwand muß notwendig und nützlich sein; der Spediteur muß ihn als sorgfältiger Kaufmann unter Berücksichtigung des Interesses und allfälliger Weisungen des Versenders für erforderlich halten (Schütz aaO § 409 Rz 8 mwN, vgl § 670 BGB). Nach § 30 lit a AÖSp hat der Auftraggeber den Spediteur von Forderungen oder Nachforderungen für (ua) Zölle, Steuern und sonstige Abgaben, die an den Spediteur, insbesondere als Verfügungsberechtigten oder als Besitzer fremden Gutes gestellt werden, auf Aufforderung sofort zu befreien. Diese Bestimmung gibt nach Schütz (aaO Rz 1 zu § 30 AÖSp) nur wieder, was nach dem Gesetz für den Speditionsvertrag ohnedies gilt, das Gesetz beschränkt jedoch den Spediteur nicht auf einen Befreieungsanspruch.

Die U*****gesellschaftmbH hat den Auftrag der Klägerin ausgeführt und die Maschine der B***** GesellschaftmbH unverzollt ausgeliefert. Versandgut (Begleitscheingut) ist - nach dem hier noch anwendbaren Zollgesetz 1988 BGBl 1988/644 - dem Zollamt innerhalb der Stellungsfrist vollständig, unverändert, unbenutzt und mit unverletzten Verschlüssen und Nämlichkeitszeichen sowie unter Vorlage des Begleitscheines zu stellen (§ 119 Abs 1 ZollG). Wird über eine einfuhrzollpflichtige zollhängige Ware erstmalig vorschriftswidrig so verfügt, als wäre sie im freien Verkehr, so entsteht die Verpflichtung zur Entrichtung des Zolles (Zollschuld) kraft Gesetzes (§ 174 Abs 3 lit a ZollG). Für die Zollschuld haften der Verfügungsberechtigte und der Warenempfänger als Gesamtschuldner (§ 179 Abs 3 ZollG). Der Verfügungsberechtigte kann sich von der Gesamtschuld durch den Nachweis befreien, daß der Warenempfänger die Ware übernommen hat (§ 174 Abs 4 ZollG). Für die Zollschuld besteht auch eine Sachhaftung. Gemäß § 178 Abs 1 ZollG haften Waren, für die die Zollschuld unbedingt oder bedingt entstanden ist, ohne Rücksicht auf die Rechte anderer Personen für den auf sie entfallenden Zoll und können aus diesem Grund nach Maßgabe des § 20 BAO vom Zollamt beschlagnahmt werden.

Die U*****gesellschaftmbH hätte sich - und die beteiligten (Zwischen)Spediteure - demnach allein schon dadurch von der Zollschuld befreien können, daß sie dem Zollamt gegenüber nachwies, die Ware der B***** GesellschaftmbH übergeben zu haben. Daß ihr ein solcher Nachweis nicht möglich gewesen wäre, wurde weder behauptet noch festgestellt. Bei Anwendung gehöriger Sorgfalt konnte die U*****gesellschaftmbH die Eingangsabgaben demnach nicht für einen für ihren Auftraggeber erforderlichen Aufwand halten. Daß die U*****gesellschaftmbH die Abgaben wegen der mit der Ausführung des Transportauftrages notwendigerweise verbundenen Stellung einer zollrechtlichen Verfügungsberechtigten gezahlt hat, könnte ihren Ersatzanspruch nur dann begründen, wenn sie Auftragnehmerin der Warenempfängerin wäre (s RdW 1987, 409), nicht aber als Auftragnehmerin eines Zwischenspediteurs.

Das schließt auch einen Aufwandsersatzanspruch der Klägerin aus; auch die Klägerin, die als Transportagentur mit den einschlägigen zollrechtlichen Vorschriften, die im Speditionsgeschäft von Bedeutung sind, vertraut sein müßte, konnte die Belastung mit der Einfuhrumsatzsteuer und der Barvorlage durch die U*****gesellschaftmbH nicht für einen für die Beklagte erforderlichen Aufwand halten.

Dem Rekurs war Folge zu geben. Da die Rechtssache spruchreif ist, war in der Sache selbst zu erkennen (s Kodek in Rechberger, ZPO § 519 Rz 5 mwN).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes HonProf. Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek, Dr. Niederreiter, Dr.Graf und Dr. Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T***** GesellschaftmbH & Co KG, ***** vertreten durch Dr. Willibald Rath und Dr. Manfred Rath, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei J***** GesellschaftmbH, ***** vertreten durch Dr. Leo Häusler und Dr.Johann Grasch, Rechtsanwälte in Leibnitz, wegen S 301.119,-- sA, über den Berichtigungsantrag der Beklagten den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Kostenentscheidung des Urteils vom , GZ 4 Ob 503/96, wird dahin berichtigt, daß sie wie folgt zu lauten hat:

"Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit S 99.224,50 bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz

(darin S 15.489,50 USt und S 6.287,50 Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die Klägerin ist weiters schuldig, der Beklagten die mit S 66.509,40 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin S 7.109,90 USt und S 23.850,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 419 Abs 1 ZPO kann das Gericht, das das Urteil gefällt hat, jederzeit Schreib- und Rechnungsfehler oder andere offenbare Unrichtigkeiten in dem Urteil oder in dessen Ausfertigungen oder Abweichungen der Ausfertigung von der gefällten Entscheidung berichtigen. Eine Berichtigung kann auch in höherer Instanz angeordnet werden (§ 419 Abs 3 ZPO).

In der Kostenentscheidung ist ein Fehler unterlaufen. Es wurden zwar die Kosten zugesprochen, welche die im Verfahren zur Gänze obsiegende Beklagte verzeichnet hatte; im Spruch wurden aber "Beklagte" und "Klägerin" miteinander verwechselt. Die offenbare Unrichtigkeit war gemäß § 419 ZPO zu berichtigen.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes HonProf. Dr. Gamerith als Vorsitzenden, durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek und Dr. Niederreiter und durch die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T***** GesellschaftmbH & Co KG, ***** vertreten durch Dr. Willibald Rath und Dr. Manfred Rath, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei J***** GesellschaftmbH, ***** vertreten durch Dr. Leo Häusler und Dr. Johann Grasch, wegen S 301.119,-- sA, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Einwendungen der Klägerin gegen den Berichtigungsbeschluß vom , GZ 4 Ob 503/96, werden zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Mit Beschluß vom , GZ 4 Ob 503/96, wurde die Kostenentscheidung des Urteils vom , GZ 4 Ob 503/96, berichtigt. Mit Schreiben vom spricht sich die Klägerin gegen die Berichtigung aus. Sie verweist auf die Entscheidung 6 Ob 651/94, die in einem Verfahren der (hier) Beklagten gegen deren Auftraggeber ergangen sei. In jenem Verfahren habe die (hier) Beklagte obsiegt. Es lägen daher zwei gegenteilige Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes vor, so daß es zumindest vom Ergebnis her "berechtigt" sei, daß die Beklagte im vorliegenden Verfahren zum Kostenersatz verpflichtet wurde.

Mit dem Berichtigungsbeschluß wurde der offenkundige Fehler behoben, daß der im Verfahren obsiegenden Beklagten Kostenersatz und zwar in der von dieser verzeichneten Höhe auferlegt wurde. Daß im Verfahren 6 Ob 651/94 ein Regreßanspruch der (hier) Beklagten bejaht, im vorliegenden Verfahren aber ein Regreßanspruch der Klägerin verneint wurde, ändert nichts an der Notwendigkeit, diesen offenkundigen Fehler zu beheben. Im übrigen wird der Prozeßstoff in jedem Verfahren durch das Vorbringen begrenzt, welches die jeweiligen Parteien erstatten.

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:1996:0040OB00503.96.0116.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
HAAAD-51199