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OGH vom 17.04.2013, 4Ob182/12m

OGH vom 17.04.2013, 4Ob182/12m

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***** D*****, vertreten durch die Salpius Rechtsanwalts GmbH in Salzburg, gegen die beklagte Partei Anlegerentschädigung von Wertpapierfirmen GmbH, Wien 4, Rainergasse 31/8, vertreten durch die Preslmayr Rechtsanwälte OG in Wien, wegen zuletzt 16.092,96 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 14 R 41/12w-29, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom , GZ 13 Cg 4/11w-23, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 1.049,04 EUR (darin 174,84 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte ist die nach § 32 Z 8 WAG idF BGBl Nr 753/1996 (WAG 1996) eingerichtete Entschädigungseinrichtung nach § 23b bis 23d WAG 1996. Die Asset Management Vermögensverwaltungs AG, die am in Amis Asset Management Investmentservices AG (Amis AG) umbenannt wurde, war Wertpapierdienstleistungsunternehmen (WPDLU) im Sinne des § 19 Abs 1 WAG 1996, ebenso wie die Amis Financal Consulting AG (AFC) und als solches Mitglied der Beklagten. Über die Vermögen der Amis AG und der AFC wurde am das Konkursverfahren eröffnet. Die Klägerin hatte bei der Amis AG einen Einmalerlag von 20.000 EUR geleistet, wofür ihr am ein Anlegerzertifikat ausgestellt wurde. Die Gelder der Klägerin wurden von den zuvor genannten Mitgliedern der Beklagten im Sinn der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 9 Ob 50/09g „gehalten“. Die Forderung der Klägerin wurde durch den Klagevertreter erstmals gemeinsam mit einer Reihe anderer Forderungen weiterer Anleger am in Form einer Liste mit Name, Anschrift, Depotnummer und Höhe der Forderung angemeldet. Die Beklagte forderte daraufhin mit Schreiben vom zusätzliche Unterlagen und Informationen, wie den Nachweis der Identität des Anlegers, Urkunden über die Veranlagung und die Ein- und Auszahlungen an. Mit Schreiben vom forderte der Klagevertreter die Beklagte neuerlich auf, die Forderung für die von ihm vertretenen Anleger, darunter die Klägerin, dem Grunde nach anzuerkennen. Gleichzeitig schlug er vor, die angemeldeten Forderungen nach Überprüfung der Höhe nach an die Anleger auszubezahlen, wobei Zug um Zug gegen Auszahlung der Forderungssumme die geschädigten Anleger ihre Ansprüche gegenüber den SICAV-Fonds an die Beklagte abtreten würden, womit die Wartezeit für die Geschädigten erheblich verkürzt wäre. Mit Schreiben vom teilte die Beklagte mit, dass die Prüfung aufgrund der Vielzahl der angemeldeten Forderungen noch andauere und dass man unaufgefordert auf den Klagevertreter zukommen werde. Mit Schreiben vom urgierte der Klagevertreter eine Erledigung. Aus der Liquidation des SICAV-Fonds in Luxemburg wurde am ein Betrag von 4.000 EUR an die Klägerin im Wege des Klagevertreters bezahlt, der nach Abzug eines Honorarakontos der Klägerin einen Betrag von 3.510,84 EUR weiterleitete. Nicht festgestellt werden kann, dass die Klägerin weitere Zahlungen aus den SICAV-Fonds in Luxemburg erhalten hat oder aber erhalten wird. Amis-Anleger, deren Gelder in den ebenfalls insolventen SICAV-Fonds in Luxemburg geflossen sind, sollen nach Prüfung ihrer Ansprüche aus der dort vorhandenen Liquidationsmasse entschädigt werden. Es gibt Informationen, wonach etwa 70 % der Forderungen befriedigt werden können, wobei das genaue über die bereits bezahlten Beträge hinausgehende Ausmaß noch nicht feststeht. Die Beklagte erhielt das Anlegerzertifikat der Klägerin sowie die Einzahlungsbelege erst im Zuge des gegenständlichen Verfahrens mit Schriftsatz der Klägerin vom übermittelt. Die Anerkennung der Forderung der Klägerin scheitert aus Sicht der Beklagten nur noch an den für sie bislang noch ungeklärten allfälligen zusätzlichen Ansprüchen der Klägerin gegenüber dem SICAV-Fonds und daraus zu erwartende Zahlungen.

Die Klägerin begehrte ursprünglich von der Beklagten 20.092,96 EUR an Entschädigung nach § 23c Abs 3 WAG 1996. Sie habe mit dem WPDLU Amis AG bzw mit der AFC Vermögensverwaltungsverträge abgeschlossen. Bei diesen Verträgen handle es sich um Wertpapierdienstleistungen. Aufgrund dieser Verträge habe die Klägerin bei der AFC im Rahmen eines Amis Basisplans einen Einmalerlag in Höhe von 20.000 EUR veranlagt. Beide WPDLU seien Mitglieder der Beklagten. Über die Vermögen der Amis AG und der AFC sei am das Konkursverfahren eröffnet worden. Die Forderung der Klägerin sei im Konkursverfahren angemeldet, aber vom Masseverwalter bestritten worden. Durch das rechtswidrige Verfügen über die von der Klägerin veranlagten Mittel sei ihr ein Schaden in Höhe des Klagsbetrags entstanden. Dieser Betrag sei der Beklagten auch mit Schreiben vom bekanntgegeben und Zahlung begehrt worden, die jedoch bis dato nicht erfolgt sei. Infolge Verzugs der Beklagten stünden der Klägerin Zinsen zu, wobei der Zinsenlauf am begonnen habe. Mit Schriftsatz vom schränkte die Klägerin ihr Zahlungsbegehren auf 16.092,96 EUR samt Zinsen ein und brachte vor, dass im Zuge der Liquidation der SICAV-Fonds in Luxemburg am ein Betrag von 4.000 EUR an sie überwiesen worden sei.

Die Beklagte wendete ein, die Klägerin habe ihre Entschädigungsforderung zwar am bei der Beklagten angemeldet, dies jedoch ohne diese auch nur annähernd zu konkretisieren und habe dieser Forderungsanmeldung auch keine Unterlagen angeschlossen, aus denen ihre konkrete Vertragspartnerin und ihre Legitimation zur Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen in der geforderten Höhe hervorgegangen wären. Trotz Aufforderung sei die Klägerin der Vorlage dieser Unterlagen nicht nachgekommen. Zudem werde die Höhe der Entschädigungsansprüche bestritten, da alle Anleger, die ihre Gelder in den Amis Fund Sicav, TTM Fonds Sicav oder Wareninvest investiert hatten, direkte Forderungsrechte gegen die SICAV-Fonds hätten, die derzeit liquidiert würden. In dem Maße, in dem Forderungen der Anleger durch in Luxemburg vorhandenes Liquidationsvermögen gedeckt seien, bestünden aber keine Ansprüche gegen die Entschädigungseinrichtung. Nach Kenntnis der Beklagten hätten die Anleger gegen die Liquidationsmasse einen Anspruch auf Auszahlung von insgesamt rund 70 % ihrer Investition. Der Entschädigungsanspruch der Klägerin würde sich dementsprechend reduzieren. Die Forderung sei auch noch nicht fällig, da der Beklagten keine Unterlagen zur Überprüfung der Forderung der Klägerin ausgehändigt worden seien. Erst nach Ablauf einer angemessenen Prüffrist beginne die 3-monatige Fälligkeitsfrist. Zudem erhob die Beklagte den Eventualantrag, das Klagebegehren durch den Zusatz „bei sonstiger Exekution in das Treuhandvermögen gemäß § 23c WAG 1996 iVm § 76 Abs 6 WAG idF BGBl I 107/2007“ zu ergänzen, da Amis-Anleger nur auf das nach § 23c WAG 1996 gebildete Treuhandvermögen greifen könnten. Dieses Treuhandvermögen werde voraussichtlich zur Befriedigung sämtlicher Entschädigungsansprüche nicht ausreichen und müsse daher überdies quotenmäßig verteilt werden, wobei die Kriterien für die Berechnung der Quote noch nicht feststehen, weshalb der Klägerin nur ein Feststellungsanspruch zustünde.

Das Erstgericht erkannte die Beklagte schuldig, der Klägerin bei sonstiger Exekution in das Treuhandvermögen gemäß § 23c WAG 1996 iVm § 76 Abs 6 WAG idF BGBl I 107/2007 16.000 EUR samt 4 % Zinsen seit zu zahlen und wies ein Mehrbegehren von 92,96 EUR sowie das Zinsenmehrbegehren ab. Die Entschädigungseinrichtung gemäß § 23b Abs 2 WAG 1996 habe zu gewährleisten, dass für den Fall der Konkurseröffnung über ein Mitgliedsinstitut die Forderungen eines Anlegers aus Wertpapierdienstleistungen gemäß § 93 Abs 2a BWG bis zu einem Höchstbetrag von 20.000 EUR auf dessen Verlangen und nach Legitimierung innerhalb von drei Monaten ab dem Zeitpunkt der Feststellung von Höhe und Berechtigung der Forderung ausbezahlt werden. Die Klägerin habe unter Beweis gestellt, dass ihre im Ausmaß von 20.000 EUR veranlagten Gelder vom Mitglieds-WPDLU der Beklagten (Amis) im Sinne der Entscheidung 9 Ob 50/09g des Obersten Gerichtshofs „gehalten“ worden seien, wobei das Mitglied in Konkurs verfallen und daher unfähig sei, seine Veranlagung rückzuerstatten. Die Beklagte könne sich nicht bloß auf undifferenzierte Einwendungen zurückziehen, sondern habe konkret zu beweisen, warum trotz der festgestellten grundsätzlichen Berechtigung des Entschädigungsanspruchs dieser nicht oder nicht in voller Höhe zustehe. Es falle in die Mitwirkungspflicht der Beklagten, konkrete Tatsachenbehauptungen dafür aufzustellen, dass die Klägerin allenfalls weitere Zahlungen aus dem SICAV-Fonds erhalten habe oder aber erhalten werde, dies unter Nennung des jeweils ausbezahlten bzw zu erwartenden Betrags. Die Beklagte habe jedoch nur unzulässige Erkundungsbeweise angeboten. Die Entschädigungsansprüche der Anleger nach dem WAG 1996 seien nach § 23b Abs 2 und § 23c Abs 4 WAG 1996 erst ab dem Zeitpunkt, zu dem Höhe und Berechtigung der Forderung festgestellt würden, innerhalb von drei Monaten auszubezahlen. Die Klägerin habe der Beklagten die erforderlichen Unterlagen erstmals mit Schriftsatz vom übermittelt. Der Beklagten sei somit seit bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung am ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten zur Verfügung gestanden. Ziehe man die dreimonatige Auszahlungsfrist ab, seien der Beklagten knapp vier Monate zur Prüfung der Ansprüche der Klägerin zur Verfügung gestanden; das sei mehr als ausreichend. Unter Berücksichtigung einer jedenfalls angemessenen Prüffrist von drei Monaten und der dreimonatigen Frist zur Auszahlung der geprüften Ansprüche erweise sich die Forderung der Klägerin mit fällig und seien daher ab diesem Zeitpunkt Zinsen zuzuerkennen gewesen. Dem Eventualantrag der Beklagten folgend sei entsprechend der Grundsatzentscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 9 Ob 50/09g im Sinne eines Minus zum Klagebegehren die Beklagte zur Zahlung eingeschränkt auf eine Exekution auf das Treuhandvermögen der Beklagten zu verpflichten. Soweit die Beklagte dem Klagebegehren entgegenhalte, der Klägerin stünde aufgrund einer quotenmäßigen Befriedigung der Ansprüche der Anleger analog dem Deckungskonkurs nur ein Feststellungsbegehren zu, fehle es an der gesetzlichen Grundlage. Die Kosten der Forderungsanmeldung im Konkursverfahren in Höhe von 92,96 EUR seien nach dem WAG 1996 nicht ersatzfähig, zudem würde damit der dort genannte Höchstbetrag von 20.000 EUR überschritten. Das diesbezügliche Mehrbegehren sei daher abzuweisen.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil nur hinsichtlich der Nebengebühren ab, indem es der Klägerin auch Zinseszinsen zusprach. Die Revision ließ das Berufungsgericht zu den Rechtsfragen zu, ob der im WAG nicht geregelte Fall, dass das Treuhandvermögen der Beklagten unzureichend sei, eine durch Analogie schließungsbedürftige Gesetzeslücke mit der Konsequenz sei, dass nur eine Feststellungsklage und keine Leistungsklage zulässig wäre, sowie ob es sich bei dem im vorliegenden Fall in Luxemburg vorhandenen Liquidationsvermögen um ausschließlich den Anlegern zustehendes Sondervermögen handle und solche Ansprüche, bezüglich derer weder die Höhe noch der Zeitpunkt einer allfälligen Auszahlung feststehe, bereits eine Reduktion der Klageforderung rechtfertigten. Die Klägerin hätte ihren Anspruch nicht nur behaupten, sondern sich auch legitimieren müssen, was hier erst mit dem Schriftsatz vom erfolgt sei. Aus den Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs, wonach die Beklagte Anmeldungen einer unverzüglichen Prüfung zu unterziehen habe, für die ihr eine angemessene Prüffrist zuzubilligen wäre, die nur in besonderen Fällen sechs Monate überschreiten dürfe, sei nicht abzuleiten, dass sie jedenfalls sechs Monate zur Verfügung habe. Die Prüffrist orientiere sich vielmehr am Prüfaufwand im Einzelfall, der hier als gering anzusehen sei, weswegen eine bloß dreimonatige Frist gerechtfertigt und die Fälligkeit mit eingetreten sei. Die Klägerin habe daher einen Anspruch auf Zinsen, aber auch auf Zinseszinsen ab diesem Zeitpunkt. § 23b WAG 1996 sehe ausdrücklich vor, dass Forderungen eines geschädigten Anlegers bis zu einem Höchstbetrag von 20.000 EUR zu befriedigen wären. Es könne nicht zu Lasten der geschädigten Anleger gehen, wenn es die Beklagte unterlassen haben sollte, für ein ausreichendes Treuhandvermögen zu sorgen. Es fehle an einer gesetzlichen Anordnung, dass diesfalls Ansprüche nur quotenmäßig zu befriedigen wären. Für die analoge Anwendung des Deckungssummenkonkurses nach § 16 Abs 2 EKHG bzw § 156 Abs 3 VersVG und einer kridamäßigen Verteilung bestehe kein Anlass, weil die Beklagte nicht einmal selbst angeben könne, wie eine Quote zu berechnen wäre. Die Feststellungen des Erstgerichts, wonach weitere Zahlungen aus dem SICAV-Fonds nicht feststünden, seien nicht zu beanstanden. Ebensowenig begründe die unterlassene Einholung weiterer Beweise dazu eine Mangelhaftigkeit. Es habe nie eine konkrete Behauptung gegeben, wann die Klägerin eine weitere Zahlung in welcher Höhe erhalten werde.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Beklagten mit dem Antrag, die Klage zur Gänze abzuweisen; in eventu wurde ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Fälligkeit trete erst nach neun Monaten (sechs plus drei) ein, sodass der Anspruch bei Verhandlungsschluss am noch nicht fällig und die Klage abzuweisen gewesen wäre. Die bloße Anzahl der Einzahlungen und vorgelegten Unterlagen sage nichts über die Komplexität der Prüfung aus. Selbst wenn hier keine Umstände vorlägen, die eine längere als sechsmonatige Frist rechtfertigen würden, wären auch keine solchen ersichtlich, die zu einer Verkürzung führen könnten. Der Gesetzgeber habe für den Fall, dass das Treuhandvermögen nicht ausreiche, keine Regelung getroffen. Die planwidrige Lücke sei durch eine quotenmäßige Befriedigung iSd § 16 Abs 2 EKHG bzw § 156 Abs 3 VersVG im Sinne einer kridamäßigen Verteilung des Nachlasses zu schließen, die eine Anlegergleichbehandlung sicherstelle. Die Voraussetzungen der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens würden bei der Beklagten als bloßer Treuhänderin der Entschädigungsmasse nicht vorliegen. Die Sicherstellung einer Anlegerentschädigung wäre aber eine Vorgabe der RL 97/9/EG (AERL). Die einzelnen Forderungen wären im Verhältnis zum verfügbaren Treuhandvermögen zu berichtigen. Nachdem die Quote noch nicht feststehe, könne die Klägerin nur eine Feststellungsklage erheben. Nach § 1000 Abs 2 ABGB könnten Zinseszinsen ab Streitanhängigkeit gefordert werden. Zu diesem Zeitpunkt wäre die Zinsforderung aber noch nicht fällig gewesen. Eine Verzinsung durch Zinseszinsen zu einem späteren Zeitpunkt sehe das Gesetz nicht vor. Eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liege darin, dass das Berufungsgericht die Mängelrüge der Beklagten mit einer aktenwidrigen bzw rechtlich unrichtigen Begründung verworfen habe. Sie habe in erster Instanz konkret vorgebracht, dass die Klägerin gegen den SICAV-Fonds einen Anspruch auf Auszahlung von insgesamt 70 % ihrer Investition habe und sich der Entschädigungsanspruch daher auf zumindest 6.000 EUR reduzieren würde. Sie müsse die Anleger aber nur in jenem Ausmaß entschädigen, in denen diese keinen direkten Zugriff auf Gelder/Instrumente (hier den SICAV-Fonds) hätten, wozu diese auch nach § 1304 ABGB im Rahmen der Schadensminderungspflicht verpflichtet wären. Auch nach dem Willen des Gesetzgebers wären die Ansprüche gegen die Beklagte subsidiär. Für bloße Verzögerungen bei der Liquidierung habe sie nicht einzustehen.

Die Klägerin beantragte, der Revision keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig , aber nicht berechtigt .

1. Der Oberste Gerichtshof hat in seiner (erst kürzlich ergangenen) ausführlich begründeten Entscheidung vom , 2 Ob 171/12d, die auch in der vorliegenden Rechtssache entscheidungswesentlichen Rechtsfragen zusammengefasst wie folgt beantwortet:

1.1. Der Anleger muss mehr tun, als nur seine Daten bekannt zu geben (RIS-Justiz RS0126982 [T3]). Für die Legitimierung des Anlegers nach § 23b Abs 2 Satz 3 WAG 1996 reicht es nicht aus, auf einer Liste von Geschädigten neben Namen und Adresse lediglich eine Depotnummer und die Höhe der gestellten Forderung anzugeben (RIS-Justiz RS0126982 [T4]).

1.2. Die den einschlägigen Normen des WAG zugrundeliegende RL 97/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über Systeme für die Entschädigung der Anleger betont an mehreren Stellen die Notwendigkeit der raschen Entschädigung (Erwägungsgrund 19: „ohne ungebührliche Verzögerung“; Art 9 Abs 1: „so rasch wie möglich“; Art 9 Abs 2: „möglichst bald“). Dem entsprechend verlangt die oberstgerichtliche Rechtsprechung die unverzügliche Prüfung der Anmeldungen (9 Ob 50/09g; RIS-Justiz RS0126982). Selbst unter der Berücksichtigung einer Vielzahl von bei der Beklagten anhängigen Verfahren im Fall AMIS und der Notwendigkeit, diese Urkunden mit den bei der Beklagten schon vorliegenden „sorgfältig geprüften“ Daten abzugleichen, ist eine Prüffrist von drei Monaten angemessen.

1.3. Allgemein gilt das Prioritätsprinzip, wonach diejenigen, die exekutiv zuerst auf ein beschränktes Vermögen greifen, voll befriedigt werden, wohingegen diejenigen, die ihren Anspruch erst später, wenn der Haftungsfonds erschöpft ist, durchsetzen wollen, leer ausgehen. Eine davon abweichende quotenmäßige Aufteilung bedarf einer gesetzlichen Regelung. Derartige Regelungen sind § 16 Abs 2 EKHG,§ 156 Abs 3 VersVG sowie § 336 ASVG. Jedoch rechtfertigt keine dieser Normen eine Gesetzesanalogie, noch rechtfertigen alle diese Normen eine Rechtsanalogie für den vorliegenden Fall dahingehend, dass auch bei der Anlegerentschädigung der zur Entschädigung aller Anleger nicht ausreichend zur Verfügung stehende Haftungsfonds quotenmäßig aufzuteilen wäre. Auch aus der Novelle des WAG 2007, BGBl I 2009/39, lässt sich kein Argument dafür gewinnen, das WAG (in der hier anzuwendenden früheren Fassung) sei lückenhaft im Hinblick auf einen „Deckungskonkurs“.

1.4. Die Forderung der Anleger gegen die Entschädigungseinrichtung ist weder der Höhe nach noch der Fälligkeit nach von einer den Anlegern allenfalls zustehenden Konkursquote im Insolvenzverfahren des Wertpapierdienst-leistungsunternehmens (WPDLU) abhängig. Ein Abwarten des Ergebnisses des Insolvenzverfahrens, das letztlich zur sicheren Kenntnis der Höhe der Forderung gegen die Entschädigungseinrichtung nötig wäre, wenn die Konkursquote abzuziehen wäre, unterliefe die von der Richtlinie mehrfach betonte Raschheit der Entschädigung. Wäre der Anspruch gegen die Entschädigungseinrichtung in jeder Weise subsidiär gegenüber anderen (kongruenten) Ansprüchen der Anleger, hätte Art 12 der Richtlinie, der ausdrücklich einen Regressanspruch der Entschädigungseinrichtung im Liquidationsverfahren vorsieht, keinen Anwendungsbereich. Das Gebot richtlinienkonformer Interpretation gilt auch für allfällige zukünftige Quotenzahlungen im Rahmen der Liquidation der luxemburgischen Fonds. Der Kläger hat nämlich nur die Aussicht auf den künftigen Erhalt einer nach wie vor nicht genau bestimmbaren, prozentuellen Quote auf Basis der nachgewiesenen Investition. Das Vorhandensein des SICAV Fonds in Luxemburg ändert somit nichts daran, dass die in § 23b Abs 3 WAG 1996 normierte Voraussetzung für die Entschädigung vorliegt, nämlich dass ein WPDLU nicht in der Lage war, entsprechend den gesetzlichen oder vertraglichen Regelungen Gelder zurückzuzahlen, die Anlegern im Zusammenhang mit Wertpapierdienstleistungen geschuldet werden oder den Anlegern Instrumente zurückzugeben, die diesen gehören und für deren Rechnung im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften verwaltet werden. Dieses konzessions- und gesetzwidrige „indirekte Halten“ (vgl nur 9 Ob 50/09g) hat nicht nur zu einem betragsmäßig noch nicht exakt feststellbaren endgültigen Vermögensverlust des Klägers, sondern ebenso dazu geführt, dass eine Zugriffsmöglichkeit auf die noch vorhandenen Vermögenswerte in den SICAV-Fonds bis zuletzt nicht bestand. Auch dieser Nachteil ist von der Beklagten im Rahmen der Anlegerentschädigung auszugleichen.

2. Der Senat schließt sich diesen Ausführungen an. Im vorliegenden Fall ist daher davon auszugehen, dass mit der Vorlage des Anlegerzertifikats, der wesentlichsten Daten der Veranlagung sowie der Einzahlungsbelege mit Schriftsatz der Klägerin vom die angemessene Prüffrist von drei Monaten zu laufen begann, worauf sich die dreimonatige Auszahlungsfrist anschloss, und daher die Fälligkeit der Klageforderung mit , somit vor Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz am , eingetreten ist.

3. Entscheidungswesentliche Verfahrensmängel des Berufungsgerichts liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

Der Revision der Beklagten ist daher nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 41, 50 ZPO.