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OGH vom 22.12.2011, 1Ob234/11k

OGH vom 22.12.2011, 1Ob234/11k

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ. Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Robert E*****, vertreten durch Dr. Klaus Dengg, Mag. Stefan Geisler und Mag. Markus Gredler, Rechtsanwälte in Zell am Ziller, gegen die beklagte Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Wilfried Huber, Rechtsanwalt in Zell am Ziller, wegen Unterlassung (Streitwert 20.000 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 273/11t 19, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Zell am Ziller vom , GZ 2 C 813/10a 13, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 1.189,44 EUR (darin enthalten 198,24 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Begründung:

Der Kläger ist Eigentümer einer Liegenschaft, über die Wasserleitungen einer 1906 gegründeten Wasserinteressentschaft (keine Wassergenossenschaft iSd WRG) führen. Die beklagte Partei errichtete als Wohnungseigentumsorganisator und Bauträger eine Wohnungseigentumsanlage, die im April 2010 an die Wasserversorgungsanlage der Wasserinteressentschaft angeschlossen wurde. Seit deren Gründung waren neue Objekte jeweils aufgrund von Mehrheitsbeschlüssen der stimmberechtigten Mitglieder der Wasserinteressentschaft an das Leitungsnetz angeschlossen worden. Auch im Fall der Wohnungseigentumsanlage der beklagten Partei bewilligte die Mehrheit der stimmberechtigten Mitglieder Ende Mai 2009 den Anschluss, der Kläger und zwei weitere stimmberechtigte Mitglieder stimmten dagegen.

Der Kläger begehrte, die beklagte Partei zu verpflichten, den Wasseranschluss der Wohnanlage an die Wasserversorgungsanlage der Wasserinteressentschaft zu unterlassen bzw die nötigen Vorkehrungen zu treffen, dass dieser Anschluss unterbleibe; in eventu, dafür zu sorgen, dass der Wasseranschluss an die Wohnanlage beseitigt werde und die Nutzung von Wasser aus der Wasserversorgungsanlage unterlassen werde.

Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab, weil nur sämtliche Mitglieder der Wasserinteressentschaft einen derartigen, gemeinsam zustehenden Unterlassungsanspruch geltend machen könnten, nicht aber der Kläger als einzelnes Mitglied.

Das Berufungsgericht ließ über Antrag des Klägers nachträglich die Revision zur Klärung der Frage zu, ob ein derartiger Mehrheitsbeschluss die Dienstbarkeit eines Wasserleitungsrechts zu Lasten des dienenden Grundstücks eines Interessentschaftsmitglieds erweitern könne.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist entgegen diesem nicht bindenden Ausspruch nicht zulässig.

Das Berufungsgericht interpretierte das Vorbringen des Klägers im Verfahren erster Instanz dahin, dass dieser sich nicht iSd § 523 ABGB auf einen unzulässigen Eingriff in sein Eigentumsrecht an Liegenschaften durch Verlegung von Wasserleitungen oder einen Anschluss an dort vorhandene Wasserleitungen berufen habe und demnach die angeblich unzulässige Erweiterung der Dienstbarkeit der Wasserleitung kein Thema gewesen sei.

Diese, von den Umständen des Einzelfalls abhängige (RIS Justiz RS0042828) Beurteilung des Vorbringens des Klägers ist nicht zu korrigieren. Kern seiner Argumentation war nämlich letztlich die Ungültigkeit des Mehrheitsbeschlusses der Wasserinteressentschaft, weil seiner Ansicht nach eine derartige Erweiterung des Benutzerkreises um eine aus 11 Wohnungseigentumsobjekten bestehende Wohnanlage aufgrund der zu befürchtenden Wasserknappheit eines einstimmigen Beschlusses bedurft hätte. Konkrete Eingriffe durch Anmaßung einer Servitut in sein Alleineigentumsrecht hat er in erster Instanz nicht behauptet. Auch das Klagebegehren ist nicht auf die Unterlassung der Nutzung von Wasserleitungen oder Wasseranschlüssen auf den Grundstücken des Klägers gerichtet. Er verweist zwar in einem Schriftsatz darauf, dass er als von jeglichen Ausweitungen der Wasserversorgungsanlage betroffener Eigentümer dem Anschluss der Wohnanlage nicht zugestimmt habe, bezeichnet aber im Anschluss die Wasserinteressentschaft als Vereinigung der Grundeigentümer der durch die gemeinsame Wasserleitung versorgten Objekte bzw als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GesbR) und befasst sich ausführlich mit der Willensbildung in dieser Gemeinschaft. Da somit die Mitglieder der Wasserinteressentschaft nach seinem eigenen Vorbringen sämtliche Grundeigentümer sind, ist der Hinweis auf seine Stellung als Eigentümer betroffener Grundstücke nicht zwingend so zu verstehen, dass er einer Störung seines Alleineigentums mit dieser Unterlassungsklage begegnen will. Seinem Begehren liegt vielmehr die Behauptung zugrunde, eine mit der beklagten Partei geschlossene Vereinbarung (Anschluss gegen Zahlung der Anschlussgebühr) sei mangels Einstimmigkeit unwirksam.

In der Revision bezieht er sich in diesem Zusammenhang ausschließlich auf die Bestimmung des § 1201 ABGB. Dieser regelt die externe Vertretung einer GesbR ( Grillberger in Rummel ³, § 1201 ABGB Rz 1; Riedler in KBB 3 § 1201 ABGB Rz 1). Damit gesteht er zu, dass die Qualifikation der Wasserinteressentschaft als GesbR (s dazu RIS Justiz RS0022256) durch das Berufungsgericht richtig ist, und reduziert das Rechtsproblem auf die Frage der Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts der GesbR (deren Gesellschafter, die mangels Rechtspersönlichkeit der Gesellschaft Vertragspartner eines Dritten sind [RIS Justiz RS0022132 [T2]; vgl RS0022184; vgl RS0113444]) mit der beklagten Partei als Dritte. Nichts anderes bezweckt er mit seinem Argument, eine GesbR könne mangels Rechtspersönlichkeit der beklagten Partei gar keine Rechte einräumen. Es geht ihm also um die Feststellung der Unwirksamkeit eines Rechtsgeschäfts mit einem Dritten, aus der er seinen Unterlassungsanspruch ableitet. Mit dieser Argumentation vermag er aber keine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen: Die Auffassung des Berufungsgerichts, der Kläger wäre als einzelner Gesellschafter zur Geltendmachung derartiger Ansprüche nur bei Nachweis einer Übereinkunft aller Gesellschafter legitimiert, hält sich im Rahmen der Judikatur (vgl 7 Ob 130/10h = RdW 2011/630, 596; vgl RIS Justiz RS0017326; vgl RS0017330).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 und § 50 Abs 1 ZPO. Die beklagte Partei hat in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels hingewiesen.