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OGH vom 24.11.1997, 6Ob306/97m

OGH vom 24.11.1997, 6Ob306/97m

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** reg GenmbH, ***** vertreten durch Dr.Peter Hajek, Rechtsanwalt in Eisenstadt, wider die beklagte Partei A*****, vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1011 Wien, wegen (eingeschränkt) 2,394.909 S, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom , GZ 13 R 53/97b-35, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom , GZ 11 Cg 119/95s-29, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat der beklagten Partei die mit 22.076,04 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Im Rahmen der Subventionsvergabe durch die öffentliche Hand wurde zwecks Marktentlastung eine sogenannte "Sperrlageraktion" für die Erfassung und gesonderte Lagerung (Sperrlager) von Körnermais der Ernte 1994, beschränkt auf die Bundesländer Burgenland und Steiermark sowie auf eine maximale Einlagerungsmenge von 80.000 Tonnen Körnermais, durchgeführt. Das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft erließ am eine Sonderrichtlinie mit den näheren Förderungsbestimmungen. Diese legten die Förderungshöhe je Kilogramm Mais fest und sahen als Förderungswerber einlagernde Getreidegroßhändler vor. Der Ankauf der zu fördernden und einzulagernden Mengen mußte bis erfolgt sein. Unter P 6. der Richtlinie wurde unter der Unterschrift "Förderungsabwicklungsstelle" folgendes bestimmt: "Mit der Durchführung dieser Maßnahme ist die AMA im Namen und auf Rechnung des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft betraut und bei der Abwicklung an diese Richtlinie und an Aufträge des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft gebunden." Die Auszahlung der Förderungsmittel wurde in P 9. geregelt: "Die Auszahlung erfolgt im Namen und auf Rechnung des Bundes durch die AMA mittels Überweisung ... Die AMA hat die erforderlichen Bundesmittel rechtzeitig beim BMLF anzufordern". Die AMA ist eine mit dem Bundesgesetz über die Errichtung der Marktordnungsstelle "Agrarmarkt Austria" (AMA-Gesetz 1992) BGBl 1992/376 eingerichtete juristische Person des öffentlichen Rechts, die an die Stelle des Milchwirtschaftsfonds, des Getreidewirtschaftsfonds, des Mühlenfonds und der Vieh- und Fleischkommission beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft einschließlich der Unterkommission tritt (§ 2 Abs 1 leg. cit.). Die genannte Sonderrichtlinie wurde am vom Bundesministerium abgeändert. Die Förderungswerber hatten danach bis spätestens einen geeigneten Nachweis (über den Ankauf von Körnermais) vorzulegen (Beil H). Die Klägerin suchte bei der AMA (der Beklagten) um Förderung an. Diese lehnte eine Förderung wegen ungenügenden Ankaufsnachweises ab. Der Klägerin war die Sonderrichtlinie und deren Abänderung bekannt.

Mit der am beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die Klägerin 3,430.360,92 S (eingeschränkt zuletzt auf 2,394.909 S: ON 23). Sie habe sich am zur Sperrlageraktion 1994 mit einer Menge von 15.000 Tonnen Körnermais angemeldet. Der Kaufvertrag sei am abgeschlossen worden. Die Klägerin habe der Beklagten den Schlußbrief über den Ankauf am übermittelt. Die Beklagte lehne zu Unrecht die Förderung wegen verspäteter Nachweiserbringung ab.

Die im Verfahren durch die Finanzprokuratur vertretene Beklagte (§ 31a Marktordnungsgesetz 1985 idF BGBl 1995/298) beantragte die Abweisung der Klage. Die Klägerin hätte den Nachweis über den Ankauf der zu fördernden Maismengen bis zum vorlegen müssen. Diese Frist sei nicht eingehalten worden. Das Klagebegehren sei auch überhöht. Infolge Überschreitung der Einlagermengen (durch die Gesamtheit der Förderungswerber) sei eine aliquote Kürzung erforderlich. In der letzten mündlichen Streitverhandlung wandte die Beklagte mangelnde Passivlegitimation ein. Sie sei zur Durchführung des Förderungsvorhabens nur im Namen und auf Rechnung der Republik Österreich betraut worden.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Es traf außer dem schon eingangs wiedergegebenen Sachverhalt noch Feststellungen über die Sonderrichtlinie des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft zur Sperrlageraktion 1994 und zur Behandlung des Förderungsansuchens der Klägerin durch die Beklagte. Die Klägerin habe der Beklagten am einen Schlußbrief übermittelt, aus dem sich ergeben habe, daß die Klägerin 15.000 Tonnen Futtermais Ernte 1994 zum Preis von 225,50 S je 100 kg exklusive Umsatzsteuer angekauft habe. Da die Ernte zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen worden sei, habe die angekaufte Menge tatsächlich erst am in den Abendstunden telefonisch fixiert werden können. Die Erstellung eines "Kaufbriefes" habe wegen der räumlichen Distanz und der Feiertage erst später erfolgen können. Die Beklagte habe die Ansicht vertreten, daß durch den Schlußbrief der Richtlinie nicht entsprochen worden sei. Sie habe die Klägerin von der Teilnahme an der Sperrlageraktion ausgeschlossen. Dadurch sei der Klägerin ein Schaden von 3,509.731,50 S entstanden, der sich infolge Zahlung auf 2,394.909 S vermindert habe.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Auffassung, daß die Beklagte vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft mit der Sonderrichtlinie zur Durchführung der Förderungsmaßnahmen betraut worden sei. Die Richtlinie habe festgesetzt, daß die Durchführung im Namen und auf Rechnung des Bundesministeriums erfolge. Damit sei der Beklagten Vertretungsmacht erteilt worden. Die Sonderrichtlinie sei in der Wiener Zeitung und im Verlautbarungsblatt der Beklagten verlautbart worden. Der Klägerin sei das Vertretungsverhältnis bekannt gewesen. Die Beklagte habe erkennbar nur als Vertreterin des Bundesministeriums gehandelt, also als Vertreterin der Republik Österreich. Der Vertreter werde durch sein Handeln nicht berechtigt oder verpflichtet. Zwischen ihm und dem Dritten bestehe kein Rechtsverhältnis. Die Klägerin könne ihren Anspruch nur gegen den Vertretenen, also die Republik Österreich, durchsetzen. Deshalb sei die Passivlegitimation der Beklagten zu verneinen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Es teilte die Rechtsauffassung des Erstgerichtes über die mangelnde passive Klagelegitimation. Subventionsgewährung sei der Privatwirtschaftsverwaltung zuzurechnen, wenn sie - wie hier - nicht durch Bescheid erfolge. Im Zweifel sei in der Förderungsverwaltung privatrechtliches Handeln anzunehmen. Auf den Sachverhalt seien daher die Grundsätze des Privatrechtes anzuwenden. Ein Offenlegungsmangel liege nicht vor. Die Klägerin habe außer Streit gestellt, daß ihr die Sonderrichtlinie bekannt gewesen sei, also auch, daß mit der Durchführung der Förderungsmaßnahme die Beklagte im Namen und auf Rechnung des Bundesministeriums betraut worden sei.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß die ordentliche Revision mangels erheblicher Rechtsfragen nicht zulässig sei.

Mit ihrer außerordentlichen Revision beantragt die Klägerin die Abänderung dahin, daß der Klage stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

In der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung beantragt die Beklagte, die Revision zurückzuweisen; hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig. Zur Rechtsfrage, ob die mit der Abwicklung der Förderung betraute Beklagte schon aus dem Grund passiv klagelegitimiert ist, weil sie als juristische Person öffentlichen Rechts errichtet wurde, oder ob die Passivlegitimation ausschließlich von der Auslegung der Richtlinie des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft abhängt, liegt eine oberstgerichtliche Rechtsprechung nicht vor.

Die Revision ist jedoch nicht berechtigt.

Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, daß die hier zu beurteilende Agrarmarktförderung zur Privatwirtschaftsverwaltung des Bundes gehöre, ist zu teilen und steht im Einklang mit der oberstgerichtlichen Rechtsprechung. Die Subventionsvergabe erfolgt durch einen Subventionsmittler öffentlichen Rechts (also nicht durch eine juristische Person privaten Rechts). Die Beklagte ist an die Stelle der früher bestandenen öffentlich-rechtlichen Fonds getreten. Trotz ihrer Eigenschaft als juristische Person öffentlichen Rechts ist ihre Tätigkeit als eine solche der Privatwirtschaftsverwaltung aufzufassen und nicht der Hoheitsverwaltung zuzuordnen. Eine gesetzliche Determinierung der vorliegenden Förderungsaktion des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft fehlt genauso wie ein Anhaltspunkt, der Förderer (der Bund) wolle mittels Bescheides im Verwaltungsverfahren über die Subventionsvergabe entscheiden. In der in SZ 61/261 veröffentlichten Entscheidung war über einen ähnlichen Sachverhalt zu erkennen. Eine Kälbermastprämienaktion des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft wurde ebenfalls nach einer Richtlinie des Ministeriums durchgeführt. Der Oberste Gerichtshof vertrat die Auffassung, daß die Förderungsverwaltung zumindest im Zweifel zur Privatwirtschaftsverwaltung gehöre (in diesem Sinne auch SZ 66/84 ua). Die Richtlinien seien Rahmenbedingungen der Förderung. Ihnen komme aber nicht die Qualität von Verordnungen zu. Die Richtlinien seien privatrechtliche Willenserklärungen. An dieser Ansicht ist festzuhalten. Der erkennende Senat bejaht somit die Zulässigkeit des Rechtsweges wegen Fehlens eines hoheitlichen Handelns.

Die Frage der Passivlegitimation hängt von der Auslegung der Richtlinie im Zusammenhang mit den maßgeblichen Bestimmungen des AMA-Gesetzes 1992 ab. Dazu ist folgendes auszuführen:

Die Beklagte hat im übertragenen Wirkungsbereich die Abwicklung der Förderungsverwaltung bezüglich agrarischer Produkte einschließlich daraus hergestellter Verarbeitungserzeugnisse zu vollziehen, soweit ihr diese Aufgabe vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft übertragen wird (§ 3 Abs 2 Z 3 und § 28 Abs 1 AMA-Gesetz 1992). Diese Übertragung ist hier mit der erwähnten Richtlinie vom erfolgt. Insoweit liegt damit zwar ein öffentlich-rechtlicher Bestellungsakt vor (das Bundesministerium schließt mit der AMA keinen Vertrag über die Besorgung der Subventionsverwaltung, sondern überträgt diese Aufgabe aufgrund gesetzlicher Ermächtigung) für die materiellrechtlichen Grundlagen der Förderung und das Verhältnis der öffentlichen Hand zu den Förderungswerbern ist jedoch - wie ausgeführt - das Privatrecht maßgeblich. Nach ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung tritt derjenige, der kraft Gesetzes, durch Bescheid oder rechtsgeschäftlichen Akt berufen wurde, Geld oder geldwerte Leistungen aus Gemeinschaftsmitteln zur Förderung bestimmter Gemeinschaftsanliegen an Einzelrechtsträger zu deren förderungszielgerechten Verwendung zu verteilen, mit Beginn des Verteilungsvorganges gegenüber allen, die nach dem gegebenen Förderungsziel abstrakt als Empfänger in Betracht kommen, in ein - der Art nach dem vorvertraglichen Schuldverhältnis vergleichbares - gesetzliches Schuldverhält- nis (4 Ob 1529/96; 6 Ob 514/95 = JBl 1995, 582). Die im Rahmen dieses Schuldverhältnisses abgegebenen Erklärungen unterliegen wie rechtsgeschäftliche Erklärungen den Auslegungsregeln des § 914 ABGB. Die Rechtsstellung des Subventionsmittlers im Außenverhältnis zu den Subventionswerbern ist in der Richtlinie klar geregelt. Die Beklagte wurde nur mit Tätigkeiten "im Namen und auf Rechnung des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft" betraut und an Aufträge des Bundesministeriums gebunden. Schon die wörtliche Auslegung spricht für eine direkte Stellvertretung des Subventionsgebers durch die beklagte Subventionsmittlerin. Überzeugende Argumente für eine anderslautende Parteiabsicht vermag die Revisionswerberin nicht aufzuzeigen. Daß die Beklagte den Förderungswerbern als "eigenständige juristische Person" gegenübertritt, spricht noch nicht dafür, daß dies - entgegen dem Wortlaut der Richtlinie - als Handeln im eigenen Namen und auf eigene Rechnung aufgefaßt werden könnte. Die Vertreterrolle der Beklagten war der Klägerin bekannt. Auf Rechtsfragen im Zusammenhang mit nicht offengelegten Vollmachten kommt es daher hier nicht an. Die Vorinstanzen haben aus zutreffenden Erwägungen eine passive Sachlegitimation der Beklagten verneint. Wenn die Abwicklung einer bestimmten Agrarmarktförderung, die nicht mit genereller Norm näher definiert wird, der "Agrarmarkt Austria" nach den Bestimmungen des AMA-Gesetzes 1992 übertragen wird, kommt es für die Sachlegitimation im Prozeß auf den Inhalt der als rechtsgeschäftliche Erklärung aufzufassenden Richtlinie des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft an. Ist dort vorgesehen, daß die AMA nur im Namen und auf Rechnung des Bundesministeriums tätig wird, ist ihre passive Klagelegitimation zu verneinen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.