TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
OGH vom 28.01.1969, 4Ob502/69

OGH vom 28.01.1969, 4Ob502/69

Norm

Kleingartengesetz § 3 (3);

Kleingartengesetz § 12 (2) lite;

Kopf

SZ 42/15

Spruch

Ein unter Verletzung des § 3 (3) KleingartenG. geschlossene Vertrag nicht nichtig.

Entscheidung vom , 4 Ob 502/69. I. Instanz:

Bezirksgericht Innere Stadt Wien; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Der Kläger ist Unterpächter des Kleingartens Nr. 8, Siedlung S. Er begehrt, die Beklagten zu verurteilen, ihm diesen Kleingarten "geräumt von ihren persönlichen Kleidungsstücken und Möbeln" binnen 14 Tagen bei Exekution zu übergeben. Die beiden Beklagten seien zwar Miteigentümer der im Kleingarten errichteten Badehütte (Superädifikat), die Mitbenützung des Kleingartens sei ihnen aber bloß prekaristisch gestattet und die Mitbenützungsbewilligung zum Jahresende 1967 widerrufen worden. Maßgebend hiefür sei gewesen, daß die Beklagten behaupteten, ihnen stunden Unterpachtsrechte zu, was nicht zutreffe. Auch sei eine Weiterverpachtung nach § 3 (3) KleingartenG. unzulässig und könne nach § 3 (2) KleingartenG. der Unterpächter immer nur eine einzelne natürliche Person sein. Vorsorglich und unpräjudiziell sei überdies noch für eine Aufkündigung vorgenommen worden. Doch werde das Grundstück nach wie vor von den Beklagten benützt, wofür kein Rechtstitel vorliege.

Die Beklagten wendeten ein, ihnen stunden gemeinsam mit dem Kläger Subpachtrechte an dem Kleingarten zu, diesbezüglich bestehe eine Eigentumsgemeinschaft.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es gelangte zu den folgenden Feststellungen:

Ursprünglich sei Leopoldine L. Unterpächterin des Kleingartens gewesen, dessen Generalpächter der Kleingartenverein "S." ist. Im Jahre 1953 habe sie ihre Unterpachtrechte am den Vater des Klägers übertragen. Da dieser die von L. begehrte Geldsumme für die Bepflanzung und das Sommerhaus nicht habe aufbringen können, habe er sich an den Gatten der Erstbeklagten und die Gattin des Zweitbeklagten mit dem Ersuchen um eine finanzielle Beteiligung gewendet. Es sei dann vereinbarungsgemäß der Vater des Klägers gegenüber dem Kleingartenverein als Pächter aufgetreten, während im Innenverhältnis die von Leopoldine L. begehrten 20.100 S gedrittelt und gleichzeitig eine anteilsmäßige Mitbenützung des Gartens zwischen den drei erwähnten Personen vereinbart worden sei. Ferner seien entsprechende (Mit)-Eigentumsanteile am Gartenhaus begrundet worden. Im Jahre 1965 seien dem Kläger die Unterpachtrechte seines Vaters übertragen worden. Am seien an die Erstbeklagte und am an den Zweitbeklagten die Rechte ihrer Ehegatten im Erbweg übergegangen. Bis zum Jahre 1966 sei der Garten vom Kläger und den beiden Beklagten gemeinsam benützt, sämtliche auflaufenden Kosten und Aufwendungen jährlich abgerechnet und zu je einem Drittel getragen worden. Die Benützungsrechte der beiden Beklagten seien erstmalig im Juni 1967 vom Kläger bestritten worden. Anläßlich des Erwerbes der Mitgliedschaft beim Kleingartenverein habe sich der Kläger den Satzungen unterworfen. § 4 dieser Satzungen halte fest, pro Parzelle könne nur eine Person als Mitglied aufgenommen werden; § 7 bestimme unter anderem, daß die Überlassung des Grundstückes an Dritte verboten sei und (Unter-)pachtrechte nur von Vereinsmitgliedern erworben werden könnten.

In rechtlicher Beziehung führte das Erstgericht im wesentlichen aus, nach § 3 (3) KleingartenG., BGBl. Nr. 6/1959, sei dem Kleingärtner eine Weiterverpachtung des Kleingartens nicht gestattet. Soweit demnach in den Jahren 1964 und 1965 den Beklagten Benützungsrechte bzw. Pachtrechte eingeräumt worden seien, handle es sich um eine Umgehung des § 3 (3) KleingartenG., die Nichtigkeit bewirke. Den Beklagten stehe daher kein Rechtstitel an dem hier in Betracht kommenden Kleingarten zu.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Parteien Folge und änderte das Ersturteil dahin ab, daß es das Klagebegehren abwies. Es befand die Feststellungen des Erstgerichtes als ausreichend und unbedenklich, gelangte aber zu einer anderen rechtlichen Beurteilung.

Die bis zum Inkrafttreten des Kleingartengesetzes in Geltung gestandenen, durch § 22 KleingartenG. aufgehobenen, dort angeführten Rechtsvorschriften hätten ein Verbot der Weiterverpachtung des Kleingartens durch dessen Inhaber nicht enthalten (Bekanntmachung der neuen Fassung der Verordnung über Kündigungsschutz und andere kleingartenrechtliche Vorschriften vom , RGBl. I S. 347, abgedruckt bei Zingher, Das Mietengesetz[10] S. 103). Daher könne - wie schon im § 20 (2) KleingartenG. ausdrücklich angeführt wird - ein bereits (aufrecht) bestehender Pachtvertrag durch den § 3 KleingartenG. nicht berührt werden. Zu dem komme, daß entgegen der im § 4 KleingartenG. angeführten Nichtigkeit von Generalpachtverträgen ein Verstoß gegen § 3 (3) KleingartenG. nach dem § 12 (2) lit. e leg. cit. lediglich einen Kündigungsgrund gegenüber dem Pächter darstelle. Der Umstand schließlich, daß die Satzung des Kleingartenvereines die vorliegende Vereinbarung über die Benützungsrechte nicht gestattet, berechtige lediglich den Verein als Generalpächter zur Auflösung des im Außenverhältnis mit dem Kläger abgeschlossenen Unterpachtvertrages, löse aber gleichfalls keine Nichtigkeit der zwischen den Streitteilen bestehenden Vereinbarung aus. Den Beklagten stehe das Miteigentum am Superädifikat und das vertragliche Recht auf Mitbenützung des Kleingartens zu. Von einer titellosen Benützung könne demnach nicht die Rede sein.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Dem Kläger sind zu Lebzeiten seines Vaters im Jahre 1965 gemäß § 14 KleingartenG. dessen Rechte aus dem Unterpachtvertrag am gegenständlichen Kleingarten übertragen worden. Er ist damit als Rechtsnachfolger seines Vaters in den mit den Rechtsvorgängern der Beklagten geschlossenen Vertrag eingetreten. Der Kläger hat auch die Beklagten seither, bis Mitte 1967, als Rechtsnachfolger hinsichtlich der im Innenverhältnis zwischen seinem Vater und den inzwischen verstorbenen Ehegatten der Beklagten anläßlich des Überganges der Unterpachtrechte von Leopoldine L. an den Vater des Klägers im Jahre 1953 getroffenen Vereinbarungen anerkannt. Was das im Kleingarten errichtete Bauwerk anlangt, hatte an diesem der Vater des Klägers bloß zu einem Drittel Miteigentum und auch der Kläger ist bloß zu einem Drittel Miteigentümer, während die beiden Beklagten - also die Mehrheit - Eigentümer der anderen Anteile sind, was bereits in der Klage eingeräumt wurde. Damit wird durch das Klagebegehren in der vorliegenden Formulierung jedenfalls auch in die Benützungsrechte der Mehrheit der Eigentümer des Bauwerkes eingegriffen und auf eine Änderung der Benützungsregelung abgezielt, wofür im Rahmen einer Räumungsklage kein Platz ist. Hinsichtlich der Benützung des Kleingartens selbst aber kann nach den näheren Umständen unter denen seinerzeit (1953) die im Innenverhältnis zwischen den Vertragspartnern getroffene Vereinbarung zustande kam, kein Zweifel darüber bestehen, daß hier nicht etwa ein bloß prekaristisches Verhältnis ins Auge gefaßt wurde, was im übrigen in der Revision auch nicht mehr in Zweifel gezogen wird. Vielmehr wurde ein in einem untrennbaren Zusammenhang mit der Unterpachtung durch den Vater des Klägers stehendes Dauerverhältnis geschaffen, in das der Kläger als Rechtsnachfolger des Vaters eingetreten ist. Durch die auch in der Revision ins Treffen geführten Bestimmungen des § 3 KleingartenG. läßt sich für den Standpunkt des Klägers nichts gewinnen. Denn auch bei Annahme des Vorliegens einer unter Verletzung des § 3 (3) KleingartenG. nach Inkrafttreten dieses Gesetzes vorgenommenen (anteilsmäßigen) Weiterverpachtung des Kleingartens am die Beklagten könnte dadurch keine Nichtigkeit der Vereinbarung bewirkt werden. Ein verbotenes Geschäft ist nur dann nichtig, wenn dies die Verbotsnorm ausspricht (SZ. XXXIV 14, SZ. XXXVI 78 u. v. a.) oder wenn es der Zweck der Verbotsnorm erfordert (SZ. XXVIII 98, SZ. XXXIV 14, SZ. XXXVI 78 u. v. a.). Das Kleingartengesetz bestimmt nun nicht, daß ein in Verletzung des § 3 (3) geschlossener Vertrag nichtig sei, die Sanktion für einen solchen Verstoß ist vielmehr (472 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des NR. VIII. GP., S. 8) die Kündigungsmöglichkeit nach § 12 (2) lit. e dieses Gesetzes. Darnach kann der vom Generalpächter mit dem Unterpächter geschlossene Unterpachtvertrag u. a. aufgekundigt werden, wenn der Unterpächter gegen die Bestimmungen des § 3 (3) KleingartenG. verstößt. Die Statuierung dieses Tatbestandes als Kündigungsgrund, der begrifflich den Bestand eines gültigen Rechtsverhältnisses, das aufgekundigt werden soll, zur Voraussetzung hat, schließt aber auch die Annahme aus, daß der Zweck der gegenständlichen Norm die Nichtigkeit des verbotenen Gesetzes erfordere.

Ohne Erfolg wird von der Revision auch eine zum ausgesprochene Aufkündigung ins Treffen geführt. Richtig ist, daß die klagende Partei bereits in der Klage vorbrachte, daß sie - unpräjudiziell für ihre primär eingenommenen Rechtsstandpunkte - auch "vorsorglich" zum eine Aufkündigung der Beklagten vorgenommen habe. Nun trifft es zwar zu, daß Dauerschuldverhältnis aus wichtigen Gründen gelöst werden können, und zwar auch vor Ablauf der vereinbarten Zeit und ohne Anwendung der sonst anwendbaren Kündigungstermine und Kündigungsfristen (SZ.

XXXI 116, EvBl. 1961 Nr. 294 = JBl. 1962 S. 319, 6 Ob 173/65 =

MietSlg. 17.202, 4 Ob 310/66 = GR. 1966 S. 106 = JBl. 1967 S. 209 =

MietSlg. 18.208 u. a.). Dabei sind unter "wichtigen Gründen" Umstände zu verstehen, die es einer Partei billigerweise nicht mehr zumutbar erscheinen lassen, das Vertragsverhältnis aufrechtzuerhalten, insbesondere Verstöße gegen Treu und Glauben. Dementsprechende wichtige Gründe aber sind zu der am "vorsorglich" ausgesprochenen Kündigung nicht geltend gemacht worden. Wie aus dem Inhalt des Schreibens der Vertreter des Klägers vom an den Beklagtenvertreter - der im übrigen mit den Angaben des Klägers als Partei, im Einklang steht - im Zusammenhang mit dem Schreiben der Vertreter des Klägers an die Beklagten vom unmißverständlich hervorgeht, leitete der Kläger die von ihm geforderte "Beendigung der von ihm bisher eingeräumten Nutzungsmöglichkeiten" ausschließlich daraus ab, daß die bisher gehandhabte Regelung vom Generalpächter nicht geduldet werde und den Bestimmungen des § 3 KleingartenG. widerspreche. Darauf aber kann sich der Kläger als "wichtige Gründe" nicht berufen. Der Kläger ist als Rechtsnachfolger seines Vaters in den mit den Rechtsvorgängern der Beklagten geschlossenen Vertrag eingetreten und daher an diesen gebunden. Zur Zeit des Abschlusses dieses Vertrages aber bestand laut § 7 der Vereinsstatuten bereits das Verbot der Überlassung der untergepachteten Grundstücke an Dritte. Es ist daher ausgeschlossen, nunmehr den unter der Vertragsvoraussetzung, daß der Abschluß eines solchen Vertrages eigentlich verboten sei, geschlossenen Vertrag unter Heranziehung eben dieses Verbotes als Kündigungsgrund zu kundigen.