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OGH vom 16.12.1986, 2Ob673/86

OGH vom 16.12.1986, 2Ob673/86

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Heinz M***, Vorstandsdirektor, Sterneckstraße 105, 9020 Klagenfurt, vertreten durch Dr. Franz Müller-Strobl, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Mag. Annemarie H***, Angestellte, Rizzistraße 2, 9020 Klagenfurt, vertreten durch Dr. Johann Tischler, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Widerrufs einer Schenkung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom , GZ 4 R 60/86-9, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom , GZ 21 Cg 291/85-4, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat der Beklagten die mit S 10.198,65 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 927,15 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Schenkungsvertrag vom schenkte der Kläger der Beklagten, seiner damaligen Ehefrau, die Hälfte der in seinem Alleineigentum stehenden Liegenschaft EZ 770 KG St. Martin bei Klagenfurt. Mit Notariatsakt vom schenkten beide Streitteile ihre Liegenschaftshälften dem gemeinsamen ehelichen Sohn auf den Todesfall, unter der Bedingung, daß der Sohn die Geschenkgeber überlebt; die Streitteile verzichteten auf den Widerruf der Schenkung und vereinbarten außerdem gegenseitig die Einräumung eines Veräußerungs- und Belastungsverbotes. Die Beklagte anerkannte für sich und ihre Rechtsnachfolger das Recht des Klägers, die Liegenschaft allein zu nutzen, und verzichtete auf jede Art der Mitbenützung oder Ausgleichszahlung.

Der Kläger behauptet das Vorliegen der Voraussetzungen für den Widerruf der Schenkung vom wegen groben Undanks gemäß § 948 ABGB und begehrt, die Beklagte schuldig zu erkennen, die Liegenschaftshälfte an den Kläger herauszugeben und in die Einverleibung des Eigentumsrechtes für den Kläger einzuwilligen. Die Beklagte brachte vor, bei der Übergabe der Liegenschaftshälfte habe es sich in Wahrheit nicht um eine Schenkung, sondern um die Abgeltung für erbrachte Geldleistungen gehandelt. Die Beklagte habe auch kein Verhalten gesetzt, das den Kläger zum Widerruf der Schenkung wegen groben Undanks berechtigen würde. Einem Schenkungswiderruf stünde auch der Notariatsakt vom entgegen, da die Beklagte aufgrund der Schenkung auf den Todesfall über ihren Hälfteanteil genausowenig verfügen könne wie der Kläger. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es vertrat die Ansicht, durch den Schenkungsvertrag auf den Todesfall könne von den Streitteilen für die Dauer des Lebens des Beschenkten nicht auf die Rechte aus dem ursprünglichen Schenkungsvertrag zurückgegriffen werden. Insofern sei durch den Schenkungsvertrag auf den Todesfall eine Abänderung des seinerzeitigen Schenkungsvertrages erfolgt. Die Streitteile seien durch die Errichtung des Schenkungsvertrages auf den Todesfall gegenseitig und gegenüber dem ehelichen Sohn verpflichtet und hätten auch auf den Widerruf des Schenkungsvertrages auf den Todesfall verzichtet.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und erklärte die Revision für zulässig. Grober Undank mache den Beschenkten gemäß § 949 ABGB zum unredlichen Besitzer. Der Umfang der Haftung für die Rückstellung der geschenkten Sache bestimme sich nach den §§ 335, 336 ABGB. Die Rückstellung des Geschenks in Natur setze Möglichkeit und Tunlichkeit einer solchen Rückstellung voraus. Besitze der Beschenkte die geschenkte Sache oder ihren Wert nicht mehr, so sei seine Haftung auf die noch vorhandene Bereicherung beschränkt. Eine derartige Bereicherung liege dann vor, wenn der Leistungsempfänger aufgrund des Geschenks noch im Besitz eines Vermögensvorteils sei. Im vorliegenden Fall sei zu prüfen, ob eine Rückstellung der der Beschenkten seinerzeit geschenkten Liegenschaftshälfte mit Rücksicht auf den vor Entstehen des behaupteten Widerrufsgrundes abgeschlossenen Vertrag mit dem ehelichen Sohn der Streitteile möglich und tunlich sei, bzw. ob überhaupt noch vom Vorhandensein einer Bereicherung gesprochen werden könne. Eine Schenkung auf den Todesfall bestehe in einem unter Lebenden abgeschlossenen Schenkungsvertrag, der erst nach dem Tod des Geschenkgebers erfüllt werden solle. Der Natur des Vertrages entsprechend sei die freie Widerruflichkeit ausgeschlossen. Von der Schenkung, deren Erfüllung erst nach dem Tod erfolgen solle, unterscheide sich die Schenkung auf den Todesfall insbesondere dadurch, daß der Widerruf nicht im Belieben des Erblassers stehe, weil dieser vertraglich gebunden sei. Die Beklagte habe ebenso wie der Kläger über ihre ihr seinerzeit vom Kläger geschenkte Liegenschaftshälfte mit einem Schenkungsvertrag auf den Todesfall zugunsten ihres ehelichen Sohnes verfügt. Sie habe überdies das Recht des Klägers, die Liegenschaft allein zu nutzen, anerkannt und auf jede Art der Mitbenützung verzichtet. Schließlich habe die Beklagte - auch hier so wie der Kläger - mit Einräumung eines gegenseitigen Veräußerungs- und Belastungsverbotes die künftige Durchführung des Schenkungsvertrages auf den Todesfall sichergestellt. Die Beklagte sei zwar demnach grundbücherliche Eigentümerin, dieses Eigentum sei aber derzeit von allen weiteren Rechten, insbesondere auch der Verfügungsmacht entgegen dem Schenkungsvertrag auf den Todesfall, entkleidet. Eine Rückstellung des Geschenkten sei der Beklagten derzeit nicht möglich. Es komme dies jenem Fall gleich, bei dem der Beschenkte weder die Sache noch deren Wert besitze. Die Tatsache des bücherlichen Rechts gebe der Beklagten auch keinen Vermögensvorteil, weil ihr jede Verfügung über dieses Recht untersagt bzw. unmöglich sei. Sei der Gegenstand der Schenkung bei fortdauernder Gutgläubigkeit vom Geschenknehmer unentgeltlich fortgegeben worden, sei auch eine Bereicherung nicht mehr vorhanden. Der Geschenknehmer auf den Todesfall habe die Schenkung angenommen, die Schenkenden hätten sich des Befugnisses begeben, diese Schenkung auf den Todesfall zu widerrufen. Damit habe der Sohn der Streitteile das Recht erworben, im Fall seines Überlebens die Herausgabe der jeweiligen Liegenschaftshälfte des verstorbenen Geschenkgebers zu verlangen. Würde die seinerzeitige Schenkung widerrufen werden, könnte dieses Recht des Geschenknehmers auf den Todesfall nicht verwirklicht werden. Der aus einem allfälligen Widerrufsgrund des Klägers ableitbare und hier erhobene Leistungsanspruch sei aufgrund der bestehenden Sach- und Rechtslage derzeit nicht durchsetzbar. Nur für den Fall, daß der Geschenknehmer vor den Geschenkgebern versterbe, würde das Recht der Beklagten, über ihre Liegenschaftshälfte zu verfügen, wieder aufleben. Für diesen Fall sei aber die vorliegende Klage nicht der geeignete Rechtsbehelf einer allenfalls drohenden Verjährung des Widerrufsgrundes vorzubeugen.

Der Kläger bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision, macht die Anfechtungsgründe der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend und beantragt Abänderung dahin, daß dem Klagebegehren stattgegeben werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, obwohl das Berufungsgericht keine Bewertung des nicht in einem Geldbetrag bestehenden Streitgegenstandes vorgenommen hat. Gemäß § 500 Abs 2 ZPO und § 60 Abs 2 JN ist nämlich der Einheitswert maßgebend. Dieser beträgt für die gesamte Liegenschaft S 579.000,--. Gemäß § 3 Bewertungsgesetz 1955 ist bei mehreren Beteiligten der Wert nach dem Verhältnis ihrer Anteile zu verteilen. Der Streitwert beträgt daher S 289.500,-- (nur dann, wenn nicht ein ideeller, sondern ein realer Teil ohne eigenen Einheitswert einer Liegenschaft streitverfangen ist, muß eine Bewertung erfolgen - JBl 1954, 402; Fasching I 364; vgl auch 7 Ob 577/86).

Die Revision ist nicht berechtigt.

Ob der Umstand, daß die Beschenkte die Sache einem Dritten auf den Todesfall geschenkt hat, einem Widerruf der Schenkung entgegensteht, braucht nicht erörtert zu werden. Der Kläger, der Vorstandsdirektor der T*** C*** W*** AG ist, behauptet, die Beklagte habe an den Generaldirektor dieses Unternehmens folgendes anonymes Schreiben gerichtet:

"Sehr geehrter Herr Generaldirektor ! Wien 1984 08 10

Als ich neulich zusammen mit Ihrem Vorstandskollegen eingeladen war, äußerte sich dieser in einer bedenklichen Art über Ihre Fähigkeiten, vor allem kritisierte er Ihre Auslandsgeschäfte. Da ich seiner Couleur angehöre, sehe ich keine andere Möglichkeit als diese, um Sie von diesen Vorkommnissen in Kenntnis zu setzen. Wenn ich Ihnen eine Empfehlung geben darf, beobachten Sie sein Benehmen und seine Trinkgewohnheiten. Ich anerkenne nämlich Ihre Fähigkeiten und möchte nicht, daß Ihnen Schaden zugefügt wird. Mit freundlichen Empfehlungen" Der Kläger macht geltend, daß, weil der Vorstand des Unternehmens nur aus zwei Personen bestehe, sich das Schreiben nur auf den Kläger beziehen könne. Das Schreiben enthalte schwerwiegende Anschuldigungen, die dem Tatbild des § 111 StGB unterfielen. Unter anderem würden dem Kläger insofern verächtliche Eigenschaften, Gesinnungen und unehrenhaftes Verhalten unterstellt, wenn in bezug auf ihn behauptet werde, daß er sich in einer bedenklichen Art über die Fähigkeiten des Generaldirektors geäußert und dessen Auslandsgeschäfte kritisiert habe. Der Kläger werde darüber hinaus, wenn ausgeführt werde, daß seine Trinkgewohnheiten beobachtet werden mögen, als Trinker abqualifiziert. Schließlich werde in den Raum gestellt, daß der Kläger durchaus in der Lage und fähig sei, seinem Vorstandskollegen Schaden zuzufügen.

Auch wenn dieses Schreiben von der Beklagten stammen sollte, könnte es indes den Widerruf der Schenkung nicht rechtfertigen. Unter grobem Undank, der zum Widerruf der Schenkung berechtigt, wird gemäß § 948 ABGB eine Verletzung am Leibe, an Ehre, an Freiheit oder am Vermögen verstanden, welche von der Art ist, daß gegen den Verletzer von Amts wegen oder auf Verlangen des Verletzten nach dem Strafgesetze verfahren werden kann. Durch die Abfassung und Absendung des anonymen Schreibens wurde nämlich keine gerichtlich strafbare Handlung begangen. Wie der Kläger selbst erkennt, könnte höchstens die Vorschrift des § 111 StGB in Frage kommen. Danach macht sich derjenige der üblen Nachrede schuldig, der einen anderen in einer für einen Dritten wahrnehmbaren Weise einer verächtlichen Eigenschaft oder Gesinnung zeiht oder eines unehrenhaften Verhaltens oder eines gegen die guten Sitten verstoßenden Verhaltens beschuldigt, das geeignet ist, ihn in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen oder herabzusetzen. Dieser Tatbestand wurde durch das anonyme Schreiben nicht verwirklicht. Die Behauptung, der Kläger habe sich in bedenklicher Art über die Fähigkeiten des Generaldirektors geäußert, vor allem habe er dessen Auslandsgeschäfte kritisiert, kann nicht als üble Nachrede im Sinne des § 111 StGB angesehen werden, weil die Formulierung "in bedenklicher Art" zu unbestimmt ist, und die Behauptung, jemand habe etwas kritisiert, nicht den Vorwurf eines unehrenhaften Verhaltens darstellt. Die Wendung ".....beobachten Sie sein Benehmen und seine Trinkgewohnheiten" reicht nicht aus, um darin den Vorwurf zu sehen, daß das Benehmen des Klägers schlecht und er ein Trinker sei. Desgleichen kann aus den Worten "....möchte nicht, daß Ihnen Schaden zugefügt wird" nicht abgeleitet werden, daß der Kläger bestrebt sei, dem Generaldirektor absichtlich Schaden zuzufügen. Das Schreiben, das lediglich vage Andeutungen ohne konkrete Behauptungen enthält, ist daher nicht geeignet, um die Grundlage für einen Widerruf der Schenkung bilden zu können.

Das Klagebegehren ist somit nicht berechtigt, weshalb der Revision ein Erfolg versagt bleiben mußte.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.