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OGH vom 23.01.2018, 4Ob180/17z

OGH vom 23.01.2018, 4Ob180/17z

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon.-Prof. Dr. Brenn, Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D***** e.U., *****, vertreten durch Mag. Martin Bican, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei G***** G*****, vertreten durch den Sachwalter Mag. Wolfgang Ruckenbauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen 11.695,55 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom , GZ 35 R 90/17w-15, womit das Zwischenurteil des Bezirksgerichts Fünfhaus vom , GZ 23 C 1016/16v-10, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 939,24 EUR (darin 156,54 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Der unter anderem zur Verwaltung von Einkünften, Vermögen und Verbindlichkeiten bestellte Sachwalter der Beklagten erstattete dem Pflegschaftsgericht im Jänner 2013 einen Bericht, wonach sich die Betroffene noch immer in einem Heim aufhalte und die Heimleitung darauf dränge, dass sie rasch eine alternative Unterkunft finde. Der Betroffenen gehöre eine Eigentumswohnung, in der aber ein Wasserschaden entstanden sei und die sanitären Anlagen stark veraltet wären. Darum müssten die Elektronik und die Rohre überprüft, die sanitären Anlagen erneuert und der Boden in der Küche verlegt werden, welcher aufgrund des Wasserschadens ebenfalls kaputt geworden sei. Nach Einholung von Kostenvoranschlägen werde er die erforderlichen Aufträge erteilen.

Das Pflegschaftsgericht fasste hierzu am folgenden – durch den Sachwalter vorbereiteten – Beschluss, der in Rechtskraft erwuchs:

„1. Der Bericht des Sachwalters […] dient genehmigend zur Kenntnis.

2. [Der Sachwalter] wird antragsgemäß ermächtigt, die Wohnung [...] der Betroffenen von Fachkräften überprüfen zu lassen um die nötigen Renovierungen durchführen zu können.“

Der Sachwalter beauftragte daraufhin die Klägerin mit der Durchführung der Arbeiten; die (grundsätzlich) auch durchgeführt wurden. Die Beklagte bewohnt mittlerweile die sanierte Wohnung.

Mit Klage vom begehrt die Klägerin die Zahlung der hierfür gelegten Rechnung abzüglich einer
– nach der Aktenlage erst nach Beendigung der Sachwalter-schaft für den genannten Geschäftskreis geleisteten – Teilzahlung.

Die nunmehr durch einen neuen Sachwalter – der Jahre danach auch zum Sachwalter unter anderem (wiederum) mit dem Wirkungskreis Verwaltung von Einkünften, Vermögen und Verbindlichkeiten bestellt worden war – vertretene Beklagte wendet ein, dass keine Genehmigung des Arbeitsauftrages durch das Pflegschaftsgericht vorliege. Die Arbeiten seien nicht notwendig und nützlich gewesen; die Angemessenheit des Werklohnes werde bestritten, die verrechneten Leistungen seien überhöht und hinsichtlich des Ausmaßes nicht überprüfbar.

Das Erstgericht sprach mit Zwischenurteil aus, dass die Forderung der Klägerin dem Grunde nach zu Recht bestehe, und behielt die Kostenentscheidung der Endentscheidung vor. Der Beschluss des Pflegschaftsgerichts vom sei als wirksame Bewilligung und Genehmigung der (im Lichte des zuvor erstatteten Berichts des Sachwalters ausreichend konkretisierten) geplanten Arbeiten nach § 132 Abs 1 AußStrG aufzufassen.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und erklärte nachträglich über Antrag der Beklagten die ordentliche Revision mangels höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur hinreichenden Bestimmung einer geplanten Rechtshandlung iSd § 132 Abs 1 zweiter Satz AußStrG für zulässig.

Die ist ungeachtet des – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO; RIS-Justiz RS0042392) – Zulassungsausspruchs des Berufungsgerichts mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig. Die Zurückweisung der Revision kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).

Rechtliche Beurteilung

1. Die Frage, welchen rechtlich erheblichen Inhalt eine gerichtliche Entscheidung hat, ist eine Rechtsfrage, die aufgrund des Wortlauts des Spruchs und der Gründe der Entscheidung in Verbindung mit dem dadurch angewandten Gesetz gelöst werden muss und nicht durch Erforschung des vermeintlichen Willens der am Zustandekommen der Entscheidung beteiligten Organwalter. Es gilt der allgemeine Grundsatz, dass Rechtsakte rechtskonform, gerichtliche Entscheidungen somit im Zweifel so auszulegen sind, dass ihnen nicht ohne Not eine Deutung gegeben wird, die sie als gesetzwidrig erscheinen ließe (RISJustiz RS0008802). Ein etwa in der Entscheidung selbst objektiv nicht hinreichend bestimmt zum Ausdruck gebrachter richterlicher Entscheidungswille ist als Auslegungsmittel der gerichtlichen Entscheidung untauglich (RISJustiz RS0000234 [T1]; RS0000300). Fragen der Auslegung eines gerichtlichen Beschlusses entziehen sich im Allgemeinen generellen Aussagen; auch ihnen kann daher keine Bedeutung als erhebliche Rechtsfrage zukommen, sofern nicht eine krasse Fehlbeurteilung zu erkennen ist (RIS-Justiz RS0118891 [T3]).

2. Nach § 132 Abs 1 AußStrG darf das Gericht in seiner Entscheidung über die Genehmigung der Rechtshandlung eines Pflegebefohlenen dieser keine inhaltlich abweichende Fassung geben. Das Gericht kann auch eine bestimmte, genehmigen oder aussprechen, dass eine Rechtshandlung keiner gerichtlichen Genehmigung bedarf.

3. Dass es im vorliegenden Fall um geplante Maßnahmen ging, ergibt sich aus dem vom Pflegschaftsgericht genehmigend zur Kenntnis genommenen Bericht des Sachwalters, er werde die – im Einzelnen umschriebenen – Sanierungsmaßnahmen nach einem Wasserschaden zur Herstellung der Bewohnbarkeit der Wohnung nach Befundung durch Fachleute durchführen lassen. Die Vorinstanzen haben diesen Vorgang nach den Umständen des Einzelfalls als ausreichend bestimmte pflegschaftsbehördliche Genehmigung nach § 132 Abs 1 Satz 2 AußStrG angesehen, worin keine durch den Obersten Gerichtshof aufzugreifende krasse Fehlbeurteilung liegt.

4. Die Auslegung des Beschlussinhaltes durch die Vorinstanzen entspricht im Übrigen auch den sich aus der Aktenlage ergebenden weiteren Umständen: Der Sachwalter berichtete dem Pflegschaftsgericht zwei Monate nach dem fraglichen Beschluss neuerlich über den zwischenzeitig erfolgten Beginn der Arbeiten, über deren Umfang, die laufende Durchführung und die weitere Dauer, ohne dass das Gericht dem entgegentrat. Wenige Monate danach kündigten in einer Tagsatzung vor dem Pflegschaftsgericht (als deren Ergebnis die Beendigung der Sachwalterschaft in Bezug auf die Verwaltung von Einkünften, Vermögen und Verbindlichkeiten akkordiert wurde) die Beklagte und ihr Vertrauensanwalt – der kurz danach ihr Sachwalter und als solcher später durch den nunmehrigen Beklagtenvertreter abgelöst wurde – an, die Beklagte werde in der Folge die weitere Renovierung ihrer Eigentumswohnung selbst übernehmen. Pflegschaftsgericht, Sachwalter und Betroffene gingen somit von einem übereinstimmenden Beschlussinhalt aus. Der vorliegende Fall wirft unter diesen besonderen Umständen damit auch keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifenden Fragen der Rechtssicherheit auf.

5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 iVm § 50 Abs 1 ZPO. Die Klägerin hat im Ergebnis zu Recht auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels hingewiesen, wobei nach überwiegender jüngerer Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0123222 [T10]; vgl dagegen RS0117737) auch dann kein Kostenvorbehalt nach § 52 Abs 4 iVm § 393 Abs 4 ZPO stattfindet, wenn die zugelassene Revision gegen ein Zwischenurteil mangels Vorliegens einer Rechtsfrage gemäß § 502 Abs 3 ZPO zurückgewiesen wurde und der Gegner in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen hat.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2018:0040OB00180.17Z.0123.000

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