OGH vom 13.04.1999, 4Ob18/99x

OGH vom 13.04.1999, 4Ob18/99x

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Brigitte D*****, vertreten durch Dr. Kurt Konopatsch und Dr. Sonja Jutta Sturm-Wedenig, Rechtsanwälte in Leoben, wider den Antragsgegner Johann D*****, vertreten durch Dr. Alfred Lind und Dr. Klaus Rainer, Rechtsanwälte in Graz, wegen Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Aufteilungsverfahren, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes Leoben als Rekursgerichtes vom , GZ 2 R 471/98h-43, mit welchem der Beschluß des Bezirksgerichtes Leoben vom , GZ 1 F 32/97g-19, abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der Beschluß des Rekursgerichtes, der insoweit als unbekämpft unberührt bleibt, als in Ansehung der Liegenschaften EZ 120 GB V***** und EZ 331 GB L***** ein einstweiliges Veräußerungs- und Belastungsverbot erlassen und im Grundbuch angemerkt wurde, wird in seinem abweisenden Teil dahin abgeändert, daß es insoweit zu lauten hat:

"Einstweilige Verfügung:

Dem Antragsgegner wird für bis zu sechs Monate nach rechtskräftiger Beendigung des Aufteilungsverfahrens 1 F 32/97g des Bezirksgerichtes Leoben die Veräußerung und Belastung der ihm zur Gänze gehörigen Liegenschaft EZ 314 GB 60324 L***** verboten.

Dieses Verbot ist im Grundbuch des Bezirksgerichtes Leoben zugunsten der Antragstellerin Brigitte D*****, geboren , anzumerken".

Das Erstgericht hat die erforderlichen Anordnungen an das Grundbuch zu treffen.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorläufig selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Ehe der Verfahrensbeteiligten wurde am aus dem Alleinverschulden des Antragsgegners rechtskräftig geschieden. Zur Sicherung ihres gegen den Antragsgegner gerichteten Aufteilungsanspruches begehrt die Antragstellerin die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, wonach dem Antragsgegner die Veräußerung und Belastung der in seinem Alleineigentum stehenden Liegenschaften EZ 120 GB V***** und EZ 314 GB L***** sowie seines Hälfteanteils an der Liegenschaft EZ 331 GB L***** verboten und dieses Verbot im Grundbuch angemerkt werde. Die angeführten Liegenschaften und der Liegenschaftsanteil seien - mit Ausnahme des auf den Schmiedebetrieb des Antragsgegners entfallenden Teils des Grundstückes EZ 314 - in die Aufteilung einzubeziehen. Der Antragsgegner habe das in EZ 314 inneliegende GST-Nr 2032/2 im Jahr 1979 kurz vor der Eheschließung erworben. Nach der Eheschließung hätten beide Ehegatten gemeinsam auf diesem Grundstück ein Wohnhaus, die Ehewohnung, errichtet. 1988 habe der Antragsgegner ein benachbartes Grundstück erworben und mit dem ursprünglichen Grundstück 2032/2 vereinigt. Auf diesem neu dazu gekauften Grundstück befinde sich der vom Antragsgegner geführte Schmiedebetrieb sowie ein ausschließlich der Privatbenützung dienender Swimmingpool. Gleichfalls 1988 hätten die Ehegatten die Liegenschaft EZ 331 GB L***** je zur Hälfte erworben. Auf diesem Grundstück befinde sich neben einem Bauernhaus ein Stallgebäude, in welchem Heu gelagert und landwirtschaftliche Geräte sowie Ochsen und Pferde untergebracht seien. Der Antragsgegner bewohne diese Liegenschaft mit seiner Lebensgefährtin, ein Teil sei vermietet. 1992 habe der Antragsgegner die Liegenschaft EZ 120 GB V***** mit dem Haus Hauptstraße 123 erworben. Er habe nach der Ehescheidung die angeführten Liegenschaften durch Hypotheken belastet und angedroht, weitere Belastungen in einem solchen Umfang vornehmen zu wollen, daß die Antragstellerin aus dem Aufteilungsverfahren nichts erhalten werde.

Der Antragsgegner beantragte die Abweisung des Aufteilungsantrages und machte geltend, der größte Teil des Grundstückes EZ 314 falle wegen betrieblicher Nutzung als Schmiede nicht in die Aufteilungsmasse. Zum Sicherungsantrag erstattete er kein Vorbringen.

Das Erstgericht erließ ein Belastungs- und Veräußerungsverbot nur in Ansehung der Liegenschaften EZ 120 GB V***** und EZ 314 GB L*****. Den Sicherungsantrag hinsichtlich der Liegenschaft EZ 331 wies es ab. Die Anordnung der grundbücherlichen Anmerkung des Verbotes unterblieb.

Das Rekursgericht erließ das Veräußerungs- und Belastungsverbot hinsichtlich der Liegenschaften EZ 120 GB V***** und des Hälfteanteiles an der Liegenschaft EZ 331 GB L*****. Es ordnete die grundbücherliche Anmerkung der Sicherungsverfügung an. Den Antrag, auch die Veräußerung und Belastung der Liegenschaft EZ 314 GB L***** zu verbieten, wies es ab. Das Rekursgericht sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil zur Frage der Anmerkung eines Belastungs- und Veräußerungsverbotes im Rahmen einer einstweiligen Verfügung nach § 382 Abs 1 Z 8 lit c zweiter Fall EO auf Liegenschaften, die nicht unzweifelhaft zur Aufteilungsmasse gehören, Rechtsprechung fehle. Zweck der begehrten einstweiligen Verfügung sei die Sicherung der in die konkrete Aufteilungsmasse fallenden Vermögenswerte, wobei die Antragstellerin ihren Anspruch und dessen konkrete Gefährdung zu bescheinigen habe. Angesichts der vom Antragsgegner nach der Ehescheidung vorgenommenen Belastungen sei ausreichend bescheinigt, daß die Befriedigung des Aufteilungsanspruches erheblich erschwert würde, wenn der Antragsgegner sein Grundeigentum weiterhin uneingeschränkt belasten oder veräußern dürfe.

Die einstweilige Verfügung dürfe sich jedoch nur auf zur Aufteilungsmasse gehörige Vermögenswerte erstrecken. Dies sei nur bei der Liegenschaft EZ 120 GB V***** sowie beim Hälfteanteil des Antragsgegners an der Liegenschaft EZ 331 GB L***** der Fall. Hingegen falle die Liegenschaft EZ 314 GB L***** - wenngleich sich auf ihr die Ehewohnung befinde - nicht in die Aufteilungsmasse. Der Antragsgegner habe einen Teil dieser Liegenschaft vor der Eheschließung gekauft und in die Ehe eingebracht. Beide Ehegatten hätten darauf das Wohnhaus errichtet, das ihnen als Ehewohnung und - im Erdgeschoß - dem Antragsgegner für Bürozwecke gedient habe und diene. Auf dem 1988 erworbenen und mit der ursprünglichen Liegenschaft vereinigten angrenzenden Grundstück habe der Antragsgegner den Betrieb (Schmiede) errichtet. Das ursprüngliche Grundstück falle - weil vom Antragsgegner in die Ehe eingebracht - nicht in die Aufteilungsmasse, das später erworbene Grundstück sei gleichfalls auszuscheiden, weil es zum Betrieb des Unternehmens gehöre. Wenngleich die Ehewohnung aufzuteilen sei, könne doch das Belastungs- und Veräußerungsverbot nicht auf einer Liegenschaft angemerkt werden, die selbst nicht in die Aufteilungsmasse falle, auch wenn sich darauf die Ehewohnung befinde.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragstellerin ist zulässig und berechtigt.

Gemäß § 382 Abs 1 Z 8 lit c zweiter Fall EO kann (als Mittel zur Sicherung "anderer Ansprüche" iSd § 381 EO) die einstweilige Sicherung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse im Zusammenhang mit einem Verfahren auf Aufteilung dieses Vermögens angeordnet werden. Sinn und Zweck der gerichtlichen Verfügung ist es, eine einseitige Veränderung der Vermögenslage bis zur Durchführung des Aufteilungsverfahrens zu verhindern. Gesichert werden dabei nicht die Vermögensobjekte selbst, sondern die gerichtliche Durchsetzung des Aufteilungsanspruches nach den §§ 81 ff EheG (SZ 67/166; SZ 67/226; RIS-Justiz RS0013295 und RS0037061; Konecny, Der Anwendungsbereich der einstweiligen Verfügung 106; König, Einstweilige Verfügungen im Zivilverfahren Rz 152), wobei es nicht darauf ankommt, wie die Aufteilung im künftigen Verfahren vorgenommen werden wird und ob die gefährdete Partei letztlich die gesicherte Sache oder eine Ausgleichszahlung zugesprochen erhält (SZ 67/166 mwN; SZ 67/226; Konecny aaO 106).

Der Antragsteller hat seinen Aufteilungsanspruch und dessen (konkrete) Gefährdung zu bescheinigen (König aaO Rz 152; Konecny aaO 106; Giefing, Die familien- und exekutionsrechtlichen Aspekte des ehelichen Wohnens 164; SZ 67/166). Er hat insbesondere darzutun, daß die begehrten Sicherungsmaßnahmen Gegenstände betreffen, die nach den §§ 81 und 82 EheG der Aufteilung unterliegen (SZ 67/226; JUSZ 2479; Konecny aaO 106).

Es ist ständige Rechtsprechung, daß dann, wenn die ganze Liegenschaft als Ehewohnung gedient hat und ein Ehegatte auf die Weiterbenützung zur Sicherung seiner Lebensverhältnisse angewiesen ist, die Liegenschaft in die Aufteilung auch dann einzubeziehen ist, wenn sie (oder Teile daran) von einem Ehegatten in die Ehe eingebracht, ererbt oder ihm vom einem Dritten geschenkt wurde (4 Ob 90/98h; RIS-Justiz RS0058311).

Zum Unternehmen eines Ehegatten gehörende Vermögensgegenstände sind jedoch gemäß § 82 Abs 1 Z 3 EheG in die Aufteilung nicht einzubeziehen.

Gemäß § 86 Abs 1 EheG kann das Gericht bei Beschlußfassung über die Aufteilung auch die Übertragung von Eigentum und sonstigen Rechten an unbeweglichen körperlichen Sachen von einem auf den anderen Ehegatten, sowie die Begründung dinglicher Rechte zugunsten des einen Ehegatten und unbeweglichen körperlichen Sachen des anderen anordnen.

Das Rekursgericht bejahte die konkrete Gefährdung des Aufteilungsanspruches durch die drohende übermäßige Pfandbelastung. Diese Frage ist im Revisionsrekursverfahren nicht mehr strittig, der Antragsgegner bekämpft auch die hinsichtlich der Liegenschaft EZ 120 GB V***** und seines Häfteanteils an der EZ 331 GB L***** angeordneten Sicherungsmaßnahmen nicht.

Die Antragstellerin hat ihren Aufteilungsanspruch bescheinigt und dargelegt, daß die begehrten Sicherungsmaßnahmen Vermögensgegenstände betreffen, die nach den §§ 81 und 82 EheG der Aufteilung unterliegen. Sie strebt unter anderem die Zuweisung jenes Grundstücksteiles an, auf dem sich die Ehewohnung befindet und begehrt - zur Sicherung ihres diesbezüglichen Aufteilungsanspruches - die Erlassung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes in Ansehung der Gesamtliegenschaft. Sie macht zu Recht geltend, daß auch Teile der im grundbücherlichen Eigentum des Antragsgegners stehenden Liegenschaft EZ 314 GB L***** in die Aufteilungsmasse fallen. Die Ehegatten hatten auf dem vom Antragsgegner schon vor der Eheschließung erworbenen GST-Nr 2032/2 gemeinsam (nach der Eheschließung) die Ehewohnung errichtet und in der Folge auch bewohnt. Nach dem derzeitigen Verfahrensstand ist die Antragstellerin auf die Benützung der Ehewohnung zur Sicherung ihrer Lebensbedürfnisse auch angewiesen. Damit fällt aber zumindest jener Liegenschaftsteil in die Aufteilungsmasse, der der Ehewohnung dient. Daran kann auch der Umstand nichts ändern, daß der Antragsgegner (nach Eheschließung) ein benachbartes Grundstück angekauft, darauf einen Gewerbebetrieb errichtet und dieses Grundstück mit dem ursprünglichen (der Ehewohnung dienenden) Grundstück-Nr 2032/2 vereinigt hat. Durch die Vereinigung beider Grundstücke scheidet der die Ehewohnung betreffende Grundstücksteil nicht aus der Aufteilungsmasse aus.

Das Gericht hätte im Rahmen der in § 86 Abs 1 EheG vorgesehenen Maßnahmen auch die Möglichkeit, den der Ehewohnung dienenden und damit der Aufteilung unterliegenden Grundstücksteil vom betrieblich genutzten Teil abzutrennen und der Antragstellerin zuzuweisen. Der Umstand, daß die Liegenschaft von einem der Ehegatten stammt, wäre im Rahmen der Billigkeitserwägungen entsprechend zu berücksichtigen (EFSlg 51.741; 4 Ob 90/98h; RIS-Justiz RS0058311; 4 Ob 90/98h). Damit dient aber das begehrte Belastungs- und Veräußerungsverbot auch der Sicherung des Aufteilungsanspruches in Ansehung der in die konkrete Aufteilungsmasse fallenden Ehewohnung.

Daß die Verfügung eines Belastungs- und Veräußerungsverbotes zur Sicherung des Aufteilungsanspruches als eines "anderen Anspruches" iSd § 381 EO angeordnet werden kann, hat der Oberste Gerichtshof in Übereinstimmung mit der Lehre bereits mehrfach ausgesprochen (SZ 67/166; SZ 67/226; JUSZ 2479; König aaO Rz 152; Giefing aaO 164). Ein derartiges Verbot kann aber nur in der Form erlassen werden, daß dem Liegenschaftseigentümer die Belastung und Verpfändung der ganzen Liegenschaft untersagt wird, und zwar auch dann, wenn sich der zu sichernde Anspruch nur auf einen Teil dieser Liegenschaft bezieht (SZ 67/226).

Dem Revisionsrekurs der Antragstellerin wird somit Folge gegeben und - in Abänderung der Entscheidung des Rekursgerichtes - das von der Antragstellerin angestrengte Belastungs- und Veräußerungsverbot auch in Ansehung der Liegenschaft EZ 314 GB L***** erlassen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 393 Abs 1 EO.