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OGH vom 30.08.2005, 5Ob189/05p

OGH vom 30.08.2005, 5Ob189/05p

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann, Dr. Hurch, Dr. Kalivoda und Dr. Höllwerth als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin Tamara K*****, vertreten durch Dr. Nikolaus Ender, öffentlicher Notar in Bregenz, wegen Eintragung einer Reallast in der EZ 165 Grundbuch *****, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes Feldkirch als Rekursgericht vom , AZ 4 R 158/05y, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Bezau vom , TZ 1000/05-3, bestätigt wurde, nachstehenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Bücherliche Eigentümerin des Weggrundstückes 1436 der EZ 165 Grundbuch ***** ist eine „Wegenachbarschaft", die aus den Eigentümern von insgesamt 11 Grundstücken anderer Liegenschaften besteht, darunter dem jeweiligen Eigentümer des Grundstückes 554 in EZ 234, welches derzeit im Alleineigentum von Ferdinand M***** steht. Zu dessen Gutsbestand gehörte auch das Grundstück 548, das in der Folge in die Subgrundstücke 548/1 und 548/2 geteilt wurde.

Mit Schenkungsvertrag vom schenkte Ferdinand M***** der Antragstellerin das Grundstück 548/2 in ihr Alleineigentum. Im Rahmen des Notariatsaktes über den Schenkungsvertrag verpflichtete sich Ferdinand M***** als Eigentümer des Grundstückes 554 und hiedurch gleichzeitig Miteigentümer am Grundstück 1436 der EZ 165-Weggrundstück „alles zu tun, damit Tamara K***** als Eigentümerin des Grundstückes 548/2 das Grundstück 1436 zur Erschließung, sei es durch Begehen, Betreten, Befahren und Leitungen zu verlegen, benutzen kann." Zu diesem Zweck bestellt Ferdinand M***** als Eigentümer des Grundstückes 554 seien ideellen Anteil am Grundstück 1436 seiner Tochter Tamara K***** als Eigentümerin des Grundstückes 548/2 als dingliche Sicherheit. Weiters heißt es im Notariatsakt: „Es wird versucht werden, diese Verpflichtung als Reallast des jeweiligen Eigentümers von Grundstück 554, im Rahmen des Miteigentumes alles zu tun, damit die Erschließung des Grundstückes 548/2 über Grundstück 1436 gewährleistet wird, grundbücherlich sicherzustellen."

In der EZ 165 Grundbuch U***** ist beim Grundstück Nr 1436 unter C 1a eine Dienstbarkeit des Fußweges für die Gemeinde U***** einverleibt.

Mit dem verfahrenseinleitenden Antrag begehrt die Antragstellerin, auf Grund des Schenkungsvertrages vom , der Heiratsurkunde vom sowie der Geburtsurkunde vom nachstehende Grundbuchseintragung zu bewilligen:

„In Einlagezahl 165 Grundbuch U***** - im Alleineigentum der Wegenachbarschaft - die Einverleibung der Reallast des jeweiligen Eigentümers von Grundstück 554 im Rahmen des Miteigentumes an Grundstück 1436 alles zu tun, damit die Erschließung des Grundstückes 548/2 in EZ ... gewährleistet wird, samt diesbezüglicher Ersichtlichmachung beim herrschenden Gut."

Mittlerweile ist das Grundstück 548/2 aus EZ 234 abgeschrieben und die Einlagezahl 431 Grundbuch ***** dafür eröffnet worden. Alleineigentümerin ist die Antragstellerin.

Das Erstgericht wies den Grundbuchsantrag ab. Im vorliegenden Fall solle die Erschließung bzw Zufahrt zu einem Grundstück gesichert werden. Dies könne aber nicht Inhalt einer Reallast sein. Zudem erfolge die Rechtseinräumung nur durch ein Mitglied der Wegnachbarschaft, die Eigentümerin der Liegenschaft sei. Wenn die Einräumung eines solchen Rechtes als Reallast zulässig wäre, müsse die Einräumung jedenfalls durch die Wegnachbarschaft, nicht aber nur den Eigentümer des Grundstückes 554 im Rahmen seines Miteigentumes am Grundstück 1436 erfolgen. Das habe zur Abweisung des Grundbuchsantrages zu führen.

Einem dagegen von der Antragstellerin erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge.

Es teilte die Rechtsansicht des Erstgerichtes, dass das der Antragstellerin eingeräumte Recht nicht als Reallast verbüchert werden könne. Eine weder periodisch zu erbringende noch mit dem Ertrag der Liegenschaft, auf der sie einverleibt werden solle, im Zusammenhang stehende Leistung könne mangels Subsumierbarkeit unter historisch gewachsene, von der Rechtsprechung anerkannte Reallasten nur dann als typische Reallastverpflichtung beurteilt werden, wenn ihr Versorgungszweck außer Zweifel stehe (5 Ob 218/02y; SZ 69/194). Im Zweifel müsse es sich sohin um Leistungen handeln, die „wenigstens gedankenmäßig mit dem Ertrag des Gutes im Zusammenhang stehen", also Leistungen, die mit den Mitteln und Kräften des Gutes bewirkt werden könnten. Persönliche Leistungspflichten könnten nicht eingetragen werden. So habe der Oberste Gerichtshof als nicht eintragungsfähig als Reallast angesehen: die dingliche Sicherung gesellschaftsrechtlicher Ansprüche oder die vertragliche Verpflichtung eines Tauschvertragspartners, bestimmte das Nachbargrundstück betreffende baurechtliche Zustimmungserklärungen abzugeben (vgl 5 Ob 2168/96a; 5 Ob 218/02y). Auch hier solle offensichtlich die Verpflichtung zur Abgabe bestimmter Erklärungen des Eigentümers des belasteten Grundstückes als Reallast verbüchert werden. Überdies werde weder eine regelmäßig zu erbringende noch mit dem Ertrag der Liegenschaft irgendwie im Zusammenhang stehende Leistung als Reallast begehrt. Auch ein Versorgungszweck zu Gunsten des Berechtigten sei nicht gegeben. Insgesamt lägen daher die Voraussetzungen für die Einverleibung der begehrten Reallast nicht vor.

Dazu komme noch, dass das Begehren gegen das Bestimmtheitsgebot des § 12 Abs 1 GBG verstoße. Demnach müsse bei Dienstbarkeiten und Reallasten der Inhalt und Umfang des einzutragenden Rechtes möglichst bestimmt angegeben werden (8 Ob 593/92). Durch Einsicht in das Grundbuch zumindest im Zusammenhang mit der Vertragsurkunde müsse klar bestimmbar sein, welche konkreten Leistungen der Belastete zu erbringen habe. Im konkreten Fall lasse sich nicht nachvollziehen, welche konkreten Leistungen ein mit der Reallast verpflichteter Grundeigentümer zu erbringen habe, um „die Erschließung des Grundstückes 548/2 zu gewährleisten."

Es müsse daher nicht mehr geprüft werden, ob die Einräumung einer Reallast zu Lasten nur eines Miteigentumsanteils am Grundstück Nr 1436 Grundbuch L***** möglich wäre. Offensichtlich handle es sich aber nicht um eine Argrargemeinschaft, weshalb an sich die Einverleibung einer Reallast auf einem ideellen Miteigentumsanteil möglich wäre.

Das Rekursgericht erklärte die ordentliche Revision für zulässig, weil zur Eintragungsfähigkeit einer Reallast, die im Wesentlichen auf Erbringung persönlicher Leistungspflichten gerichtet sei, soweit ersichtlich, höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin, der aus den vom Rekursgericht bezeichneten Gründen zulässig ist.

Der Revisionsrekurs ist jedoch nicht berechtigt.

Zum Unterschied von einer Dienstbarkeit, bei der nach § 472 ABGB ein Eigentümer verbunden wird, zum Vorteil eines anderen in Rücksicht seiner Sache etwas zu dulden oder zu unterlassen (RIS-Justiz RS0011510 u.a.), besteht das Wesen einer Reallast in der Belastung eines Grundstückes mit der Haftung für wiederkehrende positive Leistungen des jeweiligen Grundeigentümers (vgl RIS-Justiz RS0116184; 5 Ob 281/00k; RdW 1997, 654; Klang in Klang II 615 f; Koziol/Welser I12 391 f; Hofmann in Rummel ABGB3 Rz 2 zu § 530 ABGB).

Vorausgesetzt wurde in der Regel für eine Reallast ein gewisser Zusammenhang zwischen Leistung und wirtschaftlicher Beschaffenheit des belasteten Grundstückes, der sich darin äußerte, dass sie wenigstens abstrakt vorstellbar aus dem Ertrag des Gutes mit dessen Mitteln und Kräften bewirkt werden konnte (vgl Klang aaO, 622). Es gehört aber nach der Rechtsprechung nicht zum Wesen einer Reallast, dass die Leistungen des Verpflichteten in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Ertrag bzw einem bestimmten Verhältnis zum Ertrag der haftenden Liegenschaft stehen (RIS-Justiz RS0012178).

In RdW 1997, 654 wurde ausgesprochen, dass Gegenstand einer Reallastverpflichtung unter Umständen auch eine einmalige Leistung sein könne. Das heiße jedoch nicht, dass das traditionelle Verständnis des Begriffes Reallast seine Bedeutung gänzlich verloren habe. In Zweifelsfällen sei darauf zurückzugreifen. Eine weder periodisch zu erbringende noch mit dem Ertrag der Liegenschaft in Zusammenhang stehende Leistung kann daher mangels Subsumierbarkeit unter andere historisch gewachsene, von der Rechtsprechung anerkannter Reallasten nur dann einer typischen Reallastverpflichtung zugeordnet werden, wenn ihr Versorgungszweck außer Zweifel steht (vgl SZ 69/194; 5 Ob 218/02y = AGS 2003/567 [Hoyer]).

So wird in der Rechtsprechung etwa die Verpflichtung zur Kaufpreisteilung nicht als Reallast gewertet (RdW 1997, 654), desgleichen die Verpflichtung zur Duldung des Abbruches eines Gebäudes (SZ 73/175), die Verpflichtung zur Abgabe einer baurechtlichen Zustimmungserklärung (5 Ob 218/02y) und auch nicht eine bestimmte Abzäunungsverpflichtung (3 Ob 63/5v).

Dem vertraglich eingeräumten Recht, das durch die Verbücherung verdinglicht werden soll, ist weder aus dem Notariatsakt über die Begründung dieses Rechtes (Schenkungsurkunde) noch aus dem Antrag der tatsächliche Inhalt der Verpflichtung zu entnehmen. Während es einerseits unter Punkt IV im Vertrag heißt, die Erschließung des geschenkten Grundstückes vom öffentlichen Gut erfolge über das Wegegrundstück und in weiterer Folge dann offenbar über Liegenschaften des Geschenkgebers, ist dem Wortlaut der Rechtseinräumung wegen des verwendeten Begriffes „alles zu tun, damit die Antragstellerin das Grundstück zur Erschließung, sei es durch Begehen, Betreten, Befahren und Leitungen zu verlegen, benutzen könne", nicht deutlich zu entnehmen, ob es um die Duldung einer Benützung geht oder um die Verpflichtung zu aktivem Tun, bejahendenfalls zu welchem.

Damit ist aber, wie das Rekursgericht zutreffend ausführte, dem Bestimmtheitsgebot des § 12 GBG nicht entsprochen. Bei Dienstbarkeiten und Reallasten muss nämlich Inhalt und Umfang des einzutragenden Rechtes möglichst bestimmt angegeben werden.

Im vorliegenden Fall zeigt sich, dass der Verstoß gegen § 12 GBG auch die Klärung der Frage verhindert, ob das einzutragende Recht überhaupt eine Reallast ist und als solche verbüchert werden könnte. Handelt es sich um eine Realservitut, bedürfte die Rechtseinräumung der Zustimmung der Gesamtheit aller Miteigentümer (vgl 5 Ob 80/99x = RPflSlgG 2644 mwN), die hier nicht vorliegt. Ob ein zu der im Grundbuch als Eigentümerin des zu belastenden Grundstücks aufscheinenden „Wegnachbarschaft" gehörender einzelner Realrechtsberechtigter überhaupt berechtigt ist, Nutzungsrechte an einem Weg einzuräumen, entzieht sich mangels Kenntnis des genauen Inhalts der eingegangenen Verpflichtung ebenso einer verlässlichen Beurteilung.

Das vorliegende Eintragungshindernis des § 94 Abs 1 Z 3 und 4 GBG gebietet daher die Abweisung des Grundbuchsantrages; der Revisionsrekurs der Antragstellerin ist nicht berechtigt.