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OGH vom 24.01.2008, 2Ob155/07v

OGH vom 24.01.2008, 2Ob155/07v

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Baumann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Danzl, Dr. Veith, Dr. Grohmann und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj Aleksandar S*****, geboren am , *****, vertreten durch das Amt für Jugend und Familie - Rechtsvertretung, Bezirke 12, 13, 23, Rößlergasse 15, 1230 Wien, über den ordentlichen Revisionsrekurs des Minderjährigen, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 42 R 142/07d-U-12, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Meidling vom , GZ 2 P 190/00t-U-5, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der Beschluss des Erstgerichts wird wiederhergestellt.

Text

Begründung:

Das Amt für Jugend und Familie Rechtsvertretung, Bezirke 12, 13, 23, beantragte namens des mj Aleksandar S*****, den Vater Dragoslav S***** ab zu einem monatlichen Unterhaltsbetrag von 294 EUR zu verpflichten.

Das Erstgericht entschied im Sinne dieses Antrags. Es stellte ein monatliches durchschnittliches Nettoeinkommen des Vaters von 1.589,36 EUR inklusive Sonderzahlungen fest. Der Vater hat keine weiteren Sorgepflichten. Rechtlich führte das Erstgericht aus, die Festsetzung des Geldunterhaltsbeitrags erfolge nach dem Bedarfs- und Leistungsprinzip. Die Berechnung des Beitrags werde gemäß ständiger Judikatur nach der altersgemäß abgestuften Prozentsatzkomponente vorgenommen, die im vorliegenden Fall 20 % betrage.

Das vom Vater angerufene Rekursgericht änderte den Beschluss des Erstgerichts dahingehend ab, dass es die monatliche Unterhaltsverpflichtung des Vaters ab mit 270 EUR festsetzte und das darüber hinausgehende Mehrbegehren von weiteren 24 EUR pro Monat abwies. Das erstmals im Rekurs erstattete Vorbringen des Vaters, er befinde sich seit 2005 im Konkurs und habe laut „Ausschüttungsplan" bis monatlich 156,10 EUR zu bezahlen, sei bei der Entscheidung zu berücksichtigen, weil der Umstand der Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens über den Vater zu 4 S ***** des Bezirksgerichts Ebreichsdorf sowie die Höhe der behaupteten monatlichen Raten aufgrund der Ediktsdatei als gerichtsbekannte Tatsachen anzusehen seien. Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs verminderten Zahlungen aufgrund eines im Schuldenregulierungsverfahren festgelegten Zahlungsplans stets die Unterhaltsbemessungsgrundlage. Ob es sich bei den Schulden, die zur Einleitung dieses Insolvenzverfahrens geführt hätten, um solche handle, die auch ohne eine derartige Insolvenz beachtlich wären, habe der Oberste Gerichtshof dabei für unerheblich und die daraus resultierende Ungleichbehandlung von Unterhaltsschuldnern offensichtlich für gerechtfertigt gehalten. Im Sinne dieser Rechtsprechung komme daher dem Umstand, dass es sich bei den Schulden des Vaters von insgesamt 13.112,40 EUR laut dem von ihm vorgelegten Zahlungsplan durchwegs um solche handeln dürfte, die außerhalb eines Konkurses des Unterhaltsschuldners nicht zu einer Minderung der Unterhaltsbemessungsgrundlage führen würden, keine Bedeutung zu. Es errechne sich somit ein geminderter Unterhaltsanspruch von rund 270 EUR.

Das Rekursgericht ließ den Revisionsrekurs zu, da der Oberste Gerichtshof zuletzt Anzeichen gezeigt habe, seine von der Lehre und den Gerichtshöfen zweiter Instanz überwiegend abgelehnte Rechtsprechung zu hinterfragen (6 Ob 282/06y, 7 Ob 279/05p, 2 Ob 228/05a).

Gegen den Beschluss des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs des Amtes für Jugend und Familie - Rechtsvertretung, Bezirke 12, 13, 23, als Vertreter des minderjährigen Kindes mit dem Antrag, die Entscheidung des Erstgerichts wiederherzustellen.

Der Vater beteiligte sich nicht am Revisionsrekursverfahren.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und auch berechtigt.

Nach einem Teil der neueren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs beeinflusst die Eröffnung eines Schuldenregulierungsverfahrens über das Vermögen eines Unterhaltspflichtigen grundsätzlich die Unterhaltsbemessungsgrundlage und ist der Inhalt des Zahlungsplans bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen (RIS-Justiz RS0119130).

Ob die gegen diese Rechtsprechung in der Lehre (Zencica, Konkurs der Unterhaltsbemessung, ÖA 2006, 63 [66 f]; G. Kodek, Zur Unterhaltsbemessung im Konkurs, ZAK 2006/261, 146; Neumayr, Anm zu 7 Ob 289/05h, FamZ 2006, 12; Neuhauser in Schwimann, ABGB³ § 140 Rz 57) und der Rechtsprechung zweitinstanzlicher Gerichte (LG Linz EFSlg 110.313; LG St. Pölten EFSlg 110.314; LGZ Wien EFSlg 110.315) geäußerten Bedenken berechtigt sind, kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben (vgl auch 6 Ob 282/06y, 2 Ob 228/05a, 8 Ob 148/06g ua).

Dem Unterhaltsberechtigten steht nämlich auch nach diesem Rechtsprechungszweig jedenfalls ein monatlicher Unterhalt in der Höhe zu, wie er sich aufgrund einer Berechnung nach der sogenannten Differenzmethode nach der Differenz der Existenzminima nach den §§ 291a und 291b Abs 2 EO ergibt, auch wenn eine Unterhaltsberechnung nach der sogenannten Prozentsatzmethode wegen der grundsätzlichen Abzugsfähigkeit der Abschöpfungsbeträge einen geringeren Unterhaltsbeitrag ergäbe (2 Ob 192/06h [3. Senat] = RIS-Justiz RS0121675 = RS0119114 [T6]; 3 Ob 19/07a = RS0119130 [T6]). Dies gilt ebenso für Schuldenrückzahlungsraten entsprechend einem konkursgerichtlich genehmigten Zahlungsplan (3 Ob 19/07a = RIS-Justiz RS0121675 [T2] = RS0119114 [T7] = RS0119130 [T7]).

Wie der Revisionsrekurswerber zutreffend ausführt, findet beim festgestellten Einkommen von 1.589,36 EUR der vom Erstgericht zuerkannte monatliche Betrag von 294 EUR in der Differenz zwischen den Existenzminima (nach den §§ 291a und 291b Abs 2 EO) jedenfalls Deckung.

Es war daher der Beschluss des Erstgerichts wiederherzustellen.