zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
OGH vom 24.02.1998, 4Ob385/97i

OGH vom 24.02.1998, 4Ob385/97i

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr.Griß als Vorsitzende, den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr.Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing.Gerhart J.P*****, Pensionist, ***** vertreten durch Dr.Ewald Weiss, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei T*****gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Georg Zanger, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert S 500.000), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom , GZ 1 R 229/97x-8, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom , GZ 39 Cg 37/97b-3, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorläufig, die beklagte Partei hat diese Kosten endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Der Kläger war bis zu seiner Pensionierung Informationsmanager. Im Frühjahr 1997 wurde er - kurzfristig - wegen des Verdachtes in Haft genommen, Verfasser der beiden letzten, an das "P*****" gerichteten sog. "nicht authentischen Bekennerschreiben" zu sein. Die Behörden ordneten diese Schreiben, welche auch keine Bekenntnisse zu den "Briefbombenanschlägen" enthalten, nicht der "Bajuwarischen Befreiungsarmee" zu.

In der Nr 25/1997 der Zeitschrift "T*****", deren Eigentümerin, Medieninhaberin und Verlegerin die Beklagte ist, erschien auf den Seiten 40 bis 44 ein Bericht unter der Überschrift "Reporter im Zwielicht" und dem Untertitel "Klaus K*****. Er jagte zwei Jahre P*****. Sagt er. Jetzt könnte er der nächste sein, der verhaftet wird". Darunter befindet sich (Seite 40) die fettgedruckte Überschrift "Briefbomben". Rechts davon ist (Seite 41) eine Abbildung des Klägers zu sehen, unter welcher folgender Text steht: "Gerhart P*****. Seit Freitag letzter Woche in Untersuchungshaft. Er belastet jetzt Klaus K*****, Verfasser zweier 'Bekennerbriefe' zu sein".

In der ersten Textspalte (S.40) wird in bezug auf Klaus K***** die Frage aufgeworfen:

"Ist er gar der Mitmacher, zumindest der Mitverfasser von 'Bekennerbriefen' - was jetzt P***** zur Last gelegt wird? Nachweislich haben sich Jäger und Gejagter bis zur Unkenntlichkeit verzahnt".

In einem "Kasten" (Seite 41 rechts) wird der Journalist O***** mit folgenden Aussagen zitiert: ".....Im Sommer '95 meldet sich Journalist Gebhart F***** und bietet dem Forum Material über den Verein 'A*****' an. ... O***** will F***** abchecken - und schickt ihm 'Ignaz Härtel'. Schon beim ersten Treff outet F***** einen Ing.Gerhart P***** als 'Bombenhirn' der BBA. 'Ignaz Härtel' trifft P***** - und läßt sich dabei von der Staatspolizei observieren...."

Die gleiche Äußerung macht K***** in dem von ihm der Zeitschrift gegebenen Interview (S.43 zweite Spalte von links).

Im selben Interview äußert sich K***** unter anderem wie folgt:

"....Es stimmt schon, daß ich F***** gegenüber auch mal ausgeklinkt bin. Er ging mir auf den Geist, weil er ständig P***** als Mörder darstellte - aber nie auch nur den Funken eines Beweises bieten konnte!" (S.44 dritte Spalte von links).

In der äußerst linken Spalte auf Seite 44 ist unterhalb des Bildes des Chefredakteurs der Zeitschrift A.W***** unter anderem zu lesen:

"Das unglaubliche an der 'Causa Briefbomben': Der Kreis der Verdächtigen ist seit zwei Jahren bekannt! Schon im Sommer 1995 hatte Alfred W***** in mehreren Artikeln in N***** die Verdachtsmomente gegen den Verein 'A*****' aufgezeigt. N*****-Leser - somit auch Ermittler und Journalisten - wußten somit seit 1995 über die Nähe des Vereins, in dessen Vorstand P*****, R***** und F***** waren, zum verdächtigen Täterkreis der 'Bajuwarem' voll Bescheid.....

Statt nach den N*****-Enthüllungen von W***** aktiv zu werden, P***** und R***** zu vernehmen und den Fall aufzuklären, deckte die Justiz W***** mit einer Fülle von 'Einstweiligen Verfügungen' ein. W***** wurde - aus formalen Gründen - sogar verurteilt. Heute weiß man: Er hatte die Geschichte wieder mal als erster - und weil ihm die Justiz nicht glaubte, liefen die Verdächtigen zwei Jahre unbehelligt herum....."

Mit der Behauptung, daß die Veröffentlichung seines Bildnisses im Zusammenhang mit diesem Text geeignet sei, den Eindruck zu erwecken, als ob der Kläger in die Briefbombenattentate selbst verwickelt oder Angehöriger oder doch zumindest Nahestehender der "Bajuwarischen Befreiungsarmee" oder auch Verfasser eines der "Bekennerschreiben" sei, und damit seine berechtigten Interessen zu beeinträchtigen, beantragt der Kläger zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung die Veröffentlichung und/oder Verbreitung von Bildnissen des Klägers zu untersagen, wenn er hiebei durch den Begleittext in einen Zusammenhang mit Briefbombenattentaten oder den hiezu ergangenen "Bekennerbriefen" der "Bajuwarischen Befreiungsarmee" gebracht wird, insbesondere wenn zugleich behauptet oder der Verdacht geäußert wird, daß der Kläger (Mit-)Verfasser von "Bekennerbriefen" oder das "Bombenhirn der BBA" sei oder zum Täterkreis der "Bajuwaren" gehöre.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsbegehrens. Der Kläger sei - freiwillig oder unfreiwillig - eine Persönlichkeit des öffentlichen Interesses, werde er doch verdächtigt, Straftaten im Sinne der §§ 107, 275 StGB begangen zu haben. Die Staatsanwaltschaft Wien werfe dem Kläger ein Delikt vor, das sich gegen den öffentlichen Frieden richte. Im Hinblick auf die Vielzahl der von solchen Handlungen betroffenen Opfer bestehe ein großes öffentliches Interesse an dieser Straftat. Gegen den Kläger sei die Voruntersuchung eingeleitet worden; darüber hinaus bestehe der Verdacht, daß er mit den Herstellern und Versendern von Briefbomben in unmittelbarem Kontakt stehe, wenn nicht überhaupt zum engen Täterkreis gehöre. Für Zwecke der Strafrechtspflege und öffentlichen Sicherheit sei die Benutzung eines Werkes frei (§ 41 UrhG). Die Öffentlichkeit habe ein dringendes Informationsbedürfnis daran, wer in den Kreis allfälliger Verdächtiger im Fall der Briefbomben und der damit in Zusammenhang stehenden Bekennerschreiben einzuordnen sei. Das öffentliche Sicherheitsbedürfnis erfordere, daß die Bevölkerung über solche Vorgänge aufgeklärt werde, um sich vor allfälligen gleichartigen Übergriffen schützen und mit Wahrnehmungen beitragen zu können, den Täterkreis zu entlarven. Zu Recht meine die Staatsanwaltschaft, daß der Kläger jedenfalls jene beiden Schreiben verfaßt habe, die als "gefälschte Bekennerschreiben" dokumentiert worden seien. Allein damit habe der Kläger seine Verbundenheit mit der Täterkreisszene belegt. Darüber hinaus sei seine Rolle im Zusammenhang mit anderen Verdächtigen im Kreise der Briefbombenbastler und der Briefbombenattentäter durch sein eigenes Verhalten aufklärungsbedürftig. Wer sich dem Täterkreis so sehr annähere, daß er Fälschungen vom Bekennerschreiben verfasse, müsse sich gefallen lassen, nicht nur strafbarer Handlungen nach §§ 107, 275 StGB verdächtigt zu werden, sondern auch im Verdacht zu stehen, in Verschleierungsabsicht den unmittelbaren Täterkreis schützen zu wollen. Es diene der öffentlichen Sicherheit, wenn die Person des Klägers öffentlich bekanntgemacht werde. Demgegenüber seien die Interessen des Klägers nur unbedeutend. Da der Kläger die Redakteure der Verlagsgruppe N***** GmbH & Co KG zu einem Interview gebeten und gewußt habe, daß dieses Interview auch für die Zeitschrift der Beklagten gegeben werde, habe er der Veröffentlichung seines Bildnisses zugestimmt.

Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung. Da der Bericht in der Zeitschrift der Beklagten den Kläger als eine Person darstelle, die mit den Herstellern und Versendern von Briefbomben möglicherweise in Zusammenhang stehe, jedenfalls aber den Eindruck erwecke, als ob der Kläger Angehöriger oder Nahestehender der "Bajuwarischen Befreiungsarmee" und/oder Verfasser mysteriöser "Bekennerschreiben" sei, würden seine berechtigten Interessen durch die beanstandete Bildnisveröffentlichung verletzt. Damit werde sein Persönlichkeitsschutz und auch sein Ruf empfindlich gestört. Allein der Hinweis darauf, daß er sich seit "Freitag letzter Woche in Untersuchungshaft" befinde, lege nahe, daß an den ihm vorgeworfenen Handlungen etwas "dran" sein müsse. Die damit geschaffene Identifikationsmöglichkeit bedeute eine Verletzung der Interessen des Klägers, der keine in der Öffentlichkeit allgemein bekannte Person sei. Inwiefern demgegenüber ein - höherwertiges - Interesse der Öffentlichkeit an der Verbreitung von Bildnissen des Klägers bestehen solle, sei nicht zu erkennen. Dem beanstandeten Lichtbild komme keinerlei Warnfunktion oder Informationswert - wie etwa einem Fahndungsersuchen der Sicherheitsbehörden - zu. Es bleibe verborgen, warum es zweckdienlich sein solle, Verfasser gefälschter(!) Bekennerschreiben bei der Aufgabe solcher Briefe zu "entlarven". Das Interesse des einer strafbaren Handlung Bezichtigten, nicht vorzeitig öffentlich gebrandmarkt zu werden, gehe jedenfalls dem Interesse der Medien, ihre Berichterstattung mit Lichtbildern auszuschmücken, vor. Auch von einer schlüssigen Zustimmung des Klägers zur Veröffentlichung seines Bildnisses im Rahmen des vorliegenden Artikels könne keine Rede sein. Wer sich fotografieren lasse, stimme allein damit noch nicht der Veröffentlichung seines Bildnisses - noch dazu im Rahmen einer ihm ausschließlich nachteiligen Berichterstattung - zu.

Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Gehe man von den Grundsätzen der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 4 Ob 184/97f aus, sei der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu verneinen. Maßgebend sei nämlich die Wertung des § 7 a MedienG. Danach komme Erwachsenen, die eines Verbrechens verdächtig sind oder wegen eines solchen verurteilt wurden, der Identitätsschutz nur dann zu, wenn durch die Veröffentlichung ihr Fortkommen unverhältnismäßig beeinträchtigt werden könne. Da der Kläger Pensionist sei, sei eine solche Beeinträchtigung seines Fortkommens durch die Bildnisveröffentlichung als solche nicht anzunehmen; eine derartige Beeinträchtigung könne vielmehr nur auf den Begleittext zurückgeführt werden. Dem Kläger stehe daher das Recht auf Unterlassung der Bildveröffentlichung nicht schon deshalb zu, weil er im Begleittext als Tatverdächtiger (im Zusammenhang mit den Briefbombenattentaten) bezeichnet worden sei, gegen den ein Strafverfahren geführt werde, überwiege doch hier das Informationsinteresse. Es erübrige sich daher ein näheres Eingehen darauf, ob der Kläger allenfalls schlüssig seine Zustimmung zur Bildnisveröffentlichung erteilt habe sowie auf die weiteren Rekursausführungen.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluß erhobene außerordentliche Revisionsrekurs des Klägers ist zulässig, weil sich das Rekursgericht nicht mit Recht auf Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes berufen konnte; er ist auch berechtigt.

Wie schon das Rekursgericht im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ausgeführt hat, ist die Beurteilung, ob berechtigte Interessen im Sinn des § 78 UrhG verletzt wurden, darauf abzustellen, ob Interessen des Abgebildeten bei objektiver Prüfung als schutzwürdig anzusehen sind. Dabei ist auch der mit dem veröffentlichten Bild zusammenhängende Text zu berücksichtigen (MR 1995, 143 - Haider-Fan mwN; JBl 1998, 55 = MR 1997, 302 - Ernestine K. uva). Der erste Schritt gilt daher der Prüfung, ob im Einzelfall überhaupt ein schützwürdiges Interesse des Abgebildeten vorliegt, das verletzt sein könnte. Bei Bejahung dieses Interesses ist in einem zweiten Schritt die Interessenlage auf beiden Seiten - also auch auf der Seite des Veröffentlichers - zu beurteilen, aus deren Abwägung sich ergibt, ob die Geheimhaltungsinteressen den Vorrang haben und damit zu "berechtigten Interessen" werden (MR 1989, 54 - Frau des Skandalrichters; JBl 1998, 55 = MR 1997, 302 - Ernestine K.).

Im vorliegenden Fall kann nicht bezweifelt werden, daß die Interessen des - auf dem beanstandeten Lichtbild deutlich erkennbaren - Klägers durch die Veröffentlichung im Zusammenhang mit dem Begleittext beeinträchtigt werden, wurde doch darin von einer jahrelangen Jagd eines Journalisten auf ihn im Zusammenhang mit den Briefbomben gesprochen, mitgeteilt, daß er sich in Untersuchungshaft befinde und Äußerungen vorlägen, die ihn mit der "BBA" in Verbindung bringen, ja ihn sogar als deren "Bombenhirn" bezeichnen. Daß damit die Gefahr einer "Prangerwirkung" verbunden war, liegt auf der Hand.

Zutreffend hat schon der Erstrichter eine Zustimmung des Klägers zu der beanstandeten Bildnisveröffentlichung verneint. Die Beklagte kommt daher in ihrer Revisionsrekursbeantwortung auf diesen Einwand mit Recht nicht mehr zurück.

Zu prüfen bleibt demnach nur noch, ob allenfalls ein überwiegendes Veröffentlichungsinteresse der Beklagten zu bejahen ist.

Wie der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung JBl 1998, 55 = MR 1997, 302 - Ernestine K. ausgeführt hat, sind bei der Auslegung des § 78 UrhG die im MedienG, insbesondere in dessen § 7 a, zum Ausdruck gekommenen Wertungen des Gesetzgebers zu berücksichtigen.

Nach § 7 a Abs 1 MedienG hat der Betroffene dann, wenn in einem Medien der Name, das Bild oder andere Angaben veröffentlicht werden, die geeignet sind, in einem nicht unmitteblar informierten größeren Personenkreis zum Bekanntwerden der Identität einer Person zu führen, die (ua) einer gerichtlich strafbaren Verhandlung verdächtig ist oder wegen einer solchen verurteilt wurde, sofern hiedurch schutzwürdige Interessen dieser Person verletzt werden, ohne daß wegen der Stellung in der Öffentlichkeit, wegen eines sonstigen Zusammenhangs mit dem öffentlichen Leben oder aus anderen Gründen ein überwiegendes Interesse der Öffentlichkeit an der Veröffentlichung dieser Angaben bestanden hat, gegen den Medieninhaber Anspruch auf Entschädigung für die erlittene Kränkung. Schutzwürdige Interessen des Betroffenen werden nach § 7 a Abs 2 Z 2 MedienG (ua) dann jedenfalls verletzt, wenn sich die Veröffentlichung bloß auf ein Vergehen bezieht.

Nach der Absicht des Gesetzgebers sollte der jedenfalls geschützte Bereich auf solche strafbaren Handlungen beschränkt werden, die mit keiner strengeren Strafe als einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bedroht sind, die also nach der Begriffsbestimmung des § 17 StGB Vergehen sind (JBA über die Regierungsvorlage der Mediengesetz-Novelle 1992, 851 BlgNR 18.GP 2 ff). Das gilt in gleicher Weise für die Gerichts- wie auch für die Kriminalberichterstattung (Hager/Walenta, Persönlichkeits- schutz im Straf- und Medienrecht3, 49).

Mit Recht weist der Kläger darauf hin, daß gegen ihn ein gerichtliches Verfahren nur wegen des Verdachtes eines Vergehens - nämlich jenes des Landzwanges nach § 275 StGB - anhängig war. Auch die Beklagte hat sich vor allem darauf berufen, der Kläger werde verdächtigt, Straftaten im Sinne der §§ 107 und 275 StGB begangen zu haben (S.39). Nach § 107 StGB wird die gefährliche Drohung im schwersten Fall (Abs 2) mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bedroht; auch dabei handelt es sich somit um ein Vergehen. Der von der zuständigen Strafverfolgungsbehörde zum Ausdruck gebrachte Verdacht, der Kläger sei Verfasser "nicht authentischer" Schreiben im Namen der "BBA", kann also im Hinblick auf § 7a Abs 2 Z 2 MedienG die Identitätspreisgabe des Klägers keinesfalls rechtfertigen.

Freilich kommt es nicht allein auf die strafrechtliche Wertung der Staatsanwaltschaft oder des Gerichtes an. Einer gerichtlich strafbaren Handlung "verdächtig" (§ 7a Abs 1 Z 2 MedienG) kann jemand auch sein, bevor (oder ohne daß) staatliche Behörden einschreiten. § 7 a Abs 1 Z 2 MedienG setzt nicht voraus, daß der Betroffene bereits behördlich verfolgt wird (Hager/Walenta aaO 47). Ein seriöser "Aufdeckungsjournalismus" wird also nicht gehindert (Hager/Walenta aaO). Daraus ist aber für die Beklagte nichts zu gewinnen:

Die Beklagte hat selbst nicht ernsthaft behauptet, geschweige denn bescheinigt, daß jemals gegen den Kläger objektive konkrete Verdachtsgründe dahin bestanden hätten, er selbst sei an den Briefbombenattentaten beteiligt (gewesen). Daß - wie in der Zeitschrift der Beklagten berichtet wird - eine Person den Kläger als "Bombenhirn" der Bajuwaren "geoutet" habe und den Kläger als Mörder darstelle, ohne - wie Klaus K***** formulierte - "auch nur den Funken eines Beweises bieten" zu können, bedeutet nicht, daß der Kläger tatsächlich objektiv verdächtig im Sinn des § 7 a MedienG war, an irgendwelchen Verbrechen beteiligt zu sein. In Wahrheit war der Kläger nur in Verdacht gestanden, durch das Versenden gefälschter Bekennerschreiben allenfalls Landzwang, somit ein Vergehen, begangen zu haben.

Entgegen der Meinung des Rekursgerichtes kann sich daher die Beklagte nicht auf ein überwiegendes Veröffentlichungsinteresse im Sinn des § 7 a Abs 1 MedienG berufen.

Die Beklagte konnte selbst nicht behaupten, daß die beanstandete Bildnisveröffentlichung für Zwecke der Strafrechtspflege oder der Sicherheitspolizei amtlich veranlaßt worden sei; der Rechtfertigungsgrund des § 7a Abs 3 Z 2 MedienG kommt ihr daher - wie schon der Erstrichter zutreffend ausgeführt hat - nicht zugute.

Daß sich das Gericht zweiter Instanz aufgrund seiner vom Obersten Gerichtshof nicht gebilligten Rechtsauffassung mit den weiteren Rekursausführungen nicht befaßt hat, schadet nicht:

Selbst wenn man vom Vorbringen der Beklagten erster Instanz ausgeht, ist der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu bejahen. Die im Rekurs gerügten Verfahrensmängel - die Unterlassung der Vernehmung von Auskunftspersonen zu diesem Vorbringen - liegen deshalb nicht vor.

Der Klageführung steht auch nicht der Umstand entgegen, daß der Kläger ein inhaltlich ähnliches Unterlassungsgebot gegen die N***** Gesellschaft mbH & Co KG erwirkt hat, in deren Eigentum die Beklagte stehen soll. Selbst wenn dieser einstweiligen Verfügung der gleiche Sachverhalt zugrunde gelegen wäre, bestünde für den Kläger kein Verbot, einen Exekutionstitel gegen jeden anderen daran Beteiligten zu erwirken. Von Streitanhängigkeit kann schon allein wegen der mangelnden Personenidentität keine Rede sein.

Aus diesen Erwägungen war in Stattgebung des Revisionsrekurses die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes wieder herzustellen.

Der Ausspruch über die Kosten des Klägers gründet sich auf § 393 Abs 1 EO, derjenige über die Kosten der beklagten Partei auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 50 Abs 1, § 52 ZPO.