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OGH vom 20.12.1988, 2Ob154/88

OGH vom 20.12.1988, 2Ob154/88

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Melber und Dr. Kropfitsch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*** U***, 1200 Wien, Adalbert Stifter-Straße 65,

vertreten durch Dr. Adolf Fiebich, Dr. Vera Kremslehner, Dr. Josef Milchram, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei V*** DER V*** Ö***, 1010 Wien,

Schwarzenbergplatz 7, vertreten durch Hans Kreinhöfner, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 173.482,10 s.A. und Feststellung (Feststellungsinteresse S 200.000,--) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom , GZ 5 R 79/88-21, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Teilzwischenurteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom , GZ 30 Cg 748/86-16, in der Hauptsache bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens wird dem Endurteil vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin forderte S 173.482,10 s.A. als Ersatz für Begräbnis- und Überführungskosten sowie für Witwenrentenleistungen, ferner die Feststellung, daß die Beklagte betragsbeschränkt bis zur Höhe der zum für den PKW Ford Sierra 2,0 l, Kennzeichen RH-EK 30 (D), in Österreich geltenden Mindesthaftpflichtversicherungssummen verpflichtet sei, der Klägerin alle jene Leistungen zu ersetzen, welche diese aus Anlaß des tödlichen Unfalles des Sigmund L*** vom auf Grund der jeweils geltenden sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen über die Unfallversicherung an die Witwe des Getöteten Sigmund L***, nämlich Maria L***, in Zukunft zu erbringen hat; dies jedoch nur insoweit, als diese Leistungen in dem Schaden Deckung finden, dessen Ersatz Maria L*** ohne den im § 332 Abs 1 ASVG vorgesehenen Rechtsübergang von der Beklagten unmittelbar zu fordern berechtigt wäre, wobei ein Mitverschuldensanteil des tödlich Verunglückten Sigmund L*** zur Hälfte zugrunde zu legen sei. Die Klägerin brachte vor, daß den PKW-Lenker P*** am Zustandekommen des Unfalles zumindest ein gleichteiliges Verschulden mit dem Getöteten treffe, da er trotz der eingeschalteten Alarmblinkanlage zu dem von Leopold A*** gelenkten Sattelzug seine Geschwindigkeit von 120 km/h nicht vermindert habe. Er wäre unter Berücksichtigung der herrschenden Dunkelheit und der feuchten Fahrbahn verpflichtet gewesen, auf Sicht zu fahren. Selbst wenn man sein Verhalten nicht als Verschulden werten wollte, wäre der Fahrzeuglenker P*** nach den Bestimmungen des § 9 Abs 2 EKHG haftbar, da er nicht jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beachtet habe. Da Sigmund L*** die Fahrbahn unachtsam überquert habe, werde ein Mitverschulden des Getöteten von 50 % anerkannt. Den von der Klägerin an die Witwe des Getöteten erbrachten Leistungen stehe jeweils ein diese um mehr als das Doppelte übersteigender kongruenter Deckungsfonds gegenüber, sodaß die Klägerin berechtigt sei, den Ersatz der geleisteten Zahlungen in voller Höhe zu begehren. Die Beklagte sei gemäß § 62 KFG als Haftpflichtversicherer des Harald P*** zu betrachten und deshalb passiv legitimiert. Da die Klägerin auf unabsehbare Zeit verpflichtet sei, Leistungen an die Witwe des Getöteten zu erbringen, deren Höhe derzeit nicht ermittelt werden könne, sei neben dem Leistungsbegehren für bisher erbrachte Zahlungen auch die Erhebung eines Feststellungsbegehrens gerechtfertigt.

Die Beklagte bestritt das Klagevorbringen, beantragte Klagsabweisung und führte im wesentlichen aus, daß sich der Unfall für Harald P*** als unabwendbares Ereignis dargestellt habe, da Sigmund L*** bei Dunkelheit unachtsam über die beiden Fahrstreifen der Autobahn gelaufen sei. Harald P*** sei deshalb auch in dem gegen ihn geführten Strafverfahren in der Bundesrepublik Deutschland von der Anklage freigesprochen worden. Das Erstgericht schränkte das Verfahren auf den Grund des Anspruches ein und stellte mit dem als "Zwischenurteil" bezeichneten Urteil die durch die Mindesthaftpflichtversicherungsdeckungssummen betragsbeschränkte Haftung der Beklagten für jene Leistungen fest, welche die Klägerin aus Anlaß des gegenständlichen Unfalls auf Grund der jeweils geltenden sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen über die Unfallversicherung an die Witwe des Getöteten zu erbringen habe, jedoch nur insoweit als diese Leistungen in dem Schaden Deckung fänden, dessen Ersatz Maria L*** ohne den im § 332 Abs 1 ASVG vorgesehenen Rechtsübergang von der Beklagten unmittelbar zu fordern berechtigt wäre, wobei ein Mitverschuldensanteil des tödlich Verunglückten Sigmund L*** zur Hälfte zugrundezulegen sei. Das Erstgericht legte seiner Entscheidung die auf Seite 6 bis 15 der Urteilsausfertigung wiedergegebenen Feststellungen zugrunde, die sich, soweit sie für das Revisionsverfahren noch wesentlich sind, wie folgt zusammenfassen lassen:

Am gegen 18.30 Uhr ereignete sich bei Dunkelheit und Nieselregen auf der Westautobahn, Richtungsfahrbahn Salzburg, bei Kilometer 95.200 im Gemeindegebiet Erlauf ein Verkehrsunfall, bei welchem der von dem deutschen Staatsangehörigen Harald P*** gelenkte PKW Ford Sierra 2 l mit dem deutschen Kennzeichen RH-EK 30, den zum Zwecke der Hilfeleistung nach einem anderen Verkehrsunfall die Fahrbahn überquerenden, bei der Klägerin gemäß § 4 Abs 1 Z 1 ASVG unfallversicherten österreichischen Staatsangehörigen und in Österreich wohnhaften Sigmund L*** erfaßte und tödlich verletzte. Die Richtungsfahrbahn der Westautobahn weist im Unfallbereich zwei Fahr- und einen Pannenstreifen auf. Die Gesamtbreite der Fahrbahn beträgt 7,5 Meter, jene des Pannenstreifens 3,4 Meter. Die Fahrbahn ist durch deutlich sichtbare weiße Leitlinien eingegrenzt. An die Fahrbahn schließt links (in Fahrtrichtung gesehen) ein ca. ein Meter breiter grasbewachsener Streifen, der sogenannte Mittelstreifen, an, welcher zu der zweiten Richtungsfahrbahn durch eine Doppelleitschiene begrenzt wird. In Annäherung an den Unfallbereich verläuft die Richtungsfahrbahn über rund 450 Meter gerade. Der Lenker des PKWs mit dem Kennzeichen W 655.673, Rudolf S***, überholte einen von Leopold A*** gelenkten Sattelzug. Als er wieder auf seine rechte Fahrspur zurücklenkte, übersah er den mit einem Tiefenabstand von rund 100 Metern vor diesem Sattelzug fahrenden, von Sigmund L*** gelenkten Lastwagenzug und prallte gegen dessen Heck. Durch den Anprall fiel am Fahrzeug des Rudolf S*** die gesamte Beleuchtung aus. Der PKW schleuderte über die Richtungsfahrbahn und kam annähernd fahrbahnlängsachsenparallel auf dem Mittelstreifen dergestalt zum Stillstand, daß seine rechte Fahrzeugseite ca. 35 cm in die Überholspur ragte. Leopold A*** bremste wegen dieses Unfalles seinen Sattelzug ab und blieb auf dem Pannenstreifen in einer Position stehen, bei welcher die Front des Sattelzuges sich 35 Meter hinter dem Heck des PKW des S*** befand. A*** schaltete die Alarmblinkanlage ein und ließ durch einen unbekannt gebliebenen, hinzugekommenen Fahrzeuglenker sein Pannendreieck rund 50 Meter hinter dem Heck seines Sattelzuges am rechten Fahrbahnrand aufstellen. Die eingeschaltete Alarmblinkanlage war für einen sich nähernden PKW-Lenker aus einer Entfernung zwischen 300 und 350 Metern wahrnehmbar. A*** überquerte die Fahrbahn und half dem PKW-Lenker S*** aus seinem Fahrzeug. Wegen des starken Verkehrs auf der Richtungsfahrbahn war es ihm durch rund drei Minuten nicht möglich, S*** über dieselbe zu geleiten. Während dieses Zeitraumes hatten mehrere Kraftfahrer auch wegen der weithin sichtbaren Alarmblinkanlage ihre Fahrzeuge am Pannenstreifen vor und nach dem Sattelzug des A*** abgestellt um nötigenfalls ebenfalls Hilfe zu leisten. Auch Sigmund L***, welcher den Unfall bemerkt hatte, hielt seinen Lastwagenzug auf dem Pannenstreifen rund 105 Meter nach dem PKW des S*** an. Sowohl am Lastwagenzug des L*** als auch am Sattelzug des A*** blieb auch nach dem Stillstand die Beleuchtung eingeschaltet. L*** ging auf dem Pannenstreifen bis auf Höhe des PKWs S*** zurück und wollte dort "annähernd normal zur Fahrbahnlängsachse" die Fahrbahn überqueren, um S*** Hilfe zu leisten. Als P***, der sich unter

Einhaltung einer Geschwindigkeit von 110 bis 120 km/h mit Abblendlicht der Unfallstelle näherte, die eingeschaltete Alarmblinkanlage am Sattelzug des A*** bemerkte, lenkte er seinen PKW ohne Verminderung der Geschwindigkeit auf den zweiten Fahrstreifen und beobachtete den Sattelzug, da er dachte, der LKW-Lenker würde eventuell aussteigen. Als er etwa auf Höhe des Sattelzuges sein Augenmerk wieder auf die vor ihm liegende Fahrbahn richtete, sah er den gerade den zweiten Fahrstreifen überquerenden Sigmund L*** und war nicht mehr in der Lage, sein Fahrzeug auszulenken oder abzubremsen. Der PKW stieß im Bereich des linken vorderen Kotflügels streifend gegen den Körper des L***, der seinen schweren Verletzungen erlag. L*** hatte bis zur Kollision auf der Fahrbahn, gerechnet vom rechten Fahrbahnrand, eine Strecke von insgesamt 6,5 Meter zurückgelegt. Die Klägerin hat auf Grund dieses Unfalls an die Witwe des getöteten Sigmund L*** Bestattungs- und Überführungskostenbeiträge sowie Witwenrenten für die Zeit vom bis in der jeweils im Spruch genannten Höhe geleistet, da sie dazu gesetzlich auf Grund der Bestimmungen der §§ 214, 215 ASVG im Zusammenhalt mit § 175 Abs 1 ASVG verpflichtet war.

Zur Rechtsfrage führte das Erstgericht aus, daß Harald P*** dadurch, daß er bei Dunkelheit und feuchter Fahrbahn mit verschmutzten Abblendscheinwerfern eine mittlere Geschwindigkeit von 115 km/h eingehalten habe, gegen das Gebot des § 20 Abs 1 StVO (Fahren auf Sicht), verstoßen habe. Darüber hinaus wäre er verpflichtet gewesen, bei Erkennen der unklaren Verkehrssituation, welche auf Grund der eingeschalteten Warnblinkanlage zu vermuten gewesen sei, seine Geschwindigkeit herabzusetzen und mit besonderer Vorsicht weiterzufahren. Auch wäre es ihm bei Verwendung des Fernlichtes und einer dessen Ausleuchtstrecke angepaßten Geschwindigkeit möglich gewesen, die spätere Unfallstelle als Ort eines früheren Unfallgeschehens zu erkennen und entsprechend zu reagieren. Da Harald P*** somit zweifach gegen die Bestimmung des § 20 Abs 1 StVO verstoßen habe, sei die von der Klägerin vorgenommene Verschuldensteilung im Verhältnis 1 : 1 gerechtfertigt. Die Berufung der Beklagten blieb in der Hauptsache erfolglos. Das Gericht zweiter Instanz bestätigte das Urteil des Erstgerichtes als Teil- und Zwischenurteil mit der Maßgabe, daß das Leistungsbegehren der Klägerin mit S 173.482,10 s.A. dem Grunde nach zu Recht bestehe. Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich und billigte in der Hauptsache auch die rechtliche Beurteilung der ersten Instanz. Es wies ergänzend darauf hin, daß trotz Vorliegens eines Sachverhaltes mit Auslandsbeziehung - der PKW des Harald P*** sei in der Bundesrepublik Deutschland zugelassen gewesen - die Beurteilung des Rechtsverhältnisses zwischen den Parteien nach österreichischem Recht zu erfolgen habe, da einerseits die Haftung aus dem Unfall selbst gemäß Art. 3 und 4 des Haager Straßenverkehrsabkommens, BGBl 1975/387, der österreichischen Rechtsordnung unterliege und somit zu dieser im Sinn des § 1 IPRG die stärkste Beziehung bestehe und andererseits Regreßansprüche von Sozialversicherungsträgern dem Recht ihres Sitzes unterliegen.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision der Beklagten aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit Antrag auf Abänderung im Sinne der Klagsabweisung; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die Beklagte führt in ihrem Rechtsmittel aus, den Fahrzeuglenker P*** treffe kein Verschulden an dem Unfall. Der Grundsatz des Fahrens auf Sicht auf der Autobahn erfahre eine gewisse Einschränkung in der Richtung, daß der Fahrer nicht der Verpflichtung unterliege, sein Fahrzeug vor einem Hindernis anhalten zu müssen. Vielmehr genüge, daß er sein Fahrzeug beherrsche und in der Lage sei, eine gezielte Ausweichbewegung zu setzen. Eine Einschränkung dieses Grundsatzes liege nur dann vor, wenn besondere Umstände die nahe Möglichkeit einer Verschärfung der mit dem Schnellverkehr auf Autobahnen üblicherweise verbundenen Gefahrenlage erkennen ließen. Nun stehe fest, daß der Sattelzug des A*** bei eingeschalteter Alarmblinkleuchte auf dem Pannenstreifen abgestellt war. Vor und nach diesem Kraftfahrzeug seien andere Fahrzeuge am Pannenstreifen abgestellt gewesen. 105 Meter entfernt vom PKW des S*** sei der Lastwagenzug des Sigmund L*** auf dem Pannenstreifen abgestellt und beleuchtet gewesen. Der Bestimmung des § 102 KFG könne dem Wortlaut nach nur jene Bedeutung gegeben werden, daß Alarmblinkanlagen nur an stillstehenden Fahrzeugen eingeschaltet werden dürfen, um vor einer Panne dieses Fahrzeuges zu warnen. Eine Gefahrenlage im "aktiven Bereich" der Autobahn habe P*** daher deshalb nicht erwarten müssen, weil das am Pannenstreifen stehende Fahrzeug A*** die Warnblinkanlage eingeschaltet hatte. Zur Warnung vor Gefahrenlagen im "aktiven Fahrbahnbereich" sei § 89 StVO heranzuziehen. In diesem Fall seien nachfolgende Fahrzeuge durch eine nach den kraftfahrrechtlichen Vorschriften genehmigte Warneinrichtung zu warnen, wobei diese Warneinrichtung in einer der Verkehrssicherheit entsprechenden Entfernung von dem zum Stillstand gelangten Fahrzeug aufzustellen sei. Die alleinige Verwendung der Warnblinkanlage sei unzulässig. Aus diesen Umständen folge, daß die Absicherung einer Unfallstelle durch ein am Pannenstreifen abgestelltes Fahrzeug mit eingeschalteter Warnblinkanlage nicht dem Gesetz entspreche und auch nicht zweckmäßig sei, da herankommende Autofahrer daraus nur auf eine Panne dieses Kraftfahrzeuges schließen könnten und sich gerade aus diesem Grund während der Vorbeifahrt besonders auf dieses Kraftfahrzeug konzentrierten, um nicht einen allenfalls mit Reparaturarbeiten Beschäftigten zu gefährden oder gar zu verletzen. Daß am Pannenstreifen abgestellte Fahrzeuge eine besondere Gefahrensituation nahelegen, sei gleichfalls nicht ableitbar. Ohne Absicherung der Fahrbahn sei noch nicht zwingend anzunehmen, daß durch ein Unfallereignis Fahrbahnhindernisse vorliegen könnten. Wenn man aber zur Erkenntnis komme, daß die Alarmblinkanlage des Sattelzuges A*** nicht geeignet war, vor einem Unfall oder Fahrbahnhindernissen zu warnen, dann könne dem Berufungsgericht auch darin nicht gefolgt werden, daß P*** mit der Möglichkeit des Vorliegens von Hindernissen nach dem Sattelzug A*** hätte rechnen müssen. Gerade auf der Autobahn dürfe der Verkehrsteilnehmer mit einem adäquaten Verhalten der anderen Verkehrsteilnehmer rechnen, ganz besonders aber bei Berufskraftfahrern, die versuchen, zu Fuß die Autobahn zu überqueren. Die Forderung nach Beobachtung der Fahrbahnränder ohne Gewißheit einer besonderen Gefahrenlage, wie etwa nach einem eindeutig erkennbaren Verkehrsunfall, sei daher nicht gerechtfertigt. Geradezu von entscheidender Bedeutung sei es aber, ob Sigmund L*** gelaufen oder schneller gegangen sei. Wäre er gelaufen, wäre die Unfallvermeidbarkeitsgeschwindigkeit nur bei 26 km/h gelegen, ansonsten bei 52 km/h. Daraus folge, daß eine Geschwindigkeit von 40 bis 50 km/h nicht unfallvermeidend gewesen wäre, da selbst bei schnellem Gehen die unfallvermeidende Geschwindigkeit über 50 km/h gelegen, also der Unfall in jedem Fall unvermeidbar gewesen wäre. Da L*** vom linken Kotflügel erfaßt wurde und die Breite eines Ford Sierra 1,7 m beträgt, hätte er zumindest 1,5 m weiterlaufen müssen, um zur Gänze das Lichtraumprofil des Fahrzeuges zu verlassen. Dieser Zeitaufwand betrage aber mehr als eine halbe Sekunde. Nicht gefordert werden könne, daß zur blockierenden Bremsung auch ausgelenkt wird, da dies technisch unmöglich sei. Nicht zumutbar sei ferner, als fahrtechnisch richtiges Verhalten eine Bremsung zu vermeiden oder diese im letztmöglichen Moment zu lösen, um sodann auszulenken. Komme man daher zum Ergebnis, daß die für P*** erkennbare Situation nicht eine wesentliche Reduktion seiner Geschwindigkeit auf unter 40 km/h verlangte, ergebe sich die Unvermeidbarkeit des Verkehrsunfalles für P*** und bleibe für ein Verschulden kein Raum. Selbst wenn man aber ein Mitverschulden P*** annehme, sei dieses gegenüber dem groben Verschulden des Getöteten nicht meßbar, da dieser ohne zureichende Absicherung und ohne auf das herankommende Fahrzeug P*** zu beachten, die Autobahn bei Nachtzeit zu Fuß zu überqueren versuchte. Es stehe fest, daß die Unfallvermeidung für den Getöteten bei der ihm zumutbaren und der von ihm zu fordernden Sorgfalt als Fußgänger auf der Autobahn viel einfacher gewesen wäre als für P*** und auch, daß das unfallauslösende Fehlverhalten von L*** ausgegangen sei. Es bleibe daher dabei, daß der Fußgänger L*** auf der Autobahn selbst bei besonderer Aufmerksamkeit und Vorsicht eine abstrakte Gefahr dargestellt habe, mit der P*** nicht zu rechnen brauchte. Da das Verhalten eines Fußgängers auf der Autobahn völlig unberechenbar sei, sei auch der Vorwurf des Nichtauslenkens nicht gerechtfertigt, könnte doch der Fußgänger sich gerade in die Richtung bewegen, in die der Auslenkvorgang durchgeführt worden sei.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.

Die zutreffende Auffassung des Berufungsgerichtes, daß im vorliegenden Fall hinsichtlich der geltend gemachten Ansprüche österreichisches Recht anzuwenden ist, wird in der Revision nicht bekämpft.

Nach ständiger Rechtsprechung stehen bei Teilnahme am Straßenverkehr Aufmerksamkeit, Geschwindigkeit und Sichtverhältnisse in einem derart untrennbaren Zusammenhang, daß nur das richtige Verhältnis dieser drei Komponenten zueinander der Vorschrift des § 20 Abs 1 StVO gerecht wird. Ein Minus bei einem dieser für die Verkehrssicherheit maßgeblichen Faktoren muß immer durch ein Plus bei den anderen ausgeglichen werden (ZVR 1969/108; ZVR 1972/97; ZVR 1979/195 u.a.). Jeder Kraftfahrer hat bei Dunkelheit grundsätzlich, soweit nicht besondere Umstände seine Sicht über den von der Beleuchtung seines Kraftfahrzeuges ausgeleuchteten Bereich hinaus ermöglichen, die Geschwindigkeit seines Fahrzeuges der verwendeten Beleuchtung bzw. die Beleuchtung seines Fahrzeuges der eingehaltenen Geschwindigkeit anzupassen. Fährt er mit Abblendlicht, dann hat er, soweit nicht besondere Umstände die Sicht über die vom Abblendlicht erleuchtete Strecke hinaus ermöglichen, grundsätzlich mit einer Geschwindigkeit zu fahren, die ihm das Anhalten seines Fahrzeuges innerhalb der Reichweite des Abblendlichtes gestattet (ZVR 1961/334; JBl 1967, 319 u.a.). Dies entspricht auch der ständigen Rechtsprechung, daß im Sinne des § 20 Abs 1 StVO jeder Kraftfahrer verpflichtet ist, auf eine erkennbare Gefahrenlage ohne unnötige Verzögerung durch sofortige Herabsetzung der Geschwindigkeit zu reagieren. Dabei ist die Geschwindigkeit so weit herabzusetzen, daß es dem Kraftfahrer möglich ist, bei Erkennen eines Hindernisses vor diesem ohne Gefährdung von Personen oder Sachen sein Fahrzeug anzuhalten und allenfalls das Hindernis zu umfahren. Hiebei muß der Kraftfahrer alle Hindernisse in Betracht ziehen, mit denen zu rechnen er bei Beachtung aller gegebenen Umstände Veranlassung hat (ZVR 1985/156 u.a.).

Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführte, wird der in § 20 Abs 1 StVO normierten Verpflichtung auf Autobahnen im Hinblick auf die für diese bestehenden besonderen Einrichtungen und Verkehrsregeln grundsätzlich auch dann schon entsprochen, wenn der Kraftfahrer auf unvermutet in Sichtweite auftauchende Hindernisse (wenigstens) in einer beherrschter Fahrweise entsprechenden Art durch eine gezielte Ausweichbewegung ohne Gefährdung anderer Straßenbenützer unfallverhütend reagieren kann. Dies gilt auch bei Fahren mit Abblendlicht bei Dunkelheit. Auch in diesem Falle ist eine Geschwindigkeit einzuhalten, die dem Kraftfahrer bei unvermutet auftauchenden Hindernissen innerhalb der überblickbaren Strecke zumindest eine geeignete Ausweichbewegung erlaubt (ZVR 1979/68; 1983/33 u.a.). Dieser Grundsatz erfährt aber immer dann eine Einschränkung, wenn auf Grund besonderer Umstände, wie etwa auch einer unübersichtlichen Verkehrslage, die nahe Möglichkeit einer Verschärfung der mit dem Schnellverkehr auf Autobahnen üblicherweise verbundenen Gefahrenlage zu erkennen ist (ZVR 1976/68; 1983/33 u.a.). Im vorliegenden Fall hatte der LKW-Lenker A*** nicht nur an seinem Sattelkraftfahrzeug die Alarmblinkanlage eingeschaltet, sondern auch die Aufstellung eines Pannendreiecks am rechten Fahrbahnrand ca. 50 m hinter dem Heck des Sattelkraftfahrzeuges veranlaßt. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht ohne Rechtsirrtum erkannt, daß insbesondere auf Autobahnen eine am Pannenstreifen 50 m vor einem mit eingeschalteter Warnblinkanlage abgestellten Kraftfahrzeug aufgestellte Warneinrichtung (Pannendreieck) für die nachfolgenden Kraftfahrzeuglenker ein Hinweis auf das Bestehen einer Gefahrenlage ist und diese wegen der dargelegten Schwierigkeiten der Absicherung von Unfallstellen auf Autobahnen auch damit rechnen müssen, daß sich ein Hindernis im Bereich der Fahrbahn befindet, das noch nicht entfernt und auch noch nicht durch Absicherung ungefährlich gemacht werden konnte. Ebenso mußte der Lenker P*** auch die vor und nach dem Sattelkraftfahrzeug am Pannenstreifen abgestellten Fahrzeuge als Hinweis auf eine mögliche Gefahrensituation auf der vor ihm liegenden Richtungsfahrbahn werten und wäre daher gemäß den oben dargelegten Grundsätzen zu einer wesentlichen Herabsetzung seiner Fahrgeschwindigkeit auf die für das Fahren auf Sicht mit Abblendlicht und darüberhinaus mit verschmutzten Scheinwerfergläsern zulässige Geschwindigkeit von 40 bis maximal 50 km/h verpflichtet gewesen und hätte überdies die vor ihm liegende Fahrbahn mit erhöhter Aufmerksamkeit beobachten müssen. Statt dessen wendete er seine Aufmerksamkeit dem abgestellten Sattelkraftfahrzeug zu, unterließ eine Verminderung der Fahrgeschwindigkeit, nahm daher den die Fahrbahn überquerenden Sigmund L*** erst auf eine Entfernung von 20 m wahr und erfaßte ihn ohne Einleitung einer Bremsung oder auch nur des Versuches eines Ausweichmanövers. Ohne Rechtsirrtum hat ihm daher das Berufungsgericht einen schwerwiegenden Verstoß gegen die Vorschrift des § 20 Abs 1 StVO, einer Schutznorm im Sinne des § 1311 ABGB, angelastet. Der Beweis, daß der Unfall mit denselben Folgen (tödliche Verletzung des Sigmund L***) auch bei vorschriftsmäßigem Verhalten des PKW-Lenkers P*** eingetreten wäre, ist der Beklagten jedenfalls nicht gelungen. Ohne Rechtsirrtum hat daher das Berufungsgericht die Haftung der Beklagten bejaht. Wird das Verschulden des Lenkers P*** jenem des bei dem Unfall getöteten Sigmund L*** gegenüber gestellt, dem die Unterlassung der erforderlichen Aufmerksamkeit beim Überqueren der Fahrbahn einer Autobahn, um bei einem Verkehrsunfall Hilfe zu leisten, zur Last fällt, kann entgegen der Auffassung der Revision in der vom Berufungsgericht vorgenommenen Schadensteilung im Verhältnis 1 : 1 keine zum Nachteil der Beklagten unrichtige rechtliche Beurteilung erblickt werden.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 52 Abs 2, 392 Abs 2, 393 Abs 4 ZPO.