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OGH vom 20.04.1995, 6Ob14/95

OGH vom 20.04.1995, 6Ob14/95

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Redl, Dr.Kellner, Dr.Graf und Dr.Prückner als weitere Richter, in der Verlassenschaftssache nach dem am verstorbenen Rupert M*****, ***** infolge Revisionsrekurses des außerehelichen Sohnes Christian H*****, Tischler,***** vertreten durch Dr.Peter Greil, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck alsRekursgerichtes vom , AZ 3b R 190/93 (ON 86), womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Telfs vom , GZ 2 A 1162/92k-80, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der Beschluß des Rekursgerichtes und Punkt 5. des erstgerichtlichen Beschlusses werden aufgehoben, dem Erstgericht wird die Fortsetzung und Beendigung des Verlassenschaftsverfahrens ohne Durchführung eines Erbteilungsverfahrens nach dem Tiroler Höfegesetz aufgetragen.

Text

Begründung:

Der am verstorbene unverheiratete Rupert M*****, welcher Alleineigentümer eines geschlossenen Hofes war, bestimmte in seinem Testament vom unter anderem "zu Erben meines gesamten welchen Namen auch immer tragenden Vermögens setze ich zu je 1/3-Anteilen meine Geschwister Johann M*****, Arnold M***** und Mathilde K*****, geborene M*****, ein". Johann M***** ist vorverstorben. Er hinterließ zwei Töchter, Christine und Herma M*****.

Am wurde der uneheliche Sohn des Erblassers Christian H***** geboren. Der Erblasser hat die Vaterschaft anerkannt.

Das Erstgericht nahm die von Christian H***** auf Grund des Gesetzes zum gesamten Nachlaß bedingt und die auf Grund des Testamentes von Mathilde K***** und Arnold M***** zu je einem Drittel sowie von Christine und Herma M***** zu je einem Sechstel bedingt abgegebenen Erbserklärungen zu Gericht an und teilte Christian H***** gemäß § 125 AußStrG die Klägerrolle zu. Die Erbserklärungen der Christine und Herma M***** wurden vom Rekursgericht zurückgewiesen.

Die Klage des unehelichen Sohnes gegen die beiden Geschwister des Erblassers auf Feststellung, das Testament vom sei entkräftet (§ 778 ABGB) wurde rechtskräftig mit der Begründung abgewiesen, dem Kläger als dem einzigen Noterben sei der Nachweis einer irrtümlichen Übergehung durch den Erblasser nicht gelungen.

Mit Notariatsakt vom verkauften Arnold, Christine und Herma M***** ihre behaupteten Rechte an der Verlassenschaft an Waltraud N*****, eine Tochter der Mathilde K*****. Diese beiden beanspruchten im Verlassenschaftsverfahren den durch die Zurückweisung der Erbserklärungen der Christine und Herma M***** freigewordenen Anteil von einem Drittel nach dem verstorbenen Bruder Johann M*****, dieser Erbteil komme ihnen durch Anwachsung zu gleichen Teilen zu. Die Klage von Mathilde K***** und Waltraud N***** gegen den außerehelichen Sohn des Erblassers mit dem Begehren festzustellen, daß diesem kein Erbrecht auf Grund des Gesetzes hinsichtlich einer Erbquote von einem Drittel (dem freigewordenen Erbteil nach dem vorverstorbenen Bruder des Erblassers) zustehe, wurde rechtskräftig mit der Begründung abgewiesen, der Nachweis, daß der Erblasser anläßlich der Erbseinsetzung seine drei Geschwister nicht zu einem bestimmten Teil habe als Erben einsetzen wollen, sei den Klägerinnen nicht gelungen.

Christian H*****, Mathilde K***** und Waltraud N*****, die nunmehr zu je einem Drittel als erbberechtigt feststanden, wandelten die bedingten Erbserklärungen in unbedingte um, erstatteten ein eidesstättiges Vermögensbekenntnis und beantragten die Einantwortung.

Mit Beschluß vom nahm das Erstgericht die Umwandlung der Erbserklärungen zur Kenntnis, traf mit den Punkten 1 bis 4 eine Reihe nicht bekämpfter Verfügungen und wies in Punkt 5. den Antrag der drei Erben auf Einantwortung des Nachlasses im gegebenen Verfahrensstadium zurück. Es trug den Erben auf, binnen vierzehn Tagen zu erklären, wie die Erbteilung vorzunehmen sei, insbesondere wer Anerbe des geschlossenen Hofes des Erblassers werden solle. Nach Möglichkeit sei dabei auch ein Vorschlag über den Übernahmswert zu erstatten. Zur Begründung dieses Punktes 5. führte das Erstgericht aus, im Hinblick auf das Todesdatum des Erblassers sei das TirHöfeG noch in der alten Fassung anzuwenden. Dessen § 15 habe für den Fall der gesetzlichen Erbfolge nach einem Alleineigentümer eines geschlossenen Hofes besondere Erbteilungsvorschriften angeordnet, wenn zur Erbfolge mehrere Personen berufen seien. Nach § 26 TirHöfeG aF seien die Erbteilungsvorschriften auch bei testamentarischer Erbfolge anzuwenden, wenn der vom Erblasser berufene Hofübernehmer zu den im ABGB unter die gesetzlichen Erben aufgenommenen Personen gehöre. Die beiden Testamentserben, die zu je einem Drittel zum Nachlaß berufen seien, zählten zu diesem Kreis. Die Erbteilungsvorschriften seien daher vollständig anzuwenden. Eine Einantwortung sei vor Bestimmung eines Anerben nicht möglich.

Das Rekursgericht gab dem gegen Punkt 5. des erstgerichtlichen Beschlusses erhobenen Rekurs des außerehelichen Sohnes des Erblassers keine Folge. Es führte aus, § 15 des TirHöfeG aF könne im vorliegenden Fall nicht angewendet werden, weil neben dem einzigen gesetzlichen Erben zwei Testamentserben Ansprüche auf die Verlassenschaft geltend machten. Nach § 26 leg cit seien die besonderen Erbteilungsvorschriften bei testamentarischer Erbfolge nur dann anzuwenden, wenn der vom Erblasser berufene Hofübernehmer zu den im ABGB unter die gesetzlichen Erben aufgenommenen Personen gehöre. Der vom Erblasser berufene Hofübernehmer müsse nur dem Kreis der im ABGB als gesetzliche Erben aufgezählten Personen angehören, nicht aber auch im konkreten Fall nach der gesetzlichen Erbfolge zum Erben berufen sein. Beide Testamentserben, die Schwester und die Nichte (als Erbschaftskäuferin) des Erblassers seien unter diesen Personenkreis zu zählen. Für die Anwendung des § 26 TirHöfeG alt sei es daher nicht relevant, daß diese Personen dem unehelichen Sohn des Erblassers in der gesetzlichen Erbfolge nachgingen und daher im konkreten Fall zur gesetzlichen Erbfolge nicht berufen wären. Die besonderen Erbteilungsvorschriften seien somit anzuwenden und die Erbteilung sei vor der Einantwortung vorzunehmen.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil die Entscheidung auf den Einzelfall zugeschnitten und darin von der höchstgerichtlichen Judikatur nicht abgegangen worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Anwendbarkeit der besonderen Erbteilungsvorschriften bei testamentarischer Einsetzung mehrerer Erben ohne Bestimmung eines Anerben fehlt und diese Frage auch nach den seit in Geltung stehenden Vorschriften des Tiroler Höfegesetzes über den Einzelfall hinaus Bedeutung zukommt, das Rechtsmittel ist auch berechtigt.

Durch die Erbteilungsvorschriften der §§ 15 f TirHöfeG wurde ein Anerbenrecht geschaffen, das unmittelbar kraft Gesetzes eintritt. Die beiden Voraussetzungen hiefür sind nach § 15 TirHöfeG a.F. ein einem Alleineigentümer hinterlassener geschlossener Hof und das Vorhandensein mehrerer zur gesetzlichen Erbfolge berufener Miterben. Dieses Anerbenrecht greift daher in der Regel nur bei der gesetzlichen Erbfolge ein, soweit kein gültiger letzter oder vertraglicher Wille des Erblassers vorliegt, denn der Eigentümer eines geschlossenen Hofes soll durch die Erbteilungsvorschriften der §§ 15 f in seiner Verfügungsfreiheit unter Lebenden oder von Todes wegen grundsätzlich nicht beeinträchtigt werden. § 26 TirHöfeG aF erklärt jedoch die besonderen Erbteilungsvorschriften ausdrücklich auch bei testamentarischer und vertragsmäßiger Erbfolge für anwendbar, aber nur dann, wenn der vom Erblasser berufene Hofübernehmer zu den im ABGB unter die gesetzlichen Erben aufgenommenen Personen gehört. Die Erbteilungsvorschriften sind daher nicht, wie die Vorinstanzen meinen, nur dann unanwendbar, wenn der Erblasser eine nicht aus dem Kreis der gesetzlichen Erben stammende Person zum Hofübernehmer bestimmt hat, sondern auch, wenn er, wie im vorliegenden Fall, mehrere Personen zu Erben einsetzt ohne einen von ihnen zum Hofübernehmer zu berufen. Wie der Erblasser letztwillig den Anerben zu bestimmen hat, ist im Gesetz zwar nicht vorgeschrieben, die Bestimmung muß sich aber aus der letztwilligen Anordnung ergeben. Der Erblasser kann zwar die Verfügungsbeschränkungen des zweiten Abschnittes (§§ 2 ff TirHöfeG) nicht außer Kraft setzen, denn jede Veränderung am Bestand und Umfang des geschlossenen Hofes darf, auch wenn sie auf einer letztwilligen Anordnung beruhen sollte, der Bewilligung der Höfebehörde, es ist ihm aber nicht verwehrt, durch die Einsetzung mehrerer Miterben ohne Bestimmung eines Anerben eine ideelle Teilung des Hofes zu bewirken und es den Miterben zu überlassen, eine den Verfügungsbeschränkungen nicht zuwiderlaufende Regelung zu treffen. (An diesen Grundsätzen hat im übrigen auch das seit in Kraft stehende neue Tiroler Höfegesetz nichts geändert. Auch dessen § 26 Abs 2 erklärt die Erbteilungsvorschriften (mit Ausnahme der §§ 15, 16, 18 und 19) bei der gewillkürten Rechtsnachfolge von Todeswegen nur anwendbar, wenn der Alleineigentümer eines geschlossenen Hofes eine der unter die gesetzlichen Erben fallende Person als Übernehmer berufen hat, im Interesse der Möglichkeit der Schaffung von Ehegatten- oder Elternteil-Kind-Höfen wurde nur die zusätzliche Möglichkeit geschaffen, nicht nur eine Person allein sondern auch diese gemeinsam mit einem Ehegatten, Elternteil oder Kind als Übernehmer zu berufen.)

Nach dem hier vorliegenden Testament hat der Erblasser seine drei Geschwister zu je Ein-Drittel-Anteilen zu Erben seines gesamten Vermögens eingesetzt, ohne einen Anerben zum Übernehmer des unter sein Vermögen fallenden Erbhofes zu bestimmen. Der Erbhof wird vielmehr in der letztwilligen Anordnung nicht einmal erwähnt. An der damit gegebenen Unanwendbarkeit der Erbteilungsvorschriften des Tiroler Höfegesetzes hat sich auch dadurch nichts geändert, daß anstelle eines vorverstorbenen testamentarisch eingesetzten Miterben nunmehr ein gesetzlicher Erbe getreten ist. Es ist daher weder ein Anerbe zu bestimmen noch ein Übernahmswert festzusetzen.

Aus diesen Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.