OGH vom 21.02.1996, 3Ob2021/96v
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Pimmer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei ***** *****, vertreten durch Dr.Helmuth Kasseroler, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die verpflichtete Partei Helmuth G*****, ***** ***** vertreten durch Dr.Georg Gschnitzer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 500.000 sA, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom , GZ 4 R 540/95-8, den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die betreibende Partei hat die Kosten des Revisionsrekurses selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Die betreibende Partei stellte den Antrag, ihr auf Grund eines Notariatsakts zur Hereinbringung der Forderung von S 500.000 sA die Exekution durch Pfändung der dem Verpflichteten gegen einen näher bezeichneten Drittschuldner, der den Beruf eines Rechtsanwalts ausübt, "angeblich zustehenden Forderung im Betrage von je S 25.000 pro Mieter lt Allonge, mehr oder weniger, auf Grund eventueller Ansprüche des Verpflichteten gegenüber den Mietern aus den bestehenden Bestandverhältnissen zwischen Verpflichtetem und Mietern, derzeit besichert durch Kautionen, hinterlegt, verwaltet und verwahrt durch den Drittschuldner", und Überweisung der gepfändeten Forderung zur Einziehung zu bewilligen, wobei das Erstgericht als Exekutionsgericht einzuschreiten und "die Pfändung durch Abnahme und gerichtlichen Erlag der Kautionsbeträge bzw Kautionssparbücher zu vollziehen" hat.
Das Erstgericht bewilligte die beantragte Exekution in Form eines Bewilligungsvermerkes gemäß § 112 Abs 1 Geo.
Das Rekursgericht wies infolge der Rekurse des Verpflichteten und des Drittschuldners die Exekutionsanträge ab und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Der Gläubiger des Treugebers könne nur auf dessen Anspruch auf Rückgabe bzw Herausgabe des Treuguts, aber nicht unmittelbar auf das Treugut selbst Exekution führen. Die zu pfändende Forderung sei im Exekutionsantrag nicht ausreichend bestimmt bezeichnet worden. Es ergebe sich aus dem Exekutionsantrag nämlich nicht, ob Ansprüche des Verpflichteten aus der Geltendmachung von Mietzinsrückständen oder etwa Ansprüche aus der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen in Exekution gezogen werden sollen. Auf Mietzinse aus Mietverträgen, auf welche die Bestimmungen des MRG Anwendung finden, könne gemäß § 42 Abs 1 dieses Gesetzes aber nur im Wege der Zwangsverwaltung Exekution geführt werden.
Rechtliche Beurteilung
Der von der betreibenden Partei gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs ist zwar zulässig, weil zu der in ihrer Bedeutung über den Anlaßfall hinausgehenden Frage, wie auf die von Mietern erlegte Sicherheit Exekution zu führen ist, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt; er ist aber nicht berechtigt.
Nach dem für die Bewilligung der Exekution allein maßgebenden Vorbringen im Exekutionsantrag will die betreibende Partei Exekution auf Sparbücher oder Geldbeträge führen, die beim Drittschuldner von Mietern, mit denen der Verpflichtete Mietverträge abgeschlossen hat, zur Sicherstellung der Forderungen, die ihm aus dem Mietverhältnis entstehen können, erlegt worden sind. Wird eine Sicherheit geleistet, so ist zu unterscheiden, ob der Anspruch des Erlegers der Sicherheit auf Rückzahlung des Geldbetrages oder auf Ausfolgung der als Sicherheit geleisteten Sache oder ob der Anspruch des durch den Erlag Begünstigten auf Befriedigung aus der Sicherheit den Gegenstand der Exekution bilden soll. Zum erstgenannten Fall hat der Oberste Gerichtshof bereits entschieden, daß keine Fahrnisexekution nach den §§ 253 oder 262 EO geführt, sondern daß nur der Rückforderungsanspruch gemäß § 294 ff EO gepfändet werden kann, wobei noch nicht feststehen muß, wieweit die Sicherheit frei wird (EvBl 1970/284; EvBl 1957/8). Zur zweiten Fallkonstellation, die hier gegeben ist, fehlt hingegen eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs.
Derjenige, zu dessen Gunsten die Sicherheit erlegt wurde, erwirbt daran ein Pfandrecht für die Forderung, zu deren Sicherstellung die geleistete Sicherheit dient. Dies ergibt sich für die im Rahmen eines Verfahrens geleisteten Sicherheiten aus § 56 Abs 3 ZPO, ist aber auch für eine auf Grund einer vertraglichen Verpflichtung geleisteten Sicherheit allgemein anerkannt (SZ 61/146; Miet Bd 38/55; Miet 22.118 ua). Wird Geld als Sicherheit und damit als Pfand gegeben, so entsteht entweder ein unregelmäßiges oder ein regelmäßiges Pfand, je nachdem, ob das Geld in das Eigentum des Pfandgläubigers übergeht oder nicht (Miet 22.118; Ehrenzweig2 I/2, 397 f; Koziol/Welser II10 123; Petrasch in Rummel2 Rz 7 zu § 447).
Befindet sich die geleistete Sicherheit in der Gewahrsame eines Dritten, so kann der Gläubiger desjenigen, der ein Pfandrecht daran hat, nicht unmittelbar darauf Exekution führen. Die betreibende Partei beruft sich in diesem Zusammenhang zu Unrecht auf § 262 EO. Die Anwendung dieser Bestimmung setzt nach ihrem klaren Wortlaut voraus, daß es sich um Sachen des Verpflichteten handelt, also um Sachen, die im Eigentum des Verpflichteten stehen. Ergibt sich schon aus dem Exekutionsantrag, daß die Sache nicht im Eigentum des Verpflichteten steht, so ist § 262 EO demnach nicht maßgebend und es darf die Fahrnisexekution nicht bewilligt werden, wenn sie nur auf eine in der Gewahrsame eines Dritten befindlichen Sache geführt werden soll. Dies ist die Ausnahme von der sonst geltenden Regel, daß bei Bewilligung der Exekution nicht darauf Bedacht zu nehmen ist, ob sie wegen Rechten von Dritten unzulässig ist, und daß diese ihre Rechte durch die Klage nach § 37 EO geltend machen müssen.
Hier geht schon aus dem Exekutionsantrag hervor, daß die beim Drittschuldner erlegte Sicherheit nicht im Eigentum des Verpflichteten steht, weil er daran nur ein Pfandrecht hat; die Fahrnisexekution darf deshalb nicht bewilligt werden. Überdies hat die betreibende Partei die Bewilligung der Fahrnisexekution auch nicht ausdrücklich beantragt. Selbst wenn man in der im Exekutionsantrag enthaltenen Wendung, daß "die Pfändung durch Abnahme oder gerichtlichen Erlag der Kautionsbeträge bzw Kautionssparbücher zu vollziehen" ist, den Antrag auf Bewilligung der Fahrnisexekution einschließlich der Exekution gemäß § 296 Abs 1 EO erblickt, ist für die betreibende Partei nach dem Gesagten nichts gewonnen.
Befindet sich die erlegte Sicherheit in der Gewahrsame eines Dritten, so kommt nur in Betracht, daß der Gläubiger desjenigen, zu dessen Gunsten sie erlegt wurde, Exekution auf dessen Anspruch auf Befriedigung aus der Sicherheit führt. Hat der durch die Sicherheitsleistung Begünstigte Anspruch auf Zahlung eines Geldbetrages, so ist die Exekution nach den §§ 294 ff EO zu führen, hat er hingegen Anspruch auf Ausfolgung der als Sicherheit gegebenen Sache, also etwa des Sparbuchs, so ist er gemäß den §§ 325 ff EO in Exekution zu ziehen (vgl JBl 1978, 321). In beiden Fällen ist aber Voraussetzung, daß der Anspruch auf Befriedigung aus der Sicherheit bereits entstanden ist. Hiefür ist aber wieder Voraussetzung, daß die Forderung des Verpflichteten, zu deren Sicherstellung die Sicherheit geleistet wurde, bereits entstanden und fällig ist (§§ 447 und 461 ABGB).
Die betreibende Partei hat hier die Exekution gemäß den §§ 294 ff EO beantragt. Wenngleich bei der Entscheidung über den Exekutionsantrag im allgemeinen nicht zu prüfen ist, ob die zu pfändende Forderung zu Recht besteht, ist der Antrag dennoch abzuweisen, wenn sich daraus ergibt, daß diese Forderung noch gar nicht entstanden ist (RZ 1994/11; RPflE 1990/22; RPflE 1989/23; GesRZ 1975, 30; JBl 1979, 438). Aus dem hier zu prüfenden Exekutionsantrag geht hervor, daß der betreibenden Partei nicht bekannt ist, ob dem Verpflichteten bereits Ansprüche zustehen, die ihn berechtigen, Befriedigung aus der geleisteten Sicherheit zu erlangen, und gegebenenfalls gegen welche der im Antrag angeführten Mieter dies der Fall ist. Die betreibende Partei führt als Rechtsgrund für die zu pfändende Forderung nämlich das Bestehen "eventueller" Ansprüche an. Das Vorbringen im Exekutionsantrag läßt somit die Möglichkeit offen, daß ausschließlich Forderungen des Verpflichteten gepfändet werden, die noch nicht entstanden sind und vielleicht gar nicht entstehen werden. Dieser Fall ist aber gleich zu behandeln wie der Fall, in dem dem Exekutionsantrag eindeutig zu entnehmen ist, daß künftig erst entstehende Forderungen gepfändet werden sollen. Es darf dem betreibenden Gläubiger nicht die Möglichkeit eröffnet werden, gleichsam "auf Verdacht" Forderungen zu pfänden, zumal dies den Verpflichteten mit ungerechtfertigten Kostenersatzansprüchen belasten würde, die auch nicht gemäß § 75 EO beseitigt werden können. Will der betreibende Gläubiger feststellen, ob dem Verpflichteten eine pfändbare Forderung zusteht, muß er dies durch den Auftrag zur Vorlage und Unterfertigung eines Vermögensverzeichnisses gemäß den §§ 47 und 49 EO tun (ähnlich Schumacher, Zwangsvollstreckung auf Wertpapiere 81 f; zum Vorliegen eines Disziplinarvergehens s AnwBl 1991, 59).
Der Bewilligung der Exekution steht also schon entgegen, daß nach dem Inhalt des Exekutionsantrags ausschließlich Forderungen gepfändet werden könnten, die noch nicht entstanden und noch weniger fällig sind. Die betreibende Partei wendet dagegen zu Unrecht ein, daß es sich bei den gepfändeten Forderungen um aufschiebend bedingte Forderungen handle, die gepfändet werden könnten. Der Erwerb eines aufschiebend bedingten Rechtes setzt voraus, daß dem Berechtigten bereits ein Anwartschaftsrecht eingeräumt worden ist, das durch den Eintritt der Bedingung zum Vollrecht wird (vgl JBl 1994, 414; WoBl 1992, 244; Koziol/Welser aaO 159; Rummel in Rummel2 Rz 4 zu § 897). Es muß der Rechtsgrund feststehen und die rechtserzeugenden Tatsachen müssen zum Teil gegeben sein (3 Ob 63/95). Dem Exekutionsantrag ist aber nicht zu entnehmen, daß dem Verpflichteten bereits ein solches Anwartschaftsrecht zustehen könnte, und es würde dies im übrigen auch gar nicht ausreichen, weil die Befriedigung aus der geleisteten Sicherheit erst nach dem Eintritt der Fälligkeit der Forderung und damit auch der Bedingung begehrt werden könnte.
Keine Bedeutung hat es entgegen der im Revisionsrekurs vertretenen Meinung, aus welchem Rechtsgrund sich die Sicherheit in der Gewahrsame des Dritten befindet, weil unabhängig von diesem Rechtsgrund nur der Anspruch des durch die Sicherheitsleistung Begünstigten auf Befriedigung aus der Sicherheit gepfändet werden kann. Es muß daher zu den Ausführungen im Revisionsrekurs, ob das Rekursgericht von einem Treuhandverhältnis ausgehen durfte, nicht weiter Stellung genommen werden. Hingewiesen sei nur darauf, daß ein Treuhandverhältnis entgegen der Meinung der betreibenden Partei auch gegeben sein kann, wenn der Treuhänder nicht Eigentümer des Treugutes wird ("Ermächtigungstreuhand"; s hiezu SZ 56/31 und Strasser in Rummel2 Rz 42 zu § 1002).
Wie schon das Rekursgericht richtig erkannte, stand der Bewilligung der Exekution aber auch entgegen, daß dem Exekutionsantrag nicht entnommen werden kann, ob die darin erwähnten Bestandverhältnisse dem Mietrechtsgesetz unterliegen. Hier soll zwar nicht auf die Mietzinsforderungen des Verpflichteten, sondern auf seine Forderung auf Befriedigung aus den geleisteten Sicherheiten Exekution geführt werden. Wenn auf die Mietverträge das Mietrechtsgesetz anzuwenden ist, gilt aber auch für die angeführte Forderung die Exekutionsbeschränkung des § 42 Abs 1 dieses Gesetzes. Es kann nämlich keinen Unterschied machen, wenn der Vermieter die Forderung nicht gegen den Mieter geltend machen muß, weil hiefür eine Sicherheit haftet. Der zweite Satz dieser Bestimmung zeigt, daß durch die Exekutionsbeschränkung die gesetzmäßige Verwendung der Mietzinse erreicht werden soll. Dies ist aber auch dann von Bedeutung, wenn für den Mietzinsrückstand eine Sicherheit vorhanden ist. Nun mag es zutreffen, daß die vom Exekutionsantrag betroffenen Sicherheiten, wie die betreibende Partei im Revisionsrekurs vorbringt, auch für andere Forderungen als für die Forderung an Mietzins haften. Sie hat ihren Exekutionsantrag aber nicht auf diese Forderungen eingeschränkt, weshalb es möglich ist, daß auch Mietzinsforderungen betroffen sind. Die betreibende Partei hätte daher - ungeachtet der Möglichkeit des Verpflichteten, die Einstellung der Exekution zu begehren (JUS Z 1995/1904) - schon im Exekutionsantrag Tatsachen vorbringen müssen, aus denen hervorgeht, daß auf die Mietverträge nicht die Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes anzuwenden sind (JUS Z 1995/1904; Miet 35.455). Dieses Vorbringen war entgegen der von ihr im Revisionsrekurs vertretenen Meinung nicht deshalb entbehrlich, weil es in einem anderen Exekutionsantrag erstattet wurde; ein notwendiges Vorbringen wird durch ein in einem anderen Verfahren erstattetes Vorbringen nicht ersetzt. Ebensowenig ist es von Bedeutung, ob aus anderen Exekutionsakten hervorgeht, daß die Mietverträge nicht dem Mietrechtsgesetz unterliegen. Es ist nicht Sache des zur Bewilligung der Exekution berufenen Gerichtes, vor der Entscheidung über den Exekutionsantrag von Amts wegen aus anderen Akten Tatsachen festzustellen. Schließlich war es auch nicht ausreichend, daß im Exekutionsantrag als Beruf des Verpflichteten "Gastwirt" angegeben wurde, weil aus diesem Beruf allein nicht abzuleiten ist, daß die Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes auf die Mietverträge keine Anwendung finden.
Das Exekutionsgericht hat den Exekutionsantrag daher auch deshalb zu Recht abgewiesen, weil darin die angeführten Tatsachen zur Anwendung des Mietrechtsgesetzes nicht vorgebracht wurden. Das Fehlen dieses Vorbringens bietet schon deshalb keinen Anlaß für einen Verbesserungsauftrag im Sinn des § 54 Abs 3 idF der EO-Nov 1995, weil der Exekutionsantrag vor dem eingebracht wurde und diese Bestimmung daher gemäß Art VIII Abs 2 der EO-Nov 1995 nicht anzuwenden ist.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekurses beruht auf § 78 EO iVm den §§ 40 und 50 ZPO.