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OGH vom 23.11.2016, 3Ob202/16a

OGH vom 23.11.2016, 3Ob202/16a

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. M*****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der I***** GmbH, gegen die beklagte Partei I***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Christopher Straberger, Rechtsanwalt in Wels, wegen 174.290,22 EUR sA, über die Revisionsrekurse beider Parteien (Revisionsrekursinteresse 100.000 EUR sA bzw 19.981,14 EUR sA) gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom , GZ 1 R 68/16z 16, womit der Beschluss des Landesgerichts Wels vom , GZ 1 Cg 50/15w 11, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs der beklagten Partei wird zurückgewiesen.

Dem Revisionsrekurs der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.974,75 EUR bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Über das Vermögen der Tochtergesellschaft der Beklagten wurde in Österreich das Konkursverfahren eröffnet und der Kläger zum Masseverwalter bestellt. Er begehrt die Zahlung von 174.290,22 EUR sA, welche die Beklagte der Schuldnerin unter anderem aus einer Patronatserklärung (100.000 EUR), aus Lieferungen und Leistungen (19.981,14 EUR) sowie aus anteiligen kapitalisierten Zinsen schulde. Es handle sich jeweils um insolvenznahe Sachverhalte, sodass das österreichische Konkursgericht zuständig sei. Die Patronatserklärung sei von der Beklagten zur Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit der Schuldnerin abgegeben worden. Sie verpflichte die Beklagte zur Gewährung eines Eigenkapital ersetzenden Gesellschafterdarlehens. Die Patronatserklärung sei ein Vermögenswert der Masse, weil die Schuldnerin ohne diese Erklärung bereits wesentlich früher Konkurs anmelden hätte müssen. Die Bezahlung der Lieferantenverbindlichkeiten verweigere die Beklagte, weil sie mit eigenen Forderungen aufrechne. Diese Aufrechnung sei aber unzulässig, weil die Beklagte die Gegenforderung zu einer Zeit erworben habe, als ihr die Zahlungsunfähigkeit (Überschuldung) der Schuldnerin bekannt gewesen sei oder bekannt sein habe müssen. Die Unwirksamkeit einer Aufrechnung in statu cridae diene ebenso wie die anfechtungsrechtliche Unwirksamkeit von Rechtsgeschäften der Gläubigergleichbehandlung. Die Beklagte habe die Schuldnerin mit Dienstleistungen beauftragt, um mit ihren Forderungen eine Aufrechnungslage herzustellen, um den eigenen Schaden zu verringern. Dadurch seien die Gläubiger der Schuldnerin benachteiligt worden. Die Herstellung der Aufrechnungslage und die Aufrechnung der Beklagten mit ihren Forderungen mit Forderungen der Schuldnerin sei für unzulässig zu erklären.

Die Beklagte wendete die fehlende internationale Zuständigkeit ein, weil es sich nicht um insolvenzrechtliche Annexstreitigkeiten im Sinn des Art 3 Abs 1 EuInsVO handle. Die Patronatserklärung sei eine schuldrechtliche Vereinbarung zwischen der Beklagten und der Schuldnerin, die nicht von den Regeln des Zivil und Handelsrechts abweiche und sich nicht von jeder anderen Ausstattungsverpflichtung eines Patrons oder eines Bürgen unterscheide. Die internationale Zuständigkeit richte sich daher nach Art 7 Nr 1 lit a EuGVVO. Da es sich nicht um ein Eigenkapital ersetzendes Darlehen, sondern lediglich um eine aus einer Patronatserklärung resultierende Zahlungsverpflichtung handle, sei der Sitz der Patronin in Deutschland Erfüllungsort. Die internationale Zuständigkeit für eine Kaufpreisklage des Insolvenzverwalters richte sich ebenso nach den Regeln der EuGVVO, auch wenn der in Anspruch genommene die Aufrechnung mit Gegenforderungen erkläre und der Insolvenzverwalter diese Aufrechnungen als unwirksam ansehe.

Das Erstgericht sprach seine internationale Zuständigkeit aus und verwarf die von der Beklagten erhobene diesbezügliche Einrede. In der Patronatserklärung werde ausgeführt, dass die Beklagte in die Verbindlichkeiten der Schuldnerin eintrete, wenn diese nicht mehr leisten könne. Somit sei die Zahlungsfähigkeit der Schuldnerin abgesichert und verlängert worden. Aus diesem Grund sei die Patronatserklärung zum Vermögen der Schuldnerin zu rechnen. Mit der Patronatserklärung habe ein insolvenzrechtlicher Zweck erfüllt werden sollen. Bei der Forderung aus der Patronatserklärung handle es sich daher um einen insolvenznahen Sachverhalt. Durch die erfolgreiche Anfechtung der Aufrechnung würden überdies die Aktiva der Schuldnerin erhöht.

Das Rekursgericht bestätigte die erstgerichtliche Verwerfung der Unzuständigkeitseinrede in Ansehung der Forderung von 19.981,14 EUR samt anteiliger Zinsen aus Lieferungen und Leistungen der Schuldnerin, änderte den erstgerichtlichen Beschluss aber in Ansehung der Forderung aus der Patronatserklärung samt anteiliger Zinsen dahin ab, dass es die Klage insoweit infolge internationaler Unzuständigkeit des Erstgerichts zurückwies. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil Rechtsprechung zur Qualifikation der hier geltend gemachten Forderungen als insolvenznah im Sinn der EuInsVO fehle. Das ausschlaggebende Kriterium zur Bestimmung des Gebiets, dem eine Klage zuzurechnen sei, sei nicht der prozessuale Kontext, in dem die Klage stehe, sondern deren Rechtsgrundlage. Die Klage auf Erfüllung einer aus der Erbringung von Dienstleistungen entstandenen Verbindlichkeit hätte vom Gläubiger selbst erhoben werden können, bevor ihm durch die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über sein Vermögen die Verfügungsgewalt hierüber entzogen worden sei, und hätte sich dann nach den in Zivil und Handelssachen anwendbaren Vorschriften über die gerichtliche Zuständigkeit gerichtet. Die Tatsache, dass die Zahlungsklage nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Dienstleistungserbringers von dem im Rahmen dieses Verfahrens bestimmten Insolvenzverwalter erhoben worden sei und dass dieser im Interesse der Gläubiger handle, führe nicht zu einer wesentlichen Änderung der Art der geltend gemachten Forderung. Die Klage weise daher keine direkte Verknüpfung mit dem über das Vermögen der Klägerin eröffneten Insolvenzverfahren auf. Auch bei der Klage aus einer Patronatserklärung auf Leistung eines Gesellschafterdarlehens handle es sich um eine Klage, die unabhängig von einem Insolvenzverfahren von der Schuldnerin erhoben werden hätte können. Der zugrunde liegende Anspruch entspringe den allgemeinen Regeln des Zivil und Handelsrechts und nicht abweichenden Sonderregeln für Insolvenzverfahren. Die auf Zahlung von 100.000 EUR sA sowie anteiliger Zinsen gerichtete Klage sei daher wegen mangelnder internationaler Zuständigkeit zurückzuweisen. Anderes gelte aber für die Forderung aus Lieferungen und Dienstleistungen, weil die Beklagte die Begleichung dieser Forderung durch Aufrechnung mit eigenen Forderungen eingewendet habe, während der Kläger die Zulässigkeit der Aufrechnung aus insolvenzrechtlichen Erwägungen bestreite. Gegenstand dieses Verfahrens sei – mangels Bestreitung der sich aus Lieferungen und Leistungen ergebenden Forderung an sich – ausschließlich die Frage der Zulässigkeit der Aufrechnung oder deren Unzulässigkeit aus insolvenzrechtlichen Gründen. Diese Frage sei daher nicht allenfalls nachrangig zu prüfen, sondern Hauptgegenstand des Verfahrens, weshalb das Verfahren mit Insolvenzanfechtungsklagen vergleichbar und daher nach der Rechtsprechung nach den Regeln der EuInsVO zu beurteilen sei. Insoweit sei daher die internationale Zuständigkeit des österreichischen Konkursgerichts gegeben.

Der Revisionsrekurs der Beklagten, mit dem sie weiterhin die Klagezurückweisung wegen internationaler Unzuständigkeit auch in Ansehung der Forderungen aus Lieferung und Leistungen anstrebt, ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Klägers, mit dem er in Ansehung der Forderung aus der Patronatserklärung die Wiederherstellung der erstgerichtlichen Zuständigkeitsentscheidung und die Aufhebung der Klagezurückweisung anstrebt, ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.

1. Zum Revisionsrekurs der Beklagten:

In Ansehung der klägerischen Ansprüche aus Lieferungen und Leistungen an die Beklagte hat das Rekursgericht den die eigene internationale Zuständigkeit bejahenden Beschluss des Erstgerichts bestätigt. Der dagegen gerichtete Revisionsrekurs der Beklagten ist jedenfalls unzulässig gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO.

Ein Beschluss des Rekursgerichts, mit dem der Beschluss des Erstgerichts teilweise bestätigt worden ist, kann nur dann zur Gänze angefochten werden, wenn der bestätigende und der abändernde Teil der Rekursentscheidung in einem so engen, unlösbaren sachlichen Zusammenhang stehen, dass sie nicht auseinandergerissen werden können, weshalb auch die Zulässigkeit ihrer Anfechtung nur einheitlich zu beurteilen ist. Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass ein Beschluss (oder ein Urteil), der (das) über mehrere Ansprüche abspricht, für die Beurteilung der Rechtsmittelzulässigkeit jedenfalls nur dann als Einheit behandelt werden kann, wenn die einzelnen Ansprüche nach § 55 Abs 1 JN zusammenzurechnen sind. Nach den selben Grundsätzen ist in der Regel auch die Frage zu beurteilen, ob ein Beschluss des Erstgerichts „zur Gänze bestätigt“ worden ist (RIS Justiz RS0044238, vgl auch RS0044191). Hat das Rekursgericht mehrere Anträge überprüft, von denen jeder ein eigenes rechtliches Schicksal haben kann, ist die Anrufbarkeit des Obersten Gerichtshofs nach § 528 ZPO für jeden Gegenstand gesondert zu beurteilen (3 Ob 226/02k ua; RIS Justiz RS0044238 [T15]). Die vom Kläger hier gemeinsam geltend gemachten Ansprüche aus der Patronatserklärung einerseits und aus Lieferungen und Leistungen andererseits stehen in keinem engen, unlösbaren sachlichen Zusammenhang, sie können ohne weiteres unterschiedliche rechtliche Schicksale haben. Im Zusammenhang mit den Ansprüchen aus Lieferungen und Leistungen ist daher der bestätigende rekursgerichtliche Beschluss (Teil) nicht anfechtbar.

2. Art 3 Abs 1 der Verordnung (EG) Nr 1346/2000 des Rates vom über Insolvenzverfahren (EuInsVO) legt fest, dass die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig sind, in dessen Gebiet der Schuldner den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen hat. Bei Gesellschaften und juristischen Personen wird bis zum Beweis des Gegenteils vermutet, dass der Mittelpunkt ihrer hauptsächlichen Interessen der Ort des satzungsmäßigen Sitzes ist. Gemäß Art 4 Abs 2 EuInsVO bestimmt das Recht des Eröffnungsstaats, was unter das Insolvenzverfahren – und somit unter die Verordnung – zu subsumieren ist. Es regelt insbesondere auch, welche Vermögenswerte zur Masse gehören und wie die nach der Verfahrenseröffnung vom Schuldner erworbenen Vermögenswerte zu behandeln sind (Art 4 Abs 2 lit b EuInsVO).

Nach der zur Auslegung der EuInsVO maßgeblichen Rechtsprechung des EuGH weist Art 3 Abs 1 EuInsVO dem Mitgliedstaat, in dessen Gebiet das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, eine internationale Zuständigkeit für Klagen zu, die unmittelbar aus diesem Verfahren hervorgehen und mit diesem in engem Zusammenhang stehen (8 Ob 78/09t; EuGH C 339/07 Seagon/Deko Marty Belgium Rz 21; Klauser in Konecny/Schubert , Insolvenzgesetze Vor Art 1 EuInsVO Rz 73). Der Begriff dieser Annexverfahren ist nicht näher definiert oder umschrieben. Er ist aber verordnungsautonom auszulegen ( Klauser in Konecny/Schubert , Art 1 EuInsVO Rz 18; Mäsch in Rauscher/Mäsch , Europäisches Zivilprozess und Kollisionsrecht 4 Art 1 EG InsVO Rn 8; Gottwald in Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung 4 Art 1 EUGVO Rn 19). Im Hinblick auf den Erwägungsgrund 6 der EuInsVO, welcher vorsieht, dass sich die Verordnung gemäß dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auf Vorschriften beschränken sollte, die die Zuständigkeit für die Eröffnung von Insolvenzverfahren und für die Entscheidung regeln, die unmittelbar aufgrund des Insolvenzverfahrens ergehen und in engem Zusammenhang damit stehen, ist der Begriff eng auszulegen ( Mäsch in Rauscher/Mäsch , Europäisches Zivilprozess und Kollisionsrecht 4 Art 1 EG InsVO Rn 8 mwN; Klauser in Konecny/Schubert , Insolvenzgesetze Art 1 EuInsVO Rz 18).

Zu 8 Ob 78/09t beurteilte der Oberste Gerichtshof ein Verfahren, in dem es um die Beseitigung einer im Konkursverfahren erfolgten Forderungsfeststellung (Anerkenntnis des Masseverwalters) ging, als insolvenznahe im Sinn des Art 3 Abs 1 EuInsVO. Eine nähere Auseinandersetzung mit der Abgrenzung der Anwendungsbereiche der EuGVVO einerseits und der EuInsVO andererseits war dort aber nicht erforderlich.

Bereits in der Rechtssache 133/78 Gourdain/Nadler beurteilte der EuGH eine französische Klage, die das Ziel verfolge, im Fall des Konkurses eines Unternehmens über die juristische Person hinausgreifend auch das Vermögen ihrer Leiter zu erfassen, als insolvenznahe Streitigkeit. Entscheidend war, dass diese Klage ihre Rechtsgrundlage im Konkursrecht im Sinn des EGVÜ hatte, von den allgemeinen haftungsrechtlichen Grundsätzen abwich und bei Erfolg zur Erweiterung der Vermögensmasse führte.

Zu C 339/07 Seagon/Deko Marty Belgium stellte der EuGH klar, dass eine Insolvenzanfechtungsklage ebenfalls als insolvenzrechtliche Annexstreitigkeit anzusehen ist. Auch bei der Unwirksamerklärung einer Übertragung von Gesellschaftsanteilen im Rahmen eines Konkursverfahrens mit der Begründung, dass der Konkursverwalter, der die Anteile übertragen habe, hiezu nicht befugt gewesen sei, sah der EuGH einen engen Zusammenhang zum Konkursverfahren und eine Ausnahme im Sinn des Art 1 Abs 2 lit b EuGVVO (EuGH C 111/08 SCT Industri/Alpenblume ; vgl Oberhammer , Zur Abgrenzung von EuGVVO und EuInsVO bei insolvenzbezogenen Erkenntnisverfahren, ZIK 2010, 6).

Hat eine Klage hingegen ihre Grundlage nicht im Insolvenzrecht und setzt sie weder die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens noch die Bestellung eines Insolvenzverwalters voraus (wie etwa die auf den Eigentumsvorbehalt gestützte Herausgabeklage), ist die bloße Tatsache, dass der Konkursverwalter an dem Rechsstreit beteiligt ist, nicht ausreichend, um das Verfahren als ein solches anzusehen, das unmittelbar aus dem Konkurs hervorgeht und sich innerhalb des Rahmens eines Konkursverfahrens hält (EuGH C 292/08 German Graphics/van der Schee Rz 32 f).

Nicht als insolvenznahe beurteilte der EuGH auch eine Klage des Gläubigers eines Schuldners, über dessen Vermögen ein Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, auf der Grundlage einer Forderungsabtretung durch den in diesem Verfahren bestellten Insolvenzverwalter gegen einen Dritten (C 213/10 F Tex/Jadecloud Vilma Rn 42 ff). Ebenso wenig fällt eine Klage auf Erfüllung einer auf die Erbringung von Beförderungsdienstleistungen gestützten Forderung, die von dem im Rahmen eines in einem Mitgliedstaat eröffneten Insolvenzverfahrens bestimmten Verwalter erhoben wird und die sich gegen den in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Empfänger dieser Dienstleistungen richtet, in den Anwendungsbereich der EuInsVO (EuGH C 157/13 Nickel Goeldner/Kintra ): Das ausschlaggebende Kriterium zur Bestimmung des Gebiets, dem eine Klage zuzurechnen ist, ist nicht der prozessuale Kontext, in dem diese Klage steht, sondern deren Rechtsgrundlage. Nach diesem Ansatz ist zu prüfen, ob der zugrunde liegende Anspruch oder die Verpflichtung den allgemeinen Regeln des Zivil und Handelsrechts entspringt oder aber den abweichenden Sonderregeln für Insolvenzverfahren (Rz 27).

In den Anwendungsbereich der EuInsVO fällt jedoch die vom Insolvenzverwalter einer Gesellschaft gegen deren Geschäftsführer erhobene Klage auf Rückzahlung von Beträgen, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung ihrer Überschuldung geleistet wurden (EuGH C 295/13 H./H.K.; C 594/14 Kornhaas/Dithmar ).

Die hier als Anspruchsgrundlage herangezogene Patronatserklärung sah die Verpflichtung der Beklagten vor, die Schuldnerin mit den zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten notwendigen finanziellen Mitteln bis zu einem Höchstbetrag von 100.000 EUR auszustatten, wenn die Schuldnerin nicht in der Lage sein sollte, ihre fälligen Verbindlichkeiten fristgerecht zu erfüllen. Aufgrund der gebotenen engen Auslegung fällt eine Klage zur Durchsetzung dieser Verpflichtung nicht in den Anwendungsbereich der EuInsVO. Die von der Beklagten eingegangene Patronatsverpflichtung beruht auf dem allgemeinen Zivilrecht; ihre klageweise Durchsetzung steht nicht notwendig mit einem Insolvenzverfahren im Zusammenhang. Dass eine Leistung aufgrund der Patronatserklärung zu einer Erweiterung der Insolvenzmasse führt und eine solche im Insolvenzverfahren aufgrund der Verfügungsbeschränkung für die Schuldnerin vom Insolvenzverwalter durchgesetzt wird, ändert an der Grundlage der geltend gemachten Ansprüche nichts. Diese besteht in einer von der Beklagten vor Konkurseröffnung eingegangenen und mit dieser in keinem Zusammenhang stehenden Verpflichtung. Die Beklagte hat auch nach dem Vorbringen des Klägers keine Leistungen in das Vermögen der Schuldnerin erbracht, deren Rückforderung auf insolvenzrechtlicher Basis in Betracht käme.

Das Rekursgericht hat daher für die auf die Patronatserklärung gestützten Ansprüche zu Recht die Insolvenznähe im Sinn des Art 3 Abs 1 EuInsVO verneint und die Klage insoweit infolge internationaler Unzuständigkeit des angerufenen Erstgerichts zurückgewiesen.

3. Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich des vom Kläger erhobenen Revisionsrekurses auf §§ 41 und 50 ZPO (Erfolg im Zwischenstreit) und bezüglich jenes der Beklagten auf §§ 40 und 50 ZPO (die Revisionsrekursbeantwortung des Klägers diente – mangels Hinweises auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels – nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung). Die weiterhin – kommentarlos – angesprochene österreichische Umsatzsteuer, der die Beklagte als ausländische Unternehmerin nicht unterliegt, konnte ihr jedoch nicht zuerkannt werden (so bereits Seite 9 der Entscheidung des Rekursgerichts iSd stRsp: RIS Justiz RS0114955 [T1, T 4, T 7]; vgl auch 4 Ob 109/15f, 4 Ob 112/15x und 4 Ob 163/15x).

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2016:0030OB00202.16A.1123.000