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OGH vom 19.09.2019, 2Ob151/19y

OGH vom 19.09.2019, 2Ob151/19y

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé und die Hofräte Dr. Nowotny und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am ***** verstorbenen Dkfm. E***** D*****, über die außerordentlichen Revisionsrekurse der erbantrittserklärten Erben 1. Mag. K***** D*****, und 2. Msc. MBA D***** D*****, beide vertreten durch Dr. Stefan Hämmerle, Rechtsanwalt in Dornbirn, gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch als Rekursgericht vom , GZ 1 R 180/19g-1717, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Bregenz vom , GZ 2 A 179/10v-1629, in der Fassung des Ergänzungsbeschlusses vom , GZ 2 A 179/10v-1641, teilweise bestätigt, teilweise abgeändert und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Die außerordentlichen Revisionsrekurse werden, soweit sie die Entscheidung des Rekursgerichts über die Gebühren des Verlassenschaftskurators ***** und die Gebühren des vormaligen Gerichtskommissärs ***** betreffen, als absolut unzulässig zurückgewiesen.

2. Im Übrigen werden die außerordentlichen Revisionsrekurse mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Zu 1.:

Gemäß § 62 Abs 2 Z 1 AußStrG ist der Revisionsrekurs über den Kostenpunkt jedenfalls unzulässig. Nach ständiger Rechtsprechung liegt auch bei der Bestimmung der Gebühren des Gerichtskommissärs (RS0007695 [T6, T 27]) sowie des Verlassenschaftskurators (RS0007695 [T19]) eine Entscheidung über den Kostenpunkt vor. Die Revisionsrekurse sind demnach insoweit als absolut unzulässig zurückzuweisen.

Zu 2.:

1. Dass über Ablehnungsanträge des Erstrevisionsrekurswerbers nicht entschieden wurde, sondern diese als rechtsmissbräuchlich ohne Entscheidung unter Abfassung eines Aktenvermerks abgelegt wurden, entspricht ständiger Rechtsprechung (RS0046015).

2. Soweit der Erstrevisionsrekurswerber bemängelt, es seien Anträge unbearbeitet, zeigt er nicht auf, welche dies sein sollen. Zur Frage der Zugehörigkeit der Waffen zur Verlassenschaft setzt sich der Rechtsmittelwerber nicht mit den Argumenten des Erstgerichts (Seite 75), denen sich das Rekursgericht im angefochtenen Beschluss angeschlossen hat (Seite 25), auseinander. Dasselbe trifft auf die Ausführungen zum Bootliegeplatz zu (Erstgericht Seiten 69 und 74; Rekursgericht Seite 25). Zur Nachlasszugehörigkeit der „*****-Konten“ hat der Erstrevisionsrekurswerber im Rekurs nichts vorgebracht, was er im Revisionsrekurs nicht nachtragen kann.

3. Beide Rechtsmittelwerber meinen, die Voraussetzungen für die Einantwortung lägen nach wie vor nicht vor, weil die von ihnen beantragte Liegenschaftsbewertung nicht durchgeführt worden sei und sie diese Anträge nicht zurückgezogen hätten (vgl die in diesem Verlassenschaftsverfahren ergangene Entscheidung 2 Ob 150/16x).

Die Vorinstanzen haben ausführlich dargestellt, warum aufgrund diverser Äußerungen der Rechtsmittelwerber davon auszugehen ist, dass beide die (in 2 Ob 150/16x gegenständlichen) Anträge mittlerweile zurückgezogen haben. Diese Beurteilung ist keineswegs korrekturbedürftig. Die

Auslegung des

Prozessvorbringens einer Partei stellt immer dann keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung dar, wenn die Vorinstanzen dabei ihren Beurteilungsspielraum nicht verlassen haben (vgl RS0044273 [T47]; RS0042828). Das trifft hier nicht zu.

4. Beide Rechtsmittelwerber relevieren, Sanierungskosten der Liegenschaften von 4.200.000 EUR seien im Inventar nicht berücksichtigt worden. Die Zweitrevisionsrekurswerberin meint mit Verweis auf die Vorentscheidung 2 Ob 150/16x, der Einantwortungsbeschluss könne deswegen angefochten werden.

Dem ist zu entgegnen, dass in der zitierten Entscheidung nur ausgesprochen wurde, gegen den Einantwortungsbeschluss könne ausnahmsweise Rekurs erhoben werden, wenn das Inventar formal nicht den Grundsätzen eines solchen entspreche, etwa wegen „substanzloser Dürftigkeit“, mangelnder Nachvollziehbarkeit oder Missachtung der in § 167 AußStrG gegebenen „Wertungsrahmenbedingungen“ oder wenn Einantwortungs-voraussetzungen vom Wert der Verlassenschaft bzw dem Inventar abhängig sind (4.1.2.).

Inwiefern eine dieser Voraussetzungen hier vorläge, haben die Rechtsmittelwerber konkret nicht behauptet: Da keine Anträge auf Bewertung der Liegenschaften nach dem LBG (mehr) vorliegen (vgl Punkt 3.), sind die Liegenschaften gemäß § 167 Abs 2 AußStrG (unabhängig von allfälligen Sanierungskosten) mit dem dreifachen Einheitswert zu bewerten. Dass der Gerichtskommissär bei Errichtung des Inventars gegen diese Vorschrift verstoßen hätte, haben die Rechtsmittelwerber nicht behauptet.

Dazu kommt, dass der seinerzeit schon gefasste Einantwortungsbeschluss mit der Entscheidung 2 Ob 150/16x nur zur Nachholung der unterlassenen Liegenschaftsbewertung nach dem LBG aufgehoben wurde.

Nach § 496 Abs 2 ZPO hat sich im Fall der Aufhebung eines Urteils das ergänzte Verfahren in erster Instanz auf die durch den Mangel betroffenen Teile des erstrichterlichen Verfahrens und Urteils zu beschränken. § 496 Abs 2 ZPO ist im Außerstreitverfahren analog anzuwenden (RS0120282). Da – abgesehen vom dargestellten Mangel (unterlassene Bewertung nach dem LBG) – nach der Vorentscheidung keine sonstigen Verfahrensmängel zur Aufhebung führten, könnte eine allfällige (sonstige) Mangelhaftigkeit des Inventars im zweiten Rechtsgang nicht mehr aufgegriffen werden.

5. Der vormalige Verlassenschaftskurator hat in der D***** GmbH & Co KG, deren einzige Kommanditistin die Verlassenschaft ist, eine Verbindlichkeit der Gesellschaft gegenüber der Kommanditistin in Höhe von rund 2.200.000 EUR (Fremdkapital) im Betrag von 1.200.000 EUR als Gesellschaftereinlage (Eigenkapital) umgewidmet.

Die Vorinstanzen haben diese Maßnahme verlassenschaftsgerichtlich genehmigt. Sie stützen sich dabei vor allem auf das eingeholte Gutachten, das die Maßnahme befürwortet. Die Einlage sei geeignet gewesen, die buchmäßige Überschuldung, die auch insolvenzrechtlich relevant sei (§ 67 IO), und somit die Notwendigkeit, im Anhang zu erläutern, ob eine Überschuldung im Sinn des Insolvenzrechts vorliege (§ 225 Abs 1 iVm § 221 Abs 5 iVm § 189 Abs 1 Z 2 UGB), zu beseitigen. Nach Einantwortung könnten die Erben die Gesellschaftereinlage jederzeit auflösen (und somit die genehmigte Maßnahme rückgängig machen) und einen dadurch (allenfalls) entstehenden Bilanzgewinn an die Kommanditistin ausschütten.

Dagegen wenden sich die Rechtsmittelwerber. Ihre Argumente wecken indes keine Bedenken an der Beurteilung der Vorinstanzen:

Zunächst geht die Zweitrechtsmittelwerberin nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, wenn sie behauptet, die Gesellschaft sei insolvent. Soweit vor der gegenständlichen Gesellschaftereinlage die Gesellschaft ein negatives Eigenkapital hatte, wurde nämlich nach den Feststellungen im Anhang zum Jahresabschluss zum erläutert, eine Überschuldung im Sinn des Insolvenzrechts bestehe nicht. Auch aus dem aktuellen offenen Firmenbuch und dem zuletzt zum Stichtag offengelegten Jahresabschluss der Gesellschaft, wonach keine bilanzielle Überschuldung vorliegt, ergibt sich keine Insolvenz.

Die Bezugnahmen der Rechtsmittelwerber auf Bestimmungen des GmbHG (§§ 34, 39 Abs 4) gehen fehl, weil die betreffende Gesellschaft keine GmbH, sondern eine Kommanditgesellschaft ist, auf die die genannten Bestimmungen nicht anzuwenden sind.

Im Übrigen bringen die Rechtsmittelwerber gegen die wiedergegebene (zusammengefasste) Begründung der Vorinstanzen nichts Stichhaltiges vor. Die Beurteilung der Vorinstanzen ist nicht korrekturbedürftig, weshalb die Rechtsmittelwerber auch insoweit keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG aufzuzeigen vermögen.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2019:0020OB00151.19Y.0919.000

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