OGH vom 24.10.2017, 2Ob151/17w
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin Hon.-Prof. Dr. Lovrek als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Fichtenau, Dr. Musger, Dr. E. Solé und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach der ***** 2009 verstorbenen R***** K***** zuletzt *****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Erbansprecherinnen 1. Dr. P***** S 2. I***** K*****, beide vertreten durch Dr. Stefan Rieder, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg vom , GZ 21 R 442/16w-258, berichtigt mit Beschluss vom , GZ 21 R 442/16w-261, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom , GZ 3 A 26/09g-248, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird als jedenfalls unzulässig zurückgewiesen, soweit er sich gegen die Bestätigung der Kostenentscheidung des Erstgerichts richtet.
Im Übrigen wird der außerordentliche Revisionsrekurs mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Nach § 62 Abs 2 Z 1 AußStrG ist der Revisionsrekurs im Kostenpunkt jedenfalls unzulässig. Das Rechtsmittel ist daher ohne inhaltliche Prüfung zurückzuweisen, soweit es sich gegen die Bestätigung der Kostenentscheidung des Erstgerichts richtet.
2. Der Umstand, dass sich am Verfahren über das Erbrecht Personen beteiligt haben, die keine Erbantrittserklärung abgegeben hatten, kommt den in § 66 Abs 1 Z 1 AußStrG genannten Rechtsmittelgründen, die jedenfalls mit Revisionsrekurs wahrgenommen werden können, nicht gleich. Das Vorliegen eines (relevanten) Verfahrensmangels hat schon das Rekursgericht verneint. Diese Frage kann daher nicht mehr mit Revisionsrekurs geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0050037).
3. Das fremdhändige Testament steht nach dem eindeutigen Wortlaut von § 581 ABGB idF vor dem ErbRÄG 2015 (§ 580 Abs 2 ABGB idgF) auch Blinden zur Verfügung. Dass Blinde nur in Form eines Notariatsakts testieren könnten, ergibt sich auch nicht aus den Bestimmungen der Notariatsordnung. Diese regelt zwar in den §§ 70 ff das notarielle Testament im engeren Sinn und die Entgegennahme von Privattestamenten, lässt aber die Möglichkeit der Errichtung eines fremdhändigen Testaments unter Mitwirkung eines Notars unberührt.
4. Das Erstgericht hat zwar zunächst nur ohne weitere Konkretisierung festgestellt, dass die Testamentszeugen „Einsicht“ in das fremdhändige Testament der (möglicherweise) blinden Erblasserin genommen hätten (§ 581 ABGB idF vor dem ErbRÄG 2015). Aus seiner Beweiswürdigung ergibt sich jedoch, dass den Zeugen ein Exemplar des Testaments „zum Mitlesen“ vorgelegt worden war. Das Erstgericht ging daher offenkundig davon aus, dass die „Einsicht“ durch Lesen des Testaments erfolgte. Damit war das Formerfordernis des § 581 ABGB aF auch dann erfüllt, wenn man nicht der älteren Rechtsprechung folgt, wonach schon die bloße Gelegenheit zur Einsichtnahme genügte (GlU 968, GlU 7536, GlU 13133, GlUNF 712; vgl dazu 6 Ob 694/87, wonach es jedenfalls nicht erforderlich ist, dass die Zeugen das Testament „Wort für Wort kontrollieren“). Auf die Frage, ob die Erblasserin – entgegen den mit unerledigter Verfahrens- und Beweisrüge bekämpften Feststellungen des Erstgerichts – tatsächlich blind war, kommt es daher nicht an.
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2017:0020OB00151.17W.1024.000 |
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