OGH vom 22.01.2008, 4Ob177/07v
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner als Vorsitzenden und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** KG, *****, vertreten durch Höhne, In der Maur & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei „Ö*****"-***** GmbH, *****, vertreten durch Berger Saurer Zöchbauer Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung, Schadenersatz und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren 33.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom , GZ 1 R 116/07x-11, mit dem der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom , GZ 19 Cg 54/07y-5, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss, der in seinem Punkt 1. als in Rechtskraft erwachsen unberührt bleibt und in seinem Punkt 3. bestätigt wird, wird in seinem Punkt 2. dahin abgeändert, dass insoweit die dem Eventualbegehren stattgebende Entscheidung des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen. Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses endgültig selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Die Klägerin verlegt, produziert und vermarktet die Tageszeitungen „K*****" und „Ku*****" und ist deren wirtschaftliche Eigentümerin. Die Beklagte ist Medieninhaberin der seit österreichweit erscheinenden Tageszeitung „Ö*****".
In der Ausgabe der Zeitung der Beklagten vom erschien unter der Überschrift „Ö***** hat bei Abos das beste Wachstum" ein Bericht über den Erfolg der Zeitung der Beklagten, in dem unter Bezugnahme auf die Österreichische Auflagenkontrolle (ÖAK) ausgeführt wird, dass keine andere Zeitung im Land ein so rasches Abo-Wachstum wie „Ö*****" aufweise. Die Zahl der Abonnements sei von 48.122 (Durchschnitt des Startquartals 4/2006) auf 58.524 Ende Dezember und 72.100 bis Mitte Februar 2007 angestiegen. Diese Aussagen wurden mit der im folgenden wiedergegebenen Grafik illustriert, in der hinsichtlich der Zeitung der Beklagten nur der Wert von 48.122 der ÖAK-Auflagenliste 4/2006 entnommen wurde; auch die angegebenen Werte für den Standard (57.223) und die Presse (62.161) sind aus dieser Auflagenliste. Die ÖAK publiziert nur Durchschnittswerte für abgeschlossene Quartale.
Zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs beantragt die Klägerin, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung unter anderem aufzutragen, es bis zur Rechtskraft des über die Klage ergehenden Urteils zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs
2. das Abonnementwachstum der Tageszeitung „Ö*****" mit den Aussagen „Ö***** hat bei Abos das beste Wachstum" und „keine andere Zeitung im Land hat ein so rasches Abo-Wachstum wie Ö*****" zu bewerben, sofern dies nicht erweislich den Tatsachen entspricht; in eventu
das Abonnementwachstum der Tageszeitung „Ö*****" mit den Aussagen „Ö***** hat bei Abos das beste Wachstum" und „keine andere Zeitung im Land hat ein so rasches Abo-Wachstum wie Ö*****" zu bewerben, ohne hiebei in einem für die angesprochenen Verkehrskreise gegenüber den Werbeansagen hinsichtlich des Wachstums, insbesondere des Abonnementwachstums, gleichen Auffälligkeitswert sinngemäß darauf hinzuweisen, dass ein schnelleres Wachstum immer dann leichter möglich ist, wenn die Ausgangsbasis, von der aus der relative Wert des Wachstums berechnet wird, noch gering ist und daher für die Tageszeitung „Ö*****", welche erst im September 2006 auf dem österreichischen Zeitungsmarkt erschienen ist, im Verhältnis zu anderen Tageszeitungen ein schnelleres Abonnementwachstum viel leichter möglich ist;
3. bei Bewerbungen oder Verbreitungen der Abonnementzahlen der Tageszeitung „Ö*****" in Verbindung mit Hinweisen auf die Österreichische Auflagenkontrolle (ÖAK) die Abonnementzahlen der Tageszeitung „Ö*****", welche von der Österreichischen Auflagenkontrolle (ÖAK) für die Tageszeitung „Ö*****" ermittelt wurden, zu den Abonnementzahlen der Tageszeitung „Ö*****", die nicht von der Österreichischen Auflagenkontrolle (ÖAK) ermittelt oder geprüft wurden, hinzuzuzählen und den so ermittelten Zahlenwert der Abonnementzahlen der Tageszeitung „Ö*****" mit den Abonnementzahlen anderer Mitbewerber, insbesondere des „Ku*****" und der „K*****", die von der Österreichischen Auflagenkontrolle (ÖAK) ermittelt oder geprüft wurden, zu vergleichen.
Eine Superlativwerbung sei nur dann zulässig, wenn die Überlegenheit stetig sei; von „besserem Wachstum" könne nur bei - hier nicht bescheinigtem - stetigem und dauerhaftem Vorsprung gesprochen werden. Mit der Aussage, dass keine andere Zeitung im Land ein so rasches Abo-Wachstum aufweise, werde Selbstverständliches ausgedrückt, weil es für eine neue Tageszeitung auf Grund der geringen Ausgangsbasis leichter sei, Wachstumssprünge zu erreichen. Nach erstmaliger Auflagenermittlung könne nicht von einer Stetigkeit des Abonnement-Wachstums gesprochen werden. Die in der beanstandeten Grafik dargestellte Wachstumskurve sei irreführend, weil sie die angegebenen Abonnement-Zahlen nicht geometrisch richtig abbilde. Die Beklagte führe sowohl in der Grafik als auch im Fließtext neben den von der ÖAK ermittelten Durchschnittswerten für das Quartal 4/2006 selbst ermittelte Abonnementzahlen an, was bei den Lesern den unrichtigen Eindruck erwecke, es würden ausschließlich ÖAK-Zahlen miteinander verglichen.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Sicherungsantrags. Die Grafik enthalte die von der ÖAK für die Zeitung „Ö*****" ausgewiesene Abonnentenzahl von 48.122; auch die übrigen angegebenen Werte seien wahr. Die Grafik erwecke den zutreffenden Eindruck, die Zeitung der Beklagten verfüge aktuell über 72.100 Abonnenten. Durch den in der Grafik enthaltenen Hinweis „4. Quartal ÖAK" werde klargestellt, dass neben den Zahlen der ÖAK auch eigene Werte enthalten seien. Zum Abonnenten-Wachstum werde in der Veröffentlichung ausdrücklich darauf hingewiesen, ab wann die Zeitung der Beklagten erscheine; auch das Wachstum der Abonnenten-Zahlen sei richtig wiedergegeben.
Das Erstgericht gab - soweit für das Verfahren dritter Instanz von Bedeutung - dem Eventualbegehren zu 2. statt, wies jedoch das Hauptbegehren zu 2. und das Begehren zu 3. ab. Die Beklagte habe ihr Produkt mit der Aussage, bei den Abonnements das beste Wachstum zu haben, mit anderen österreichischen Tageszeitungen verglichen. Die Abonnementzahlen einer neu eingeführten Zeitung könnten mit den Zahlen von schon lange am Markt befindlichen Zeitungen aber nicht verglichen werden. Das Eventualbegehren zu diesem Punkt des Sicherungsantrags sei daher berechtigt. Demgegenüber gewinne der Leser aus der beanstandeten Veröffentlichung nicht den Eindruck, dass sämtliche der angeführten Abonnement-Zahlen von der ÖAK kontrolliert seien; die ÖAK-Zahl für das 4. Quartal sei in der Grafik in roter Schrift hervorgehoben und im Wortbericht ausdrücklich genannt worden. Dass die Abonnement-Zahl von 72.100 für Februar 2007 unrichtig sei, habe die Klägerin nicht behauptet.
Das Rekursgericht änderte diesen Beschluss dahin ab, dass es die einstweilige Verfügung zu 2. mit der „Maßgabe" bestätigte, die Beklagte habe es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs „das Abonnementwachstum der Tageszeitung 'Ö*****' mit den Aussagen 'Ö***** hat bei Abos das beste Wachstum' und 'keine andere Zeitung im Land hat ein so rasches Abo-Wachstum wie Ö*****' zu bewerben, wenn nicht deutlich darauf hingewiesen wird, dass die Voraussetzungen für eine dauerhafte Spitzenstellung nicht gegeben sind", und dem Sicherungsantrag zu 3. mit der Verdeutlichung stattgab, die Beklagte habe es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs bei der Werbung oder Verbreitung von Abonnementzahlen der Tageszeitung „Ö*****" von der Österreichischen Auflagenkontrolle (ÖAK) oder einer vergleichbaren Einrichtung für Mitbewerber ermittelte oder geprüfte Abonnementzahlen mit Zahlen zu vergleichen, die nicht von einer derartigen Einrichtung ermittelt oder geprüft wurden, wenn dadurch der Eindruck erweckt wird, es handle sich um vergleichbare Abonnementzahlen derselben oder einer gleichartigen Institution. Das Rekursgericht sprach ferner aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Zum Begehren unter 2. werde mit den beanstandeten Darstellungen nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Lesers zum Ausdruck gebracht, dass die Zeitung der Beklagten im Vergleich zu allen anderen österreichischen Zeitungen das beste und schnellste Abonnement-Wachstum aufweise. Wegen des kurzen Beobachtungszeitraums bis Februar 2007 könne noch nicht auf eine stetige Spitzenstellung geschlossen werden. Zu Beginn der Einführung einer Zeitung stiegen die Abo-Zahlen wesentlich rascher als bei einer bereits etablierten Zeitung mit einem schon gewonnenen Kundenstamm. Die Beklagte dürfe daher hinsichtlich des Abonnement-Wachstums mangels anzunehmenden dauerhaften Vorsprungs keine Spitzenstellung für sich in Anspruch nehmen. Mit Rücksicht auf die Spitzenstellungsbehauptung sei daher das Eventualbegehren in diesem Punkt berechtigt. Auf Grund des klaren Vorbringens der Klägerin sei die Unterlassungsverpflichtung in Form einer Maßgabenbestätigung zu modifizieren gewesen.
Zum Begehren unter 3. vermittle die beanstandete Grafik nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Lesers den Eindruck, die Zeitung der Beklagten habe im Februar 2007 72.100 Abonnenten aufgewiesen; dieser Wert werde auffällig hervorgehoben. Die in roter Farbe abgebildete Anstiegslinie stelle das Abonnement-Wachstum dar. Den gesondert angeführten Wert von 48.122 berühre diese Linie nicht. Allein aus der Grafik könne dieser Wert nur schwer in die Darstellung eingeordnet werden. Der unterhalb dieser Zahl angegebene Hinweis „4. Quartal ÖAK" erscheine als Quellenangabe, die den unzutreffenden und irreführenden Eindruck vermittle, alle in der Grafik dargestellten Werte seien von der ÖAK ermittelt oder geprüft worden, also objektive Vergleichszahlen. Die Grafik transportiere die Werbebotschaft, dass die Zeitung der Beklagten im Jänner 2007 eine höhere Abonnenten-Zahl als Standard und Presse aufgewiesen und im Februar 2007 bereits 72.100 Abonnenten erreicht habe, ohne zugleich unmissverständlich darauf hinzuweisen, dass nicht alle in der Grafik dargestellten Abonnenten-Zahlen von der ÖAK stammten. Der vorliegende Reichweitenvergleich sei gleich streng wie vergleichende Werbung zu beurteilen und müsse die relevanten Angaben definieren sowie die Quelle und den Erhebungszeitraum angeben. Irreführungseignung sei zu bejahen, wenn der Inhalt der Quelle nicht richtig oder vollständig wiedergegeben werde bzw die Aussagen in der angeführten Studie oder Analyse nicht Deckung fänden, was hier der Fall sei. Gleiches gelte für die Beurteilung des Wortberichts, der den unrichtigen Eindruck erwecke, sämtliche darin genannten Zahlen seien von der ÖAK ermittelt oder geprüft worden und objektiv vergleichbar. Das Sicherungsbegehren sei jedoch missverständlich formuliert, weil zu den von der ÖAK geprüften Zahlen keine selbst ermittelten Werte „hinzugezählt" worden seien; tatsächlich wende sich die Klägerin gegen den von der Beklagten vermittelten Eindruck, dass auch die für die Zeitung „Ö*****" angegebenen Abo-Zahlen ÖAK-Werte seien. Das Gericht habe deshalb dem Spruch seiner Entscheidung eine klarere und deutlichere, vom Begehren abweichende Fassung geben, die in den Behauptungen der Klägerin ihre eindeutige Grundlage finde und sich im Wesentlichen mit ihrem Begehren decke.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht bei seiner Maßgabebestätigung die Grenzen des Sicherungsbegehrens überschritten hat; das Rechtsmittel ist insofern auch teilweise berechtigt.
Die Beklagte wirft dem Rekursgericht zum Begehren unter 2. vor, unrichtig von einer unwahren Spitzenstellungswerbung ausgegangen zu sein und mit der Neufassung des Unterlassungsgebots in diesem Punkt gegen §§ 405, 462 Abs 1 ZPO verstoßen zu haben, weil das Begehren der Klägerin überschritten worden sei.
1.1. Die Sachanträge stecken den Entscheidungsbereich des Gerichts ab (Fucik in Fasching/Konecny² III § 405 ZPO Rz 4).
1.2. Gemäß § 405 ZPO, der auch im Provisorialverfahren zu beachten ist (E. Kodek in Angst, EO § 378 Rz 18; Rechberger in Rechberger, ZPO³ § 405 Rz 7 jeweils mwN; Zechner, Sicherungsexekution und Einstweilige Verfügung, § 378 Rz 1, 107; siehe ferner RIS-Justiz RS0004870), ist das Gericht nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. „Antrag" im Sinne dieser Bestimmung meint nicht nur das Klagebegehren allein, es ist auch der Inhalt der Klage zu beachten (4 Ob 239/01b).
1.3. Das Gericht ist - auch noch im Rechtsmittelverfahren - verpflichtet, dem Provisorialbegehren im Rahmen der von den Parteien umschriebenen Grenzen des Verfügungsgegenstands eine deutlichere, dem tatsächlichen Begehren und Vorbringen des Antragstellers entsprechende Fassung zu geben (vgl RIS-Justiz RS0041254 [T2, T 4, T 12, T 13]). Es darf seinem Spruch eine klarere und deutlichere, vom Begehren abweichende Fassung geben, sofern diese in den Behauptungen des Verfügungswerbers ihre eindeutige Grundlage findet und sich im Wesentlichen mit seinem Begehren deckt (vgl RIS-Justiz RS0039357; E. Kodek aaO § 389 Rz 2 mwN). Gegen § 405 ZPO wird demnach verstoßen, wenn ein „plus" oder „aliud" zugesprochen wird (Rechberger aaO Rz 1; 4 Ob 51/99z), nicht hingegen, wenn im Spruch nur verdeutlicht wird, was nach dem Vorbringen ohnedies begehrt ist (4 Ob 2242/96a).
2.1. Die Neufassung des Unterlassungsgebots durch das Rekursgericht entspricht diesen Grundsätzen nicht.
2.2. Die Klägerin hat zu 2. hilfsweise begehrt - das Hauptbegehren wurde rechtskräftig abgewiesen -, der Beklagten aufzutragen, eine Bewerbung des Abonnementwachstums ihrer Zeitung mit den Aussagen „Ö***** hat bei Abos das beste Wachstum" und „keine andere Zeitung im Land hat ein so rasches Abo-Wachstum wie Ö*****" zu bewerben, ohne hiebei in einem für die angesprochenen Verkehrskreise gegenüber den Werbeansagen hinsichtlich des Wachstums, insbesondere des Abonnementwachstums, gleichen Auffälligkeitswert sinngemäß darauf hinzuweisen, dass ein schnelleres Wachstum immer dann leichter möglich ist, wenn die Ausgangsbasis, von der aus der relative Wert des Wachstums berechnet wird, noch gering ist und daher für die Tageszeitung „Ö*****", welche erst im September 2006 auf dem österreichischen Zeitungsmarkt erschienen ist, im Verhältnis zu anderen Tageszeitungen ein schnelleres Abonnementwachstum viel leichter möglich ist. Das Rekursgericht hat der Beklagten demgegenüber aufgetragen, eine Bewerbung des Abonnementwachstums mit den angeführten Aussagen zu unterlassen, wenn nicht deutlich darauf hingewiesen wird, dass die Voraussetzungen für eine dauerhafte Spitzenstellung nicht gegeben sind.
2.3. Das Eventualbegehren stellt auf den Fall ab, dass ein aufklärender Hinweis fehlt, wonach die Schnelligkeit eines Abonnementwachstums insoweit vom Ausgangswert abhängt, als ein schnelleres Wachstum umso leichter möglich ist, je geringer der Ausgangswert ist. Das vom Rekursgericht erlassene Unterlassungsgebot bezieht sich demgegenüber auf den davon zu unterscheidenden Fall des Fehlens eines aufklärenden Hinweises darauf, dass die Voraussetzungen für eine dauerhafte Spitzenstellung nicht vorlägen. Der vom Unterlassungsgebot des Rekursgerichts umfasste Fall findet zwar an sich Deckung im gesamten Vorbringen der Klägerin, nicht jedoch - auch bei großzügiger Beurteilung - in ihrem auf einen bestimmten Sachverhaltskern beschränkten (Eventual-)Begehren. Dem Revisionsrekurs ist daher darin zu folgen, dass das vom Rekursgericht unter 2. neu gefasste Unterlassungsbegehren infolge Überschreitens des Begehrens keinen Bestand haben kann.
2.4.1. Bei der materiell-rechtlichen Prüfung des zuletzt behandelten Sachverhalts ist zunächst auf die Frage des anzuwendenden Rechts einzugehen.
Die UWG-Novelle 2007, BGBl I 2007/79, ist seit in Kraft (§ 44 Abs 7 UWG idgF).
Änderungen des zwingenden Rechts sind von Amts wegen zu beachten, selbst wenn der zu beurteilende Sachverhalt vor der Rechtsänderung verwirklicht wurde, sofern die rückwirkende Anwendung geänderter Normen durch deren Rechtsnatur geboten ist (Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 § 503 ZPO Rz 204 mN aus der Rsp).
Im Fall einer Gesetzesänderung bei mehraktigen Schuldverhältnissen und Dauerrechtsverhältnissen, an die eine Dauerrechtsfolge geknüpft ist, sind nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes endgültig und abschließend verwirklichte Sachverhalte nach der bisherigen Rechtslage zu beurteilen, der in den zeitlichen Geltungsbereich reichende Teil des Dauertatbestands fällt hingegen mangels abweichender Übergangsregelung unter das neue Gesetz (RIS-Justiz RS0008695 [T14, T 15, T 17, T 18]; vgl RS0008715 [T7]).
Diese Grundsätze sind sinngemäß auch im hier vorliegenden Fall anzuwenden: Wurde auf Grund eines nach alter Rechtslage verwirklichten Lauterkeitsverstoßes ein Unterlassungstitel geschaffen, und hat während des Rechtsmittelverfahrens eine Rechtsänderung stattgefunden, ist die Berechtigung eines solchen Gebots auch am neuen Recht zu messen, weil dieses Gebot seinem Wesen nach ein in der Zukunft liegendes Verhalten erfassen soll und nur dann aufrecht bleiben kann, wenn das darin umschriebene Verhalten schon im Zeitpunkt des Verstoßes verboten war und nach neuer Rechtslage weiterhin verboten ist.
2.4.2. Nach der Rechtslage vor der UWG-Novelle 2007 ist vergleichende Werbung primär nach § 2 UWG zu beurteilen und wettbewerbsrechtlich zu beanstanden, wenn beworbene, und objektiv nachprüfbare Umstände nicht den Tatsachen entsprechen oder die Ankündigung sonst zur Irreführung geeignet ist (4 Ob 164/05d = wbl 2006/63 - TikTak Privat-Tarif mwN). Dabei kann auch durch das Verschweigen wesentlicher Umstände ein falscher Gesamteindruck hervorgerufen werden, wenn die Unvollständigkeit geeignet ist, das Publikum in für den Kaufentschluss erheblicher Weise irrezuführen (RIS-Justiz RS0121669).
Diesen Grundsätzen entspricht die angefochtene Entscheidung. Klägerin und Erstgericht weisen zutreffend darauf hin, dass eine neu in den Markt eintretende Tageszeitung - gemessen an ihrem Abonnement-Wachstum und ihren Zuwachsraten - einer schon lange auf dem Markt befindlichen Zeitung nicht ohne weiteres vergleichbar ist. Höhere Zuwachsraten (hier: bei den beworbenen Abonnement-Zahlen) können nämlich ganz allgemein bei niedriger Ausgangsbasis leichter erreicht werden als von einem hohen Basiswert. Dieser Umstand kann beim Durchschnittsverbraucher iVm einem Rückschluss auf den Zeitpunkt des jeweiligen Markteintritts nicht als allgemein bekannt vorausgesetzt werden, sondern ist nur unter Zugrundelegung von Kenntnissen erfassbar, die das Durchschnittswissen der angesprochenen Verkehrskreise übersteigen. Über Umstände, die einem Durchschnittsverbraucher nicht allgemein bekannt sind, ist das von einem Werbevergleich angesprochene Publikum aber regelmäßig aufzuklären, wenn der Vergleich - wie hier - ohne entsprechenden aufklärenden Hinweis irreführend ist.
2.4.3. Der Sachverhalt ist aber auch nach Inkrafttreten der UWG-Novelle 2007 lauterkeitswidrig.
Nach den Materialien (RV 144 BlgNR 23. GP 2) muss künftig in folgender Reihenfolge geprüft werden, ob eine Geschäftspraktik unlauter ist: Fällt sie unter die „Liste" des Anhangs? Wenn nein: Liegt sonst eine aggressive (§ 1a UWG idgF) oder irreführende (§ 2 UWG idgF) Geschäftspraktik vor? Wenn nein: Fällt sie unter die Generalklausel des § 1 UWG idgF?
Der hier zu beurteilende Sachverhalt entspricht keiner der im Anhang zum UWG idgF angeführten irreführenden Geschäftspraktiken, die im Verhältnis zwischen Unternehmern und Verbrauchern von Bedeutung sind und unter allen Umständen als unlauter gelten („per se-Verbote"; „Schwarze Liste"; vgl Schuhmacher, Die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken, wbl 2005, 506, 507; ders. Zur Umsetzung der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken, in FS Koppensteiner [2007] 137, 143). Er ist daher zunächst an den Tatbeständen des § 2 UWG idgF („Irreführende Geschäftspraktiken") zu prüfen, weil gemäß § 2a Abs 1 UWG idgF vergleichende Werbung ua dann zulässig ist, wenn sie nicht gegen § 2 UWG idgF verstößt.
§ 2 UWG idgF gilt im Verhältnis zu Marktteilnehmern, erfasst somit sowohl das Verhältnis zwischen Unternehmern als auch jenes zwischen Unternehmern und Verbrauchern (Fehringer/Freund, Die Umsetzung der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken in das UWG, MR 2007, 115, 119). Es ist zwischen irreführenden Handlungen (§ 2 Abs 1 - 3 UWG idgF) und irreführendem Unterlassen (§ 2 Abs 4 - 6 UWG idgF) zu unterscheiden.
Gemäß § 2 Abs 4 UWG idgF gilt eine Geschäftspraktik als irreführend, wenn sie unter Berücksichtigung der Beschränkungen des Kommunikationsmediums wesentliche Informationen nicht enthält, die der Marktteilnehmer benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und die somit geeignet ist, einen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
Hier gilt gleichermaßen das zuvor unter 2.4.2. Gesagte: Beim Durchschnittsverbraucher (das ist gemäß § 1 Abs 2 UWG idgF das durchschnittliche Mitglied jener Gruppe von Verbrauchern, an die sich die Geschäftspraktik wendet) kann - iVm einem Rückschluss auf den jeweils maßgebenden Zeitpunkt des Markteintritts des Werbenden - nicht als jedenfalls bekannt vorausgesetzt werden, dass bestimmte höhere Zuwachsraten bei den beworbenen Abonnement-Zahlen bei niedriger Ausgangsbasis leichter erreicht werden können als von einem hohen Basiswert. Diese fehlende Information ist wesentlich, weil der Durchschnittsverbraucher ohne sie einen unrichtigen Eindruck vom Wachstum der Abonnenten der Zeitung der Beklagten im Vergleich zu anderen Zeitungen gewinnt. Die dadurch bewirkte Täuschung kann ihn dazu veranlassen, Abonnent der Zeitung der Beklagten zu werden, um sich dem - seinem Ausmaß nach unrichtig eingeschätzten - Trend zum beworbenen Produkt anzuschließen. Die fehlende Information hätte auch unter Berücksichtigung der Beschränkungen einer Zeitungseigenwerbung unschwer in die beanstandete Ankündigung aufgenommen werden können. Es liegt daher eine irreführende vergleichende Werbung iSd § 2a Abs 1 iVm § 2 Abs 4 UWG idgF vor. Die Berechtigung des Sicherungsantrags in seinem Eventualbegehren zum beschriebenen Sachverhalt führt zur Wiederherstellung des vom Erstgericht erlassenen Unterlassungsgebots.
3.1. Zu Punkt 3. des Sicherungsbegehrens (verbaler und grafischer Vergleich von Abonnementzahlen, die nicht aus einer einzigen Quelle stammen) macht die Beklagte geltend, das Rekursgericht lege unrichtig das Verbraucherleitbild eines flüchtigen Betrachters zugrunde und gelange zu einem unrichtigen Ergebnis; ein durchschnittlich informierter und aufmerksamer Verbraucher werde infolge der ausdrücklichen Hinweise darauf, dass bestimmte Werte Verlagsangaben seien, durch das beanstandete Verhalten nicht irregeführt.
3.2. Ob eine Angabe oder eine Unvollständigkeit zur Irreführung geeignet ist, hängt davon ab, wie die angesprochenen Verkehrskreise die Angaben nach ihrem Gesamteindruck verstehen. Sie sind irreführend, wenn die Vorstellungen, welche die Umworbenen über ihre Bedeutung haben, mit den wirklichen Verhältnissen nicht im Einklang stehen (4 Ob 164/05d mwN).
3.3. Maßgebend für die Ermittlung des Inhalts einer Werbeaussage war nach bisheriger jüngerer Rechtsprechung (4 Ob 196/00b = SZ 73/161 - Lego-Klemmbausteine; 4 Ob 58/06t = ÖBl-LS 2006/132 - aktiver Festnetzanschluss; 4 Ob 107/06y = ÖBl-LS 2006/164 - Betonsteine; 4 Ob 179/06m = wbl 2007, 200 - feibra; 4 Ob 203/06s ÖBl-LS 2007/52 - Bestpreisgarantie II; 4 Ob 208/06a = ÖBl-LS 2007/9 - medizinischer Disclaimer; RIS-Justiz RS0114366) das Verständnis eines durchschnittlich informierten und verständigen Adressaten, der eine dem Anlass angemessene - unter Umständen daher auch bloß „flüchtige" (4 Ob 58/06t) - Aufmerksamkeit aufwendet. An diesem Beurteilungsmaßstab, der sich schon bisher an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zum europäischen Verbraucherleitbild orientierte (vgl 4 Ob 164/05d unter Hinweis auf EuGH C-44/01 = ÖBl 2003/79 - Brillen-Preisvergleiche II; zuletzt etwa EuGH C-412/05 = MarkenR 2007, 210 Rn 62), hat sich auch nach dem Inkrafttreten der UWG-Novelle 2007 nichts geändert.
3.4. Die beanstandete Grafik wird in ihrem Gesamteindruck von einer ansteigenden Linie und mehreren Zahlenangaben bestimmt, von denen eine rot hervorgehoben und mit dem Zusatz „4. Quartal ÖAK" versehen ist. Der Hinweis „Verlagsangabe" unter den Monatsangaben Jänner und Februar 07 ist nahezu unlesbar und räumlich von den darauf bezogenen Zahlen weit entfernt. Bei dieser Gestaltung kann ein normal informierter und angemessen aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher den Eindruck gewinnen, sämtliche in der Grafik enthaltenen Zahlen stammten aus einer einheitlichen Quelle, nämlich aus der ÖAK. Dieser Eindruck, alle angeführten Zahlen seien der ÖAK entnommen, sie seien daher nach objektiven Kriterien belegt und geprüft und damit objektive Vergleichszahlen, ist unzutreffend, weil diese Prämisse nur auf eine einzige Zahl der Grafik zutrifft. Der im Unterlassungsgebot verlangte aufklärende Hinweis war daher nach alter Rechtslage (dazu zuvor 2.4.2.) zur Vermeidung einer Irreführung notwendig.
An diesem Erfordernis hat sich auch nach Inkrafttreten der UWG-Novelle 2007 nichts geändert (vgl zur irreführenden vergleichenden Werbung die Ausführungen unter 2.4.3.). Die fehlende Information ist wesentlich, weil der Durchschnittsverbraucher ohne sie einen unrichtigen Eindruck darüber erhält, von wem und auf welche Weise die angeführten Vergleichszahlen ermittelt worden sind, wie vertrauenswürdig sie demnach sind. Die dadurch bewirkte Täuschung kann ihn dazu veranlassen, die Zeitung der Beklagten zu abonnieren, um sich einem - seiner Meinung nach durch objektives und deshalb besonders vertrauenswürdiges Zahlenmaterial belegten - Trend zum beworbenen Produkt anzuschließen. Die fehlende Information hätte auch unter Berücksichtigung der Beschränkungen einer Zeitungseigenwerbung unschwer in die beanstandete Ankündigung aufgenommen werden können. Dem Revisionsrekurs kann somit in diesem Punkt kein Erfolg beschieden sein.
4. Der Ausspruch über die Kosten der Klägerin gründet sich auf § 393 Abs 1 EO, derjenige über die Kosten der Beklagten auf §§ 393 Abs 1 EO iVm §§ 40, 50 Abs 1, 52 ZPO. Die Beklagte hat mit ihrem Rechtsmittel nur erreicht, dass unter 2. des Sicherungsantrags die erstgerichtliche Entscheidung wiederhergestellt wurde; darin liegt im Ergebnis kein nennenswerter Rechtsmittelerfolg.