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OGH vom 30.01.2019, 7Ob220/18f

OGH vom 30.01.2019, 7Ob220/18f

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Hon.-Prof. Dr. Höllwerth, Dr. E. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***** K*****, vertreten durch die Thum Weinreich Schwarz Chyba Rechtsanwälte OG in St. Pölten, gegen die beklagte Partei A***** K*****, vertreten durch Mag. Hannes Huber und Dr. Georg Lugert, Rechtsanwälte in Melk, wegen 37.456,99 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 11 R 42/18d-37, womit das Urteil des Landesgerichts St. Pölten vom , GZ 24 Cg 1/17w-30, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.411,20 EUR (darin 235,20 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs einerseits zu „Rechtsfolgen einer fehlenden wirksamen Einwilligung für eine Eigenversicherung (Unfallversicherung nach deutschem Recht)“ und andererseits dahin fehle, wie die Leistungen des Beklagten an seinen Sohn rechtlich zu qualifizieren seien.

Die Revision ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig. Die Entscheidung kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).

Rechtliche Beurteilung

1. Soweit es um die Rechtsanwendung von fremdem Recht in seinem ursprünglichen Geltungsbereich geht, fehlt es an der im § 502 Abs 1 ZPO zugrunde gelegten Leitfunktion des Obersten Gerichtshofs (RIS-Justiz RS0042948 [T1]). Es ist nämlich nicht dessen Aufgabe, für die Einheitlichkeit oder gar Fortbildung ausländischen Rechts Sorge zu tragen (RIS-Justiz RS0042940 [T2, T 3, T 8]).

Eine erhebliche Rechtsfrage kann daher bei Anwendbarkeit fremden Rechts nur dann vorliegen, wenn dieses unzutreffend ermittelt oder eine in dessen ursprünglichem Geltungsbereich in Rechtsprechung und Lehre gefestigte Ansicht missachtet wurde oder dem Rechtsmittelgericht grobe Subsumtionsfehler unterlaufen wären, die aus Gründen der Rechtssicherheit richtiggestellt werden müssten (RIS-Justiz RS0042948 [insbes T 3, T 4, T 21, T 23]; RS0042940 [T9]).

2. In Ansehung der an den Beklagten ausgezahlten 15.540 EUR aus der unstrittig nach deutschem Recht zu beurteilenden Unfallversicherung, bei der der Beklagte Versicherungsnehmer und der Kläger Versicherter ist, zeigt die Revision solche Fehler nicht auf.

2.1. Nach § 179 Abs 1 VVG kann die Unfallversicherung für den Eintritt eines Unfalls des Versicherungsnehmers oder eines anderen genommen werden. Eine Versicherung gegen Unfälle eines anderen gilt im Zweifel als für Rechnung des anderen genommen. Wird die Versicherung gegen Unfälle eines anderen von dem Versicherungsnehmer für eigene Rechnung genommen, ist nach Abs 2 leg cit zur Wirksamkeit des Vertrags die schriftliche Einwilligung des anderen erforderlich. Ist dieser geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt oder ist für ihn ein Betreuer bestellt und steht die Vertretung in den seine Person betreffenden Angelegenheiten dem Versicherungsnehmer zu, kann dieser den anderen bei der Erteilung der Einwilligung nicht vertreten.

2.2. Dies wird von der höchstgerichtlichen Rechtsprechung in der Bundesrepublik Deutschland dahin verstanden, dass der Vertrag bei Fehlen der Einwilligung des Versicherten nicht nichtig ist, sondern dann eine Versicherung für fremde Rechnung vorliegt (BGH , II ZR 136/58 = VersR 1960, 339 [zust Prölss] = NJW 1960, 912; BAG , 5 AZR 318/70 = VersR 1971, 759 = RIS-Justiz RS0104449).

Dieser Rechtsprechung ist die herrschende Ansicht im deutschen Schrifttum gefolgt (vgl Knappmann in Prölss/Martin, VVG30 [2018] § 179 Rn 15; Brömmelmeyer in Schwintowski/ Brömmelmeyer, Praxiskommentar zum Versicherungs-vertragsrecht3 [2017] § 179 VVG Rn 10; Hugemann in Staudinger/Halm/Wendt, Versicherungsrecht2 [2017] § 179 VVG Rn 13; Götz in Looschelders/Pohlmann, VVG-TaKomm3 [2017] § 179 Rn 8; Rüffer in Rüffer/Halbach/Schimikowski, VVG3 [2015] § 179 Rn 4; Jannsen in Schubach/Jannsen, Private Unfallversicherung [2010] 2. I. 12.1 Rn 3; aM Rixecker in Langheid/Rixecker, VVG6 [2019] § 179 Rn 3; differenziert Dörner in Langheid/Wandt, MünchKomm-VVG2 [2017] § 179 Rn 7).

2.3. Das Berufungsgericht hat nach zutreffender Darlegung dieser Rechtsprechung und herrschender Lehre die Auffassung vertreten, dass auch hier mangels Einwilligung des Versicherten eine Versicherung für fremde Rechnung vorliege, bei der nach § 44 Abs 1 VVG die Rechte aus dem Versicherungsvertrag dem Versicherten – hier daher dem Kläger – zustehen.

2.4. Weder mit ihrem pauschalen Hinweis auf die Versicherungsbedingungen noch sonst zeigt die – sich mit der dargestellten herrschenden Ansicht gar nicht auseinandersetzende – Revision auf, inwieweit vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Rechts- oder Subsumtionsfehler unterlaufen wären.

3.1. Die Auslegung von Willenserklärungen und Auslegungsfragen über die Erklärungsabsicht im Einzelfall sind vom Obersten Gerichtshof – von groben Auslegungsfehlern und sonstigen krassen Fehlbeurteilungen abgesehen – nicht zu überprüfen (RIS-Justiz

RS0042555 [T11]; vgl RS0018833 [T7]).

3.2. Das Ziehen von bestimmten Schlüssen im Tatsachenbereich, das in konkreten Feststellungen seinen Niederschlag findet, gehört zur Beweiswürdigung des Erstgerichts (vgl RIS-Justiz RS0043251). Der Schluss von bestimmten Tatsachen auf die Absicht der Parteien ist als Feststellung zu werten (RIS-Justiz RS0043419); auch das Vorhandensein einer Schenkungsabsicht gehört in den Bereich der Tatsachenfeststellungen (RIS-Justiz RS0043419 [insbes T 6]; vgl RS0019229 ua).

3.3. Der Beklagte übergeht zu den strittigen Aufwendungen (Autokaufpreisanteil, Prämien von Haftpflicht- und Kaskoversicherung bis zur Volljährigkeit des Klägers sowie Anmeldekosten) die Feststellung seines Schenkungswillens. Das Einverständnis der Vertragspartner über die Unentgeltlichkeit der Vermögensverschiebung kann auch schlüssig erfolgen (RIS-Justiz RS0018795).

3.4. Soweit der Beklagte im Übrigen ausschließlich darauf Bezug nimmt, dass der Kläger (und nicht der Beklagte) bereichert sei, geht er nicht von den Feststellungen aus. Die Entscheidung des Berufungsgerichts ist im Einzelfall nicht zu beanstanden.

3.5. Zu den Ablösekosten steht unbekämpft fest, dass sich der Kläger, hätte er davon Kenntnis erlangt, nicht zu einem Vereinswechsel entschieden hätte, selbst wenn er dann weniger gespielt hätte. Auch die Darlegungen des Berufungsgerichts in diesem Zusammenhang, dass dem Beklagten damit der ihm obliegende Beweis (RIS-Justiz RS0019831) des „klaren und überwiegenden Vorteils“ für den Kläger nicht gelungen ist, weil dessen Standpunkt maßgebend ist (RIS-Justiz RS0019862), halten sich im Rahmen der Rechtsprechung.

4. Die Kostenentscheidung gründet in § 41, 50 ZPO. Der Kläger hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2019:0070OB00220.18F.0130.000

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