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OGH vom 27.01.2016, 7Ob220/15a

OGH vom 27.01.2016, 7Ob220/15a

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Höllwerth, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich und Dr. Singer als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden und widerbeklagten Partei Mag. Dr. J***** K*****, gegen die erstbeklagte und widerklagende Partei C***** Holding Ltd., *****, und die zweitbeklagte Partei I***** K*****, beide vertreten durch Dr. Karl Bernhauser, Rechtsanwalt in Wien, wegen 52.049,82 EUR sA (Klage zu AZ 25 Cg 50/12z des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien) und 61.376,33 EUR sA (Widerklage zu AZ 25 Cg 56/13h des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 12 R 149/14s 69, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Der klagende Rechtsanwalt zeigt in seiner Revision keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO im Zusammenhang mit den von ihm geltend gemachten Honoraransprüchen auf:

1. Zur Passivlegitimation des Zweitbeklagten:

1.1. Die Beurteilung der Konkludenz einer Willenserklärung hat regelmäßig keine über die besonderen Umstände des Einzelfalls hinausgehende Bedeutung, es sei denn, es läge anders als hier eine Fehlbeurteilung durch die Vorinstanzen vor, die im Interesse der Rechtssicherheit oder der Einzelfallgerechtigkeit wahrgenommen werden müsste (RIS-Justiz RS0043253 [T1, T 2, T 8, T 14, T 17, T 18]). Für die Schlüssigkeit eines Verhaltens im Hinblick auf einen damit erklärten rechtsgeschäftlichen Willen legt § 863 ABGB einen strengen Maßstab an (RIS-Justiz RS0014146, RS0014157). Es darf kein vernünftiger Grund übrig sein, daran zu zweifeln, dass ein Rechtsfolgewille in bestimmter Richtung vorliegt (RIS-Justiz RS0014150, RS0014157, RS0013947).

Von diesen Grundsätzen sind die Vorinstanzen bei Beurteilung der Rechtsfrage, ob der Zweitbeklagte - ein Vertreter der Erstbeklagten - mit dem Kläger schlüssig eine Mandatsvereinbarung im eigenen Namen abgeschlossen hat, nicht abgewichen. Ausgehend von den Feststellungen, insbesondere zum Inhalt des an den Kläger erteilten Auftrags - dieser sollte die Möglichkeiten einer Klagsführung der Erstbeklagten prüfen und der nachfolgenden Einklagung allein durch die Erstbeklagte , haben die Vorinstanzen vertretbar eine schlüssige Auftragserteilung durch den Zweitbeklagten im eigenen Namen verneint.

1.2. Nach ständiger Rechtsprechung begründet das bloße Interesse eines Dritten am Obsiegen einer Prozesspartei für den Dritten noch keine Verpflichtung zur Zahlung des Honorars an den die Prozesspartei vertretenden Rechtsanwalt (RIS-Justiz RS0017400, RS0019702). Diese Rechtsprechung lässt der Revisionswerber unberücksichtigt, wenn er aus einem eigenen Interesse des Zweitbeklagten am Erfolg der Erstbeklagten dessen Haftung für die Honoraransprüche des Klägers begründen will.

1.3. Im mehrpersonalen Verhältnis besteht nach ständiger Rechtsprechung der Verwendungsanspruch nach § 1041 ABGB nur dann, wenn die Vermögensverschiebung weder durch einen Vertrag noch ein vertragsähnliches Verhältnis, sei es zwischen dem Verkürzten und dem Bereicherten, sei es zwischen dem Verkürzten und einem Dritten, gerechtfertigt ist (RIS Justiz RS0028179). Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts hält sich im Rahmen der Judikatur, erbrachte doch der Kläger seine Leistungen aufgrund eines Vertrags mit der Erstbeklagten.

1.4. Leistungskondiktionen stehen zur Rückabwicklung fehlerhafter Leistungen dem Leistenden gegen den Empfänger zu (RIS Justiz RS0020192). Der Kläger hat sich nicht auf eine fehlerhafte Leistungserbringung gestützt.

1.5. Zur Haftung des Zweitbeklagten aufgrund eines schlüssig erklärten Schuldbeitritts bieten die Feststellungen keine Grundlage.

1.6. § 895 ABGB regelt den Regress unter Gesamtgläubigern und ist demnach für die Honoraransprüche des Klägers, der nur zur Erstbeklagten in einer Vertragsbeziehung stand, nicht einschlägig.

2. Zur Honorarhöhe:

2.1. Der Rechtsanwalt hat seinem Klienten gegenüber Anspruch auf das vereinbarte Entgelt. Besteht keine Vereinbarung, hat er Anspruch auf angemessenes Entgelt, für das in erster Linie der Rechtsanwaltstarif heranzuziehen ist (RIS-Justiz RS0038356).

2.2. Die Ausführungen, wonach es aufgrund des Inhalts eines während der laufenden Vertragsbeziehung verfassten Schreibens bereits von Beginn an eine Honorarbemessungsgrundlagenvereinbarung auf Basis eines Streitwerts von 5,3 Mio EUR gegeben habe, wenden sich im Ergebnis gegen die Feststellung, dass am Anfang über die Honorierung nicht geredet wurde. Die Richtigkeit von Feststellungen kann allerdings vom Obersten Gerichtshof, der keine Tatsacheninstanz ist, nicht überprüft werden (RIS Justiz RS0042903 [T5, T 7, T 10]).

2.3.1. Schweigen allein hat grundsätzlich keinen Erklärungswert (RIS-Justiz RS0014124, RS0047273). Stillschweigen bedeutet nur dort Zustimmung, wo Gesetz, Verkehrssitte oder Treu und Glauben eine Pflicht zum Handeln auferlegen (RIS-Justiz RS0014122) oder wo der nicht Zustimmende nach Treu und Glauben oder nach der Verkehrssitte hätte reden oder antworten müssen (RIS-Justiz RS0013958, RS0016507, RS0062161 [T1]). Bloßes Stillschweigen kann also nur unter besonderen Umständen die Bedeutung einer Zustimmung gewinnen. Entscheidend ist, dass der Erklärungsempfänger dem Schweigen seines Partners schlechterdings keine andere Bedeutung als jene der Zustimmung beilegen kann (RIS-Justiz RS0014126).

2.3.2. Im Anwaltsschreiben, in dem der Vorschlag gemacht wurde, aus Gerichtsgebührengründen lediglich einen Teilbetrag geltend zu machen, wird ebenso wenig eine Bemessungsgrundlage angeführt wie in den jeweiligen Aufforderungen des Klägers zur Leistung von Akontozahlungen. Berücksichtigt man weiters den Umstand, dass von den Vorinstanzen eine Besprechung der Honorierung vor dem Anwaltsschreiben nicht festgestellt werden konnte, ist die Verneinung der schlüssigen, von § 5 Abs 1 RATG abweichenden Vereinbarung einer Bemessungsgrundlage von 5,3 Mio EUR durch die Vorinstanzen im konkreten Einzelfall nicht zu beanstanden.

2.4.1. In § 21 Abs 1 RATG ist nur der vom Prozessgericht zu bestimmende Kostenersatz gegenüber dem Prozessgegner geregelt (7 Ob 233/13k mwN).

2.4.2. Allerdings könnte sich das Begehren des Klägers aus § 2 Abs 2 RATG ergeben (7 Ob 233/13k = RIS Justiz RS0129370), wonach ein Rechtsanwalt, auch wenn eine Entlohnung nicht vereinbart wurde, einen durch besondere Umstände oder durch eine von seiner Partei veranlasste besondere Inanspruchnahme gerechtfertigten höheren Anspruch als im Tarif vorgesehen gegen diese Partei geltend machen kann. Berücksichtigt man jedoch, dass der Kläger die Vorbereitung der Klage über den doppelten Einheitssatz hinausgehend mit einem Pauschalbetrag von 5.000 EUR und eine Kommission bei der Staatsanwaltschaft zur Einsicht in einen umfangreichen Ermittlungsakt separat mit über 4.000 EUR verrechnet hat, zeigt der Kläger in seiner Revision keine Umstände auf, die darüber hinausgehend eine Anwendung des § 2 Abs 2 RATG rechtfertigen würden. Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, die eine noch weitergehende, über dem Tarif gelegene Entlohnung ablehnte, ist daher jedenfalls vertretbar.

3. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2016:0070OB00220.15A.0127.000