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OGH vom 13.09.2012, 6Ob137/12h

OGH vom 13.09.2012, 6Ob137/12h

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ. Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Landesgerichts Korneuburg zu FN ***** eingetragenen Gemeinnützigen W***** registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung, mit dem Sitz in K*****, über den Revisionsrekurs der Genossenschaft sowie des Obmanns Mag. C***** F*****, des Obmannstellvertreters R***** A***** und des Vorstandsmitglieds G***** S*****, alle *****, vertreten durch Proksch Fritzsche Frank Fletzberger Rechtsanwälte OG in Wien, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom , GZ 4 R 111/12s 14, womit der Beschluss des Landesgerichts Korneuburg vom , GZ 28 Fr 332/12a 11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Im Firmenbuch des Landesgerichts Korneuburg ist zu FN ***** die Gemeinnützige W***** registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung mit dem Sitz in K***** eingetragen. Mit Zwangsstrafverfügungen vom verhängte das Erstgericht über die Genossenschaft und ihre drei Vorstandsmitglieder jeweils eine Zwangsstrafe gemäß § 283 Abs 2 UGB in Höhe von 700 EUR wegen nicht rechtzeitiger Vorlage des Jahresabschlusses zum .

Die Genossenschaft und die Vorstandsmitglieder erhoben fristgerecht Einspruch. Darin brachten sie im Wesentlichen vor, es treffe sie keine Offenlegungspflicht, weil die Vorschriften des 4. Abschnitts des 3. Buches des UGB gemäß § 22 Abs 6 GenG nur für solche Genossenschaften gelten würden, die mindestens zwei der in § 221 Abs 1 UGB bezeichneten Merkmale überschreiten, was auf die vorliegende „kleine“ Genossenschaft nicht zutreffe. Im Übrigen sei jeder Jahresabschluss zwingend vom Revisionsverband zu prüfen. Die Prüfung des Jahresabschlusses zum sei aber noch anhängig, sodass noch gar kein einreichbarer Jahresabschluss existiere. Die Genossenschaft und ihre Vorstandsmitglieder treffe auch kein Verschulden, sei doch der Jahresabschluss zum ordnungsgemäß aufgestellt und nur aufgrund der vertretbaren Rechtsansicht, dass keine Offenlegungspflicht bestehe, nicht dem Firmenbuchgericht übersandt worden.

Das Erstgericht verhängte daraufhin im ordentlichen Verfahren neuerlich Zwangsstrafen von je 700 EUR über die Genossenschaft und die drei Vorstandsmitglieder. Nach § 23 Abs 2 WGG habe die Rechnungslegung gemeinnütziger Bauvereinigungen unabhängig von deren Größe und Rechtsform grundsätzlich in Anwendung der Bestimmungen des Handelsgesetzbuches (nunmehr: UGB) und des § 260 AktG unter Bedachtnahme auf den gesetzlich festgelegten Geschäftskreis zu erfolgen. Die Bestimmungen der §§ 277 ff UGB seien durch das Budgetbegleitgesetz 2010 unberührt geblieben; es sei lediglich das Verfahren zur Erzwingung der Offenlegung von Jahresabschlüssen neu geregelt worden.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Gemäß § 23 Abs 2 WGG habe die Rechnungslegung gemeinnütziger Bauvereinigungen unabhängig von deren Größe und Rechtsform grundsätzlich in Anwendung der Bestimmungen des Handelsgesetzbuches (nunmehr: UGB) und des § 260 AktG zu erfolgen. Diese Bestimmung gehe den allgemeinen Rechnungslegungsbestimmungen des Genossenschaftsgesetzes als lex specialis vor und gelte daher auch für „kleine“ Genossenschaften iSd § 221 Abs 1 UGB. Das Wort „grundsätzlich“ bedeute, dass die Rechnungslegung in Anwendung der Bestimmungen des UGB zu erfolgen habe, soweit keine Sondervorschriften bestünden.

Der Einwand, die Rekurswerber seien einem nicht vorwerfbaren Rechtsirrtum unterlägen, sei nicht stichhaltig. Die Rekurswerber behaupteten nicht einmal, dass sie fachlichen Rat eingeholt hätten und dabei die Auskunft erhalten hätten, die Genossenschaft sei nicht offenlegungspflichtig. Ganz im Gegenteil hätten die Rekurswerber in ihren Eingaben ausdrücklich darauf Bezug genommen, dass ihnen „dringend empfohlen“ worden sei, die (damals noch) ungeprüften Jahresabschlüsse der Geschäftsjahre 2008 und 2009 an das Firmenbuch zu senden, weil andernfalls die Vorschreibung von Zwangsstrafen drohe.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil noch keine Rechtsprechung zur Frage vorliege, ob und inwieweit gemeinnützige Bauvereinigungen in der Rechtsform einer Genossenschaft, denen der Status einer gemeinnützigen Verwaltungsvereinigung iSd § 39 Abs 3 WGG zukommt, eine Offenlegungspflicht iSd § 277 UGB treffe.

Hierzu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig, er ist aber nicht berechtigt.

Der Oberste Gerichtshof billigt die rechtliche Beurteilung des Rekursgerichts sowohl im Ergebnis als auch in der methodischen Ableitung, sodass vollinhaltlich darauf verwiesen werden kann (§ 72 Abs 3 AußStrG).

Wie schon die Vorinstanzen zutreffend erkannten, ordnet § 23 Abs 2 WGG an, dass die Rechnungslegung gemeinnütziger Bauvereinigungen unabhängig von deren Größe und Rechtsform grundsätzlich in Anwendung der Bestimmungen des Handelsgesetzbuches (nunmehr: UGB) und des § 260 AktG idF des Art III des 2. WÄG und unter Bedachtnahme auf den gesetzlich festgelegten Geschäftskreis (§ 7 WGG) zu erfolgen hat. Diese Bestimmung geht als lex specialis für gemeinnützige Bauvereinigungen den allgemeinen Rechnungslegungs-bestimmungen des Genossenschaftsgesetzes (insbesondere dem § 22 Abs 6 GenG) vor ( Zehetner , Rechnungslegung der Genossenschaften [1999] 217). Aufgrund des völlig eindeutigen Gesetzeswortlauts kommt es bei gemeinnützigen Bauvereinigungen nicht auf deren Größe an; die Rechnungslegungspflicht nach § 23 Abs 2 WGG gilt daher auch für „kleine“ Genossenschaften iSd § 221 Abs 1 UGB.

Aufgrund eines Verweises in § 39 Abs 3 WGG sind für gemeinnützige Verwaltungsvereinigungen die Bestimmungen des WGG anzuwenden, soweit keine Ausnahmen vorgesehen sind. Der zitierte Verweis umfasst aber auch § 23 Abs 2 WGG; eine Ausnahmeregelung enthält das Gesetz nicht. Selbst wenn man daher wie die Revisionsrekurswerber erstmals in ihrem Rekurs neuerungsweise vorbrachten davon ausginge, dass es sich um eine gemeinnützige Verwaltungsvereinigung handle, würde dies an deren Offenlegungspflicht nichts ändern.

Die gesetzliche Anordnung des § 23 Abs 2 WGG, wonach die Rechnungslegung „grundsätzlich“ in Anwendung der Bestimmungen des UGB zu erfolgen hat, lässt zwar die Möglichkeit von Ausnahmen offen. Dabei müssen sich derartige Ausnahmen jedoch aus dem Gesetz selbst ergeben. Derartige Sondervorschriften bestehen etwa in § 23 Abs 1 und 4 WGG. Soweit keine Sondervorschriften bestehen, ist der Verweis auf die Rechnungslegungsvorschriften des UGB aber im Sinne eines umfassenden Verweises auf diese Bestimmungen zu verstehen. Auf die im Revisionsrekurs angesprochenen Kriterien der geringen Größe, geringen Bilanzsumme und angeblich fehlenden „Notwendigkeit“ der Vorlage des Jahresabschlusses ist daher nicht weiter einzugehen.

Zutreffend haben die Vorinstanzen auch erkannt, dass § 28 Abs 3 WGG, wonach der Jahresabschluss der Genossenschaft vor seiner Feststellung zu prüfen und mit einem Bestätigungsvermerk zu versehen ist, zwar eine Sondervorschrift darstellt, aber den Fristen des § 222 und § 277 Abs 1 UGB nicht derogiert. Der Gesetzeswortlaut bietet keinen Anhaltspunkt für die Annahme, dass die Offenlegungspflicht für gemeinnützige Bauvereinigungen erst nach Abschluss der Prüfung durch den Revisionsverband entstehe. Vielmehr ist es Aufgabe des Vorstands, dafür zu sorgen, dass der Jahresabschluss rechtzeitig aufgestellt und gemäß § 27 Abs 1 WGG dem Revisionsverband vorgelegt wird, damit eine Offenlegung innerhalb der Frist des § 277 Abs 1 UGB möglich wird. Sofern bei der Prüfung durch den Revisionsverband Verzögerungen eintreten, hat der Vorstand einen vorläufig ungeprüften Jahresabschluss vorzulegen (§ 277 Abs 1 Satz 2 und 3 UGB).

Damit haben die Vorinstanzen zutreffend die Rechnungslegungspflicht der Genossenschaft bejaht. Die Ausführungen des Rekursgerichts zum Verschulden und zur Höhe der Strafe werden im Revisionsrekurs nicht bekämpft.

Damit erweist sich der angefochtene Beschluss als frei von Rechtsirrtum, sodass dem unbegründeten Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen war.