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OGH vom 06.11.2013, 5Ob184/13i

OGH vom 06.11.2013, 5Ob184/13i

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache des Antragstellers Ing. M***** M*****, vertreten durch Mag. Philipp Ortbauer, Mag. Michaela Schinnagl, beide Mietervereinigung Österreichs, 1010 Wien, Reichsratsstraße 15, gegen die Antragsgegnerin Gemeinnützige Bauvereinigung ***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Walter Lichal, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 22 Abs 1 Z 6 WGG, über den Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 39 R 143/13p 9, womit infolge Rekurses der Antragsgegnerin der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Leopoldstadt vom , GZ 30 Msch 4/12w 4, bestätigt wurde, den

Sach beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Antragsgegnerin ist schuldig, dem Antragsteller die mit 183 EUR bestimmten Kosten seiner Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Der Antragsteller ist seit Mieter einer Wohnung im Hause *****, an der Wohnungseigentum zugunsten der Antragsgegnerin, einer gemeinnützigen Bauvereinigung, begründet wurde. In der Betriebskostenabrechnung des Jahres 2010 verrechnete die Antragsgegnerin als Vermieterin Gesamtverwaltungskosten in Höhe von 41.847,60 EUR. Der Anteil des Antragstellers daran wurde mit 309,66 EUR errechnet. Für diese Berechnung legte die Antragsgegnerin den Pauschalbetrag für Verwaltungskosten im Sinn des § 14 Abs 1 Z 6 WGG iVm § 23 WGG nach § 6 Abs 1 Z 1 lit b ERVO 1994 zugrunde.

Mit dem verfahrenseinleitenden Antrag begehrte der Antragsteller insofern eine Überschreitung des zulässigen Entgelts festzustellen, als ihm richtigerweise nur ein Pauschalbetrag für Verwaltungskosten gemäß § 6 Abs 1 Z 1 lit a ERVO 1994 vorgeschrieben hätte werden dürfen.

Das Erstgericht stellte 1. fest, dass die von der Antragsgegnerin in der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2010 aus dem Titel „Verwaltungskosten“ verrechneten Beträge von insgesamt 41.847,60 EUR (exklusive USt) bezüglich eines Teilbetrags von 8.049,40 EUR keine Betriebskosten darstellten, sowie 2., dass durch die anteilige Verrechnung eines Betrags von 309,66 EUR unter der Position „Verwaltungskosten“ in der Betriebskosten-abrechnung des Jahres 2010 die Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsteller das zulässige Entgelt um 59,56 EUR (exklusive USt) überschritten habe.

Gemäß § 6 Abs 1 Z 1 der ERVO 1994 dürfe zur Deckung der Kosten der ordentlichen Verwaltung statt einer Verrechnung gemäß § 5 ein Pauschalbetrag (§ 13 Abs 3 WGG) verlangt werden, der pro Jahr einen bestimmten Höchstbetrag nicht übersteigen dürfe. Dieser Höchstbetrag sei in der ERVO danach unterschiedlich zulässig, ob es sich um eine Überlassung in Miete oder sonstige Nutzung (lit a) oder andererseits um die Übertragung in das Eigentum, Miteigentum oder Einräumung des Wohnungseigentums handle (lit b).

§ 14e WGG sehe vor, dass sich das Entgelt für die Überlassung eines Miet oder sonstigen Nutzungsgegenstands gemäß § 20 Abs 1 Z 2b WGG, der im Wohnungseigentum einer Bauvereinigung stehe, bezüglich seiner Zulässigkeit weiterhin nach den Bestimmungen der §§ 13 bis 14d WGG richte. Es gelte daher § 14 Abs 1 Z 6 WGG, der vorsehe, dass ein im Sinn der Grundsätze des § 23 gerechtfertigter Betrag zur Deckung der Verwaltungskosten einzuheben sei.

§ 19a Abs 1 WGG regle die jährlichen Abrechnungen bei vermietetem Wohnungseigentum dahingehend, dass sie auf Grundlage des § 34 WEG 2002 nach Maßgabe des § 14e WGG für das einzelne Wohnungseigentumsobjekt zu erfolgen haben. Durch die Anwendung wohnungseigentumsrechtlicher Bestimmungen komme es zwar entgegen der bisherigen Rechtslage ex lege zu einer Änderung des Verteilungsschlüssels. Grundsätzlich habe die Verrechnung der Entgeltsbestandteile aber weiterhin wie bisher nach dem WGG zu erfolgen, und zwar sowohl der Höhe nach als auch in Bezug auf die Verteilungsgrundsätze, für die weiterhin § 16 WGG gelte.

Weil die gegenständliche Wohnung zwar im Wohnungseigentum der Antragsgegnerin stehe, dem Antragsteller aber in Miete überlassen sei, sei er daher nur verpflichtet, Verwaltungskosten in Höhe von § 6 Abs 1 Z 1 lit a ERVO zu entrichten. Die Vorschreibung der Verwaltungskosten auf Basis des § 6 Abs 1 Z 1 lit b ERVO habe zum Nachteil des Antragstellers insofern eine Überschreitung des zulässigen Entgelts um 59,56 EUR bewirkt.

Dem dagegen von der Antragsgegnerin erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz unter gleichzeitiger Beseitigung des feststellenden Punktes 1 des erstinstanzlichen Sachbeschlusses (Maßgabebestätigung) nicht Folge.

Das Entgelt für die Überlassung eines Miet oder sonstigen Nutzungsgegenstands, der im Wohnungseigentum einer Bauvereinigung im Sinn des § 20 Abs 1 Z 2 lit b WGG stehe, richte sich bezüglich seiner Zulässigkeit weiterhin nach den §§ 13 bis 14d WGG, bezüglich seiner Abrechnung jedoch vorrangig nach den nach wohnungseigentumsrechtlichen Grundsätzen auf dieses Wohnungseigentumsobjekt entfallenden Beträgen entsprechend § 19a Abs 2 lit a bis d (gemäß § 19d Abs 1 Z 1) sowie hinsichtlich der Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge nach § 19d Abs 1 Z 2 und Abs 2 WGG.

Mit dieser Regelung sei in bestehende Verträge eingegriffen worden, um eine Angleichung an das WEG herbeizuführen. Durch die Anwendbarkeit wohnungs-eigentumsrechtlicher Grundsätze in der Abrechnung komme es zwar im Normalfall zu einer Änderung des Verteilungsschlüssels, die Verrechnung der Entgelts-bestandteile habe aber weiterhin nach dem WGG zu erfolgen. Durch die Wohnungseigentumsbegründung an einem Objekt komme es daher weder zu einer Erweiterung der auf den Mieter oder Nutzungsberechtigten überwälzbaren Positionen noch zu deren Erhöhung. Das gelte insbesondere für den Betriebskostenkatalog des § 21 MRG sowie die Verwaltungskosten des § 14 Abs 1 Z 6 WGG. In den Gesetzesmaterialien zur WRN 2006 komme der Wille des Gesetzgebers zum Ausdruck, dass alle Mieter einer gemeinnützigen Bauvereinigung, unabhängig davon, ob das vermietete Objekt im Eigentum der Bauvereinigung stehe, die gleichen Rechte genießen. Zulässigerweise dürften nur jene Bewirtschaftungskosten auf die Mieter überwälzt werden, die auch vor Wohnungseigentumsbegründung anrechenbar gewesen seien (RV 1183 BlgNR XXII. GP, Punkt E 3. und Anmerkung zu Z 12 und 19).

Auch im Schrifttum werde die Ansicht vertreten, dass die den Wohnungseigentümern vorgeschriebenen Verwaltungskosten nicht zur Gänze auf die Mieter überwälzt werden dürften, sondern schon in der Abrechnung nach § 19a WGG die Obergrenze des § 14 Abs 1 Z 6 WGG iVm § 6 Abs 1 Z 1 lit a ERVO nicht überschritten werden dürfe (vgl Prader WGG § 14e Anm 1; Rosifka , Der wohnungs-gemeinnützigkeitsrechtliche Teil der Wohnrechts-novelle 2006, wobl 2006, 324). Die dazu in Würth/Zingher/Kovanyi , Miet und Wohnrecht I²² § 14e WGG Rz 2 vertretene Ansicht lasse jedenfalls offen, welcher Betrag der Verwaltungskosten jeweils auf die Mieter überwälzt werden dürfe. Im Hinblick auf den Willen des Gesetzgebers in den Gesetzgebungsmaterialien der WRN 2006 sei zugrunde zu legen, dass aufgrund der Bestimmungen der §§ 14e und 19a WGG die Überwälzung von Verwaltungskosten auf die Mieter von Eigentumswohnungen nur soweit zulässig sei, als das dem in § 6 Abs 1 Z 1 lit a ERVO 1994 genannten Pauschalbetrag entspreche.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 10.000 EUR übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil zur Frage der zulässigen Höhe der vom Mieter einer im Wohnungseigentum einer GBV stehenden Wohnung zu entrichtenden Verwaltungskosten keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.

Gegen diesen Sachbeschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin , der aus dem vom Rekursgericht bezeichneten Grund zulässig ist.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist jedoch nicht berechtigt.

Durch die mit durch die WRN 2006 BGBl I 2006/124 in Kraft getretenen Bestimmungen der §§ 14e, 14f, 19a und 19d WGG wurden Regelungen für die Vermietung von Objekten, die im Wohnungseigentum einer Bauvereinigung stehen (unter der Voraussetzung des § 20 Abs 1 Satz 1 iVm § 20 Abs 1 Z 2 WGG) getroffen. Die zentrale Entgeltregelung des WGG für eine derartige Vermietung lautet wie folgt:

§ 14e. Das Entgelt für die Überlassung eines Miet oder sonstigen Nutzungsgegenstandes gemäß § 20 Abs 1 Z 2b, der im Wohnungseigentum einer Bauvereinigung steht, richtet sich bezüglich seiner Zulässigkeit weiterhin nach den §§ 13 bis 14d, bezüglich seiner Abrechnung jedoch vorrangig nach den nach wohnungseigentumsrechtlichen Grundsätzen auf dieses Wohnungseigentumsobjekt entfallenden Beträgen entsprechend § 19a Abs 2 lit a bis d (gemäß § 19d Abs 1 Z 1) sowie hinsichtlich der Erhaltungs und Verbesserungsbeiträge nach § 19d Abs 1 Z 2 und Abs 2 .

Die Regelung über die jährlichen Abrechnungen bei vermietetem Wohnungseigentum lautet:

§ 19a. (1) Die jährlichen Abrechnungen bei vermietetem Wohnungseigentum haben auf Grundlage des § 34 WEG 2002 nach Maßgabe des § 14e für das einzelne Wohnungseigentumsobjekt zu erfolgen.

(2) Als Grundlage für eine ordentliche Einzelabrechnung gemäß Abs 1 haben die Bauvereinigung oder ein ihr nachfolgender Verwalter gemäß Abs 4 die Abrechnung gemäß § 34 WEG 2002 zu gliedern in:

a) Betriebskosten im Sinne des § 21 Abs 1 MRG ausgenommen dessen Z 7,

b) öffentliche Abgaben im Sinne des § 21 Abs 2 MRG,

c) Verwaltungskosten,

d) besondere Aufwendungen im Sinne des § 24 MRG,

e) Kosten der Erhaltung und Verbesserung sowie

f) die übrigen Aufwendungen, die gemäß § 14e dem Entgelt nicht zugrunde gelegt werden dürfen.

...

Die RV zur WRN 2006 (1183 BlgNR XXII. GP, 46) gibt den der neuen Regelung zugrunde liegenden gesetzgeberischen Willen wieder. Dort heißt es:

„Es wird klar und sichergestellt, dass zulässigerweise nur jene Bewirtschaftungskosten und allenfalls auf gerichtlichen Erhöhungsverfahren basierenden Beträge (§ 14 Abs 2b WGG) überwälzt werden können, die auch vor Wohnungseigentumsbegründung anrechenbar waren. Insbesondere dürfen die Mieter nicht mit für den Wohnungseigentümer anfallenden Kosten sonstiger notwendiger und nützlicher Aufwendungen (...) belastet werden.“

Dem wird nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs und entgegen den Ausführungen des Revisionsrekurses durch die Klarstellung in § 14e WGG, dass sich das Entgelt bezüglich seiner Zulässigkeit weiterhin nach den §§ 13 bis 14d WGG richtet, Rechnung getragen.

Für die hier zu klärende Detailfrage der Verwaltungskosten ist zunächst eindeutig, dass sich deren Berechnung nach der Regelung des § 14 Abs 1 Z 6 WGG iVm § 23 WGG und dem diese ausformende Bestimmung des § 6 ERVO (Entgeltrichtlinienverordnung) 1994 richtet.

Diese Bestimmung setzt unterschiedliche Pauschalbeträge danach fest, ob es sich um die Überlassung eines Objekts in Miete oder sonstige Nutzung (§ 6 Abs 1 Z 1 lit a) oder um ein Objekt im Eigentum, Miteigentum oder Wohnungseigentum (lit b) handelt.

Legt man nach dem Wortlaut des § 14e WGG, der nach der zitierten Regierungsvorlage dem Willen des Gesetzgebers auch entspricht, zugrunde, dass auf den Mieter nur jene Bewirtschaftungskosten überwälzt werden dürfen, die auch vor der Wohnungseigentumsbegründung anrechenbar waren, so leitet sich daraus die Anwendbarkeit der Verwalterkostenregelung für Mietobjekte, nicht aber für Wohnungseigentumsobjekte ab. Es entspricht demnach eine Verrechnung der Verwaltungskosten nach § 6 Abs 1 Z 1 lit a ERVO 1994 jenen Verwaltungskosten, die auch ohne Wohnungseigentumsbegründung zu tragen waren.

Damit ist die Zulässigkeit des Entgelts „weiterhin“ mit dieser Höhe begrenzt.

An diesem Ergebnis ändert sich auch durch die Abrechnungsvorschriften des § 14e zweiter Halbsatz WGG und § 19a WGG nichts. Dass sich das Entgelt bezüglich seiner Abrechnung vorrangig nach wohnungseigentumsrechtlichen Grundsätzen nach den auf dieses Wohnungseigentumsobjekt entfallenden Beträgen richtet, und zwar entsprechend § 19a Abs 2 lit a bis d WGG, worin auch die Verwaltungskosten beinhaltet sind, sagt nichts über die Höhe der auf den Mieter überwälzbaren Erhaltungskosten aus (in diesem Sinn Rosifka , Der wohnungsgemeinnützigkeitsrechtliche Teil der Wohnrechtsnovelle 2006, wobl 2006, 313 [323 f]). Vielmehr verweist § 19a sowohl in seinem Abs 1 als auch in Abs 2 lit f auf die Begrenzung der überwälzbaren Aufwendungen durch die Entgeltsbestimmung des § 14e WGG.

Die am gesetzgeberischen Willen der WRN 2006 orientierte Auslegung durch die Vorinstanzen ist daher zu billigen.

Dem Revisionsrekurs war der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 37 Abs 3 Z 19 MRG iVm § 22 Abs 4 WGG.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2013:0050OB00184.13I.1106.000