OGH vom 18.08.2004, 4Ob176/04t
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß und Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Helmut P*****, geboren am *****, vertreten durch Dr. Martin Holzer, Rechtsanwalt in Bruck an der Mur, gegen die beklagte Partei Rosemarie P*****, geboren am *****, vertreten durch Dr. Siegfried Legat, Rechtsanwalt in Bruck an der Mur, als Verfahrenshelfer, wegen Ehescheidung, über die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben vom , GZ 3 R 58/04t-39, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Bruck an der Mur vom , GZ 5 C 26/02d-34, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit 399,75 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin 66,63 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig:
Das Berufungsgericht hat die Revision mit der Begründung für zulässig erklärt, dass zur Frage, „ob wirtschaftliche Nachteile im Falle der Scheidung nach §§ 50 bis 52 EheG für den erkrankten Ehegatten so schwer sein können ('wirtschaftliche Notlage'), dass eine Scheidung nicht gerechtfertigt wäre", neuere höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle. Die Beklagte macht dazu geltend, sie werde sich nach der Ehescheidung die Mietwohnung nicht mehr leisten können, die der Kläger derzeit finanziere. Es sei zu befürchten, dass die Beklagte bei Verlust der gewohnten Umgebung ihren Halt und völlig den Bezug zur Realität verlieren werde. Die psychische Störung sei erst durch den Auszug des Klägers aus der Wohnung im Jahre 1998 „richtig" manifest geworden.
Dieses Vorbringen widerspricht dem festgestellten Sachverhalt. Danach leidet die Beklagte an einer paranoiden Psychose, die jedenfalls bereits 1995 vorlag. Schon damals muss die Erkrankung der Beklagten das Zusammenleben mit dem Kläger erheblich belastet haben. Die Beklagte hatte auch mit ihrer Tochter ständig Auseinandersetzungen, die 1995 schließlich zu deren Auszug führten.
Es fehlt daher jeder Anhaltspunkt für die Annahme, dass ein allenfalls notwendiger Wohnungswechsel sich besonders ungünstig auf den Gesundheitszustand der Beklagten auswirken werde. Dass nach der Scheidung (nur) Unterhalt nach Billigkeit im Sinne des § 69 Abs 3 EheG gefordert werden kann, bildet keine Härte im Sinne des § 54 EheG (5 Ob 528/88 = EFSlg 57.152), wie rein wirtschaftliche Gründe ganz allgemein keine beachtliche Härte im Sinne dieser Bestimmung begründen (stRsp 6 Ob 192/63 = SZ 36/124; 6 Ob 741/88 = EFSlg 60.212 ua), soweit der Beklagte nicht durch die Scheidung in eine wirtschaftliche Notlage gerät (1 Ob 656/51 = SZ 24/275). Ob nach den im Einzelfall gegebenen Umständen zu befürchten ist, dass der Beklagte durch die Scheidung in Not geraten könnte, hat keine darüber hinausgehende Bedeutung und bildet daher regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO.
Die Revision war zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.
Der Kläger hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen; seine Revisionsbeantwortung war daher zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig.