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OGH vom 10.11.2009, 5Ob184/09h

OGH vom 10.11.2009, 5Ob184/09h

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Roch und Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hans H*****, vertreten durch Brunhilde H*****, ebendort, als Sachwalterin, diese vertreten durch Mag. Eva Plaz, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Land *****, vertreten durch Dr. Arno R. Lerchbaumer, Rechtsanwalt in Graz, 2. S***** K***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Reif und Partner Rechtsanwälte OEG in Graz, 3. Dr. Dietmar R*****, vertreten durch Dr. Herbert Salficky, Rechtsanwalt in Wien, Nebenintervenient auf Seite der beklagten Parteien Ö***** R*****, vertreten durch Held Berdnik Astner & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien und Graz, wegen 576.340,98 EUR sA, Leistung von Renten (Streitwert 86.400 EUR und 92.160 EUR) und Feststellung (Streitwert 90.000 EUR), über die Rekurse der Erst- und des Drittbeklagten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom , GZ 5 R 63/09p-93, womit der Nichtigkeitsberufung des Drittbeklagten nicht Folge gegeben und die dazu erhobene Berufungsbeantwortung der Erstbeklagten zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch


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1.)
Der (Revisions-)Rekurs des Drittbeklagten wird zurückgewiesen.
2.)
Der Rekurs der Erstbeklagten wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Dem klageweise geltend gemachten Schadenersatzbegehren des Klägers wegen unzureichender bzw falscher ärztlicher Hilfeleistung durch den Drittbeklagten als Notarzt hielt dieser unter anderem das Prozesshindernis der Unzulässigkeit des Rechtswegs entgegen, weil er als Notarzt tätig geworden und in dieser Eigenschaft als Organ nach dem AHG anzusehen sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren gegen sämtliche Beklagte zur Gänze ab und befasste sich mit dem Einwand des Drittbeklagten nicht. Einer gegen diese Entscheidung vom Kläger erhobenen Berufung gab das Berufungsgericht nicht Folge.

Dem Rekurs des Drittbeklagten (bzw seiner Berufung wegen Nichtigkeit) gab das Berufungsgericht nicht Folge und sprach aus, dass der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig sei. Die Berufungs-(Rekurs-)beantwortung des Erstbeklagten zu diesem Rechtsmittel des Drittbeklagten wies das Berufungsgericht zurück. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs gegen diese Entscheidung nach § 528 Abs 1 ZPO nicht zulässig sei. Das Berufungsgericht verneinte die Berechtigung des Einwands des Drittbeklagten hinsichtlich der Unzulässigkeit des Rechtswegs. Im Stmk Rettungsdienstgesetz LGBl Nr 20/1990 idF LGBl Nr 16/1994 und Nr 19/1998 fänden sich keine Bestimmungen, die die Annahme hoheitlichen Handelns eines Notarztes rechtfertigten. Es sei sogar in § 1 Abs 1 leg cit klargestellt, dass das Land und die Gemeinden „jeweils als Träger von Privatrechten" Sorge für die Rettung von Menschen aus Gefahren zu tragen hätten. Das Berufungsgericht ging daher davon aus, dass die Tätigkeit des Drittbeklagten privatwirtschaftliches Handeln gewesen sei. Der Rechtsweg sei daher zulässig gewesen. Die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses ergebe sich aus § 528 Abs 2 Z 2

ZPO.

Dem Rechtsmittelgegenschriftsatz der Erstbeklagten zum Rechtsmittel des Drittbeklagten fehle es an der Zulässigkeit. Sowohl § 521a Abs 1 ZPO als auch § 468 Abs 2 ZPO räumten jeweils nur dem Gegner des Rekurs- oder Berufungswerbers eine Beantwortungsmöglichkeit ein. Dem Erstbeklagten stehe daher das Recht, eine Rechtsmittelbeantwortung zum Rechtsmittel des Drittbeklagten zu erstatten, nicht zu. Den Zulässigkeitsausspruch gründete das Berufungsgericht insoweit auf §§ 526 Abs 3, 500 Abs 3 Z 3 ZPO, wobei es ausführte, dass keine Rechtsfrage von der Qualität des § 528 Abs 1 ZPO vorliege. Gegen diese Beschlüsse des Berufungsgerichts richtet sich 1.) der (Revisions-)Rekurs des Drittbeklagten mit dem Antrag auf Abänderung des Berufungsurteils dahin, dass das Klagebegehren hinsichtlich des Drittbeklagten zurückgewiesen werde und 2.) der Rekurs der Erstbeklagten mit dem Begehren, den angefochtenen Beschluss über die Zurückweisung der Berufungs-(Rekurs-)beantwortung aufzuheben und dahin abzuändern, dass der Erstbeklagten die Verfahrenskosten für diesen Schriftsatz zuerkannt würden. Allenfalls seien diese Kosten dem Drittbeklagten aufzuerlegen. Weiters wird beantragt, die Kosten des Rechtsmittelverfahrens dem Drittbeklagten aufzuerlegen.

Rechtliche Beurteilung

Beide Rechtsmittel erweisen sich als nicht zulässig.

1.) Zum (Revisions-)Rekurs des Drittbeklagten:

Gleich ob man sein Rechtsmittel gegen die erstinstanzliche Entscheidung als Berufung gegen die implizite Bejahung der Rechtswegzulässigkeit wertet oder als Rekurs gegen eine die Zulässigkeit des Rechtswegs bejahende Entscheidung des Erstgerichts, steht der Zulässigkeit der Bekämpfung in dritter Instanz entweder die Bestimmung des § 519 Abs 1 Z 1 ZPO oder aber die des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO entgegen. In einem Fall entschied das Berufungsgericht über eine (Nichtigkeits-)Berufung funktionell erstinstanzlich (vgl RIS-Justiz RS0043861 [T2]). Die Zulässigkeit eines Rekurses dagegen richtet sich nach der grundsätzlich abschließenden Regelung des § 519 Abs 1 ZPO (vgl RIS-Justiz RS0043877; RS0102655), weshalb das entgegen der Bestimmung des § 519 Abs 1 ZPO als Rekurs zu verstehende vorliegende Rechtsmittel unzulässig ist (vgl Zechner in Fasching/Konecny² Rz 49 zu § 519 ZPO; RIS-Justiz RS0042981 [T6]; RS0043822). Auf die im Rekurs aufgeworfene Frage analoger Geltung des § 519 ZPO im Rekursverfahren bzw für Revisionsrekurse (vgl dazu RIS-Justiz RS0054895 [T13]; RS0121604) kommt es dabei nicht an. Legt man hingegen zugrunde, das Erstgericht habe implizit durch einen in seiner Entscheidung enthaltenen Beschluss über den Einwand der Unzulässigkeit des Rechtswegs entschieden und das dagegen erhobene Rechtsmittel des Drittbeklagten sei als Rekurs zu qualifizieren, bildet die zweitinstanzliche Entscheidung eine konforme Entscheidung iSd § 528 Abs 2 Z 2 ZPO. Ihre Anfechtbarkeit ist daher auch in diesem Fall auszuschließen.

2.) Zum Rekurs der Erstbeklagten:

Dazu ist zunächst anzumerken, dass sowohl § 468 Abs 2 ZPO für Berufungsbeantwortungen als auch § 521a Abs 1 ZPO für Rekursbeantwortungen voraussetzen, dass die entsprechenden Rechtsmittelgegenschriftsätze vom formellen Rechtsmittelgegner stammen. Vorliegendenfalls, gleich ob unter dem Aspekt einer Rekursbeantwortung oder einer Berufungsbeantwortung, handelt es sich bei dem maßgeblichen Schriftsatz um einen im Rechtsmittelverfahren per se unzulässigen Schriftsatz. Das gilt selbst bei analoger Anwendung des § 519 Abs 1 Z 1 ZPO auf Berufungsbeantwortungen (vgl 2 Ob 259/02f; E. Kodek in Rechberger ZPO² Rz 3 zu § 519 ZPO; Zechner in Fasching² Rz 78 zu § 519 ZPO).

Beschlüsse der zweiten Instanz als Rekursgericht sind ohnedies nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 528 ZPO anfechtbar (vgl RIS-Justiz RS0113736 [T2]; zuletzt 2 Ob 110/07a). Eine analoge Anwendung des § 519 Abs 1 Z 1 ZPO auf die Zurückweisung einer Rekursbeantwortung wird abgelehnt (vgl 3 Ob 123/05t; 10 Ob 5/06t). Dass in Anbetracht der klaren Rechtslage eine Rechtsfrage von der Qualität des § 528 Abs 1 Z 1 ZPO nicht vorliegt, hat das Rekursgericht bereits dargelegt. Die im Rechtsmittel enthaltenen Hinweise auf ein rechtliches Interesse der Erstbeklagten an der Verneinung eines selbständigen Prozesseinwands eines anderen Streitgenossen ist durch § 13 ZPO nicht gedeckt. Aus der grundsätzlichen Selbständigkeit und Parallelität der Rechtsstreitigkeiten ergibt sich, dass ein Streitgenosse sich nur durch die Entscheidung gegenüber seinem Gegner, nicht aber gegenüber den anderen Streitgenossen beschwert erachten kann (vgl Schubert in Fasching² Rz 5 zu § 13 ZPO). In der Rekursbeantwortung ist dem Streitgenossen die Stellung eines eigenen, gegen die von einem Mitstreitgenossen angefochtene Entscheidung gerichteten Rechtsmittelantrags verwehrt (vgl ähnlich: 8 ObA 24/07y). Die Unhaltbarkeit des Standpunkts der Erstbeklagten ergibt sich schon daraus, dass sie eine Kostenersatzpflicht ihres Streitgenossen anstrebt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.