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OGH vom 20.12.2018, 1Ob221/18h

OGH vom 20.12.2018, 1Ob221/18h

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. M*****, vertreten durch die Brand Rechtsanwälte GmbH, Wien, gegen die beklagten Parteien 1. K*****, 2. T***** OG, 3. Ing. K***** und 4. C*****, alle vertreten durch Mag. Christian Köchl, Rechtsanwalt in Villach, wegen 46.100 EUR sA und Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 122/18w-25, mit dem das Teil- und Zwischenurteil des Landesgerichts Klagenfurt vom , GZ 69 Cg 69/17k-18, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Gleich ob sich die Verpflichtung zur Verkehrssicherung aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen (Ingerenzprinzip) oder aus einem Vertrag ergibt, dürfen diese Pflichten, also sowohl die nebenvertraglichen Schutzpflichten als auch die allgemeinen Verkehrssicherungspflichten, nicht überspannt werden (1 Ob 158/16s; 8 Ob 94/17g; RIS-Justiz RS0023893 [T2]). Sie sollen keine vom Verschulden unabhängige Haftung des Sicherungspflichtigen zur Folge haben (8 Ob 84/12d; 10 Ob 53/15i; RIS-Justiz RS0023893 [T2, T 3]). Es kann daher nicht die Beseitigung aller nur möglicher Gefahrenquellen gefordert werden (10 Ob 53/15i). Entscheidend ist, ob nach den Erfahrungen des täglichen Lebens eine naheliegende und voraussehbare Gefahrenquelle bestand (RIS-Justiz RS0023902). Letztlich kommt es auf die Wahrscheinlichkeit einer Schädigung an (zuletzt zu vertraglichen Verkehrssicherungspflichten: 4 Ob 120/18b mwN; RIS-Justiz RS0023487 [T7]). Verkehrssicherungspflichten entfallen, soweit sich jeder selbst schützen kann, weil die Gefahr leicht, also ohne genauere Betrachtung erkennbar ist (RIS-Justiz RS0114360; vgl auch RS0023726; zum Entfall vertraglicher Verkehrssicherungspflichten 2 Ob 16/16s).

Welche Sicherheitsvorkehrungen konkret erforderlich sind, hängt immer von den Umständen des Einzelfalls, vor allem vom Anlass, von der Situation und der Örtlichkeit ab und begründet in der Regel, abgesehen von Fällen einer erheblichen Fehlbeurteilung, keine erhebliche Rechtsfrage (RIS-Justiz RS0029874; RS0110202 ua).

2. Das Berufungsgericht legte auf der Sachverhaltsebene zugrunde, dass die Gipskartonplatten in üblicher Art und Weise (zwischen)gelagert waren, der Fluchtweg freigehalten worden war und die Platten von selbst oder durch bloßes Anstoßen im unteren Bereich wegen zu geringer Krafteinwirkung weder umkippen noch wegrutschen konnten, sondern erst mit einem Kraftaufwand von 200 kg aus dem Gleichgewicht und zum Kippen gebracht werden konnten. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, es hätte seitens der Verantwortlichen des Trockenausbauunternehmens nicht damit gerechnet werden müssen, dass ein Dritter ohne jede Notwendigkeit mit erheblicher Kraft auf die Platten einwirken werde und diese dadurch zum Umkippen bringen würde, es sei also die Wahrscheinlichkeit einer Schädigung einer Person durch die in üblicher und standsicherer Weise an die Wand gelehnten Gipskartonplatten denkbar gering gewesen, weswegen ihnen ein Verstoß gegen (auch vertragliche) Sicherungspflichten nicht anzulasten sei, bedarf keiner Korrektur im Einzelfall.

Wenn der Kläger in der Revision behauptet, die Gipskartonplatten hätten schon bei leichten Berührungen ins Kippen geraten und Menschen verletzen können, entfernt er sich vom festgestellten Sachverhalt. Insoweit ist seine Rechtsrüge nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt (RISJustiz RS0043312 uva), sodass es dem Obersten Gerichtshof verwehrt ist, auf die damit angesprochene materiellrechtliche Frage einzugehen (RISJustiz RS0043312 [T3]).

3. Ist eine Verletzung von Verkehrssicherungspflichten des ausführenden Unternehmens ohne Fehlbeurteilung verneint worden, kommt weder eine Haftung einer Rechtsnachfolgerin noch deren Gesellschafter und auch nicht der erstbeklagten Hauseigentümerin (als Auftraggeberin der durchgeführten Arbeiten) in Betracht. Auf die in der Revision behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens (weil das Berufungsgericht die Rechtsrüge hinsichtlich der Abweisung ihrer Begehren gegenüber der Erstbeklagten als nicht gesetzmäßig ausgeführt beurteilte) muss daher schon mangels Relevanz nicht eingegangen werden.

4. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2018:0010OB00221.18H.1220.000

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Fundstelle(n):
JAAAD-49390