zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
OGH vom 08.11.2005, 4Ob174/05z

OGH vom 08.11.2005, 4Ob174/05z

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Gitschthaler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B*****, vertreten durch Haslinger/Nagele & Partner, Rechtsanwälte GmbH in Linz, gegen die beklagte Partei Franz H*****, vertreten durch Dr. Mag. Andreas Grabenweger, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Unterlassung (Streitwert im Provisorialverfahren 30.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom , GZ 2 R 160/05d-47, womit der Beschluss des Landesgerichts Innsbruck vom , GZ 57 Cg 27/04p-42, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung - einschließlich ihres bestätigten und ihres mangels Anfechtung in Rechtskraft erwachsenen Teils - insgesamt wie folgt zu lauten hat:

„Einstweilige Verfügung

Zur Sicherung des Anspruchs der klagenden Partei auf Unterlassung wettbewerbswidriger Handlungen wird der beklagten Partei für die Dauer dieses Rechtsstreits geboten, es im geschäftlichen Verkehr ab sofort zu unterlassen, zu Zwecken des Wettbewerbs an Sonn- und Feiertagen

a) ihre Verkaufseinrichtungen „Blumenwelt H*****" in E*****, und/oder V*****, zum Zweck des Detailverkaufs von pflanzlichen Erzeugnissen, die nicht dem Betriebszweig Gartenbau zugehören, wie insbesondere Gehölze und Baumschulware, und/oder zum Zweck des Detailverkaufs nicht-pflanzlicher Erzeugnisse, wie etwa Pflanzenschutzchemikalien, Dünger, Erde, Keramik- und Terrakottatöpfe, sofern der Verkauf nicht anlässlich des Verkaufs von dem Betriebszweig Gartenbau zugehörenden Pflanzen und für deren Verwendung erfolgt, sowie von Brunnen und Dekorartikeln, entgegen den Bestimmungen des Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetzes und/oder des Öffnungszeitengesetzes 2003 in der jeweils geltenden Fassung offen zu halten und/oder eine solche Öffnung in der Öffentlichkeit anzukündigen,

b) in ihren Verkaufseinrichtungen in E*****, und/oder V*****, Arbeitnehmer zum Zweck des Detailverkaufs von pflanzlichen Erzeugnissen, die nicht dem Betriebszweig Gartenbau zugehören, wie insbesondere Gehölze und Baumschulware, und/oder zum Zwecke des Detailverkaufs nicht-pflanzlicher Erzeugnisse, wie etwa Pflanzenschutzchemikalien, Dünger, Erde, Keramik- und Terrakottatöpfe, sofern der Verkauf nicht anlässlich des Verkaufs von dem Betriebszweig Gartenbau zugehörenden Pflanzen und für deren Verwendung erfolgt, sowie von Brunnen- und Dekorartikeln, entgegen den Bestimmungen des Arbeitsruhegesetzes in der jeweils geltenden Fassung zu beschäftigen.

Von dieser einstweiligen Verfügung ausdrücklich ausgenommen sind für die Dauer von fünf Jahren beginnend mit 2004 die Wochenenden nach dem 1. 11. bis einschließlich 4. Adventswochenende, an welchen der Beklagte aufgrund des Bescheids der Gemeinde Ebbs vom zur Abhaltung eines Gelegenheitsmarktes an seinem Standort in E*****, berechtigt ist, und zwar im Umfang dieser bescheidmäßigen Genehmigung, nämlich nur hinsichtlich Geschenkartikeln für die Adventzeit und das bevorstehende Weihnachtsfest (einschließlich marktüblicher Getränke und Speisen).

Ebenso sind von dieser einstweiligen Verfügung für die Dauer von fünf Jahren beginnend mit 2005 ausdrücklich ausgenommen die Wochenenden nach dem 1. 11. bis einschließlich 4. Adventswochenende, an welchem der Beklagte aufgrund des Bescheids der Gemeinde M***** vom zur Abhaltung eines Gelegenheitsmarktes an seinem Standort M***** berechtigt ist, und zwar im Ausmaß der bescheidmäßigen Genehmigung, nämlich nur hinsichtlich Geschenkartikeln für die Adventzeit und das bevorstehende Weihnachtsfest (einschließlich marktüblicher Getränke und Speisen).

Das Mehrbegehren, der beklagten Partei zu untersagen, ihre Verkaufseinrichtungen in E***** und M***** zum Zweck des Detailverkaufs von pflanzlichen Erzeugnissen in Form von kulturfremden Blumen- und Pflanzenprodukten, die nicht ihrem allein auf die gärtnerische Kultur verschiedener Beet- und Balkonpflanzen, Topfpflanzen und Stauden ausgerichteten gärtnerischen Betriebszweig entsprechen, wie in Spezialgärtnereien herangezogene exotische Topfpflanzen wie Dionaea (Venusfliegenfalle), Nepenthes (Kannenpflanzen), Zamioculcas, Bromelien (Ananasgewächse), Anthurien (Flamingoblumen), Palmen, Alocasien, Nertera (Korallenbeere), Blattbegonien, Kakteen, Dickblattgewächse und Orchideen und/oder zum Zweck des Detailverkaufs nicht-pflanzlicher Erzeugnisse, wie etwa Pflanzenschutzchemikalien, Dünger, Erde, Keramik- und Terrakottatöpfe auch dann, wenn der Verkauf dieser nicht-pflanzlichen Erzeugnisse anlässlich des Verkaufs von zum Betriebszweig Gartenbau zugehörenden Pflanzen erfolgt, entgegen den Bestimmungen des Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetzes und/oder des Öffnungszeitengesetzes 2003 in der jeweils geltenden Fassung offen zu halten und/oder eine solche Öffnung in der Öffentlichkeit anzukündigen und/oder Arbeitnehmer zu diesen Zwecken entgegen den Bestimmungen des Arbeitsruhegesetzes in der jeweils geltenden Fassung zu beschäftigen, wird abgewiesen.

Die klagende Partei hat die Hälfte ihrer Kosten vorläufig selbst zu tragen, die Hälfte ihrer Kosten hat sie endgültig selbst zu tragen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 501,66 EUR (darin 83,61 EUR Umsatzsteuer) bestimmten halben Äußerungskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die klagende Partei hat die Hälfte ihrer Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorläufig selbst zu tragen, die halben Kosten hat sie endgültig selbst zu tragen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.378,53 EUR (darin 229,75 EUR Umsatzsteuer) bestimmten halben Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Klägerin betreibt an mehreren Standorten in Österreich - darunter auch in Tirol - Verkaufsmärkte in Form eines Gartencenters. Der Beklagte führt einen Gartenbaubetrieb bestehend aus dem 1984 aus einer Landwirtschaft hervorgegangenen Hauptbetrieb in E***** und einer 2003 eröffneten Zweigstelle in M*****. An beiden Standorten werden pflanzliche und nicht-pflanzliche Produkte im Detailverkauf auch an Sonn- und Feiertagen angeboten, wobei die Kunden auch an diesen Tagen von Mitarbeitern des Beklagten bedient werden.

Das von der Klägerin im Hauptverfahren angestrebte Unterlassungsgebot ist - zusammengefasst - darauf gerichtet, dem Beklagten zu untersagen, seine Verkaufseinrichtungen an Sonn- und Feiertagen zum Zweck des Detailverkaufs pflanzlicher Erzeugnisse in Form von Blumen- und Pflanzenprodukten und/oder nicht-pflanzlicher Erzeugnisse (sie werden beispielhaft angeführt) entgegen den Bestimmungen des Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetzes und/oder des Öffnungszeitengesetzes 2003 offen zu halten und/oder eine solche Öffnung anzukündigen und Arbeitnehmer zu den angeführten Zwecken entgegen den Bestimmungen des Arbeitsruhegesetzes zu beschäftigen.

Mit ihrem (nach Einholung eines Sachverständigengutachtens im Hauptverfahren) erhobenen Sicherungsantrag begehrt die Klägerin, dem Beklagten mit einstweiliger Verfügung aufzutragen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs an Sonn- und Feiertagen

a) seine (näher bezeichneten) Verkaufseinrichtungen zum Zwecke des Detailverkaufs von pflanzlichen Erzeugnissen in Form von kulturfremden Blumen- und Pflanzenprodukten, die nicht seinem allein auf die gärtnerische Kultur verschiedener Beet- und Balkonpflanzen, Topfpflanzen und Stauden ausgerichteten gärtnerischen Betriebszweig entsprechen, wie insbesondere Gehölze, Baumschulware und in Spezialgärtnereien herangezogene exotische Topfpflanzen wie Dionaea (Venusfliegenfalle), Nepenthes (Kannenpflanzen), Zamioculcas, Bromelien (Ananasgewächse), Anthurien (Flamingoblumen), Palmen, Alocasien, Nertera (Korallenbeere), Blattbegonien, Kakteen, Dickblattgewächse und Orchideen, und/oder zum Zwecke des Detailverkaufs von nicht-pflanzlichen Erzeugnissen, wie etwa Pflanzenschutzchemikalien, Dünger, Erde, Keramik- und Terrakottatöpfe, Brunnen und Dekorartikel, entgegen den Bestimmungen des Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetzes und/oder des Öffnungszeitengesetzes 2003 in der jeweils geltenden Fassung offen zu halten und/oder eine solche Öffnung in der Öffentlichkeit anzukündigen,

b) in seinen (näher bezeichneten) Verkaufseinrichtungen Arbeitnehmer zum Zweck des Detailverkaufs der in lit a näher bezeichneten pflanzlichen und nicht-pflanzlichen Erzeugnisse entgegen den Bestimmungen des Arbeitsruhegesetzes in der jeweils geltenden Fassung zu beschäftigen.

Die Klägerin macht geltend, der Beklagte betreibe an beiden Standorten Gartencenter. Er biete auf einer Fläche von jeweils mehreren 1000 m² samt Kassenzonen, Kaffeebetrieb und WC-Anlagen ein breites Sortiment an verschiedensten Blumen- und Pflanzenprodukten sowie eine Reihe nicht-pflanzlicher Produkte wie gartenbauliche Accessoirs (Tonwaren, Korbwaren, Samen, Literatur) und andere teils gartenbaufremde Produkte wie Kerzen, Schalen, Schmiedeeisenarbeiten, Gartenmöbel udgl zum Verkauf an. Er betreibe keine land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit und auch kein land- und forstwirtschaftliches Nebengewerbe. Er biete auch produktions- und kulturfremde Artikel wie etwa exotische Topfpflanzen, Gehölze und Baumschulware, die seinem Betriebszweig nicht zugehörten, in erheblichem Umfang an. Der Charakter eines (gewerblichen) Gartencenters überwiege. Der Beklagte halte seine Betriebe für den Detailverkauf an Sonn- und Feiertagen geöffnet und beschäftige 30 bis 35 bzw 20 Mitarbeiter. Er verstoße damit in sittenwidriger Weise (§ 1 UWG) gegen Bestimmungen des Öffnungszeitengesetzes, des Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetzes und des Arbeitsruhegesetzes. Der Gesetzesverstoß sei ihm auch subjektiv vorwerfbar. Das in Ansehung der pflanzlichen Erzeugnisse formulierte Unterlassungsgebot beziehe sich auf die dem Betriebszweig des Beklagten nicht zugehörige sogenannte „produktions- und kulturfremde" Ware, wie Gehölze und Baumschulware und die vom Sachverständigen im Hauptverfahren als „Exoten" bezeichneten Topfpflanzen. Ihr Sicherungsantrag richte sich nicht gegen pflanzliche Erzeugnisse, die der Beklagte in seinem gärtnerischen Betrieb entweder selbst gezogen oder innerhalb dieses Betriebszweigs zugekauft habe. Auch eine Überschreitung des 25 %igen Zukaufsprivilegs sei nicht Gegenstand des Sicherungsantrags.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Sicherungsantrags. Er wendete - soweit im Revisionsrekursverfahren noch von Bedeutung - ein, er betreibe land- und forstwirtschaftliche Urproduktion und unterliege damit nicht der Gewerbeordnung. Auch die angebotenen Gehölze und Baumschulwaren gehörten zu seinem Betriebszweig. Der Verkauf nicht-pflanzlicher Artikel in einer landwirtschaftlichen Gärtnerei sei durch § 2 Abs 3 und Abs 4 Z 1 GewO gestattet. Seine Rechtsansicht, das Offenhalten der Betriebe an Sonn- und Feiertagen sei gesetzlich zulässig, werde von verschiedenen Institutionen und Behörden bestätigt und sei daher jedenfalls vertretbar. Er verfüge über diverse Ausnahmegenehmigungen, die die beanstandete Betriebsführung rechtfertigten. Im Übrigen sei das Arbeitsruhegesetz nicht anzuwenden, weil er ausschließlich Angehörige der Landesarbeiterkammer als Arbeitnehmer beschäftige.

Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung antragsgemäß. Es traf umfangreiche Feststellungen zur Ausstattung der Betriebsgebäude und Anlagen, zum Warenangebot des Beklagten, dem Umfang der Eigenproduktion und dem Zukauf von Pflanzen. Soweit im Rechtsmittelverfahren von Bedeutung, steht - zusammengefasst - fest, dass der Beklagte Gartenbau betreibt. Sein Angebot an pflanzlichen Erzeugnissen besteht aus Topf(zimmer)pflanzen, Blattpflanzen und zwar sowohl einheimischen als auch den im Sicherungsantrag angeführten „Exoten", aus Kübelpflanzen (auch Solitärpflanzen), Bonsai, Beet- und Balkonpflanzen, Stauden sowie Zierkürbissen. Er zieht diese Pflanzen teils zur Gänze selbst (aus eigenem oder zugekauftem Saatgut), teils kauft er Halbfertigware (Stecklinge oder Setzlinge) an und verkauft die Pflanzen nach Kultivierung weiter, teils veräußert er gekaufte Pflanzen (so etwa Exoten) ohne weitere Kultivierung. Letztere werden in seinem Betrieb nur gewässert. Er betreibt keine Baumschule und kultiviert auch keine Gehölze. Neben pflanzlichen Erzeugnissen bietet der Beklagte auch nicht-pflanzliche Produkte wie Pflanzenschutzchemikalien, Dünger, Erde, Keramik- und Terrakottatöpfe, Brunnen und Dekorartikel zum Verkauf an. Das Gemeindeamt E***** hat den Beklagten die Abhaltung eines Gelegenheitsmarkts an den Wochenenden nach dem 1. 11. bis einschließlich 4. Adventswochenende eines jeden Jahres für die Dauer von fünf Jahren beginnend mit 2004 gestattet; danach darf er in seinem Betrieb in E***** Geschenkartikel für die Adventszeit und das bevorstehende Weihnachtsfest einschließlich marktüblicher Getränke und Speisen anbieten. Eine inhaltlich vergleichbare Regelung hat das Gemeindeamt M***** für insgesamt fünf Jahre beginnend mit 2005 für die Betriebsstätte in M***** getroffen.

Das Erstgericht bejahte den Gesetzesverstoß. Bei den Betrieben des Beklagten handle es sich zumindest teilweise um der Gewerbeordnung unterliegende Verkaufsbetriebe in Form eines Gartencenters. Sie dürften an Sonn- und Feiertagen - mit Ausnahme der für die Adventszeit erteilten Sondergenehmigungen - nicht offen gehalten werden. Der Gesetzesverstoß verwirkliche zugleich ein sittenwidriges Verhalten im Sinn des § 1 UWG.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Beklagten teilweise Folge und änderte die vom Erstgericht erlassene einstweilige Verfügung dahin ab, dass sie das zu lit a und b formulierte Unterlassungsbegehren in Ansehung des Detailverkaufs von - im Einzelnen angeführten - exotischen Topfpflanzen abwies. Im Übrigen bestätigte es die einstweilige Verfügung des Erstgerichts und übernahm auch die - rechtskräftig gewordenen - Ausnahmen betreffend die Gelegenheitsmärkte. Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs mangels einer über den Einzelfall hinausgehenden Rechtsfrage nicht zulässig sei. Von den Feststellungen des Erstgerichts ausgehend bejahte auch das Rekursgericht einen Verstoß gegen das Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetz, das Öffnungszeitengesetz 2003 wie auch das Arbeitsruhegesetz in Ansehung des Detailverkaufs von pflanzlichen Erzeugnissen in Form „kulturfremder Blumen- und Pflanzenprodukte" wie insbesondere Gehölze und Baumschulware und/oder des Detailverkaufs der im Sicherungsantrag angeführten nicht-pflanzlichen Erzeugnisse. Zur Land- und Forstwirtschaft gehörend und deshalb von der Gewerbeordnung ausgenommen sei lediglich die Hervorbringung und Gewinnung pflanzlicher Erzeugnisse einschließlich des Gartenbaus und der Baumschulen und der Zukauf von Erzeugnissen des jeweiligen Betriebszweiges, wenn deren Einkaufswert nicht mehr als 25 % des Verkehrswerts aller Erzeugnisse des jeweiligen Betriebszweigs betrage. Der Beklagte erzeuge keine Baumschulware und übe auch nicht die Tätigkeit einer Baumschule aus, sodass er in diesem Betriebszweig keine Urproduktion betreibe. Der Zukauf von Gehölzen und Baumschulware betreffe daher betriebszweig-fremde Produkte und sei von der Ausnahmebestimmung der Gewerbeordnung nicht erfasst. Etwas anderes gelte aber für die im Sicherungsantrag aufgezählten exotischen Topfpflanzen, die zum Betriebszweig des Beklagten gehörten. Insoweit sei das Sicherungsbegehren abzuweisen. Der selbstständige Verkauf der im Verbot angeführten nicht-pflanzlichen Erzeugnisse habe zwar überwiegend mit der Bearbeitung der eigenen Naturprodukte zu tun. Ihre Ver- und Bearbeitung sei aber nur unter der Voraussetzung als Nebengewerbe zulässig, dass der Charakter des jeweiligen Betriebs als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb gewahrt bleibe. Davon könne nach der vorliegenden Sachverhaltsgrundlage keine Rede sein, sodass das Unterlassungsgebot diesbezüglich berechtigt sei.

Die Klägerin ließ die Teilabweisung unbekämpft.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs des Beklagten ist zulässig, und auch teilweise berechtigt.

Die Klägerin bekämpft die Abweisung ihres Sicherungsbegehrens hinsichtlich der exotischen Topfpflanzen nicht. Die - vom Rekursgericht bejahte - Frage, ob diese exotischen Topfpflanzen (in der Diktion des Sicherungsbegehrens und seiner Abweisung) „dem gärtnerischen Betriebszweig des Beklagten entsprechen", stellt sich daher im Revisionsrekursverfahren nicht mehr. Im Sicherungsverfahren ist nicht strittig, dass der Beklagte im Betriebszweig Gartenbau als landwirtschaftlicher Gärtner tätig ist (zum Begriff landwirtschaftlicher Gärtner und seine Abgrenzung zum gewerblichen Gärtner im Sinn des § 94 Z 24 GewO siehe Kinscher/Paliege-Barfuß, GewO7 § 2 Anm 171; Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO2 § 2 Rz 76) und in diesem Betriebszweig auch Zukäufe tätigt. Ob der Beklagte beim Zukauf fremder Erzeugnisse die 25 %-Grenze des § 2 Abs 3 Z 1 GewO überschritten hat, ist nicht Gegenstand des Sicherungsverfahrens.

Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist die Frage, ob Gehölze und Baumschulwaren pflanzliche Erzeugnisse im Sinn des § 2 Abs 3 Z 1 GewO sind, die dem Betriebszweig „Gartenbau" zugehören. Der Beklagte macht geltend, auch diese Erzeugnisse seien land- und forstwirtschaftliche Urproduktion, ihr Vertrieb unterliege nicht der Gewerbeordnung, sodass ein Offenhalten der Verkaufseinrichtungen zum Verkauf von Gehölzen und Baumschulwaren nicht die ihm vorgeworfenen Gesetzesverstöße verwirkliche.

Die Anwendbarkeit der Vertriebsbeschränkungen des Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetzes setzt nach dessen § 1 voraus, dass die jeweilige Tätigkeit der Gewerbeordnung unterliegt; das Öffnungszeitengesetz 2003 ist nach seinem § 1 Abs 1 nur auf Verkaufseinrichtungen von Unternehmen anzuwenden, die der Gewerbeordnung unterliegen.

Vom Geltungsbereich der Gewerbeordnung ausgenommen sind unter anderem die Land- und Forstwirtschaft (§ 2 Abs 1 Z 1 GewO) sowie land- und forstwirtschaftliche Nebengewerbe (§ 2 Abs 1 Z 2 GewO). Zur Land- und Forstwirtschaft gehören nach § 2 Abs 3 Z 1 GewO die Hervorbringung und Gewinnung pflanzlicher Erzeugnisse mit Hilfe der Naturkräfte, einschließlich des Wein- und Obstbaus, des Gartenbaus und der Baumschulen; hinsichtlich des Weinbaus ferner im Gesetz bestimmt festgelegte Zukäufe von aus dem EWR stammenden Weinen oder Trauben; hinsichtlich aller übrigen Betriebszweige auch der Zukauf von aus dem EWR stammenden Erzeugnissen des jeweiligen Betriebszweigs, wenn deren Einkaufswert nicht mehr als 25 % des Verkaufswerts aller Erzeugnisse des jeweiligen Betriebszweigs beträgt. Welche Tätigkeitsbereiche der „Hervorbringung und Gewinnung pflanzlicher Erzeugnisse mit Hilfe der Naturkräfte" dienen können, wird aus den im Gesetz angeführten Betriebszweigen deutlich. Der Gesetzgeber unterscheidet dabei unter anderem den Wein- und Obstbau, den Gartenbau und die Baumschulen und stellt auch bei der Regelung des 25 %igen Zukaufs fremder Erzeugnisse auf den jeweiligen Betriebszweig ab (Grabler/Stolzlechner/Wendl aaO § 2 Rz 80).

Der Beklagte ist als landwirtschaftlicher Gärtner im Betriebszweig Gartenbau tätig. Er betreibt weder eine Baumschule noch kultiviert er Gehölze. Die in seinen Verkaufseinrichtungen angebotenen Gehölze wie auch die Baumschulware stammen zur Gänze aus Zukäufen und werden in unverändertem Zustand (ohne Kultivierung) weiterverkauft. Es handelt sich daher um reine Handelsware, die weder aus der land- und forstwirtschaftlichen (Ur)Produktion des Beklagten stammt noch - mangels eines entsprechenden Betriebszweigs „Baumschule" - als Zukauf unter die Ausnahmebestimmung des § 2 Abs 3 Z 1 GewO fällt. In Ansehung dieser Gehölze und Baumschulwaren liegt daher eine land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit des Beklagten im Sinn des § 2 Abs 1 und Abs 3 Z 1 GewO nicht vor. Das Unterlassungsgebot ist insoweit berechtigt. Es war daher auszusprechen, dass der Detailvertrieb pflanzlicher Erzeugnisse, die nicht dem Betriebszweig Gartenbau zugehören, wie insbesondere Gehölze und Baumschulware unter den angeführten Umständen untersagt wird.

Zu dem ihm untersagten Verkauf nicht-pflanzlicher Produkte an Sonn- und Feiertagen macht der Beklagte geltend, nach dem Ergebnis der Gewerbereferententagung 1986 stehe dem Landwirt ein Verkauf seiner Naturprodukte in einer notwendigen und zweckmäßigen Verpackung (Umhüllung) zu. Der Verkauf von aus eigener Produktion stammenden Erzeugnissen, die üblicherweise zu Geschenkzwecken erworben werden, sei mit jenem Zubehör zulässig, das bei derartigen Geschenken gebräuchlich sei. Im Übrigen vertrete das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit die Auffassung, der gesonderte Verkauf von „Hartwaren" sei zulässig, wenn er geeignet sei, einer Be- und Verarbeitung im Sinn des § 2 Abs 4 Z 1 GewO zugeführt zu werden. Dies sei bei Pflanzenschutzmitteln und Dünger, Erde, Dekorationsartikeln und Blumentöpfen der Fall. Unabhängig davon sei darauf abzustellen, ob die nicht-pflanzlichen Produkte im Rahmen der Be- bzw Verarbeitung im Sinn des § 2 Abs 4 Z 1 GewO verwendet würden oder verwendet werden könnten. Unter Berücksichtigung dieser auch vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit vertretenen Auffassung, wonach es ausreiche, dass die gesondert verkaufte Hartware nur geeignet sein müsse, einer Be- und Verarbeitung im Sinn des § 2 Abs 4 Z 1 GewO zugeführt zu werden, sei seine damit konform gehende Rechtsauffassung keineswegs unvertretbar.

Zu § 2 Abs 4 Z 1 GewO ist anerkannt, dass der Verkauf von Ziertöpfen (Übertöpfen) zu einer nicht vom landwirtschaftlichen Gärtner stammenden Topfpflanze nicht unter die Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft fallen, weil die Beigabe eines Ziertopfes nicht als Verarbeitung oder Bearbeitung des eigenen Naturprodukts angesehen werden kann und der Ziertopf kein mitverarbeitetes Erzeugnis ist (Grabler/Stolzlechner/Wendl aaO § 2 Rz 94). Der Verkauf von Ziertöpfen anlässlich des Verkaufs von aus eigener Produktion stammenden Topfpflanzen wird jedoch als zulässig angesehen (Kinscher/Paliege-Barfuß aaO § 2 Anm 173; Grabler/Stolzlechner/Wendl aaO § 2 Rz 94).

Unter Berücksichtigung der im Schrifttum vertretenen Auffassung kann sich der Beklagte mit guten Gründen wohl nur darauf berufen, zum Verkauf von Keramik- und Terrakottatöpfen anlässlich des Verkaufs eines pflanzlichen Erzeugnisses seines Betriebszweiges Gartenbau auch an Sonn- und Feiertagen berechtigt zu sein. Insoweit ist seine Rechtsansicht subjektiv nicht vorwerfbar. Gleiches gilt für den Verkauf von Pflanzenschutzchemikalien, Dünger und Erde, sofern sie anlässlich des Verkaufs von dem Betriebszweig des Beklagten Gärtnerei zugehörenden Pflanzen und für deren Verwendung erfolgt. Dadurch wird auch der Charakter des Betriebs als Gärtnerei nicht verändert. Dass aber der darüber hinausgehende selbstständige Verkauf von Ziertöpfen, Dünger, Erde und Chemikalien, wie auch Brunnen und Dekorartikeln mit einer Bearbeitung oder Verarbeitung überwiegend der eigenen Naturprodukte im Sinn des § 2 Abs 4 Z 1 GewO nichts zu tun hat (und dies dem Beklagten als Fachmann auf dem Gebiet des Gartenbaus ohne weiteres erkennbar sein musste), hat das Rekursgericht zutreffend erkannt (§ 510 (3) ZPO), wenngleich ihm durch Weglassen des Wortes „nichts" ein sinnstörender Schreibfehler unterlaufen ist.

Das Unterlassungsgebot in Ansehung nicht-pflanzlicher Produkte wie Pflanzenschutzmittel, Dünger, Erde, Keramik- und Terrakottatöpfe ist daher mit der Einschränkung eines gleichzeitigen Verkaufs von dem Betriebszweig Gartenbau zugehörenden Pflanzen (und für deren Verwendung) berechtigt. Hinsichtlich des Verkaufs von Brunnen und Dekorartikeln ist das Unterlassungsgebot ohne Einschränkung berechtigt.

Dem Revisionsrekurs des Beklagten wird teilweise Folge gegeben und die Beschlüsse der Vorinstanzen teilweise abgeändert. Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO, jene über die Kosten des Beklagten auf §§ 78 und 402 Abs 4 EO iVm §§ 53 und 50 Abs 1 ZPO. Die Klägerin hat ihren Sicherungsantrag zu weit gefasst. Mangels anderer Anhaltspunkte sind Unterliegen und Obsiegen jeweils mit 50 % zu bewerten (4 Ob 17/02g; 4 Ob 283/04b uva).