OGH vom 26.03.2009, 6Ob276/08v

OGH vom 26.03.2009, 6Ob276/08v

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Peter H*****, vertreten durch Dr. Klaus Nuener, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagten Parteien 1. L***** GmbH, *****, 2. B***** SE, *****, Luxemburg, 3. Fritz U*****, alle vertreten durch Atzl & Dillersberger & Bronauer Rechtsanwaltsgemeinschaft in Kufstein, wegen Feststellung (Streitwert 35.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 191/08k-29, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass es sich bei der GmbH & Co KG um ein Leasingunternehmen handelte, dessen Gesellschaftszweck der Ankauf und die Vermietung von Kraftfahrzeugen aller Art sowie die Beteiligung an Unternehmen mit gleichem oder ähnlichem Unternehmensgegenstand war.

Diese Annahme erscheint im Hinblick darauf unbedenklich, dass sich dieser Unternehmensgegenstand aus dem Gesellschaftsvertrag Beilage ./A und auch aus dem Gewerbeschein Beilage ./C (Vermietung von Maschinen aller Art) sowie im Übrigen ja auch aus dem „Firmen"wortlaut der GmbH & Co KG (Neu- und Gebrachtwagen - Leasing) ergibt. Die Echtheit der Beilagen ./A und ./C wurde von den Beklagten anerkannt; die Parteien haben kein Vorbringen dahin erstattet, welchen anderen Unternehmensgegenstand die GmbH & Co KG sonst gehabt haben sollte. Ein derartiges Vorbringen erfolgte auch nicht in der außerordentlichen Revision des Klägers.

Inwieweit das Berufungsgericht daher von den Feststellungen des Erstgerichts abgegangen sein soll, wie der Kläger meint, ist für den Obersten Gerichtshof nicht erkennbar.

2. Sowohl in der zweitinstanzlichen Rechtsprechung (OLG Linz NZ 1988, 141) als auch in der Lehre (etwa Straube in Straube, HGB³ [2003] § 1 Rz 33a mwN) wurde zu § 1 Abs 2 Z 1 HGB die Auffassung vertreten, eine Leasinggesellschaft könne nicht Kaufmann im Sinne des § 1 Abs 2 HGB sein, also kein Grundhandelsgewerbe betreiben. Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist dazu zwar nicht aufzufinden (in der Entscheidung 5 Ob 677/82 ging es nicht um die Kaufmannseigenschaft der Leasinggesellschaft, sondern um jene des Leasingnehmers) - auch der Kläger vermag in seiner außerordentlichen Revision eine solche nicht zu benennen -, im Hinblick auf die dargestellten Auffassungen ist jedoch die Meinung des Berufungsgerichts, die GmbH & Co KG habe kein Grundhandelsgewerbe betrieben, nicht zu beanstanden; sie ist jedenfalls vertretbar. Einer weiteren Auseinandersetzung des Obersten Gerichtshofs mit dieser Frage bedarf es allerdings im Hinblick darauf nicht, dass mit das Unternehmensgesetzbuch idF Handelsrechtsänderungsgesetz 2005 in Kraft getreten ist, das die vormalige Einteilung der (nunmehr gemäß § 1 UGB) Unternehmer in verschiedene Arten von Kaufleuten aufgegeben hat. Eine Rechtsfrage von der in § 502 Abs 1 ZPO vorausgesetzten Qualität stellt sich somit in diesem Zusammenhang nicht (mehr).

Da die GmbH & Co KG nach den Feststellungen der Vorinstanzen trotz Aufnahme ihrer unternehmerischen Tätigkeiten nie ins Firmenbuch eingetragen wurde, war sie auch kein Kaufmann im Sinne des § 2 HGB oder ein Formkaufmann gemäß § 6 HGB.

3.1. Nach § 161 Abs 2 HGB fanden auf Kommanditgesellschaften grundsätzlich die Vorschriften über die offenen Handelsgesellschaften Anwendung. Gemäß § 123 Abs 1 HGB trat die Wirksamkeit der Gesellschaft im Verhältnis zu Dritten (erst) mit dem Zeitpunkt ein, in welchem die Gesellschaft in das Firmenbuch eingetragen wurde. Betrieb die Gesellschaft - so wie im vorliegenden Fall - kein Grundhandelsgewerbe, wirkte die Eintragung somit konstitutiv; davor handelte es sich lediglich um eine ABGB-Gesellschaft (Koppensteiner in Straube, HGB³ [2003] § 123 Rz 4 mwN), also um eine Gesellschaft nach bürgerlichem Recht. Dass die Gesellschaft in einem solchen Fall bereits ihre Geschäftstätigkeit aufgenommen hatte, änderte daran nichts.

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage ist die weitere Auffassung des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden, dass die GmbH & Co KG nie existent geworden ist und daher auch keine Rechtsnachfolgerin, konkret in der Person der OHG, haben konnte.

Mit seinen Überlegungen, für die Frage des wirksamen Entstehens der Gesellschaft sei nicht nur die Eintragung ins Firmenbuch relevant gewesen, sondern - und dies auch in Fällen, in denen ein Grundhandelsgewerbe nicht betrieben wurde - eine Zukunftsprognose, in welchem Ausmaß ein (Grundhandels-)gewerbe betrieben werden würde, entfernt sich der Kläger nicht nur von den gesetzlichen Grundlagen des Handelsgesetzbuchs, sondern auch von der damals herrschenden Rechtsprechung und Lehre.

3.2. Der Kläger verweist in seiner außerordentlichen Revision auf § 123 Abs 2 HGB und meint, unter den Gesellschaftern sei die GmbH & Co KG bereits mit Abschluss des Gesellschaftsvertrags am entstanden. Er verkennt dabei, dass § 123 Abs 2 HGB lediglich besagt, dass ab Wirksamwerden des Gesellschaftsvertrags zwischen den Gesellschaftern OHG-Recht gilt (Koppensteiner in Straube, HGB³ [2003] § 123 Rz 6 mwN). Dies ändert aber nichts daran, dass die GmbH & Co KG als parteifähiges Gebilde nie entstanden ist.

Da sowohl das Hauptklagebegehren als auch das erste Eventualbegehren die Feststellung der Rechtsnachfolge zwischen GmbH & Co KG und OHG anstreben, ist deren Abweisung durch die Vorinstanzen auch unter Berücksichtigung des § 123 Abs 2 HGB unbedenklich. Der Verweis des Klägers in seiner außerordentlichen Revision in diesem Zusammenhang auf Koppensteiner (in Straube, HGB³ [2003] § 123 Rz 18) und den Umstand, dass die GmbH & Co KG bereits gewerberechtlich tätig geworden sei, geht fehl. Koppensteiner meint an dieser Stelle nicht ein Gewerbe im Sinne der Gewerbeordnung, sondern im Sinne eines Handelsgewerbes; außerdem geht er bei seinen Überlegungen von einer erfolgten Registrierung aus, die jedoch hier gerade nicht stattgefunden hatte.

4. Zum zweiten Eventualbegehren, wonach festgestellt werden möge, dass die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags vom für die KG I, deren Gesellschafter nunmehr die Parteien sind, verbindlich sind, hat das Berufungsgericht sinngemäß ausgeführt, der Gesellschaftsvertrag der KG I sei am einstimmig dahin abgeändert worden, dass mit Ausnahme bestimmter, hier nicht einschlägiger Agenden für einen wirksamen Gesellschafterbeschluss einfache Mehrheit genüge. Jener Punkt III. Abs 4 des Gesellschaftsvertrags, der für bestimmte Agenden Einstimmigkeit vorgesehen hatte und um den es im vorliegenden Verfahren gehe, sei somit mit Zustimmung des Klägers zwischenzeitig abgeändert worden.

Dem hält der Kläger in seiner außerordentlichen Revision (zusammengefasst) entgegen, eine derartige Abänderung des Punktes III. Abs 4 im Jahr 1995 sei aus minderheitenschutzrechtlichen Überlegungen gar nicht möglich gewesen; Konsequenz dieser Änderung sei nämlich nunmehr, dass er von den Beklagten ständig überstimmt werde.

Abgesehen davon, dass sich der Oberste Gerichtshof bereits in der Entscheidung 2 Ob 281/05w (GesRZ 2006, 309) mit der Beschlussfassung der Parteien vom befasst und die Einführung des Mehrstimmigkeitsprinzips als zulässigen Eingriff in die Mitgliedschaftsrechte des Klägers angesehen hat, hat sich der Kläger im vorliegenden Rechtsstreit auf den Umstand einer (angeblichen) Unzulässigkeit der Vereinbarung weder im Verfahren erster Instanz (und dies, obwohl die Beklagten bereits in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom auf die erwähnte Entscheidung des Obersten Gerichtshofs ausdrücklich hingewiesen haben) noch im Berufungsverfahren gestützt, sodass er mit seinen nunmehrigen Ausführungen gegen das Neuerungsverbot des § 482 ZPO verstößt.