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OGH vom 19.01.2011, 3Ob196/10k

OGH vom 19.01.2011, 3Ob196/10k

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden und den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Sailer, den Hofrat Hon. Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und den Hofrat Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Markus B*****, vertreten durch Poduschka Anwaltsgesellschaft mbH in Perg, gegen die beklagte Partei M***** AG, *****, vertreten durch Kunz Schima Wallentin Rechtsanwälte OG in Wien, wegen 17.028,40 EUR, über die Revisionsrekurse beider Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom , GZ 30 R 33/10h-8, womit der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom , GZ 46 Cg 86/10g-4, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revisionsrekurse werden zurückgewiesen.

Die Anträge auf Zuspruch von Kosten für die Revisionsrekursbeantwortungen werden abgewiesen.

Text

Begründung:

Mit der am beim Handelsgericht Wien zu 12 Cg 117/09i eingebrachten, 25 Seiten umfassenden Klage begehrt der Kläger die Zahlung von 14.986,90 EUR samt 4 % Zinsen pA seit Zug um Zug gegen Rückstellung von 837 Stück (angekauft zum Kurs von 17,30 EUR je Stück) Zertifikate der M***** Ltd. (M*****). Vor der Tagsatzung am ergänzte der Kläger sein ohnehin schon umfangreiches Vorbringen mit einem weiteren, 30 Seiten umfassenden Schriftsatz. Aus dem Vorbringen des Klägers in diesem ersten Prozess ist Folgendes kursorisch hervorzuheben:

Der Kläger habe der beklagten Bank den Auftrag zum Erwerb der Zertifikate erteilt. Mit dieser bestehe ein Kommissions und Kaufvertrag (Selbsteintritt der Bank). Die Beklagte sei Depotbank. Das komplexe Geschäftsmodell der Beklagten mit einem Vertragsgeflecht eingebundener Tochtergesellschaften habe zum Wertverlust der Zertifikate geführt. Die Anfechtung werde „vordergründig“ auf listige Irreführung (§ 870 ABGB und § 871 ABGB) gestützt. Die Beklagte und die handelnden Organe hätten sich durch vorsätzliche Täuschung über die wertbildenden Eigenschaften des Produkts bereichert. Es seien Aufklärungs und Nachforschungspflichten (§§ 11, 13 und 14 WAG) sowie Schutz und Sorgfaltspflichten gegenüber dem Anleger verletzt worden. Ein typisches Risikogeschäft sei als sichere Anlageform dargestellt worden. Sämtliche Handlungen der Beteiligten und der Beklagten nahestehenden Gesellschaften seien dieser zuzuordnen (§ 875 ABGB). Die Werbung und Darstellung in der Öffentlichkeit sei falsch (mündelsichere Anlage; Bezeichnung der Wertpapiere als Aktien) und irreführend gewesen (§ 4 KMG). Es sei verschwiegen worden, dass die Mieteinnahmen der M***** direkt der Beklagten zufließen sollten. Bei den Zertifikaten nach Jersey Recht hätte eine ungleiche Stimmrechtsbefugnis in der Hauptversammlung der Gesellschaft bestanden. Unrichtig sei auch ein Streubesitz behauptet worden. Der Kapitalmarktprospekt sei unrichtig und unvollständig gewesen (§ 15 Abs 1 KMG). Das Naheverhältnis der Beklagten zur M***** sei verschwiegen worden. Die Entgelte aus dem „Lead Management“ seien überhöht (nicht branchenüblich) gewesen. Über eine indirekte Tochtergesellschaft sei es statt zur Platzierung auf dem Markt zu Rückführungen der Zertifikate an die M***** gekommen, danach zu weiteren Rückführungen von 88,8 Mio Stück. Die Beklagte habe damit ohne Risiko aufgrund des „Placement und Market Maker Vertrags“ als „Market Maker“ fungieren und überhöhte Provisionen sowie weiters Lizenzgebühren aus der Überlassung des M***** Logos sowie des Namens M***** lukrieren können. Die Vertragsgebühren seien nicht vertragsgemäß abgerechnet worden. Trotz vorhandener Liquidität aufgrund zahlreicher Kapitalerhöhungen der M***** sei der Ankauf von Immobilien mit teuren Treuhandkrediten finanziert worden. Die Beklagte habe daraus Zinsen lukriert. Über eine Tochtergesellschaft (M***** Ltd. [M*****]) sei die Beklagte in die Geschäftsführung der M***** eingebunden gewesen. Diese habe mit der Tochtergesellschaft Managementverträge mit überhöhten Managementgebühren abgeschlossen, auf die im Prospekt von Jänner 2007 nicht hingewiesen worden seien. Dadurch sei die Ertragskraft der Beklagten und der mit ihr verbundenen Unternehmen gestärkt worden. Sie habe zweifelhafte Aufwertungsgewinne aus den Immobilien lukriert. Die Personalkosten der M***** seien zum Nachteil der Anleger „explodiert“. Schließlich habe die Umstrukturierung der M***** im Zuge des Einstiegs einer C***** Ltd. zu einer Ablöse der Verträge der Beklagten bzw ihrer Tochtergesellschaft mit der M***** um einen nicht nachvollziehbaren Betrag von 280 Mio EUR zu Lasten der Kleinanleger geführt (näheres S 22 f der Klage). Wegen der drastischen Änderungen der Verhältnisse gegenüber denjenigen bei Vertragsabschluss, wodurch es zu unvorhersehbaren Äquivalenzstörungen gekommen sei, sei die Geschäftsgrundlage weggefallen.

Mit der am eingebrachten weiteren Klage begehrt der Kläger die Zahlung von 17.028,40 EUR samt 4 % Zinsen seit Zug um Zug gegen Rückstellung derselben im Erstprozess angeführten 837 Stück Zertifikate der M*****, hilfsweise die Feststellung der Haftung der Beklagten „aus der Vermittlung von sowie aus der fehlerhaften Beratung im Zusammenhang mit dem Erwerb“ der Wertpapiere. Der Betrag von 17.028,40 EUR setzt sich aus dem Kaufpreis von 14.986,90 EUR und dem vom Kläger kapitalisierten und nun begehrten Zinsenbetrag von 2.041,50 EUR zusammen. Beim Zinsenbetrag handle es sich um den entgangenen Zinsengewinn einer alternativen Veranlagung als positiver Schaden, der vorläufig nur mit 4 % veranschlagt werde. Der Kläger begehrt „in erster Linie die Rückabwicklung im Sinne einer Naturalrestitution“ und stützt sein nunmehr 30 Seiten umfassendes Klagevorbringen explizit „auf Schadenersatz aufgrund culpa in contrahendo, auf Schadenersatzansprüche gemäß § 874 ABGB,§ 15 WAG aF, § 1300 ABGB1295 iVm § 1311 ABGB iVm § 146 StGB, § 255 AktG,§ 48a d BörseG,§§ 1 und 2 UWG und §§ 4, 11 und 15 KMG sowie auf jeden weiteren erdenklichen Rechtsgrund wegen arglistiger bzw schuldhafter Verletzung der gebotenen Aufklärung“. Das Klagevorbringen ist in Ansehung des behaupteten Sachverhalts zu großen Teilen mit dem Vorbringen des Klägers im anhängigen Erstprozess (Klage und vorbereitender Schriftsatz) identisch (beispielsweise zu den Themen des Erwerbs der Zertifikate, der Prospekthaftung, der irreführenden Werbung, der mangelnden Aufklärung und der für die Beklagte profitablen Nahebeziehung zur M***** uva). Teilweise wird das Sachverhaltsvorbringen ergänzt. Eine ausführliche Wiedergabe der nun vorgetragenen Sachverhaltsbehauptungen ist an dieser Stelle nicht erforderlich. Darauf wird bei der Behandlung der Revisionsrekursausführungen zur Rechtsfrage, ob die mit der zweiten Klage neu behaupteten Sachverhaltselemente die Annahme rechtfertigen können, der Kläger mache nun einen weiteren, anderen Klagegrund geltend, einzugehen sein.

Das Erstgericht wies die Klage über Einrede der beklagten Partei wegen Streitanhängigkeit zurück. Beim selben Gerichtshof sei schon ein Verfahren zwischen denselben Parteien anhängig. Dort habe der Kläger die Aufhebung der zwischen ihm und der beklagten Partei geschlossenen Verträge vom und die Zahlung von 14.986,90 EUR samt 4 % Zinsen Zug um Zug gegen die Rückstellung von 837 Zertifikaten begehrt. Wenn bei Parteienidentität auch das Begehren und der rechtserzeugende Sachverhalt (hier der Erwerb von Zertifikaten am ) ident seien, liege das Prozesshindernis nach § 233 Abs 1 ZPO vor.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Klägers teilweise dahin Folge, dass es den erstinstanzlichen Beschluss im Umfang von 2.041,50 EUR sA aufhob und insoweit dem Erstgericht die Fortführung über das Klagebegehren auftrug; im Übrigen (14.986,90 EUR samt 4 % Zinsen seit ) bestätigte es die erstinstanzliche Klagezurückweisung.

In beiden Verfahren gehe es um den Erwerb derselben 837 Zertifikate. § 233 Abs 1 ZPO stelle auf „den geltend gemachten Anspruch“ und auf „den nämlichen Anspruch“ ab. Nicht nur das Begehren, sondern auch der Rechtsgrund müssten identisch sein, um vom selben Anspruch ausgehen zu können. Unter „demselben Rechtsgrund“ sei der idente „rechtserzeugende Sachverhalt“ zu verstehen. Dieser bestehe jedenfalls in beiden Verfahren im Erwerb derselben 837 Zertifikate durch den Kläger, der seinen Anspruch im Erstprozess nur „ vordergründig “ auf Anfechtung wegen listiger Irreführung, wegen veranlassten Irrtums und wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage gestützt habe.

Dies schließe nicht aus, dass der Zahlungsanspruch auch auf die Schadenersatzpflicht desjenigen gestützt werde, der den Kläger überlistet oder in Irrtum geführt hat. § 874 ABGB verdeutliche eine „Wesensgleichheit“ des materiellen Anspruchs auf Vertragsanfechtung wegen Irrtums mit dem damit einhergehenden Schadenersatzanspruch.

Nach § 235 Abs 4 ZPO bedeute die Ergänzung des Vorbringens dann keine Änderung der Klage, wenn der „Klagsgrund“ unverändert bleibt. Wegen der Betonung des Tatsachenvorbringens in § 226 Abs 1 ZPO und der nach dem Grundsatz „ iura novit curia“ fehlenden Verpflichtung des Klägers, den Anspruch rechtlich zu argumentieren, sei grundsätzlich vom Begriff des zweigliedrigen Streitgegenstands auszugehen, wonach sich der Streitgegenstand aus dem Begehren (Urteilsantrag) und dem Tatsachenvorbringen definiere. Es ändere den Streitgegenstand (oder den „Rechtsgrund“) nicht, wenn ausgehend vom identen Tatsachenkern rechtliche Schlussfolgerungen variiert oder zusätzliche Rechtsnormen als Basis der rechtlichen Beurteilung genannt werden. Das idente Leistungsbegehren auf Rückzahlung des Kaufpreises stütze der Kläger jeweils auf den im Wesentlichen selben rechtserzeugenden Sachverhalt.

Soweit die Streitwerte in beiden Verfahren verschieden seien, sei aber unberücksichtigt geblieben, dass nur ein Teil der beiden Begehren ident sei, nämlich das Leistungsbegehren im Umfang von 14.986,90 EUR samt 4 % Zinsen aus diesem Betrag ab (auf ein Eventualbegehren sei bei der Prüfung der Streitanhängigkeit nicht einzugehen). Den darüber hinausgehenden Betrag (2.041,50 EUR) habe der Kläger im Erstprozess nicht eingeklagt; in diesem Umfang liege somit keine Streitanhängigkeit vor. Für diese zusätzliche Forderung stehe es dem Kläger frei, einen abgesonderten Prozess zu führen. Er mache damit keine „Nebenforderung“, sondern einen behaupteten Schaden geltend. Darüber werde das gesetzliche Verfahren zu führen sein.

Der Revisionsrekurs sei wegen der großen Zahl vergleichbarer Fälle, die beim Erstgericht (und bei einem Bezirksgericht) anhängig seien, aus Gründen der Rechtssicherheit zulässig.

Gegen die Rekursentscheidung erheben beide Parteien Revisionsrekurs.

Der Kläger beantragt, den Beschluss aufzuheben und dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufzutragen.

Die Beklagte beantragt die Abänderung dahin, dass in Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses die Klage zur Gänze wegen Streitanhängigkeit zurückgewiesen werde.

Beide Parteien beantragen jeweils, dem Revisionsrekurs der Gegenseite nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionsrekurse sind jeweils mangels erheblicher Rechtsfragen nicht zulässig:

I. Zum Revisionsrekurs des Klägers:

1. Der Umstand alleine, dass die zu lösenden Fragen in einer Vielzahl von Fällen auftreten, bewirkt nicht ihre Erheblichkeit iSd § 502 Abs 1 ZPO (RIS Justiz RS0042816; hier § 528 Abs 1 ZPO).

2. Streitanhängigkeit setzt Identität der Parteien und des geltend gemachten Anspruchs voraus (RIS Justiz RS0039473). Nach hM besteht der maßgebliche zweigliedrige Streitgegenstand aus dem rechtserzeugenden Sachverhalt (Klagegrund) und dem Urteilsbegehren (RIS Justiz RS0037419), nicht hingegen aus der rechtlichen Beurteilung des Vorbringens (RIS Justiz RS0037551). Streitanhängigkeit liegt also vor, wenn sowohl die Begehren (hier auf Zahlung von 14.986,90 EUR Zug um Zug gegen Rückgabe der Wertpapiere) als auch der behauptete rechtserzeugende Sachverhalt in beiden Verfahren übereinstimmen (RIS Justiz RS0039347; RS0041229).

3. Der vom Kläger angestrebte dreigliedrige Streitgegenstandsbegriff entbehrt einer rechtlichen Grundlage (zuletzt 4 Ob 76/10w). Eine Bindung des Gerichts an die vom Kläger vorgenommene rechtliche Qualifikation wird nur dann angenommen, wenn sich der Kläger ausdrücklich und ausschließlich auf einen bestimmten Rechtsgrund beschränkt (10 Ob 11/08b; 7 Ob 110/09s uva). Im Zweifel ist nicht von einer solchen Beschränkung auszugehen (4 Ob 59/90; RIS Justiz RS0037610 [T36]). Hier hat sich der Kläger im Erstprozess nur „vordergründig“, also nicht ausschließlich, auf listige Irreführung, Irrtum und Wegfall der Geschäftsgrundlage gestützt. In diesem Prozess könnte der Sachverhalt rechtlich durchaus auch nach Schadenersatzrecht beurteilt werden.

4. Zwar ist Streitanhängigkeit dann nicht gegeben, wenn die rechtserzeugenden Tatsachen nur teilweise übereinstimmen, wenn also beim später geltend gemachten Anspruch weitere rechtserzeugende Tatsachen hinzutreten (RIS Justiz RS0039366; RS0039221). Dies bedeutet allerdings nicht, dass Streitanhängigkeit völlige Identität der Tatsachenbehauptungen in beiden Rechtsstreitigkeiten voraussetzte (7 Ob 23/78 = RIS Justiz RS0039423). Dies ergibt sich schon aus der Verneinung einer Klageänderung, wenn der Kläger seine Tatsachenangaben oder sein Beweisanbot nur ergänzt (§ 235 Abs 4 ZPO). Eine Klageänderung läge nur vor, wenn sich aus der Ergänzung eine Sachverhaltsänderung ergäbe (RIS Justiz RS0040011). Es wurde schon ausgesprochen, dass widersprechende Angaben über den Erwerbsvorgang im Eigentumsprozess keine Klageänderung bedeuteten (3 Ob 491/54 = SZ 27/228). Wenn der Kläger also in der zweiten Klage das wesentliche Sachverhaltsvorbringen aus dem ersten Verfahren teils nur wiederholt und teils ohne Sachverhaltsänderung ergänzt hätte, sodass im Erstprozess dem Gericht wie ausgeführt die rechtliche Beurteilung auch nach Schadenersatzrecht im Sinn einer rechtlichen Prüfung nach allen Richtungen (4 Ob 59/90; RIS Justiz RS0037580 [T1] uva) obliegt, läge das Prozesshindernis der Streitanhängigkeit vor.

5. Ein Vergleich des Sachverhaltsvorbringens im Erstprozess (Klage und vorbereitender Schriftsatz) mit denjenigen in der zweiten Klage ergibt, dass mit dieser kein neuer Klagegrund geltend gemacht, sondern nur der schon im Erstprozess vorgetragene Sachverhalt ergänzt und näher erläutert, großteils aber das Sachverhaltsvorbringen lediglich wiederholt wird:

a) Vorauszuschicken ist, dass der Kläger im Revisionsrekurs nicht einmal konkret ausführt, worin die Neuerungen im Sachverhaltsvorbringen bestehen sollten. Nur dieses Thema ist aber für die Frage der Streitanhängigkeit von Relevanz und nicht der vom Revisionsrekurswerber in den Vordergrund gestellte Umstand, dass die Beweisthemen für den Schadenersatzanspruch andere als diejenigen für die Anfechtung wegen Irrtums oder listiger Irreführung wären. Entscheidend ist hier nur, ob im zweiten Prozess andere oder doch solche ergänzenden Tatsachenbehauptungen vorgetragen werden, dass von einem völlig neuen Sachverhalt oder doch einer erheblichen Sachverhaltsänderung die Rede sein könnte. Beides ist hier zu verneinen.

b) Selbst wenn man das Revisionsrekursvorbringen dahin verstehen dürfte, dass der Rekurswerber die im Revisionsrekurs aufgelisteten Sachverhaltsbehauptungen (P 3.1. und 3.3. der Rechtsmittelschrift) aus der zweiten Klage, die er für den Schadenersatzanspruch als wesentlich anführt, als neue Sachverhaltsbehauptungen ansieht, ist damit für ihn nichts gewonnen. Zutreffend verweist die Beklagte in ihrer Revisionsrekursbeantwortung aktenkonform darauf hin, dass in Wahrheit keinerlei neuer Sachverhalt vorgetragen wurde:

Das folgende im Rechtsmittel aufgelistete Sachverhaltsvorbringen des Klägers, wurde von ihm schon im Erstprozess (12 Cg 117/09i) erstattet:

dass Zertifikatsrückkäufe über die S***** erfolgt seien: in der Klage S 15 und im vorbereitenden Schriftsatz S 13;

dass Anlegergelder zur Anleihentilgung verwendet worden seien: im Schriftsatz S 16;

dass Zertifikatsrückkäufe im Jahr 2007 im Ausmaß von 1,8 Mrd EUR entgegen dem Kapitalmarktprospekt und ohne öffentliche Bekanntmachung erfolgt seien: teils in der Klage S 15 (dort ziffernmäßig unbestimmt: Rückkäufe über die S***** und weitere 88,8 Mio Stück);

dass Rückkäufe über dem NAV (net asset value) erfolgt seien: Schriftsatz S 12;

dass seitens der M***** neben dem Management Vertrag noch weitere Gebühren für Management Leistungen gesondert vergütet worden seien: Klage S 17 f und Schriftsatz S 18;

dass die Ablöse an die Beklagte von 280 Mio EUR nicht den im Kapitalmarktprospekt veröffentlichten Vertragsbedingungen entsprochen habe: Klage S 22 und Schriftsatz S 4;

dass die propagierten Mietrenditen nicht die Gebühren an die Beklagte berücksichtigt hätten: Klage S 11 und Schriftsatz S 10;

dass fragwürdige Immobilienaufwertungen von 669 Mio EUR erfolgt seien: Klage S 21 und Schriftsatz S 10 (dort ohne Bezifferung).

Die feststellbaren Ergänzungen des Sachverhalts im Zweitverfahren (beispielsweise die Nennung des Jahres, in dem die Rückkäufe erfolgten; die Bezifferung der zweifelhaften bzw fragwürdigen Immobilienaufwertungen) können nach den dargelegten Grundsätzen nicht zur Beurteilung führen, der Kläger hätte mit der zweiten Klage eine so wesentliche Sachverhaltsänderung vorgetragen, dass von der Geltendmachung eines neuen Klagegrundes die Rede sein könnte. Seine nun erweiterte rechtliche Qualifikation auf Schadenersatzrecht und Anführung einer Fülle von möglicherweise maßgeblichen Rechtsnormen ändert am Prozesshindernis der Streitanhängigkeit nichts. Die bekämpfte Zurückweisung der Klage steht mit der zitierten Rechtsprechung im Einklang, weiters auch mit zwei in völlig gleichgelagerten Fällen ergangenen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs (7 Ob 207/10g und 1 Ob 177/10a) in Verfahren, in denen der Klagevertreter für andere Anleger einschritt und dieselbe Beklagte geklagt wurde.

6. Die Vorinstanzen haben auch das Eventualbegehren wenn auch nur implizit zurückgewiesen. Zu diesem Thema führt der Revisionsrekurswerber nichts aus. Es genügt daher der Hinweis, dass auch die Zurückweisung des Eventualbegehrens aus prozessualen Gründen mit der oberstgerichtlichen Rechtsprechung in Einklang steht:

Bedingte Prozesshandlungen sind nur sehr eingeschränkt und nur dort zulässig, wo der Ablauf des Verfahrens bereits durch unbedingte Prozesshandlungen sichergestellt ist (RIS Justiz RS0039602). Die Bedingung muss in einem innerprozessualen Umstand bestehen (RIS Justiz RS0006441; RS0037502). Ein Eventualbegehren setzt also die innerprozessuale Bedingung der Anhängigkeit eines Hauptbegehens im selben Verfahren voraus. Diese Bedingung verlagert sich bei Zurückweisung des Hauptbegehrens wegen Streitanhängigkeit in das erste Verfahren. Damit wird aber das Eventualbegehren unzulässig, weil das im Erstverfahren anhängige Hauptbegehren für das Eventualbegehren im zweiten Verfahren eine außerprozessuale Bedingung darstellt (6 Ob 543/91). Da der Kläger sein Eventualbegehren nur für den Fall stellt, dass „die Naturalrestitution nicht möglich ist“ und so eine Verknüpfung nur mit dem Zahlungsbegehren von 14.986,90 EUR vornimmt, ist das Eventualbegehren zur Gänze unzulässig, ungeachtet des Umstands, dass das Verfahren über den entgangenen Zinsengewinn fortzusetzen ist.

Der Revisionsrekurs des Klägers ist daher mangels erheblicher Rechtsfragen zurückzuweisen.

II. Auch der Revisionsrekurs der Beklagten ist mangels erheblicher Rechtsfragen unzulässig:

Dass das Oberlandesgericht Wien in vergleichbaren Fällen auch schon konträr entschieden hat, ist nicht maßgeblich. Von der oberstgerichtlichen Judikatur weicht die angefochtene Entscheidung über den eingeklagten Zinsenanspruch nicht ab:

Im Erstprozess verlangt der Kläger gesetzliche Zinsen aus dem begehrten Kapitalbetrag als Nebenforderung. Im zweiten Prozess ist das Begehren auf den Ersatz kapitalisierter Zinsen (2.041,50 EUR) gerichtet, den der Kläger auf den Sachverhalt eines entgangenen Zinsengewinns bei einer alternativen Veranlagung gründet und als positiven Schaden qualifiziert. Diese Qualifikation entspricht der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (RIS Justiz RS0042813 [T1]; RS0046495 [T1]; 4 Ob 90/10d; 9 Ob 25/10g; 7 Ob 176/10y; 7 Ob 207/10g). Der Kläger macht hier gegenüber dem Zinsenbegehren im Erstprozess einen anderen Klagegrund geltend.

III. Kosten für die Revisionsrekurs- beantwortungen waren nicht zuzusprechen, weil die Rekurswerber jeweils nicht auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels hingewiesen haben.