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OGH vom 22.12.1994, 2Ob591/94

OGH vom 22.12.1994, 2Ob591/94

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Silvia K*****, vertreten durch Dr.Michael Günther, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Dr.Josef T 2. Dipl.Ing. Manfred L*****, 3. "F*****gesellschaft mbH, ***** 4. ***** B***** AG, ***** 5. Freschen H***** Gesellschaft mbH, ***** 6. Dr.Herbert S 7. Univ.Prof. Dipl.Ing. DDr.Fritz P*****, 8. Univ.Prof. Dr. Fritz P*****, 9. Dipl.Ing. Hugo M*****, 10. Gerhard M*****, 11. Dipl.Ing. Dr.Josef A*****, 12. Dr.Theodor M*****, 13. Dr.Karl P*****, 14. Dr.Rudolf F*****, 15. Dr.Gertraud F*****, 16. Dr.Georg W*****, 17. Dipl.Dolm.Brigitte U*****, 18. Maria N*****, 19. Dr.Theobald E*****,

20. Martha T 21. Hellin L*****, 22. Dr.Franz Josef R*****, 23. E*****-Gesellschaft mbH, ***** 24. Dr.Wolfgang H*****, 25. Mag. Dr.Claudia F*****, und 26. M***** AG, ***** 1., 3., 16. und 20. beklagte Partei vertreten durch Schuppich Sporn & Winischhofer Rechtsanwälte, in Wien, Zweitbeklagter vertreten durch Dr.Walter Strigl, Rechtsanwalt in Wien, viertbeklagte Partei vertreten durch Dr.Thomas Schröfl, Rechtsanwalt in Wien, fünft- und 21. beklagte Partei vertreten durch Dr.Gerhard Horak, Rechtsanwalt in Wien, 7., 9., 12., 14., 19., 22., 23., 24. und 25.beklagte Partei vertreten durch Dr.Herbert Schachter, Rechtsanwalt in Wien, 8., 11., 13. und 18. beklagte Partei vertreten durch Dr.Andreas Grassl, Rechtsanwalt in Wien, 10.Beklagter vertreten durch Putz & Partner Rechtsanwälte, in Wien, 17.Beklagte vertreten durch Dr.Gertraud Fuchs, Rechtsanwalt in Wien und 26.beklagte Partei vertreten durch Dr.Georg Prantl, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 100.000 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom , GZ 2 R 130,131/93-41, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom , GZ 33 Cg 187/92-23, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, den 1., 3., 16. und 20.beklagten Parteien die mit insgesamt S 7.303,68 (darin enthalten Umsatzsteuer von S 1.217,28, keine Barauslagen), den 2., 4., 10. und 26.beklagten Parteien die mit je S 6.086,40 (darin enthalten Umsatzteuer von S 1.014,40, keine Barauslagen), den 5. und 21.beklagten Parteien die mit insgesamt S 6.695,04 (darin enthalten S 1.115,84 Umsatzsteuer, keine Barauslagen), den 6., 7., 9., 12., 14., 19., 22., 23., 24. und 25. beklagten Parteien die mit insgesamt S 9.129,60 (darin enthalten von S 1.521,60, keine Barauslagen), den 8., 11., 13. und 18.beklagten Parteien die mit insgesamt S 7.303,68 (darin enthalten Umsatzsteuer von S 1.217,28, keine Barauslagen) und den 15. und 17.beklagten Parteien die mit insgesamt S 6.695,04 (darin enthalten Umsatzsteuer von 1.115,84, keine Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin begehrt den Ersatz des Schadens, der ihr durch die Entwertung ihrer 100 am zum Kurs von 1910 erworbenen Aktien der T***** Aktiengesellschaft (im folgenden nur mehr als TI bezeichnet) aufgrund des bewußten und gewollten Zusammenwirkens der Beklagten entstanden sei. Der Erst- und Zweitbeklagte seien Vorstandsmitglieder sowohl der TI als auch der M***** AG (im folgenden nur mehr als MTH bezeichnet). Die dritt- bis 18.Beklagten seien Aktionäre der MTH. Gesellschafter der drittbeklagten Partei seien der Erstbeklagte, die 20.Beklagte und deren Tochter. Gesellschafter der fünftbeklagten Partei seien der Zweitbeklagte, die

21. Beklagte und deren Tochter. Der 19.Beklagte sei bis Aufsichtsrat der MTH gewesen und fungiere ab diesem Zeitpunkt als Vorstandsmitglied dieser Gesellschaft. Die 20. und 21.Beklagte seien Aufsichtsratsmitglieder der MTH, ebenso der 22.Beklagte. Die Sechstbis Achtbeklagten seien auch Aufsichtsratsmitglieder der MTH. Die

23. beklagte Partei habe im Auftrag der MTH und der TI ein Gutachten über die Bewertung beider Unternehmen erstellt, welches vom 24. und 25. Beklagten ausgearbeitet worden sei. Die 7., 18. und 19.Beklagten seien Aufsichtsräte der TI.

Die TI sei mit dem geschäftspolitischen Zweck gegründet worden, die Investitionsmöglichkeiten der 26.Beklagten (MTH) auszuweiten. Aus diesem Grunde sei eine Kapitalerhöhung der TI um S 150,000.000 auf insgesamt S 160,000.000 vorgenommen worden, wobei der Ausgabekurs 1.800 S pro Aktie im Nominale von 1.000 S betragen habe.

Die Klägerin sei durch den Prospekt "Kapitalerhöhung 1990" auf die TI als Neugründung der MTH aufmerksam geworden. Nach dem Inhalt dieses Prospektes seien Ertrag, Sicherheit und Substanz die geschäftspolitischen Pfeiler, auf denen das neue Unternehmen ruhen solle. Es sei beschrieben worden, daß die TI Beteiligungen in jeder möglichen Rechtsform erwerben werde, daß sie aber nicht mit mehr als rund 25 % am jeweiligen Unternehmen beteiligt sein werde, wobei sichergestellt sei, daß die Beteiligungen der MTH-Gruppe an diesen Unternehmungen mindestens so hoch seien wie die der TI. Nach der Kapitalerhöhung werde höchstens ein Drittel der zugeflossenen Mittel zum Beteiligungserwerb in Unternehmungen fließen, die bereits zu MTH-Gruppe gehörten.

Einige Wochen später sei von der TI ein Prospekt für die Einbeziehung zum sonstigen Wertpapierhandel an der Wiener Börse herausgebracht worden, aus dem erstmals ersichtlich gewesen sei, daß sich die kapitalmäßig mit knapp 3 % an der TI beteiligte MTH in sittenwidriger Weise die totale Kontrolle über das Unternehmen gesichert habe. Nach der Satzung der TI erfolge nämlich die Verwaltung der Beteiligungen nicht durch diese selbst, sondern treuhändig durch die MTH. Die MTH habe das Recht, ein Drittel der Mitglieder des Aufsichtsrates in diesen zu entsenden. Der 2/3-Mehrheit bedürfen Beschlüsse des Aufsichtsrates und der Hauptversammlung, soferne Gesetz und Satzung nicht eine höhere Stimmenmehrheit vorsehen.

Darüber hinaus sei zwischen der TI und der MTH ein bis zum unkündbarer Betriebsführungsvertrag geschlossen worden, aufgrund dessen die Überträgerin auf die Geschäftsführung der Betriebsführerin keinen Einfluß nehmen, insbesondere keine Weisungen erteilen werde. Die TI habe sich verpflichtet, auch alle erst in Zukunft zu erwerbenden Unternehmen oder Beteiligungen im Rahmen dieses Vertrages der Betriebsführerin zur Verwaltung zu übertragen. Die Überträgerin habe der Betriebsführerin eine nur unter Einhaltung bestimmter Vorausetzungen widerrufliche Generalhandelsvollmacht zur Vertretung der Überträgerin bei allen Rechtsgeschäften und Rechtshandlungen, bei denen das Gesetz oder die Satzung der Überträgerin eine Stellvertretung zulassen und die zur Verwaltung der Anteilsrechte notwendig sind, erteilt.

Nach der ersten ordentlichen Hauptversammlung der TI am , bei der dem Vorstand und dem Aufsichtsrat die Entlastung für das Rumpfgeschäftsjahr 1990 verweigert und die geplante Kapitalerhöhung um 80,000.000 S abgelehnt worden sei, sei die "Gruppe K*****", die etwa 40 % des Aktienkapitals der TI gehalten habe, in Gespräche über die Möglichkeit einer Fusion der TI mit der MTH und der E***** AG eingetreten. Bei einer Besprechung mit dem Erst- und Siebtbeklagten im Dezember 1991 sei bekannt geworden, daß der Erst- und Zweitbeklagte, entgegen den in den Einführungsprospekten genannten Prinzipien, ca 3/4 des Kapitals der TI dazu verwendet hätten, Kredite an die zu ihrem Einflußbereich zählenden Gesellschaften zu vergeben. Bis heute sei keine Offenlegung der den Darlehensnehmern gewährten Konditionen erfolgt. Bei diesem Gespräch habe der Erstbeklagte auch mitgeteilt, daß eine Herabsetzung des Grundkapitals der TI von 160,000.000 S um ca 100,000.000 S erwogen werde und die TI nach Durchführung der Kapitalherabsetzung mit der MTH und der E***** AG verschmolzen werden solle. Voraussetzung jeder Einigung sei jedoch gewesen, daß durch die 23.Beklagte ein Gutachten über den Unternehmenswert der MTH und der TI erstellt werde, wobei die Überprüfung dieses Gutachtens sowie aller dem Gutachten zugrundeliegender Unterlagen durch von der "Gruppe K*****" namhaft zu machende Fachleute vereinbart worden sei.

Das vollständige Gutachten sei - allerdings ohne Unterlagen - erst einen Tag vor der für den einberufenen Hauptversammlung der TI zur Verfügung gestellt worden, so daß eine genaue Überprüfung nicht stattfinden habe können. Ein erstes Überfliegen habe aber schon erhebliche Bedenken gegen die vorgenommenen Wertansätze ausgelöst, weshalb die "Gruppe K*****" der Verschmelzung nicht zugestimmt und eine Vertagung der Hauptversammlung erwirkt habe. Der 24.Beklagte, der das Gutachten zusammen mit dem 25.Beklagten erstellt habe, habe zugesagt, das Gutachten samt aller ihm zugrundeliegender Unterlagen ab einsehen zu lassen.

Aus Angst, daß eine genaue Überprüfung des Bewertungsgutachtens dessen völlige ihnen bekannte Unrichtigkeit an den Tag bringe werde, hätten der Erst- und Zweitbeklagte in einer beispiellosen Aktion das Geld der TI vereinnahmt. Sie hätten zu diesem Zweck für den eine außerordentliche Hauptversammlung der MTH einberufen und diese folgendes beschließen lassen:

1. Widerruf des Verschmelzungsvertrages;

2. Erhöhung des Stammkapitals von 40,000.000 S um 38,000.000 S auf 78,000.000 S durch

a) Ausgabe von 180.000 auf Inhaber lautende Stammaktien im Nennbetrag von 100 S zum Ausgabekurs von 445 S;

b) Ausgabe von 200.000 auf Inhaber lautende stimmrechtslose Vorzugsaktien im Nennbetrag von 100 S zum Ausgabekurs von 420 S.

Unter Ausschluß der Bezugsrechte der Aktionäre der MTH sei zur Übernahme dieser Kapitalerhöhung ausschließlich die TI zugelassen worden.

3. Ermächtigung des Vorstandes innerhalb von fünf Jahren, das Grundkapital von nach erfolgter Kapitalerhöhung Nominale 78,000.000 um weitere Nominale 39,000.000 durch Ausgabe von 390.000 auf Inhaber lautende Aktien im Nominale von 100 S zum Mindestausgabekurs von 100

S zu erhöhen und den Ausgabekurs sowie die Ausgabebedingungen im Einvernehmen mit dem Aufsichtsrat festzusetzen.

Der 19.Beklagte habe in dieser Hauptversammlung sämtliche Anträge gestellt, es hätten alle Aktionäre der MTH daran teilgenommen. Die nicht anwesenden Aufsichtsratsmitglieder, nämlich der 20., 21. und 22. Beklagte hätten den Beschlüssen ausdrücklich zugestimmt.

Am hätten der Erst- und Zweitbeklagte namens der TI einen Zeichnungsschein unterfertigt und für diese die gesamte Kapitalerhöhung übernommen. Gleichzeitig hätten sie von der TI an die MTH ein Gesellschafterdarlehen von 38,000.000 S gewährt.

Der Erst-, Zweit- und 19.Beklagte hafteten wegen Untreue, Veruntreuung und Betrugs, der Erst- und Zweitbeklagte überdies noch auf Grund der Verletzung der Vertragspflichten, zumal sie an die im Prospekt "Kapitalerhöhung 1990" dargelegten Grundsätze der Geschäftspolitik bis zu einer anderslautenden Beschlußfassung der Hauptversammlung der TI gebunden gewesen wären. Der Erst- und Zweitbeklagte als Vorstandsmitglieder sowie der 7., 8. und 19. Beklagte als Aufsichtsratsmitglieder der TI hafteten auch wegen sittenwidriger Schädigung durch Mißbrauch ihrer Organstellung. Sie hätten vorsätzlich zum Nachteil der TI gehandelt, um die MTH, an der sie alle direkt oder indirekt beteiligt seien, zu bereichern und hätten sich auf diese Art einen persönlichen Vorteil verschafft.

Die "Ausräumaktion" vom / stelle sich als Erwerb eigener Aktien durch die MTH und sohin als nichtig dar, weil die TI als abhängiges Unternehmen der MTH zu qualifizieren sei.

Alle Aktionäre der MTH seien gemeinschaftlich als Anstifter im Sinne des § 100 AktG zu qualifizieren.

Die durch die genannte "Ausräumaktion" begünstigte 26.beklagte Partei hafte ebenfalls für den Schaden der Klägerin.

Gemäß § 40 Z 2 AktG hafte als Gesamtschuldner mit dem Vorstand und den Aufsichtsratsmitgliedern "wer im Fall einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Schädigung der Gesellschaft durch Einlagen oder Sachübernahme an der Schädigung wesentlich mitgewirkt" habe. Diese Haftungsbestimmungen seien auf die 23. bis 25.beklagte Partei anzuwenden.

Schließlich hafteten alle Beklagten für den der Klägerin entstandenen Schaden auch gemäß § 1301 ABGB.

Die Beklagten bestritten dieses Vorbringen und beantragten Klagsabweisung.

Der Erstbeklagte stellte außer Streit, Vorstandsmitglied der TI und der MTH zu sein, weiters, daß zwischen diesen beiden Gesellschaften ein Betriebsführungsvertrag bestehe, daß die 23.beklagte Partei im Juli 1992 ein Gutachten über den Wert der Unternehmen zum erstellt habe und daß in der außerordentlichen Hauptversammlung der MTH am eine Erhöhung des Stammkapitals von 40,000.000 S um 38,000.000 S auf 78,000.000 S durch Ausgabe von 180.000 auf Inhaber lautende Stammaktien im Nennbetrag von je 100 S zum Ausgabekurs von 445 S und von 200.000 auf Inhaber lautende stimmrechtslose Vorzugsaktien im Nennbetrag von je 100 S zum Ausgabekurs von 420 S beschlossen wurde, wobei zur Übernahme dieser Kapitalerhöhung unter Ausschluß der Bezugsrechte der Aktionäre der MTH ausschließlich die TI zugelassen wurde. Weiters stellte er außer Streit, daß aufgrund dieses Beschlusses die TI mittels Zeichnungsscheines vom 180.000 Stück Stammaktien im Gesamtbetrag von 18,000.000 S zum Ausgabekurs von 445 %, sohin um 80,100.000 S und 200.000 Stück Vorzugsaktien im Gesamtnennbetrag von 20,000.000 S zum Ausgabekurs von 420 %, sohin um 84,000.000 S übernommen habe.

Der Zweitbeklagte stellte außer Streit, Vorstandsmitglied der TI zu sein.

Die Drittbeklagte stellte außer Streit, Aktionärin der 26.beklagten Partei zu sein und bei deren Hauptversammlung vom ihr Stimmrecht ausgeübt zu haben. Sie stellte ebenso wie der Erst-, 16. und 20.Beklagte den von der Klägerin behaupteten Inhalt des Beschlusses dieser Hauptversammlung außer Streit.

Die 15. bis 18.Beklagten stellten außer Streit, Aktionäre der

26. Beklagten zu sein.

Der 7. und 8.Beklagte stellten außer Streit, zusätzlich noch Aufsichtsräte der 26.beklagten Partei zu sein.

Die 19. bis 22.Beklagten stellten außer Streit, Aufsichtsräte der

26. Beklagten zu sein.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ohne Beweisaufnahme aus rechtlichen Gründen ab und führte aus, die Klägerin sei nach wie vor Aktionärin der weiterhin an der Börse notierenden TI. Ein endgültiger Schaden in ihrem Vermögen durch andauernde Entwertung der Aktien sei - solange sie noch Aktionärin sei - nicht eingetreten. Erst nach Verkauf der Aktien lasse sich ein Schaden ermitteln. Jedenfalls aber fehle es an einem Rechtswidrigkeitszusammenhang, weil sich aus dem Vorbringen der Klägerin allenfalls ein Schaden der TI ableiten lasse. Das Vermögen der Klägerin sei aber von dem dieser Gesellschaft verschieden. Werde die Gesellschaft geschädigt, so vermindere sich ohne weiteres auch der innere Wert der einzelnen Aktie als Quote des Gesellschaftsvermögens. Der Aktionär erleide damit aber nur einen mittelbaren Schaden und könne nur den Ersatz jenes Schadens begehren, den er unmittelbar im eigenen Vermögen erlitten habe und der nicht im Verlust des Wertes seiner Aktie liege.

Das von der Klägerin angerufene Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte die ordentliche Revision für zulässig.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Berufungsgericht die Ansicht, aus dem zwischen der TI und der MTH abgeschlossenen Betriebsführungsvertrag ergebe sich, daß die TI unter dem beherrschenden Einfluß der MTH stehe.

Nach ständiger Rechtsprechung liege ein nicht ersatzfähiger mittelbarer Schaden dann vor, wenn er nicht in der Richtung des Angriffes, sondern infolge einer Seitenwirkung in einer Interessensphäre eintrete, die nicht durch das Verbot des Angriffs geschützt sei.

Was den von der Klägerin geltend gemachten Haftungstatbestand der Schädigung der Gesellschaft durch Ausnützung des Einflusses auf diese anlage (§ 100 AktG), könnten sowohl die Aktiengesellschaft als auch der Aktionär im Fall der unmittelbaren Schädigung den entstandenen Schaden begehren. Ob dem Aktionär auch bei bloß mittelbarer Schädigung durch Schädigung der Gesellschaft ein Ersatzanspruch zustehe, sei strittig. In der deutschen Lehre und Rechtsprechung sei herrschend, daß dem Aktionär ein Anspruch auf Ersatz nur insoweit eingeräumt werde, als er - abgesehen von einem Schaden, der ihm durch Schädigung der Gesellschaft zugefügt werde - geschädigt worden sei. Den Ersatz des Wertverlustes, den seine Aktien infolge einer Schädigung der Gesellschaft erlitten haben, könne der Aktionär nicht ersetzt verlangen.

Neben dem Anstifter hafteten als Gesamtschuldner die Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrates, wenn sie unter Verletzung ihrer Pflichten handelten. Der Begünstigte hafte gleichermaßen als Gesamtschuldner, falls er die Beeinflussung vorsätzlich veranlaßt habe. Die Pflichtverletzung eines Vorstandsmitgliedes könne demnach zu einer mehrfachen Haftung führen: Zu einer Haftung gegenüber der Gesellschaft nach § 84 AktG und gegenüber Dritten aus unerlaubter Handlung wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung. Bei einer Schadenskongruenz sei der Schaden des Aktionärs ein Teil des Kollektivschadens, der nur durch eine Ersatzleistung an die Gesellschaft auszugleichen sei, da andernfalls der Aktionär einen Vorteil erlangen würde, der ihm während des Bestehens der Gesellschaft nicht zustehe. Ein Klagerecht gegen das schuldige Vorstandsmitglied auf Leistung an die Gesellschaft stehe ihm nicht zu. Dem Aktionär stehe daher nur insoweit ein eigener Schadenersatzanspruch gegen die schuldigen Vorstandsmitglieder zu, als ihm durch die Entwertung seiner Aktie ein über die Schädigung der Gesellschaft hinausgehender Schaden entstanden sei.

Die Haftung der beklagten Aktionäre sei jedenfalls auch deshalb ausgeschlossen, weil die behaupteten gesellschaftsfremden Sondervorteile durch Stimmrechtsausübung verfolgt wurden (§ 101 Abs 3 AktG).

Eine Haftung der Vorstandsmitglieder und der Aktionäre nach § 100 AktG komme daher nicht zum Tragen.

Im Lichte der grundsätzlichen Entscheidung des Gesetzes gegen eine unmittelbare Schutzwirkung der gesetzlichen Geschäftsführungspflichten der Verwaltungsmitglieder zugunsten der Aktionäre seien auch alle anderen Vorschriften zu sehen, die Geschäftsführungspflichten im Interesse der Gesellschaft normierten. Auch hier trete das Problem des Doppelschadens auf, ob nämlich Aktionäre Nachteile in ihrem Vermögen ersetzt verlangen können, die lediglich den Schaden der Gesellschaft reflektieren. Nach Ansicht von Mertens (in Kölner Kommentar zum AktG2, § 93 Rz 171) könne in enem derartigen Fall der Ersatz des Schadens nur in der Form geltend gemacht werden, daß die Aktionäre den Ersatz des gesamten der Gesellschaft entstandenen Schadens an diese verlangen. Die Lösung dieses Problems könne unterbleiben, da die Klägerin einen solchen Anspruch ohnehin nicht geltend gemacht habe.

Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Die beklagten Parteien haben Revisionsbeantwortung erstattet und beantragt, dem Rechtsmittel der Klägerin nicht Folge zu geben; zum Teil beantragten sie, dieses zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Die Klägerin vertritt in ihrem Rechtsmittel die Meinung, es sei ihr - entgegen der Ansicht der Vorinstanzen - durch die Entwertung ihres Aktienpaketes ein Vermögensschaden entstanden, den sie gerichtlich geltend machen könne. Da der Börsenkurs der Aktien mit dem Wert des dahinterstehenden Unternehmens nicht viel gemein habe, sei die Ansicht des Erstgerichtes, die Aktienkurse könnten wieder steigen, weshalb ein Schaden nicht gegeben sei, grundsätzlich unrichtig. Wesentlich für die Beurteilung des inneren Wertes eines Aktienpaketes sei der Substanzwert des Unternehmens. Im vorliegenden Fall sei die Substanz der TI erheblich gemindert worden; der mit S 100.000 bezifferte Schaden sei nicht nach dem Börsenkurs, sondern nach dem inneren Wert der Gesellschaft berechnet worden. Auch Jabornegg habe im Jahre 1989 in "zwei Aufsätzen" zur Frage des Wertes der Beteiligung bzw deren Verminderung Stellung genommen und ausgeführt, daß eine wesentliche Vermögenseinbuße der Gesellschaft durchaus Rückwirkungen auf den Wert der im Vermögen der Gesellschafter befindlichen Beteiligungen an der Gesellschaft habe, so daß insoweit ein Eigenschaden der Gesellschafter vorliege, der ersetzt werden müsse, wenn die übrigen Voraussetzungen vorliegen.

Der im Vermögen der Klägerin eingetretene Schaden sei auch kein nicht ersatzfähiger mittelbarer Schaden. Verletze ein Vorstandsmitglied seine im Verhältnis zur Gesellschaft bestehenden Verpflichtungen, verstoße es gleichzeitig gegen eine Norm zum Schutz der Aktionäre oder Gläubiger und hafte sowohl der Gesellschaft als auch dem geschädigten Dritten nach allgemeinem bürgerlichen Recht.

Ein Schadenersatzanspruch ergebe sich auch aus der Bestimmung des § 100 Abs 1 AktG, wonach, wer zum Zwecke, für sich oder einen anderen gesellschaftsfremde Sondervorteile zu erlangen, vorsätzlich unter Ausnutzung seines Einflusses auf die Gesellschaft ein Mitglied des Vorstandes oder Aufsichtsrates dazu bestimme, zum Schaden der Gesellschaft oder ihrer Aktionäre zu handeln, zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet sei. "Lediglich in den Kommentarmeinungen" werde die Ansicht vertreten, daß den Aktionären ein eigener Ersatzanspruch nur insoweit zustehe, als sie über der Schädigung der Gesellschaft hinaus einen unmittelbaren Schaden erlitten haben. Diese Kommentarmeinungen würden den Wortsinn des Gesetzes geradezu ins Gegenteil verkehren. Auch auf § 101 Abs 3 AktG könnten sich die Beklagten nicht berufen, weil diese Bestimmung das Stimmverhalten nur gegenüber Mitaktionären und der eigenen Gesellschaft schütze; im gegenständlichen Fall hätten die Aktionäre der MTH aber beschlossen, einen Dritten, nämlich die TI und deren Aktionäre zu schädigen.

Das Berufungsgericht habe sich auch mit der Entscheidung 1 Ob 562/92 nicht genügend auseinandergesetzt. In diese Entscheidung sei die Haftung eines Gesellschafters einer GmbH, der wider besseres Wissen gegen eine Konkurseröffnung stimmte, bejaht worden. Auch im vorliegenden Fall leite die Klägerin die Haftung aus dem rechtswidrigen und sittenwidrigen Stimmverhalten der Aktionäre der MTH ab. Die Handlungsweise der Beklagten sei direkt auf die Schädigung der TI und einen Teil ihrer Aktionäre angelegt gewesen. Es sei die Mitwirkung aller Aktionäre der MTH an der "Ausräumaktion" notwendig gewesen und stelle einen Tatbeitrag zumindest im Sinne des § 1301 ABGB dar.

Die Haftung der beklagten Aufsichtsräte der TI beruhe sowohl auf § 100 AktG (grobe Pflichtverletzung), als auch auf § 1301 ABGB, weil sie der Übernahme der Kapitalerhöhung zustimmten. Auf diese Bestimmungen werde auch die Haftung der Aufsichtsräte der MTH gestützt. Da der Erst- und Zweitbeklagte Vorstände sowohl der TI als auch der MTH seien, müsse sich die MTH schon unter dem Schlagwort Kollusion ihre Bereicherung durch das Handeln der Vorstände zurechnen lassen.

Die Haftung der 23. bis 25.Beklagten ergebe sich daraus, daß das Bewertungsgutachten falsch war. Den Gutachtenserstellern komme auch gegenüber den Aktionären der TI eine Sorgfaltspflicht zu.

Die Beklagten hätten auch Schutzgesetze im Zusammenhang mit der Nachgründung verletzt, was einen Haftungsgrund darstelle.

Erst- und Zweitbeklagter hafteten auch wegen "culpa in contrahendo", weil sie den Börseneinführungsprospekt, der Grundlage der Investitionsentscheidung der Klägerin war, persönlich zeichneten. Sie hätten die dort dargelegten Grundsätze gröblich mißachtet.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden:

Der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit wurde geprüft, er ist nicht gegeben (§ 510 Abs 3 ZPO).

Auszugehen ist davon, daß die Klägerin einen Vermögensschaden geltend macht, der ihr durch die Entwertung der Aktien der TI entstanden sein soll. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung, daß auch die Zufügung reiner Vermögensschäden unter Umständen rechtswidrig sein kann (EvBl 1994/57). Wenngleich im allgemeinen dem Vermögen einer Person im Fall einer Schädigung kein absoluter Schutz zukommt, so daß die Ersatzpflicht von Vermögensschäden nur dann zu bejahen ist, wenn sich die Rechtswidrigkeit der Schädigung etwa aus der Verletzung absoluter Rechte oder aus der Übertretung von Schutzgesetzen ableiten läßt, werden bloße Vermögensinteressen allerdings dann geschützt, wenn ihre Beeinträchtigung durch deliktisches sittenwidriges Verhalten herbeigeführt wurde (ecolex 1992, 707). Nach den Behauptungen der Klägerin liegt ein derartiges deliktisches sittenwidriges Verhalten der Beklagten vor.

Zu prüfen ist daher, ob der von der Klägerin behauptete Schaden auch ersatzfähig ist. Zur Regelung der §§ 100 f AktG (Schädigung der Gesellschaft durch Ausnützung des Einflusses auf diese) wird ganz allgemein gelehrt, daß dem einzelnen Aktionär nur dann ein Ersatzanspruch zusteht, wenn er unmittelbar geschädigt wird. Bei bloß mittelbarer Schädigung durch Schädigung der Gesellschaft steht ihm hingegen kein Ersatzanspruch zu. Soweit der Aktionär nur durch Schädigung der Gesellschaft und die dadurch bedingte Verminderung des Wertes seiner Aktien einen Schaden erleidet, kann er diesen nicht ersetzt verlangen (Kastner/Doralt/Nowotny, Gesellschaftsrecht5, 241;

Strasser in Schiemer/Jabornegg/Strasser, AktG3, §§ 100, 101 Rz 11;

Paschinger, Die Gesellschaften und Genossenschaften im Zivilprozeß, 50; Kalss/Wessely, Die Rechte des Aktionärs, 23; Roth/Fitz; Leviathan und der Kleinaktionär, RdW 1985, 99; vgl auch Hüffner, dAktG, § 117 Rz 9; Meyer-Landrut in GroßK3 z dAktG § 117 Anm 8; Kropff in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, Komm z dAktG § 117 Rz 38).

Die Problematik, daß die Gesellschaft und die Aktionäre nebeneinander bestehende Ersatzansprüche haben, in denen sich die Beeinträchtigung des Gesellschaftsvermögens doppelt niederschlägt, existiert aber nicht nur bei einem Schadenersatzanspruch nach §§ 100 f AktG, sondern ganz allgemein bei einem Schaden der Gesellschaft, der sich auf den Wert der Mitgliedschaftsrechte auswirkt. So entspricht es auch der herrschenden Auffassung, daß eine Doppelhaftung der Verwaltungsmitglieder einer Aktiengesellschaft abzulehnen ist. Der Aktionär kann nur dann Ersatzleistung an sich selbst verlangen, wenn ihm durch die Entwertung seiner Aktie ein über die Schädigung der Gesellschaft hinausgehender Schaden entstanden ist. Eine Kursverschlechterung als solche ist aber grundsätzlich nicht als derartiger Eigenschaden des Aktionärs anzuerkennen (Mertens in Kölner Komm z d AktG2 Rz 175 zu § 93; Hüffer, aaO, Rz 19 zu § 93).

Das aufgezeigte Problem des Doppelschadens zwischen Gesellschaft und Aktionär stellt sich aber nicht nur bei der Haftung von Verwaltungsmitgliedern einer Gesellschaft, sondern ganz allgemein. Erleide der Aktionär durch eine Schädigung des Gesellschaftsvermögens einen Schaden im inneren Wert seiner Aktien, so stellt der Kollektivschaden der Gesellschaft zugleich den Individualschaden der einzelnen Aktionäre dar. Ihre Aktien sind entwertet, weil sie die Quoten des verminderten Gesellschaftsvermögens verkörpern. Wird der Schaden der Gesellschaft ausgeglichen, so entfällt damit zugleich der Schaden des Aktionärs, umgekehrt wird dagegen durch den Ausgleich des Individualschadens einzelner Aktionäre der Schaden der Gesellschaft nicht beseitigt, so daß durch dessen späteren Ausgleich sich für den Aktionär ein nicht gerechtfertigter Wertzuwachs ergibt (Hefermehl in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, Komm z d AktG, Rz 97 zu § 93). In derartigen Fällen kommt nur der Ersatz des Gesellschaftsschadens in Frage, dessen Ausgleich auch den beim Gesellschafter eingetretenen Reflexschaden behebt (Raiser, Recht der Kapitalgesellschaften, 55). Die Zugehörigkeit des Mitglieds zur juristischen Person rechtfertigt es nicht, die Selbständigkeit der juristischen Person gegenüber ihren Mitgliedern und der Mitglieder gegenüber der juristischen Person zu trennen, so daß es keinen vermögensmäßigen "Durchgriff" durch die juristische Person zugunsten des Mitgliedes gibt (Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Die juristische Person, 77). Die wirtschaftlichen Interessen der Gesellschaft einer AG sind in dieser mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestatteten Organisationsform derart zusammengefaßt, daß neben dem Anspruch der Gesellschaft kein gleichgerichteter Anspruch des Gesellschafters besteht (GesRZ 1989, 103).

Daraus folgt zusammenfassend, daß der Klägerin keine Ansprüche zustehen, die (zum Teil) ident sind mit solchen der Gesellschaft. Zur Begründung ihres Anspruches kann sich die Klägerin auch nicht auf Jabornegg, Die Lehre vom Durchgriff im Recht der Kapitalgesellschaften, WBl 1989, 1, 43 (52) stützen. Dort heißt es wohl, daß die Frage des "Durchgriffes" nach allgemeinen schadenersatzrechtlichen Regeln zu lösen sei; es sei dabei zu beachten, daß eine wesentliche Vermögenseinbuße der Gesellschaft Rückwirkungen auf den Wert der im Vermögen des Gesellschafters befindlichen Beteiligung an der Gesellschaft haben könne, so daß insoweit ein Eigenschaden des Gesellschafters vorliege, der ersetzt werden müsse, wenn die übrigen Voraussetzungen vorliegen. Gerade ein derartiger Eigenschaden der Klägerin ist im vorliegenden Fall zu verneinen, ist doch der von ihr behauptete Schaden nur ein Reflexschaden aus dem Schaden der Gesellschaft. Wie sich aus der Berufung auf Flume, aaO, 79 ergibt, sind die Ausführungen von Jabornegg nicht anders zu verstehen. In Flume wird nämlich an der zitierten Stelle ein Fall geschildert, wo nur dem Gesellschafter und nicht auch der Gesellschaft ein ersatzfähiger Schaden entstanden war.

Insoweit sich die Klägerin auf den Börseneinführungsprospekt beruft, ist nicht einzusehen, weshalb dieser kausal für ihren Schaden gewesen sein soll. Ein Verstoß des Erst- und Zweitbeklagten gegen die im Prospekt dargelegten Grundsätze der Geschäftspolitik würde wiederum nur zu einem Reflexschaden der Klägerin führen, dessen Ersatz sie nicht begehren kann.

Der Revision war somit ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.