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OGH vom 24.11.2015, 1Ob219/15k

OGH vom 24.11.2015, 1Ob219/15k

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ. Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer Zeni Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Michael L*****, vertreten durch die Schenz Haider Rechtsanwälte OG, Mödling, gegen die beklagte Partei Lukas S*****, vertreten durch die DDr. Fürst Rechtsanwalts GmbH, Mödling, wegen Rechnungslegung und Zahlung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 65/15h 16, mit dem das Teilurteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom , GZ 56 Cg 8/14y 12, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Voraussetzung für die Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist ein ausdrücklich oder schlüssig zustande gekommener Gesellschaftsvertrag. Die Frage, ob aufgrund des Zusammenwirkens zweier oder mehrerer Personen diese Voraussetzung erfüllt ist, ist typisch von den Umständen des Einzelfalls geprägt. Diese Beurteilung begründet daher in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage (RIS Justiz RS0022210 [T1, T 8, T 9]; RS0110698 [T4]).

Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass im Anlassfall von einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ausgegangen werden könne, ist nach den zugrunde liegenden Feststellungen keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung. Die Parteien vereinbarten nämlich im Jahr 2011 die Vereinigung von Kapital (50.000 EUR vom Kläger und 150.000 EUR vom Beklagten) bzw von Geräten in entsprechendem Wert zu einem gemeinsamen Zweck, nämlich um Eventtechnik im Gesamtwert von 200.000 EUR zu vermieten (§ 1175 ABGB aF; vgl § 1503 Abs 5 Z 1 ABGB zu den hier weiter anzuwendenden früheren Bestimmungen [vor dem GesbR Reformgesetz, BGBl I 2014/83]).

2. Anspruchsgrundlage für das Begehren auf Rechnungslegung (als Teil einer Stufenklage nach Art XLII Abs 1 erster Fall EGZPO) ist für die Zeit bis zur Auflösung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts § 1198 ABGB aF (2 Ob 202/13i = RIS Justiz RS0029105 [T8]). Aus § 1199 Satz 3 ABGB aF ergibt sich überdies ein umfassendes Bucheinsichtsrecht, dessen Grenze das Schikaneverbot bildet (vgl RIS Justiz RS0022121; RS0022130). Die Pflicht zur Rechnungslegung wird auch durch die Auflösung der Gesellschaft nicht berührt (3 Ob 190/60 = RZ 1961, 13; 7 Ob 150/09y; 2 Ob 202/13i, jeweils mwN).

Gemäß § 1198 ABGB aF ist derjenige Gesellschafter zur Rechnungslegung verpflichtet, dem die Verwaltung anvertraut ist. Jeder dazu verpflichtete Gesellschafter kann von jedem (anderen) Gesellschafter mit Klage zur Rechnungslegung gezwungen werden (4 Ob 382/97y mwN). Dass der Gesellschafter, der die Rechnungslegung begehrt, im Weigerungsfalle selbst gezwungen werden könnte, an der Rechnungslegung mitzuwirken, vermag daran nichts zu ändern. Der Kläger kann daher den Beklagten als Mitgesellschafter, der seine Mitwirkung bei der Rechnungslegung verweigert, mit Klage belangen (3 Ob 192/60 = RZ 1961, 13). Im Übrigen wäre es dem Kläger faktisch auch nicht möglich, bei einer Rechnungslegung mitzuwirken, weil sich die Geräte im Lager des Beklagten befanden, dieser die Vermietung vornahm und dort infolge der Lagerung allfällige Betriebskosten anfielen. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, das den Beklagten zur Rechnungslegung verpflichtete, ist damit nicht zu beanstanden.

3. Selbst wenn man keine Gesellschaft bürgerlichen Rechts zugrunde legen würde, wäre die Frage nach einer auf Basis der getroffenen Vereinbarung bestehenden Verpflichtung des Beklagten zur Rechnungslegung eine der Vertragsauslegung im Einzelfall. Einer solchen kommt in der Regel keine darüber hinausgehende Bedeutung zu, sofern keine Fehlbeurteilung vorliegt, die im Interesse der Rechtssicherheit wahrgenommen werden müsste (RIS Justiz RS0112106 [T1]). Eine diesbezügliche Verkennung der Auslegungsgrundsätze durch das Berufungsgericht liegt in keiner Weise vor.

Dessen Beurteilung, dass der Kläger in entschuldbarer Weise über das Bestehen und den Umfang des Vermögens im Ungewissen gewesen sei (vgl dazu RIS Justiz RS0035050), weil er relevante Informationen aus der Verwaltungssoftware nicht entnehmen konnte, ist nicht zu beanstanden. So sind ihm nicht alle von der „gemeinsamen Investition“ betroffenen Geräte bekannt und er konnte aus dem Softwareprogramm auch weder die Höhe der Mieteinnahmen noch die Höhe der Betriebskosten der Gesamtinvestition ersehen. Zudem war er auch nicht verpflichtet, sich die für eine Abrechnung erforderlichen Informationen selbständig über die Verwaltungssoftware zu besorgen.

4. Insgesamt werden keine erheblichen Rechtsfragen geltend gemacht. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2015:0010OB00219.15K.1124.000