OGH vom 07.03.1951, 2Ob144/51
Norm
Familienrechtsangleichungsverordnung § 6;
Fristengesetz § 1;
Kopf
SZ 24/66
Spruch
Ein vom Mann gegenüber seiner Ehegattin erklärter Verzicht auf die Bestreitung der ehelichen Geburt ist unwirksam.
Entscheidung vom , 2 Ob 144/51.
I. Instanz: Kreisgericht Wels; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.
Text
Die Mutter des beklagten Kindes war bereits im zweiten Monat schwanger, als der Kläger sie kennen lernte. Aus Mitleid erklärte er ihr, er wolle als Vater des zu erwartenden Kindes gelten, und ehelichte sie am . Das beklagte Kind wurde am geboren. Der Kläger begehrte die Feststellung, daß er nicht der Vater des beklagten Kindes sei, daß dieses nicht aus der Ehe mit der Mutter des Kindes stamme und sohin unehelich sei.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der Kläger habe nicht nur vor der Eheschließung, sondern auch nachher deutlich zu erkennen gegeben, daß er das beklagte Kind als sein (eheliches) Kind anerkenne und daß er auf das Bestreitungsrecht verzichte. Das Fristengesetz finde auf den Kläger keine Anwendung, weil er seit dem Jahre 1945 genügend Gelegenheit zur Erhebung der Klage gehabt hätte.
Das Berufungsgericht entschied im Sinne des Klagebegehrens. Der Kläger habe auf das Bestreitungsrecht nicht rechtswirksam verzichtet, weil er die Verzichtserklärung nicht einer annahmebefugten Person gegenüber erklärt habe. Die Bestreitungsfrist stehe aber dem Kläger auf Grund der 2. Kriegsmaßnahmenverordnung und des Fristengesetzes noch offen.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des beklagten Kindes nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Schon die ältere Rechtsprechung hat den Grundsatz ausgesprochen, daß der Verzicht auf das Recht zur Bestreitung der ehelichen Geburt einer annahmebefugten Person gegenüber abgegeben werden muß, um wirksam zu sein. Durch die Tatsache der Geburt erwachsen für das Kind gegen seinen Erzeuger Rechte, die durch den einseitigen Verzicht eines Gatten nicht berührt werden können (Entscheidung vom , SZ. VI/96). Auch öffentlich-rechtliche Rücksichten sprechen dafür, daß der wahre Vater festgestellt werde. Nach den Feststellungen der Untergerichte hätte der Kläger die Ehelichkeit des beklagten Kindes lediglich gegenüber seiner Ehegattin anerkannt, die aber zur Annahme einer solchen Erklärung nicht befugt war. Der Kläger hat sein Bestreitungsrecht nicht verloren. Es erübrigt daher die Erörterung der Frage, ob für den Verzicht auf das Bestreitungrecht seit der Verordnung vom 6. Feber 1943. DRGBl. I S. 80, nur mehr die Verstreichung der Frist zur Erhebung der Klage in Betracht komme und nicht ein tatsächlicher Umstand, der erkennen läßt, daß der Ehemann dem Kinde dauernd die Stellung eines ehelichen Kindes geben wolle.
Mit Recht verweist das Berufungsgericht darauf, daß die Frist zur Erhebung der Bestreitungsklage vom Kläger noch nicht versäumt wurde.
Für den Kläger galten als Wehrmachtsangehörigen zunächst die Bestimmungen der §§ 30, 31 der Vertragshilfeverordnung, DRGBl. 1939
I S. 2329, seit auch die der §§ 32, 33 der 2. Kriegsmaßnahmenverordnung vom , DRGBl. I S. 229, die zu dem Grundsatz der allgemeinen Hemmung der Fristen zurückkehrte. Das Fristengesetz, dessen Wortlaut sich den beiden vorgenannten Verordnungen anschließt, sieht eine Verlängerung der "sonstigen" Fristen für die Beschreitung des Rechtsweges oder der anderweitigen Geltendmachung von Rechten im gerichtlichen Verfahren vor. Unter "sonstigen" Fristen sind auch die sogenannten Ausschlußfristen zu verstehen, die nicht den allgemeinen Bestimmungen des ABGB. über die Verjährung unterliegen, wie die Frist zur Bestreitung der ehelichen Geburt. Ob der Kläger bereits früher in der Lage war, die Bestreitungsklage einzubringen, bleibt für die Anwendung des Fristengesetzes belanglos.
Fundstelle(n):
EAAAD-49062