OGH vom 26.02.2001, 3Ob194/00a
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gerstenecker, Dr. Zechner, Dr. Pimmer und Dr. Sailer als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Jessica S*****, geboren am , vertreten durch ihre Mutter Ibolya S*****, vertreten durch Dr. Harald Hauer, Rechtsanwalt in Wien, über den Revisionsrekurs des Kindes gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 44 R 148/00s-61, womit infolge Rekurses des Vaters Robert S*****, vertreten durch Dr. Walter Mardetschläger, Dr. Peter Mardetschläger und Mag. August Schulz, Rechtsanwälte in Wien, der Beschluss des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom , GZ 13 P 189/98d-51, abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.
Der Beschluss des Rekursgerichtes wird bestätigt, soweit damit der Antrag auf Bestellung der Mutter des Kindes zu dessen besonderer Sachwalterin abgewiesen wurde.
Im Übrigen, also bezüglich der Bestimmung des dem Kind zu leistenden Unterhalts, wird dieser Beschluss und der Beschluss des Erstgerichtes (dieser mit Ausnahme des in Rechtskraft erwachsenen abweisenden Teiles) aufgehoben.
Die Unterhaltssache wird in diesem Umfang an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.
Text
Begründung:
Die am geborene Jessica ist die eheliche Tochter ihrer getrennt lebenden Eltern. Eltern und Kind sind österreichische Staatsbürger. Sie befindet sich im Haushalt ihrer Mutter. Ein Ehescheidungsverfahren sowie ein Obsorgeverfahren sind beim Erstgericht anhängig.
Die Mutter verließ am mit der Minderjährigen die eheliche Wohnung in Wien und lebt seither - mit nachstehenden zeitlichen Ausnahmen - bei ihren Eltern in Ungarn. Gemeinsam mit dem Kind war sie zu folgenden Zeiten beim Kindesvater: vom 20. 7. bis zum , vom 11. bis zum , vom 6. bis zum und vom 7. bis zum . Der Vater ist seit als Bankangestellter beschäftigt. Er bezog in der Zeit vom 1. 1. bis zum einschließlich der Sonderzahlungen und eines im April ausbezahlten Bilanzgeldes ein Einkommen von S 402.451,38 netto. An gesetzlichen Abzügen wurde für Betriebsratsumlage sowie Gewerkschaftsbeitrag ein Betrag von S 5.253 einbehalten. Er ist nur für das Kind und dessen Mutter, seine Ehefrau, unterhaltspflichtig. Diese war bis März 1995 einkommenslos, anschließend in unregelmäßigen Abständen teilzeitbeschäftigt. In der Zeit vom bis bezog sie ein Karenzgeld in Höhe von S 185,50 täglich. In der Zeit vom bis November 1999 zahlte der Vater an die Kindesmutter durch Kontoeinzahlungen S 54.620 sowie geringere Beträge in bar. In diesem Betrag sind ausdrücklich gewidmete Unterhaltszahlungen für die Tochter von insgesamt S 25.420 im Zeitraum September 1998 bis einschließlich November 1999 enthalten.
Es kann nicht festgestellt werden, in welcher Höhe von den übrigen Geldanweisungen im Ausmaß von S 29.200 Beträge auch der Tochter zugute kamen. Weiters leistete der Vater für die Zeit ab Antragstellung bis einschließlich November 1999 einen Betrag von aufgerundet S 5.000 für diverse Anschaffungen für die Tochter. Weitere Unterhaltsleistungen des Vaters konnten nicht festgestellt werden.
Der Vater gehört zum Kreis der begünstigten Invaliden. Die Höhe der Minderung der Erwerbsfähigkeit beträgt aufgrund eines beidseitigen Klumpfußes 60 %. Es ist ihm deshalb die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar. Aufgrund dieser Behinderung ist er auf die Benützung eines PKW für die Fahrten zu und von der Arbeit angewiesen. Ein im Juli 1993 angeschaffter PKW mit Leasingraten von monatlich S 3.800 wurde im Juli 1998 durch Bezahlung einer Restrate von S 45.000 ausbezahlt. Im Mai 1999 leaste der Vater einen weiteren PKW, die Leasingrate beträgt monatlich S 1.391,60.
Der Vater hat Kreditverbindlichkeiten für den Ankauf von Einrichtungsgegenständen (restlich per S 160.856 mit Pauschalraten a S 4.460), einen Wohnbaukredit im Gesamtbetrag von S 60.000, rückzahlbar in 60 Raten a monatlich S 1.190 bis sowie einen Eigenmittelersatzkredit mit einem Betrag von S 83.000, rückzahlbar ab in 30 halbjährlichen Teilbeträgen von je S 3.000. Ein weiterer Kredit über S 571.061 ist auf eine Laufzeit von 20 Jahren mit jährlich S 53.200 zurückzuzahlen.
Mit ihrem am beim Erstgericht eingelangten Antrag begehrte die Minderjährige durch ihre Mutter, ihren Vater zu einer monatlichen Unterhaltszahlung von S 5.000 zu verpflichten. Zugleich begehrte die Kindesmutter, sie zur einstweiligen Sachwalterin zur Geltendmachung dieser Unterhaltsansprüche zu bestellen. Dazu wurde unter anderem vorgebracht, dass sich das Kind mit seiner Mutter lediglich temporär in Ungarn aufhalte, und zwar solange, bis der Mutter die Ehewohnung zugewiesen werde.
Der Vater beantragte die Abweisung des Antrags und brachte hiezu im Wesentliches Folgendes vor: Er verletze seine Unterhaltspflicht nicht. Er habe der Mutter immer wieder Geld überwiesen, darüber hinaus habe er ca S 6.000 an Ausgaben für eine Woche gemeinsamen Urlaubs in Österreich vom 10. bis zum bezahlt. Alle Beträge seien als Kindesunterhalt zu werten, weil die Kindesmutter ihren Unterhaltsanspruch verwirkt habe. Die Leistung eines Unterhalts von S 3.500 pro Monat sei im Hinblick auf das Alter des Kindes jedenfalls angemessen, zumal es sich ständig in Ungarn aufhalte und dieser Betrag dort mindestens das Doppelte an Kaufkraft wie in Österreich darstelle. Weiters habe er für Jessica Kleidung, Schuhe, Babynahrung, Medikamente und Windeln gekauft. Die von ihm für die eheliche Wohnung aufgenommenen Kredite seien bei der Unterhaltsbemessung zu berücksichtigen, ebenso der Umstand, dass er aufgrund seiner Minderung der Erwerbsfähigkeit auf 60 % auf die Benützung eines PKWs für die Fahrten zur und von der Arbeit angewiesen sei. In diesem Zusammenhang müsse die Leasingrate für seinen PKW als Abzugspost anerkannt werden.
Die Minderjährige erwiderte unter anderem, dass die Überweisungen des Vaters auf ein bestimmtes Bankkonto der Mutter und nicht ihr zugute gekommen seien. Es sei auch nicht richtig, dass der Vater Babynahrung, Medikamente und Windeln nach Ungarn mitgebracht habe. Der Umstand, dass sie sich mit der Mutter derzeit in Ungarn aufhalte, könne sich nicht auf den Unterhaltsanspruch mindernd auswirken. Sie lebe nur deswegen in Ungarn, weil sich die Mutter keinen anderen Wohnsitz leisten könne, weil der Vater ihr keinen Unterhalt zahle.
Das Erstgericht bestellte mit Beschluss vom die Mutter antragsgemäß zur besonderen Sachwalterin (Punkt 1.) und verpflichtete den Vater, zum Unterhalt seiner mj. Tochter Jessica a) für die Zeit vom bis einen Unterhalt von S 57.600, abzüglich der erbrachten Teilleistungen von S 25.420 und eines Naturalunterhalts von S 5.000 daher einen rückständigen Unterhaltsbetrag von S 27.180, b) für die Zeit vom bis zum einen monatlichen Unterhaltsbetrag von S 4.000 sowie
c) für die Zeit ab einen monatlichen Unterhaltsbetrag von
S 4.300 zu bezahlen (Punkt 2.).
Das Mehrbegehren wies das Erstgericht ab. Es traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen.
In rechtlicher Hinsicht verneinte das Erstgericht einen gemeinsamen Haushalt der Kindeseltern ab Antragstellung, weil die Mutter bis nur für rund 9 Wochen in der Ehewohnung anwesend gewesen sei. Der Regelbedarf für die am geborene Jessica betrage derzeit S 2.000 bzw ab Erreichung des dritten Lebensjahres am S 2.550. Nach der Prozentkomponente stehe ihr ein Prozentunterhaltsanspruch von 13 % zu.
Da die Lebensverhältnisse der Mutter nicht maßgeblich seien, weil nicht feststehe, dass sie in krassem Missverhältnis zu jenen des Vaters stünden, habe die Unterhaltsbemessung grundsätzlich nach der Prozentkomponente zu erfolgen. Daran ändere es auch nichts, dass das Kind mit der Mutter zur Zeit in Ungarn lebe. Zum einen stehe nicht fest, dass die Lebenshaltungskosten mittlerweile in Ungarn tatsächlich erheblich geringer seien als in Österreich, zum anderen habe die Kindesmutter vorgebracht, nur aufgrund der gegenwärtigen Umstände in Ungarn bei ihren Eltern verbleiben zu müssen, und in der Folge eine Rückkehr nach Wien in Aussicht genommen. Aus dem Einkommen des Vaters im Jahr 1999 errechnet sich eine Unterhaltsbemessungsgrundlage von S 33.975 im Monatsdurchschnitt. Die Kreditbelastungen könnten den Unterhaltsanspruch des Kindes nicht schmälern. Aufgrund seiner Behinderung sei für die Benützung eines PKWs für die Fahrten von und zur Arbeit monatlich S 700 als die Bemessungsgrundlage verkürzend anzurechnen. Damit ergebe sich ein 13 %iger Unterhaltsanspruch von S 4.300. Bis zum Erreichen des 3. Lebensjahres sei aber der Unterhalt mit dem zweifachen Regelbedarf, daher mit S 4.000 zu begrenzen.
Dem Antrag der Mutter, sie zur besonderen Sachwalterin zur Geltendmachung des Unterhaltsanspruches gegenüber dem Vater zu bestellen, sei stattzugeben gewesen, weil im gegenständlichen Fall noch beiden Elternteilen gemeinsam die Elternrechte zustünden.
In seinem gegen diese Entscheidung gerichteten Rekurs, mit dem er die Abweisung der Anträge des Kindes und der Mutter begehrte, machte der Vater im Wesentlichen geltend, dass die Mutter mit dem minderjährigen Kind gegen seinen Willen heimlich ins Ausland gegangen und gegen die Mutter ein Verfahren nach dem Haager Abkommen hinsichtlich Kindesentführung anhängig sei. Daher hätte das Erstgericht nicht die Mutter zur Sachwalterin zu bestellen gehabt. Die Minderjährige sei in Ungarn nicht gemeldet, die Mutter führe dort keinen Haushalt. Ihm werde ein Kontakt zu seinem leiblichen Kind nicht ermöglicht. Die von ihm erbrachten Leistungen seien unvollständig berücksichtigt worden. Selbst unter Zugrundelegung der vom Erstgericht gewählten Zahlen ergebe sich, dass er freiwillig mehr Unterhalt geleistet habe, als tatsächlich zu erbringen gewesen wäre. Die Entscheidung lasse das Auseinanderklaffen der Kaufkraftverhältnisse in Ungarn von jenen in Österreich völlig außer Acht. Ein Haushalt habe in Ungarn monatlich etwa S 1.300 bis höchstens S 3.000 im Monat zur Verfügung. Aufgrund seiner Zahlungen verfüge die Kindesmutter über einen weitaus höheren Betrag im Monat. Dadurch entstehe die Gefahr einer Überalimentierung des Kindes. Der festgesetzte Unterhalt liege weitaus höher als ein mehrfaches durchschnittliches monatliches Arbeitseinkommen. Außerdem sei es evident, dass die Kindesmutter aus den dem Kind zur Verfügung gestellten Leistungen zum Teil ihre eigenen wirtschaftlichen Bedürfnisse mitbefriedige.
Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Rekursgericht dem Rekurs des Vaters Folge und änderte den im antragsabweisenden Teil unangefochten gebliebenen Beschluss des Erstgerichtes dahin ab, dass es die Anträge der Mutter und des Kindes zur Gänze abwies. Das Rekursgericht sprach zunächst aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Die Abänderung der Entscheidung über die Sachwalterbestellung begründete das Rekursgericht im Wesentlichen damit, dass bei einer Haushaltstrennung wie im vorliegenden Fall die Bestellung eines Unterhaltssachwalters nicht geboten sei. Vielmehr könne der tatsächlich betreuende Elternteil namens des Kindes den Unterhaltsanspruch gegen den getrennt lebenden Elternteil geltend machen (EFSlg 83.774 ff, 86.772 f).
Was den Unterhalt des Kindes angehe, seien sowohl der Regelbedarfssatz als auch die Unterhaltsobergrenze mit der Höhe des doppelten Regelbedarfs auf österreichische Lebensverhältnisse abgestellt, sie gälten also nur für Kinder, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich oder in einem Land mit vergleichbaren Einkommens- und Kaufkraftverhältnissen hätten. Lebe ein unterhaltsberechtigtes Kind in einem ausländischen Staat, in welchem sich die Einkommens- und Kaufkraftverhältnisse wesentlich vom österreichischen Niveau unterscheiden, so sei die Unterhaltshöhe derart auszumessen, dass ihm eine Lebensführung gestattet werde, die in etwa der Lebensführung des geldunterhaltspflichtigen Elternteils in Österreich entspreche und mit den Lebensverhältnissen der betreuenden Familienangehörigen des Kindes in Einklang zu bringen sei (EFSlg 66.797, 72.694, 76.820). Im Übrigen sei auch ein krasses Missverhältnis der Lebensverhältnisse der Eltern zu berücksichtigen. Bei einem erheblichen Unterschied dürfe der Unterhaltsbetrag für ein Kind nicht in einer solchen Höhe bestimmt werden, dass der betreuende Elternteil durch Partizipation am Kindesunterhalt seinen eigenen Lebensstandard verbessere (EFSlg 76.813, 79.895, 86.027). Auch wenn die Mutter vorbringe, dass sie später eine Rückkehr nach Österreich plane, so sei von den derzeitigen Lebensverhältnissen, somit von einem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes in Ungarn, auszugehen.
Es sei allgemein bekannt, dass die durchschnittlichen Einkommensverhältnisse in Ungarn weit weniger als die Hälfte des österreichischen Niveaus betrügen und auch die Preisverhältnisse sehr wesentlich unter dem österreichischen Niveau lägen. Die festgesetzten Unterhaltsbeträge entsprächen in etwa einem ungarischen Durchschnittseinkommen und würden daher zu einer beträchtlichen Überalimentierung führen. Solange die Minderjährige tatsächlich ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Ungarn habe, seien für die Frage ihrer Unterhaltsbedürfnisse und der Gefahr einer Überalimentierung ungarische Lebensverhältnisse zu berücksichtigen.
Das Erstgericht habe für den Zeitraum September 1998 bis November 1999 Geldleistungen und Naturalleistungen von zusammen S 30.420 angerechnet.
Darüber hinaus sei dem Rekurswerber dahingehend beizupflichten, dass das Erstgericht die anrechenbaren Unterhaltsleistungen nur unvollständig berücksichtigt habe. Selbst wenn man von einem aufrechten Ehegattenunterhaltsanspruch ausgehe, seien ohne nähere Widmung geleistete Unterhaltszahlungen für mehrere Unterhaltsberechtigte nach Kopfteilen bzw bei einem erheblichen Unterschied der Höhe der Unterhaltsverpflichtungen verhältnismäßig anzurechnen (EFSlg 75.463 f, 87.401). Somit seien auch die weiteren, nicht näher gewidmeten Zahlungen des Vaters zumindest verhältnismäßig für die Minderjährige anzurechnen. Daher habe der Vater in der fraglichen Zeit bis zur erstgerichtlichen Beschlussfassung jedenfalls S 2.000 monatlich übersteigende Unterhaltszahlungen für die Minderjährige geleistet, was zur angemessenen Befriedigung sämtlicher Bedürfnisse eines in Ungarn lebenden Kleinkindes ausreichend sei. Es fehle daher mangels Nachweises der Unterhaltsverletzung ein Rechtsschutzinteresse für die gerichtliche Festsetzung eines Unterhaltstitels, weshalb das Unterhaltsbegehren gänzlich abzuweisen sei.
In der Folge änderte das Rekursgericht auf Antrag des Kindes seinen Ausspruch über die Unzulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses dahin ab, dass dieser doch zulässig sei.
Zur hier maßgeblichen Rechtsfrage seien lediglich veröffentlichte Vorentscheidungen von Gerichten zweiter Instanz vorhanden, hingegen fehle eine veröffentlichte oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, inwieweit trotz Anwendbarkeit österreichischen Rechts die Einkommens- und Kaufkraftverhältnisse in einem ausländischen Staat zu berücksichtigen seien, in dem das unterhaltsberechtigte minderjährige Kind gewöhnlich lebe.
Mit ihrem Revisionsrekurs, mit dem sie den angefochtenen Beschluss zur Gänze anficht, strebt die Minderjährige die Abänderung dieser Entscheidung dahin an, dass die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt werde. Hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.
Unter dem Revisionsrekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung macht sie geltend, die vom Rekursgericht zitierten Entscheidungen EFSlg 66.797 und 72.694 beträfen die Unterhaltshöhe von in Polen lebenden polnischen Kindern, die von Müttern polnischer Staatsbürger in Polen betreut werden. Der wesentliche Unterschied sei im vorliegenden Fall, dass die Minderjährige schon immer österreichische Staatsbürgerin gewesen sei und von ihrer österreichischen Mutter in Ungarn betreut werde. Auch sei das Rekursgericht auf die Umstände, weshalb sich die Mutter in Ungarn befinde, nicht eingegangen. Hätte das Rekursgericht entsprechende Tatsachenfeststellungen getroffen, so wäre es zum Ergebnis gekommen, dass die Mutter deswegen nach Ungarn gehen habe müssen, weil sie vom Vater geschlagen und vergewaltigt worden sei, weshalb ein Zusammenleben mit ihm unerträglich geworden sei. Auch in Anbetracht der Tatsache, dass der Vater sowohl den Unterhaltsanspruch der Mutter als auch ihren Unterhaltsanspruch verletze, habe die Mutter nicht mit ihr in Österreich bleiben können, zumal sie überhaupt keine Mittel zur Verfügung gehabt habe. Sie sei daher auf die Unterstützung ihrer Eltern (gemeint wohl: der Eltern ihrer Mutter) angewiesen gewesen. Aufgrund ihrer extremen Frühgeburt sei sie noch immer entwicklungsmäßig verzögert und auf ständige medizinische Betreuung in Österreich angewiesen. Daher müsse die Mutter auch regelmäßig zu Untersuchungen nach Österreich fahren. Sie kaufe anlässlich dieser Aufenthalte auch immer wieder Medikamente, Nahrungsmittel und Kleidung, die in Ungarn gar nicht erhältlich wären. Auch ein österreichisches Kind, das nach österreichischen Verhältnissen gemessen Unterhalt beziehe, müsse sich nicht den Umstand anrechnen lassen, dass ihre österreichische Mutter nach Ungarn einkaufen fahre. Unrichtig sei, dass die Einkommensverhältnisse in Ungarn weit unter der Hälfte des österreichischen Niveaus lägen. Richtig sei aber, dass speziell Babynahrung und Kinderpflegeartikel nach westlichem Standard in Ungarn gar nicht erhältlich seien. Das Lohnniveau in Ungarn sei auch deshalb unbeachtlich, weil die Mutter, die österreichische Staatsbürgerin sei, in Ungarn keiner Beschäftigung nachgehe. Die Lebenshaltungskosten in Ungarn seien um maximal ein Drittel geringer als in Österreich. Während ungarische Arbeitnehmer weniger verdienten als österreichische, seien die Lebensverhältnisse nicht im gleichen Verhältnis günstiger.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist teilweise berechtigt.
Zu prüfen ist vorerst die Frage des anzuwendenden materiellen Rechts. Zutreffend haben (offenbar) die Vorinstanzen auf den Unterhaltsanspruch (und die Frage der Sachwalterbestellung) österreichisches Sachrecht angewendet. Soweit man nämlich von einem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes in Österreich ausginge (vgl dazu - im Zusammenhang mit dem Minderjährigenschutzabkommen - für den Fall des Verbringens des Minderjährigen gegen den Willen des anderen Elternteils ZfRV 1996/75, 246), wäre nach dem Art 1 des Unterhaltsstatutabkommens (BGBl 1961/293) wegen des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes in Österreich österreichisches Recht anzuwenden. Dasselbe würde aber auch bei gewöhnlichem Aufenthalt des Kindes in Ungarn gelten, welches Land nicht Vertragsstaat des Abkommens ist. Dann wäre nämlich auch das Haager Unterhaltsstatutübereinkommen unanwendbar, weshalb nach § 24 IPRG entsprechend dem österreichischen Personalstatut des Kindes auch die Unterhaltspflicht des Vaters als Wirkung der Ehelichkeit nach österreichischem Recht zu beurteilen wären.
In der Sache selbst kann jedoch dem Rekursgericht nicht gefolgt werden, wenn es meint, es gebe zur Berücksichtigung der Einkommens- und Kaufkraftverhältnisse im ausländischen Staat, in dem sich das unterhaltsberechtigte Kind gewöhnlich aufhält, für den Fall, dass österreichisches Recht anzuwenden ist, keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs. In der Entscheidung 2 Ob 72/99y = ÖA 1999, 189 war nämlich auf den Unterhaltsanspruch von in Chile lebenden österreichischen Kindern österreichisches Sachrecht (gemäß § 24 IPRG) anzuwenden. Auch im Fall der Entscheidung 6 Ob 114/99d (Leitsätze in ZfRV 1999/81, 233) verwies das nach dem IPRG anzuwendende thailändische Recht mit der Einschränkung auf österreichisches Recht zurück, dass der Unterhaltsberechtigte keine höheren Ansprüche geltend machen konnte, als ihm nach siamesischem Recht zustünden. Insbesondere in der Entscheidung 2 Ob 72/99y führte der Oberste Gerichtshof seine (darin ausführlich referierte) Rechtsprechung zur Unterhaltsbemessung für im Ausland lebende Kinder fort. Demnach haben im Ausland lebende Kinder, sofern ihr Unterhaltsbedarf dort geringer ist als in Österreich, gegen den in Österreich lebenden Unterhaltsberechtigten Anspruch auf einen "Mischunterhalt", bei dem einerseits der Bedarf im Aufenthaltsland zu berücksichtigen ist und andererseits das Kind an der (besseren) Einkommensituation des Vaters auch im Ausland partizipieren soll. Der Bedarf ist wiederum nach den durchschnittlichen Lebensverhältnissen und der Kaufkraft im Heimatland des Kindes zu beurteilen.
Nicht geklärt scheint allein die Frage, unter welchen Voraussetzungen es zum Zuspruch eines derartigen Mischunterhalts zu kommen hat, ob es also auf eine bestimmte Dauer bzw die Umstände des Aufenthaltes des Kindes im Ausland ankommt. Berücksichtigt man den Zweck des Geldunterhalts, nämlich dem Berechtigten die Mittel zur Beschaffung des Lebensunterhalts zur Befriedigung des gesamten Lebensaufwands in natura zu sichern (ÖA 1999, 189 mN), dann wird es zu einem Mischunterhalt erst dann zu kommen haben, wenn sich der Aufenthalt des Unterhaltsberechtigten außerhalb Österreichs einigermaßen gefestigt hat. Dies bedeutet für den vorliegenden Fall, dass in der Zeit zwischen Antragstellung und "endgültigem" Verlassen der Ehewohnung durch die Mutter am aufgrund der häufigen Rückkehr nach Wien und der vergleichweise geringen Aufenthaltsdauer in Ungarn Unterhalt wie für ein ständig in Österreich lebendes Kind gebührt. Für die Zeit danach ist - wenn auch eine ausdrückliche Feststellung fehlt - davon auszugehen, dass die Mutter die Minderjährige gegen den Willen des Vaters ins Ausland gebracht hat. Dessenungeachtet verhindert es der Zweck des Unterhaltsrechts, für diesen Zeitraum auf die Überlegungen zurückzugreifen, die in der Entscheidung 1 Ob 2155/96k = ZfRV 1996/75, 246 im Zusammenhang mit einer vorläufigen Maßnahme nach § 176 ABGB angestellt wurden und wonach in einem solchen Fall noch nicht von einem auf Dauer angelegten Aufenthalt im Ausland gesprochen werden könnte. Dies sei solange nicht der Fall, als objektiv noch die Möglichkeit bestehe, dass der Mitsorgeberechtigte die Rückführung des Minderjährigen durchsetze, ehe es zu dessen sozialer Eingliederung in seine neue Umwelt komme. Während diese Entscheidung zum Minderjährigenschutzabkommen erging, sollte es für die Unterhaltsbemessung nicht auf eine derart starke Integration in den ausländischen Staat ankommen, weil bei jedem länger andauenden Aufenthalt im Ausland die Bedürfnisse des Kindes grundsätzlich von den dort herrschenden Lebensverhältnissen determiniert werden. Dauerte demnach (bis zur Beschlussfassung erster Instanz) der fortwährende Aufenthalt der minderjährigen Jessica in Ungarn bereits etwa ein Jahr an, erscheint es gerechtfertigt, ihr für diese Zeit den dargestellten Mischunterhalt zuzubilligen. Dieser wird, da - was auch von der Minderjährigen selbst gar nicht bestritten wird - die Lebenshaltungskosten in Ungarn niedriger als in Österreich sind, geringer als der bei Aufenthalt des Kindes in Österreich gebührende sein.
Konkrete Feststellungen über den Unterhaltsbedarf eines Kleinkindes in Ungarn im fraglichen Zeitraum wurden aber von den Tatsacheninstanzen bisher nicht getroffen. Während sich das Erstgericht - ohne dies zu begründen - mit dem Hinweis begnügte, es stehe nicht fest, dass die Lebenshaltungskosten in Ungarn tatsächlich geringer seien als in Österreich, nahm das Rekursgericht bloß als allgemein bekannt an, dass die Preisverhältnisse in Ungarn sehr wesentlich unter dem österreichischen Nieau lägen. Zur rechtsrichtigen Bemessung des Mischunterhalts bedarf es jedoch konkreter Feststellungen zum Unterhaltsbedarf (von Kleinkindern) in Ungarn. Diese Feststellungsmängel erfordern die Aufhebung der Vorentscheidungen und die Zurückverweisung der Unterhaltssache an das Erstgericht.
Was die Zeit zwischen Antragstellung und angeht, hat der Vater in seinem Rekurs - abgesehen von hiefür nicht zielführenden Argumenten im Hinblick auf den Aufenthalt des Kindes in Ungarn - nur vorgebracht, die Mutter befriedige aus den dem Kind zur Verfügung gestellten Leistungen ihre eigenen Bedürfnisse. Abgesehen davon, dass sich hiefür in den Feststellungen der ersten Instanz keinerlei Grundlage findet, kann dieser Umstand für den Unterhaltsanspruch des Kindes nicht entscheidend sein, zumal er keinem der Kriterien zugeordnet werden kann, die gemäß § 140 ABGB hiefür maßgebend sind und das Kind auf das Verhalten der Mutter keinen Einfluss nehmen kann. Demnach könnte insoweit die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt werden, würde aus dieser (oder aus den ergänzten Feststellungen der zweiten Instanz) hervorgehen, welche Geldleistungen der Vater in diesem Zeitraum erbracht hat. Dies ist aber nicht der Fall. Da aber ein Anspruch des Unterhaltsberechtigten darauf besteht, dass ihm keine höhere Verpflichtung auferlegt wird, als sich unter Berücksichtigung dieser Zahlungen ergibt (1 Ob 676/89 = EFSlg 59.627; 2 Ob 507/91 = EFSlg 65.890; 5 Ob 38/99w = EFSlg 91.231; 2 Ob 206/98b), wird das Erstgericht - unter Berücksichtigung der diesbezüglichen Ausführungen des Rekursgerichtes - konkret festzustellen haben, welche Leistungen der Vater im fraglichen Zeitraum (und welche er in der Zeit danach) erbrachte.
Zur Abweisung des Antrags auf Bestellung der Mutter der Minderjährigen zu deren Unterhaltssachwalterin wird im Revisionsrekurs nichts vorgebracht. Wenngleich sich die Anfechtungserklärung und der Revisionsrekursantrag formell auch darauf bezieht, genügt es unter diesen Umständen, darauf hinzuweisen, dass die Entscheidung des Rekursgerichtes in diesem Punkt der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes entspricht (vgl SZ 57/84; EFSlg 45.687/1 = JBl 1985, 162; ÖA 1996, 120/U153).