OGH vom 18.11.2015, 3Ob193/15a
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Lovrek als Vorsitzende, den Hofrat Dr. Jensik, die Hofrätin Dr. Grohmann, den Hofrat Dr. Roch und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T*****, vertreten durch Dr. Michael Krüger Rechtsanwalt GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Land *****, vertreten durch Herbst Kinsky Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 16 R 48/15v 15, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Die klagende politische Partei wendet sich mit ihrer von beiden Vorinstanzen abgewiesenen negativen Feststellungsklage gegen eine behauptete Berühmung der beklagten Gebietskörperschaft mit einem von bestimmten Voraussetzungen abhängigen Anspruch auf Rückforderung bereits geleisteter Parteiförderung.
Das Berufungsgericht ging davon aus, dass die beklagte Partei einen Rückforderungsanspruch gegenüber der klagenden Partei nicht behauptet habe. Sie habe durch die Erklärung eines Rückforderungsvorbehalts nur Vorkehrungen getroffen, um sich in Zukunft unter den von ihr genannten Voraussetzungen (1. Erhebung einer angekündigten Klage durch eine weitere politische Partei gegen das [hier] beklagte Land auf Zahlung derselben Parteiförderung; 2. Verlust dieses Prozesses durch das beklagte Land) einen solchen zu sichern; keine dieser Voraussetzungen sei eingetreten. Es fehle daher an einem rechtlichen Interesse an der begehrten Negativfeststellung.
Die klagende Partei hält dieser Auffassung entgegen, dass durch das negative Feststellungsurteil für alle Zeiten bindend geklärt werde, dass sie die gewährte Parteiförderung unter keinen Umständen zurückzahlen müsse.
Mit diesem Vorbringen wird keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt:
Rechtliche Beurteilung
1. Die behauptete Aktenwidrigkeit wurde geprüft. Sie liegt nicht vor, weil es sich bei der Auslegung des Wortlauts einer Urkunde um rechtliche Beurteilung handelt.
2. Die beklagte Partei geht in Übereinstimmung mit der klagenden Partei ausdrücklich selbst davon aus, dass die für das zweite und dritte Quartal 2014 gewährte Parteiförderung nur der klagenden Partei, nicht aber der im Zug einer Abspaltung einiger Mandatare der klagenden Partei neugegründeten weiteren politischen Partei zustehe. Der Anspruch der klagenden Partei auf Parteiförderung ist somit zwischen den Streitteilen nicht strittig.
3. Nun muss zwar der Schuldner, der Zweifel über den Bestand der Schuld hat, bei der Zahlung einen Vorbehalt machen, will er den Rückforderungsanspruch nach § 1431 ABGB nicht verlieren (RIS Justiz RS0033612). In diesem Fall könnte im Sinne der von der Revision für ihren Standpunkt zitierten und ein rein zweipersonales Verhältnis betreffenden Entscheidung 8 Ob 123/08h dem Gläubiger ein rechtliches Interesse an der Feststellung des Nichtbestehens eines Rückforderungsanspruchs des Schuldners zuzubilligen sein.
Hier hatte und hat aber die beklagte Partei gerade keinen Zweifel am Bestand der Forderung der klagenden Partei. Ihr zur Wahrung eines allfälligen Rückforderungsanspruchs in Wahrheit daher nicht erforderlicher Vorbehalt bezieht sich nur auf den Fall, dass sich die von den Streitteilen übereinstimmend vertretene Rechtsauffassung, dass die klagende Partei Anspruchsberechtigte ist, in einem Prozess zwischen der neugegründeten politischen Partei und der beklagten Partei als unrichtig erweist.
4. Die klagende Partei verfolgt mit ihrem Begehren das erklärte Ziel , dass mit Rechtskraftwirkung festgestellt werde, dass sie die erhaltene Parteiförderung niemals zurückzahlen müsse. Ob aber in Zukunft überhaupt ein von der klagenden Partei selbst bloß als „Rückzahlungsverpflichtung … der Theorie nach“ bezeichneter Rückforderungsanspruch der beklagten Partei erfolgreich geltend gemacht werden kann, hängt nicht vom beklagten Land, sondern ausschließlich von zwei künftigen und hypothetischen Ereignissen (Klageerhebung der weiteren Anspruchswerberin, Prozessverlust der beklagten Partei in diesem Verfahren) ab. Die Rechtskraftwirkung eines Feststellungsurteils erstreckt sich nicht auf einen am Verfahren nicht beteiligten Dritten, somit hier auf die weitere Anspruchswerberin (4 Ob 93/09v mwN). Nicht die Rechtskraftwirkung des Feststellungsurteils kann unter diesen Umständen die für die Bejahung des rechtlichen Interesses geforderte Beseitigung der Unsicherheit über das Rechtsverhältnis garantieren (7 Ob 91/12a mwN; 7 Ob 164/14i), sondern nur ein unter Einbeziehung der weiteren Anspruchswerberin ergehendes Urteil, das mit Rechtskraftwirkung ausspricht, dass nicht dieser, sondern der hier klagenden Partei der Anspruch auf Parteiförderung im verfahrensgegenständlichen Umfang zusteht.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:OGH0002:2015:0030OB00193.15A.1118.000
Fundstelle(n):
LAAAD-48805