OGH 29.08.2006, 5Ob178/06x
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch, Dr. Kalivoda, Dr. Höllwerth und Dr. Grohmann als weitere Richter in der außerstreitigen Wohnrechtssache der Antragsteller 1) Dr. Susanne J*****, 2) Dr. Emmerich J*****, beide *****, beide vertreten durch Dr. Horst Auer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegner 1) Elisabeth S*****, vertreten durch Dr. Christoph Lassmann, Rechtsanwalt in Wien, 2) Dragana Z*****, 3) Dr. Karl Peter B*****, 4) Annemarie D*****, Dritt- und Viertantragsgegner vertreten durch Dr. Johann Stöhr, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 16 Abs 2 WEG 2002 iVm § 52 Abs 1 Z 2 WEG 2002, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 41 R 32/05t-16, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsteller wird mangels der Voraussetzungen des § 52 Abs 2 WEG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Text
Begründung:
Die Parteien sind Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ ***** GB ***** (Grundstücksadresse *****). Mit den 105/883-Anteilen der Erstantragstellerin ist Wohnungseigentum an W 12 verbunden. An den im Dachgeschoß gelegenen Räumlichkeiten ist im Grundbuch - mit Ausnahme von W 12 - kein (Zubehör)-Wohnungseigentum eingetragen. Die Antragsteller bewohnen gemeinsam W 12.
Die Antragsteller begehrten von den Antragsgegnern die Erteilung der zur behördlichen Bewilligung erforderlichen Zustimmung zur
a) Errichtung eines 10,92 m² großen Fitnessraums im Dachgeschoß des Hauses und dessen bauliche Verbindung mit W 12 gemäß Einreichplan vom Dezember 1994, und
b) Errichtung einer Dachterasse über W 12 samt Wendeltreppe von W 12 zu dieser Dachterasse gemäß Einreichplan vom . Das Erstgericht wies diese Anträge ab. Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs der Antragsteller nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Die Entscheidungen der Vorinstanzen halten sich in dem durch Gesetz und der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs gezogenen Rahmen:
1. Der „Wohungseigentumsvertrag" beruhte auf der mit Bescheid der Schlichtungsstelle (Blg ./I) erfolgten Nutzwertfestsetzung, wonach der fragliche Teil des Dachbodens nicht einzelnen Objekten zugeordnet und auch nicht bewertet worden war. Im Grundbuch ist daran kein (Zubehör)-Wohnungseigentum eingetragen. Die im Wohungseigentumsvertrag über die Dachbodenräume getroffene (erstmalige) „Nutzungsvereinbarung" zugunsten einzelner Wohnungseigentümer hatte bloß obligatorischen Charakter, setzt geradezu begrifflich voraus, dass es sich bei den davon umfassten Teilen um allgemeine Teile iSd § 1 Abs 3 WEG 1975 (idF BGBl 1975/417) handelt und konnte nur insoweit wirksam sein, als damit gerade nicht der zwingende Gehalt des § 1 Abs 3 WEG 1975 (idF BGBl 1975/417) umgangen werden sollte. In der Qualifikation des vom Fitnessraum beanspruchten Teils des Dachbodens als allgemeiner Teil der Liegenschaft und folgend in der Anwendung des § 16 Abs 2 Z 2 WEG 2002 kann daher eine aufzugreifende Fehlbeurteilung der Vorinstanzen nicht erkannt werden.
2. Das Rekursgericht hat - entgegen der unzutreffende Unterstellung der Rechtsmittelwerber - weder den Standpunkt vertreten, es käme bei der Prüfung der Verkehrsüblichkeit (§ 16 Abs 2 Z 2 WEG 2002) eines Dachbodenausbaus vorrangig darauf an, ob eine bereits im Wohnungseigentum befindliche Dachbodenfläche betroffen sei, noch damit argumentiert, nur baupolizeilich bewilligte Änderungen seien nach § 16 Abs 2 Z 2 WEG 2002 genehmigungsfähig oder es sei die Schaffung neuer Wohnungseigentumsobjekte zu bevorzugen. Das Rekursgericht hat insoweit nur die Unterschiede in den beurteilten Sachverhalten zwischen der von den Antragstellern ins Treffen
geführten Entscheidung 5 Ob 248/00g (= MietSlg 52.544 = bbl 2001/46,
75 = RZ-EÜ 2001/21) und dem vorliegenden Fall aufgezeigt.
3. Die Zulässigkeit einer Änderung an einem Wohnungseigentumsobjekt lässt sich im Lichte des § 16 Abs 2 Z 2 WEG 2002 nicht grundsätzlich bejahen oder verneinen. Es kommt immer auf die Umstände des Einzelfalls an, die in ihrer Gesamtheit zu beurteilen sind (vgl RIS-Justiz RS0109643; 5 Ob 275/05k = immolex 2006/101 mwN); dabei ist dem Rechtsanwender ein gewisser Ermessensspielraum eingeräumt (vgl 5 Ob 109/06z; 5 Ob 47/06g mwN = bbl 2005, 210). So lange dieser Ermessensspielraum nicht verlassen wird, liegt keine erhebliche Rechtsfrage vor. Nur in Fällen einer groben, die Rechtssicherheit in Frage stellenden Fehlbeurteilung hat der Oberste Gerichtshof korrigierend einzugreifen. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor:
4. Dass bei der Verkehrsüblichkeit von Änderungen eher an heute
selbstverständliche Versorgungseinrichtungen moderner Wohnungen und
nicht an Ausstattungen zur Befriedigung von Luxusbedürfnissen
(Fitnessraum) zu denken ist, findet in der Judikatur des erkennenden
Senats Deckung (5 Ob 269/98i = immolex 1999/100, 145 = bbl 1999/133,
121 = NZ 1999, 391 = wobl 2000/39, 87 = MietSlg 50.576). Mit der
Schaffung einer Dachterasse samt „Durchbruch" zur Wohnung hat sich
der erkennende Senat ebenfalls schon befasst (5 Ob 92/94 = wobl
1995/63 [Markl] = MietSlg 46/29) und dabei im Sinn der Vorinstanzen
entschieden. Substanzielle Gegenargumente tragen die Antragsteller insoweit nicht vor; deren Ansicht, Dachterrassen seien inzwischen generell verkehrsüblich, findet in der Judikatur keine Deckung, und die Antragsteller vermögen für diese Meinung auch keine Belegstellen anzuführen. Eine vor Jahren von den Miteigentümern eingeräumte, dann aber nicht wahrgenommene Option zur Errichtung einer Dachterrasse hat mit den Fragen nach deren Verkehrsüblichkeit und dem wichtigen Interesse der Antragsteller nichts zu tun. Die Behauptung der von allen Miteigentümern erteilten Zustimmung zum Bauvorhaben, welche vermeintlich die Prüfung des wichtigen Interesses der Antragsteller erübrigen soll, erwies sich schon im Rekursverfahren als unzulässige Neuerung.
Eine Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG nF stellt sich nicht; der demnach unzulässige Revisionsrekurs der Antragsteller ist zurückzuweisen.
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2006:0050OB00178.06X.0829.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
GAAAD-48675