OGH vom 18.11.2014, 4Ob170/14z
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Friedrich Schubert, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. M***** M*****, vertreten durch Dr. Peter Böck, Rechtsanwalt in Neusiedl am See, 2. M***** S*****, vertreten durch Dr. Rudolf Tobler und andere Rechtsanwälte in Neusiedl am See, wegen 7.000 EUR sA, über die Revisionen der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt vom , GZ 13 R 45/14m 18, mit welchem das Urteil des Bezirksgerichts Neusiedl am See vom , GZ 6 C 456/13i 13, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Den Revisionen wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert , dass die Entscheidung des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
Die klagende Partei ist schuldig, der erstbeklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 2.019,61 EUR bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin 223,10 EUR Umsatzsteuer, 681 EUR Barauslagen) zu ersetzen.
Die klagende Partei ist schuldig, der zweitbeklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 1.373,42 EUR bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin 228,90 EUR Umsatzsteuer) zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Erstbeklagte wollte bei einem Autohändler einen Lieferwagen erwerben. Zur Finanzierung füllte er ein dort bereitgehaltenes Formular der Klägerin aus, das mit „Ratenkaufvertrag Konsument“ überschrieben war. Darin wurden er als Käufer und die Klägerin als Verkäuferin bezeichnet, der Lieferwagen wurde als „Kaufgegenstand/ Finanzierungsgegenstand“ genannt. In Punkt II. erteilte der Erstbeklagte der Klägerin den „unwiderruflichen Auftrag“, bei einem bestimmten Versicherungsunternehmen zu näher bezeichneten Bedingungen eine Kreditausfallversicherung „zugunsten der Verkäuferin“ abzuschließen. Die Prämien seien in den vereinbarten Kaufpreisraten enthalten. Unter Punkt III.a. („Zahlungsinformationen“) wurden als „Barzahlungspreis brutto“ 9.700 EUR genannt, wobei die „Anzahlung“ 1.000 EUR, die „Kaufpreisrate“ 184,54 EUR und die „Laufzeit“ 60 Monate betragen solle.
Die Punkte IX. und X. des Kaufanbots lauteten auszugsweise wie folgt:
„IX. Terminsverlust und Zahlungsverpflichtungen
Terminsverlust und sohin Fälligkeit und sofortige Entrichtung der gesamten noch offenen Schuld auf das in Pkt. III. angeführte Gesamtentgelt [...] tritt ein, wenn der Verkäufer seine Leistungen bereits erbracht hat, zumindest eine rückständige Kaufpreisrate des Käufers seit mindestens sechs Wochen fällig ist und der Verkäufer den Käufer unter Androhung des Terminsverlustes und unter Setzung einer Nachfrist von mindestens zwei Wochen erfolglos gemahnt hat.
1. Für diesen Fall des Terminsverlustes ist der Käufer verpflichtet, folgende Leistungen an den Verkäufer zu erbringen: Das restliche aushaftende Gesamtentgelt, das sich zusammensetzt aus den rückständigen und künftigen monatlichen Kaufpreisraten sowie einer allenfalls vereinbarten Schlusszahlung und notwendige, zweckent-sprechende und angemessene Kosten der Einziehung, Überstellung, gutachterlichen Schätzung mit technischer Überprüfung, allfällig notwendiger Reparaturen und Verwertung des Kaufgegenstandes.
2. Von dieser Leistungspflicht des Käufers sind in Abzug zu bringen:
a) Der Verkaufserlös des Kaufgegenstandes mit Valuta-Eingang beim Verkäufer; liegt der Verkaufserlös unter dem gemeinen Wert des Kaufgegenstandes, ist der gemeine Wert dem Abzug zugrunde zu legen,
b) alle von Dritten erlangten Erlöse, insbesondere aus der Leistung von Versicherern. [...]
X. Vorzeitige Fälligstellung aus wichtigem Grund
Der Verkäufer kann das noch aushaftende Gesamtentgelt aus wichtigem Grund vorzeitig fällig stellen. Als wichtige Gründe gelten:
[...]
c) wenn das Eigentumsrecht am Kaufgegenstand für den Verkäufer nicht zur Entstehung gelangt, später wegfällt, gegenstandslos wird oder wenn eine andere Sicherheit oder Deckung wegfällt.
In diesen Fällen ist der Käufer verpflichtet, die im Punkt IX. angeführten Leistungen an den Verkäufer zu erbringen. Sofern den Käufer an der vorzeitigen Fälligstellung des noch aushaftenden Gesamtentgeltes kein Verschulden trifft, erfolgt die Abzinsung der künftigen monatlichen Kaufpreisraten samt einer allfälligen Schlusszahlung zum angepassten [....] Normaljahreszinssatz.“
Gleichzeitig unterfertigte der Zweitbeklagte eine mit „Garantieerklärung Easy-Kauf“ überschriebene Urkunde mit (unter anderem) folgendem Inhalt:
„Ich übernehme die Garantie für die ordnungsgemäße Erfüllung sämtlicher sich aus diesem Vertrag ergebenden Zahlungsverpflichtungen. Ich hafte zusammen mit dem Hauptschuldner und allfälligen weiteren Garanten für alle Verbindlichkeiten aus dem Ratenkaufvertrag zur ungeteilten Hand. Diese Garantie erstreckt sich auf alle bereits fälligen Zahlungen, mit welchen der Käufer auf Grund des gegenständlichen Vertrags in Verzug geraten ist. Weiters umfasst diese Garantieverpflichtung auch künftige Forderungen aus dem gegenständlichen Ratenkaufvertrag, insbesondere solche, welche dem Käufer gegenüber in Folge qualifizierten Verzugs, aus welchem Titel auch immer, geltend gemacht werden. Dies betrifft insbesondere alle ab diesem Zeitpunkt fällig zu stellenden künftigen Kaufpreisraten und die Schlusszahlung.
Ein Verwertungserlös für den Kaufgegenstand ist dem Garanten im Falle seiner Inanspruchnahme erst nach tatsächlicher Verwertung im Sinne der Bestimmungen des Ratenkaufvertrages gutzubringen.
Ich erkläre mich bereit, Ihrer ersten Zahlungsaufforderung, die keiner Angabe von Gründen bedarf, unter Verzicht auf jeden Einwand binnen 14 Tagen nachzukommen. Für den Fall des Zahlungsverzuges werden Verzugszinsen in Höhe von 1,2 % p.m. verrechnet.“
Die Klägerin nahm dieses Angebot mit Schreiben vom an. Angeschlossen war eine mit „Sondervereinbarung zur Kreditausfallversicherung V***** in Abweichung zu den Allgemeinen Kaskoversicherungsbedingungen (AKKB) i.d.j.g.F.“ bezeichnete Urkunde, wonach als „versichertes Risiko“ der „wirtschaftliche Totalschaden des versicherten Fahrzeuges durch Unfall, Berührung des in Bewegung befindlichen Kfz mit Wild- oder Haustieren auf Straßen mit öffentlichem Verkehr, Diebstahl, Brand, Explosion“ gelten sollte. Als „Versicherungsnehmer“ und als „Empfänger der Versicherungsleistung“ war die Klägerin genannt.
Am stahlen zunächst unbekannte Täter das vor dem Wohnhaus des Erstbeklagten abgestellte Fahrzeug. Der Erstbeklagte zeigte den Diebstahl bei der zuständigen Polizeiinspektion an und verständigte die Klägerin. Dort wurde ihm von einer Mitarbeiterin mitgeteilt, dass er für eine „Wiederauffindungsfrist“ von drei Monaten die „Leasingraten“ weiterzahlen müsse und die Versicherung dann den Restbetrag übernehme.
Die Klägerin erstattete eine Schadensmeldung bei der Versicherung. Diese übermittelte dem Erstbeklagten einen „Fragebogen“, den dieser aufgrund eines Versehens erst im Jänner 2013 ausgefüllt zurücksandte.
Im Februar 2013 wurde der Erstbeklagte von der Polizei informiert, dass das Fahrzeug in Ungarn gefunden worden war. Es war in Einzelteile zerlegt, die Bodenplatte fehlte. Der Erstbeklagte teilte das der Klägerin mit.
Bereits zuvor, nämlich am , hatte die Klägerin folgendes Schreiben an den Erstbeklagten gerichtet:
„Sehr geehrter Herr *****!
Der o.a. Vertrag wird Ihrem Wunsch entsprechend per beendet. Es ergibt sich folgende Abrechnung:
restl. offener Kaufpreis per 9.495,72
abzügl. Zinsgutschrift: -790,39
Barwert: 8.705,33
-Rate 02/2013 182 ,61
zu zahlender Betrag 8.522,72
Der o.a. Betrag ist sofort nach Erhalt dieser Abrechnung fällig. Aufgrund Punkt X.c. des Ratenkaufvertrages, sind wir gezwungen, die gesamte Restforderung aus dem gegenständlichen Vertrag fällig zu stellen. [...]“
Am forderte die Klägerin den Zweitbeklagten unter Hinweis auf dessen „Garantieerklärung“ zur Zahlung einer „offenen Restforderung“ von 8.930,36 EUR auf.
Das Fahrzeug befindet sich nach wie vor in zerlegtem Zustand in Ungarn, eine Versicherungsleistung wurde nicht erbracht.
Die Klägerin begehrt von den Beklagten 7.000 EUR samt 12,89 % Zinsen aus 8.522 EUR ab und aus 207,99 EUR seit . In der Mahnklage stütze sie sich darauf, dass der Erstbeklagte mit der Bezahlung der Raten in Rückstand geraten sei, weswegen die Klägerin „nach qualifizierter Mahnung und Nachfristsetzung von 14 Tagen“ den Kaufpreis vorzeitig fällig gestellt habe. Im weiteren Verfahren berief sie sich zudem auf den Diebstahl des Fahrzeugs, der sie nach Punkt X. des Vertrags zur vorzeitigen Fälligstellung berechtige. Der Klagebetrag ergebe sich aus der Abrechnung nach Punkt IX. des Vertrags; der Zweitbeklagte hafte aufgrund der von ihm übernommenen Garantie. Eine allfällige Versicherungsleistung müsse sich die Klägerin nur nach tatsächlicher Zahlung anrechnen lassen. Die Versicherung habe bisher nicht geleistet, weil das Fahrzeug aufgrund des Diebstahls nicht habe besichtigt werden können. Der Erstbeklagte habe seine (nicht näher konkretisierte) „Mitwirkungspflicht“ verletzt.
Der Erstbeklagte wendet ein, dass sich die Klägerin die Versicherungsleistung anrechnen lassen müsse. Grundlage des Vertrags sei gewesen, dass die Klägerin bei einem Diebstahl zunächst die Versicherung in Anspruch nehmen müsse. Jedenfalls müsse sich die Klägerin den Restwert des Fahrzeugs in Höhe von mindestens 7.000 EUR „anrechnen“ lassen. Dieser Betrag werde „aufrechnungsweise“ eingewendet. Es lägen keine Gründe für eine vorzeitige Fälligstellung vor; der Erstbeklagte habe keine „Mitwirkungspflicht“ verletzt.
Der Zweitbeklagte schloss sich diesem Vorbringen an und führte weiters aus, dass „die Einlösung des Garantievertrags“ missbräuchlich sei, weil die Klägerin die Versicherungsleistung hätte in Anspruch nehmen können.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der Erstbeklagte habe mit der Klägerin einen „Leasingvertrag“ geschlossen; der Versicherungsvertrag sei zwischen der Klägerin und dem Versicherungsunternehmen zustande gekommen. Die Voraussetzungen für eine vorzeitige Fälligstellung seien nicht erfüllt, weil das Fahrzeug zwar gestohlen, inzwischen aber wieder wenngleich zerlegt aufgefunden worden sei. Unwirtschaftlichkeit des Zusammenbaus und Rücktransports sei kein Grund für die Fälligstellung.
In ihrer Berufung machte die Klägerin unter anderem als Verfahrensmangel geltend, dass das Erstgericht sie mit der Rechtsmeinung überrascht habe, die Gesamtforderung sei nicht fällig. Bei Erörterung hätte sie vorgebracht, dass der Erstbeklagte seit März 2013 keine Zahlungen geleistet habe und zumindest in Bezug auf die ausständigen Monatsraten Fälligkeit eingetreten sei. Daneben führte sie eine Rechtsrüge aus.
Das Berufungsgericht gab dem Klagebegehren statt und ließ die Revision zunächst nicht zu.
Es sei unstrittig, dass der Erstbeklagte ab März 2013 keine „Leasingraten“ mehr bezahlt habe. Das berechtige die Klägerin nach einer mit Androhung des Terminsverlusts verbundenen Mahnung zur Fälligstellung der gesamten noch offenen Schuld. Dem Vertrag lasse sich nicht entnehmen, dass die Klägerin zuerst die Versicherung in Anspruch nehmen müsse; nur eine tatsächlich erbrachte Leistung wäre anzurechnen. Die Sachgefahr trage beim Leasing der Leasingnehmer. Der Zweitbeklagte hafte aufgrund seines Garantieversprechens, das vom Bestand der gesicherten Forderung unabhängig sei. Daher habe ihm gegenüber die Bekanntgabe der offenen Restforderung genügt. Die Gegenforderung bestehe nicht zu Recht, weil der (Rest-)Wert des Fahrzeugs oder die noch nicht erbrachte Versicherungsleistung nicht anzurechnen sei und die Beklagten in erster Instanz kein Vorbringen zu einem schadenersatzbegründenden Verhalten der Klägerin erstattet hätten. Zum gerügten Verfahrensmangel nahm das Berufungsgericht nicht Stellung, weil das Rechtsmittel ohnehin aus anderen Gründen erfolgreich war.
Gegen diese Entscheidung richten sich Revisionen beider Beklagten . Sie bringen insbesondere vor, dass mangels qualifizierter Mahnung die Voraussetzungen für eine Fälligstellung nach § 14 VKrG nicht vorgelegen seien. Weiters habe die Klägerin dem Erstbeklagten zugesagt, dass nach Zahlung dreier weiterer Raten die Restschuld von der Versicherung übernommen würde. Der Zweitbeklagte macht zudem (erkennbar) geltend, dass der gegen ihn erhobene Anspruch vom Bestehen der Forderung gegen den Erstbeklagten abhänge.
Das Berufungsgericht ließ die Revision nachträglich mit der Begründung zu, dass sich die Beklagten zwar in erster Instanz nicht darauf berufen hätten, Verbraucher zu sein, aber die Auffassung vertreten werden könnte, die Verbrauchereigenschaft sei aus den Umständen insbesondere aus der Verwendung eines Formulars für Verbrauchergeschäfte und aus der im Rubrum der Klagebeantwortung enthaltenen Bezeichnung des Zweitbeklagten als „Angestellter“ erschlossen werden können.
Rechtliche Beurteilung
Die Revisionen sind zulässig und berechtigt .
A. Zum Anspruch gegen den Erstbeklagten
1. Der vom Berufungsgericht angenommene Grund für die Fälligkeit der gesamten Restforderung trägt jedenfalls nicht.
1.1. Punkt IX. des zwischen der Klägerin und dem Erstbeklagten geschlossenen Kaufvertrags weshalb die Vorinstanzen einen Leasingvertrag annehmen, ist angesichts des eindeutigen Wortlauts der Vertragsurkunde nicht nachvollziehbar sieht vor, dass
„Terminsverlust und sohin Fälligkeit und sofortige Entrichtung der gesamten noch offenen Schuld auf das in Pkt. III. angeführte Gesamtentgelt [...] [ein]tritt [...], wenn der Verkäufer seine Leistungen bereits erbracht hat, zumindest eine rückständige Kaufpreisrate des Käufers seit mindestens sechs Wochen fällig ist und der Verkäufer den Käufer unter Androhung des Terminsverlustes und unter Setzung einer Nachfrist von mindestens zwei Wochen erfolglos gemahnt hat.
Die Parteien haben damit eine Vertragsklausel vereinbart, die inhaltlich § 14 Abs 3 VKrG entspricht. Aus diesem Grund ist unerheblich, ob ein Verbrauchervertrag vorliegt und diese Bestimmung daher auch unmittelbar anwendbar wäre. Eine Fälligstellung setzt schon aufgrund der vertraglichen Vereinbarung eine qualifizierte Mahnung voraus.
1.2. Eine solche qualifizierte Mahnung hat die Klägerin zwar in der Klage behauptet, nach den Feststellungen des Erstgerichts liegt sie aber nicht vor. Vielmehr hatte sich die Klägerin in ihrer Abrechnung ausschließlich auf eine vom Erstbeklagten „gewünschte“ Beendigung des Vertrags bezogen. Zwar hätte wie im unmittelbaren Anwendungsbereich von § 14 Abs 3 VKrG (RIS-Justiz RS0107854, RS0106802) die Klägerin auch noch während des Prozesses qualifiziert mahnen können. Das hat sie aber ebenfalls nicht getan. Dass die Mahnung aus besonderen Gründen nicht erforderlich gewesen wäre, hat die Klägerin nicht vorgebracht.
2. Die Klägerin stützt sich weiters auf Punkt X. des Vertrags, wonach eine Fälligstellung möglich ist, wenn das „Eigentumsrecht am Kaufgegenstand […] gegenstandslos wird oder eine andere Sicherheit oder Deckung wegfällt“. Auch damit dringt sie nicht durch.
2.1. Aus dem Zusammenhang ergibt sich, dass diese Klausel eine Fälligstellung ermöglichen soll, wenn ein Sicherungsrecht der Klägerin nicht entsteht oder verloren geht. Dies folgt aus dem Schlussteil der Klausel („oder wenn eine andere Sicherheit oder Deckung wegfällt“), aus dem abzuleiten ist, dass auch die zuvor genannten Umstände die Sicherung der Kaufpreisforderung betreffen. Im Regelfall führt das „Gegenstandsloswerden“ des vorbehaltenen Eigentums am Kaufgegenstand also jedenfalls der Untergang der Sache tatsächlich zu einem solchen Verlust einer Sicherheit.
2.2. Im vorliegenden Fall tritt allerdings bei einem Diebstahl der Anspruch der Klägerin aus dem Versicherungsvertrag an die Stelle der Sache. Sie verliert daher keine Sicherheit. Dies muss nach dem Verständnis redlicher Parteien (§ 914 ABGB) zur Unanwendbarkeit der Klausel führen. Aus diesem Grund berechtigt der Diebstahl des Fahrzeugs unabhängig von der Möglichkeit oder Wirtschaftlichkeit einer Rückholung die Klägerin von vornherein nicht zur Fälligstellung nach Punkt X. des Vertrags.
3. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf die laufenden Raten.
3.1. Zwar trägt der Käufer grundsätzlich auch beim Kauf unter Eigentumsvorbehalt ab der Übergabe die Gefahr der Kaufsache (RIS-Justiz RS0025258; Aicher in Rummel 3 §§ 1048 1051 Rz 9; Apathy in KBB 3 § 1049 Rz 1). Das bedeutet, dass er den Kaufpreis auch dann zahlen muss, wenn die Sache nach der Übergabe untergeht oder gestohlen wird. Es steht ihm frei, sich gegen dieses Risiko zu versichern. In diesem Fall ist es wiederum sein Risiko, ob und wann die Versicherung leistet; er selbst bleibt dem Verkäufer zahlungspflichtig.
3.2. Im vorliegenden Fall hat der Erstbeklagte jedoch der Klägerin auf deren Veranlassung den Auftrag erteilt, auf seine Kosten eine Sachversicherung zu deren Gunsten abzuschließen. Nach den inhaltlich unstrittigen Versicherungsbedingungen ist versichertes Risiko der „wirtschaftliche Totalschaden des versicherten Fahrzeugs durch Unfall, Berührung des in Bewegung befindlichen Kfz mit Wild- oder Haustieren auf Straßen mit öffentlichem Verkehr, Diebstahl, Brand, Explosion“.
3.3. Daraus ist abzuleiten, dass nach dem Willen der Parteien (auch) die Gefahr des Diebstahls trotz Übergabe der Sache weiterhin bei der Klägerin liegen sollte. Denn sonst wäre schlechthin nicht nachvollziehbar, weshalb sie sich auf Kosten des Erstbeklagten gegen diese Gefahr versichern sollte. Auf dieser Grundlage hätten es redliche Parteien (§ 914 ABGB) aber als selbstverständlich angesehen, dass bei Verwirklichung des versicherten Risikos die Pflicht zur weiteren Kaufpreiszahlung entfällt. Denn in diesem Fall hat die Klägerin ohnehin einen Anspruch gegen die Versicherung, den nur sie und nicht der Erstbeklagte durchsetzen kann. Dass der Versicherungsfall nicht eingetreten wäre, hat die Klägerin nicht behauptet; eine für die Nichtleistung kausale „Mitwirkungspflichtverletzung“ des Erstbeklagten ist nicht erkennbar. Das Risiko der Auseinandersetzung mit der (offenbar zahlungsunwilligen) Versicherung trägt aufgrund der konkreten Vertragsgestaltung die Klägerin.
3.4. Der Entfall der Zahlungspflicht wurde dem Erstbeklagten zudem von einer Mitarbeiterin der Klägerin bestätigt. Dies spricht ebenfalls für die oben dargestellte Auslegung des Vertrags. Da schon diese Auslegung eine Zahlungspflicht ausschließt, ist unerheblich, ob die Mitarbeiterin Vollmacht für eine rechtsgeschäftliche Erklärung in diesem Sinn hatte oder nicht.
3.5. Aus diesen Gründen kann die vom Berufungsgericht nicht erledigte Verfahrensrüge auf sich beruhen. Denn das Vorbringen zur Fälligkeit einzelner Kaufpreisraten, das die Klägerin nach ihren Angaben bei einer Erörterung der Rechtslage in erster Instanz erstattet hätte, wäre nicht geeignet gewesen, einen Anspruch zu begründen.
B. Zum Anspruch gegen den Zweitbeklagten
Es kann offen bleiben, die Erklärung des Zweitbeklagten trotz der mehrfachen Bezugnahme auf das Grundgeschäft tatsächlich als abstrakte Garantie zu deuten ist. Denn auch der Garant ist nicht zur Zahlung verpflichtet, wenn bereits feststeht, dass die gesicherte Forderung des Begünstigten nicht besteht; in diesem Fall wäre der Abruf der Garantie rechtsmissbräuchlich (RIS-Justiz RS0018006, RS0016992 [T5]). Das trifft hier zu, weil der Anspruch der Klägerin aus dem Grundgeschäft nach den Ergebnissen des vorliegenden Verfahrens nicht zu Recht besteht.
C. Ergebnis und Kosten
1. Aus diesen Gründen haben die Revisionen der Beklagten Erfolg. Das abweisende Urteil des Erstgerichts ist wiederherzustellen.
2. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Beim Erstbeklagten war ein geringfügiger Rechenfehler bei den Kosten der Berufungsbeantwortung zu berichtigen; der Zweitbeklagte hat für die Revision keine Barauslagen verzeichnet.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:OGH0002:2014:0040OB00170.14Z.1118.000