OGH vom 16.12.2019, 1Ob216/19z
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Wurzer als Vorsitzenden sowie die Hofräte und Hofrätinnen Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer, Dr. Parzmayr und Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*****, MMSc, *****, vertreten durch Dr. Michael Pallauf, LL.M., und andere, Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 41.978,49 EUR sA sowie Feststellung (Streitwert 40.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 14 R 75/19f-18, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom , GZ 33 Cg 26/18p-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Im Amtshaftungsprozess ist nicht – wie im Rechtsmittelverfahren – zu prüfen, ob die beanstandete Entscheidung richtig ist, sondern ob sie auf einer vertretbaren Gesetzesauslegung bzw Rechtsanwendung beruht (vgl RISJustiz RS0049955). Ob eine Rechtsansicht vertretbar war, ist jeweils im Einzelfall zu prüfen, im Allgemeinen wird dadurch keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO begründet (vgl RS0049955 [T10]).
2. Grundsätzlich besteht weder auf eine Ernennung zur Begründung eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses noch auf eine Ernennung im Dienstverhältnis (insbesondere auf eine Beförderung) ein Rechtsanspruch. Das Gesetz räumt niemandem einen subjektiven Anspruch auf die Ausübung des Ernennungsrechts durch die Dienstbehörde ein. Auch das BDG 1979 begründet keinen öffentlich-rechtlichen Anspruch auf die Verleihung einer Planstelle (1 Ob 210/11f mwN). Wenngleich kein subjektives Recht auf Beförderung besteht, können aus einer unterbliebenen Beförderung aber Amtshaftungsansprüche abgeleitet werden, wenn das Unterbleiben auf einen Missbrauch der eingeräumten Befugnisse oder auf einen Verstoß gegen tragende Grundsätze der rechtsstaatlichen Ordnung zurückzuführen ist (RS0112461; RS0102403). Ob ein solcher (Ermessens-)Missbrauch vorliegt, kann nur aufgrund der Umstände des Einzelfalls beurteilt werden (RS0112461 [T3, T 8]).
3. Im Revisionsverfahren ist strittig, ob – was der Revisionswerber bestreitet – die von der Behörde vertretene Rechtsansicht, der Kläger habe trotz seiner beiden im Ausland erworbenen Masterabschlüsse das besondere Ernennungserfordernis einer der Verwendung auf dem Arbeitsplatz entsprechenden abgeschlossenen Hochschulbildung nicht erfüllt, weil er über keinen Bachelorabschluss verfüge, vertretbar war. Dazu ist zunächst auf die in der Ausschreibung dargelegten „Anforderungen des Arbeitsplatzes“ hinzuweisen, wonach neben der „Erfüllung der Ernennungserfordernisse für die Verwendungsgruppe A1“ zumindest ein „abgeschlossenes Bachelorstudium im Bereich der Informatik oder ein abgeschlossenes Bachelorstudium IT Security oder Information-Security an einer vergleichbaren Fachhochschule“ gefordert wurde. Dass der Kläger ein (solches) Bachelorstudium abgeschlossen hätte, behauptet er gar nicht. Weshalb seine zwei im Ausland abgeschlossenen Masterstudien einem Bachelorabschluss „entsprechen“ sollten, zeigt die Revision nicht nachvollziehbar auf. Aus den Gutachten des Nationalen Informationszentrums für akademische Anerkennung („ENIC NARIC Austria“) ergibt sich zwar die Gleichwertigkeit mit bestimmten österreichischen Fachhochschul-Masterstudiengängen (allerdings mit dem Hinweis „Voraussetzung: Vorstudium auf Bachelor-Ebene“), aber eben gerade keine Gleichwertigkeit mit einem Bachelorstudium, für das nicht nur eine längere
Mindestdauer (drei anstatt wie beim Masterstudium zwei Jahre; vgl Rainer in Perthold-Stoitzner, UG³ [2016] § 54 Rz 7) vorgesehen ist, sondern das im Rahmen eines mehrstufigen „Studienzyklus“ auch – sowohl im universitären Bereich (vgl § 51 Abs 2 Z 5 UG) als auch im Fachhochschulbereich (vgl § 4 Abs 4 FHStG) entsprechend der Gemeinsamen Erklärung der Europäischen Bindungsminister vom („Bologna-Erklärung“) – der Vermittlung von (Grundlagen-)Wissen dient, das durch das Masterstudium (bloß) vertieft und ergänzt werden soll.
4. Dass das zur Entscheidung über die Bewerbung des Klägers berufene Organ aufgrund dieser Rechtslage davon ausging, dass trotz der vom Kläger abgeschlossenen Masterstudien – unabhängig davon, ob diese an einer österreichischen Universität oder Fachhochschule erworbenen Masterabschlüssen gleichzuhalten sind – nicht auf das Ernennungserfordernis eines (einschlägigen) Bachelorabschlusses verzichtet werden durfte, begründet keine pflichtwidrige Überschreitung des Ermessensspielraums. Dass das Berufungsgericht von einer vertretbaren Rechtsansicht der Behörde ausging und daher keinen amtshaftungsbegründenden Missbrauch des ihr bei der Stellenbesetzung eingeräumten Ermessens annahm, begegnet vor allem auch deshalb keinen Bedenken, weil das die Ernennungsvoraussetzungen regelnde BDG 1979 (insbesondere dessen Anlage 1) zur Frage, ob bei Vorliegen eines Masterabschlusses (hier zwei solcher Abschlüsse) von der – in der Ausschreibung hervorgehobenen – Anforderung eines Bachelorabschlusses abgesehen werden darf, keine eindeutige Regelung enthält, die Ernennung des Klägers nicht aus sachfremden Motiven (welche auch nicht substantiiert behauptet wurden) unterblieb und eine Besetzung der ausgeschriebenen Stelle mit einer die besonderen Ernennungserfordernisse nicht erfüllenden Person den gesetzlichen Vorschriften des BDG 1979 eindeutig widersprochen hätte (vgl 1 Ob 61/14y),
5. Die in der Revision als iSd § 502 Abs 1 ZPO erheblich angesehene Rechtsfrage, ob der Kläger die ausgeschriebene Stelle als einziger Bewerber bei Erfüllung der allgemeinen und besonderen Ernennungsvoraussetzungen des BDG 1979 erhalten hätte müssen, stellt sich nicht, weil das mit der Entscheidung über die Bewerbung befasste Organ vertretbar davon ausgehen durfte, dass die besonderen Ernennungserfordernisse beim Kläger nicht gegeben waren.
6. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2019:0010OB00216.19Z.1216.000 |
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Fundstelle(n):
JAAAD-48648