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OGH vom 03.06.1953, 2Ob141/53

OGH vom 03.06.1953, 2Ob141/53

Norm

Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch § 1392;

Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch § 1397;

Kopf

SZ 26/142

Spruch

Rechte und Pflichten des Übernehmers von zahlungshalber abgetretenen Forderungen.

Entscheidung vom , 2 Ob 141/53.

I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Die Klägerin hat dem Johann B. bzw. seiner Verlassenschaft Kredite gewährt und zur Sicherung eine Reihe von Forderungen zahlungshalber übertragen erhalten. Sie begehrte die Verurteilung der Verlassenschaft zur Zahlung der kreditierten Beträge.

Das Erstgericht erkannte im Sinne des Klagebegehrens.

Das Berufungsgericht bestätigte das erstgerichtliche Urteil.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Verlassenschaft nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Wie in dem der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 10. Feber 1931, 2 Ob 1267/30, SZ. XIII/32, zugrunde liegenden Falle erfolgte auch hier die Abtretung der Forderungen an die klagende Partei, wie nunmehr auch die Revision gelten läßt, nicht an Zahlungsstatt, sondern nur zahlungshalber und zu Sicherungszwecken, so daß also nicht der Fall einer entgeltlichen Forderungsabtretung vorliegt, für welchen die Vorschriften der §§ 1397 ff. ABGB. über die Gewährleistung gelten, sondern eine Vereinbarung, wonach Johann B. bzw. die beklagte Verlassenschaft nach ihm als Schuldner ihrem Gläubiger, der Klägerin, ihnen (den Schuldnern) gegen Dritte zustehende Forderungen zu dem Zwecke abgetreten haben, damit ihr Gläubiger aus den übertragenen Forderungen Zahlung zu erlangen versuche und sodann mit den eingezogenen Geldbeträgen seine Forderung gegen die beklagte Partei berichtige.

Dadurch ist nach der Absicht der Parteien das zwischen ihnen bestehende Forderungsverhältnis zunächst unberührt gelassen worden; erst beim Eingehen von Zahlungsmitteln aus den übertragenen Forderungen sollte die Schuld des Forderungsüberträgers an seinen Gläubiger, die klagende Partei, insoweit getilgt sein. In solchem Falle besteht, insolange die Tilgung nicht erfolgt ist, die Forderung des Gläubigers gegen seinen Schuldner weiter fort, was sich darin zeigt, daß der Gläubiger auf sie zurückgreifen kann, wenn er vergeblich versucht hat oder der Versuch zwecklos wäre, die ihm vom Schuldner übertragenen Forderungen einzuziehen. Er kann dann seinen Schuldner aus dem ursprünglichen Schuldverhältnis wieder in Anspruch nehmen. Daß derartige Versuche gegenwärtig gegen die Drittschuldner möglich wären, ist von der beklagten Partei im Verfahren vor dem Erstgerichte nicht behauptet worden. In der Klagebeantwortung vertrat sie noch den Standpunkt der Abtretung an Zahlungs Statt und behauptete mit Bezug darauf, daß für die klagende Partei aus der Tatsache, daß die Forderungen nunmehr uneinbringlich erscheinen, nichts gewonnen sei, weil eine Haftung für eine eventuell durch Zufall eingetretene Uneinbringlichkeit nicht bestehe. Die Uneinbringlichkeit werde nur vorsichtsweise bestritten. Steht nun aber fest, daß eine volle Berichtigung des Kredites der Klägerin an die beklagte Partei durch die Eingänge aus den abgetretenen Forderungen nicht stattgefunden hat, die Forderung der klagenden Partei samt Zinsen und Spesen in dem von den Untergerichten festgestellten Betrag noch aushaftet und jeder Versuch zur Flüssigmachung der abgetretenen Fakturenbeträge gegenwärtig aussichtslos ist, so erscheint die klagende Partei berechtigt, auf die ihr gegen die beklagte Partei zustehende Forderung zurückzugreifen. Die Klage ist auf Vertragserfüllung gerichtet und nicht auf Gewährleistung wegen der der Klägerin sicherungshalber abgetretenen Forderungen. Der Revision ist darin zuzustimmen, daß aus dem Inhalt der Mantelzession die Verpflichtung der klagenden Partei zu entnehmen ist, bei Einziehung der Forderungen dieselbe Sorgfalt anzuwenden, die sie in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt. Sie verantwortet damit eine ihr in dieser Hinsicht zur Last fallende Nachlässigkeit. Dafür, inwieweit sie die Sorgfaltspflicht trifft, kann auf die analoge Anwendung der Bestimmung des § 1399 ABGB. verwiesen werden, da auch ihr der Gedanke zugrunde liegt, daß sich der Forderungsübernehmer bei Einziehung der ihm übertragenen Forderung keine Nachlässigkeit zuschulden kommen lassendarf. Im Gegensatz zur angeführten Bestimmung hat aber im vorliegenden Falle nach allgemeinen Beweisgrundsätzen der Forderungsüberträger darzutun, daß und inwieweit der Forderungsübernehmer nur infolge seiner Säumnis aus der übertragenen Forderung nicht hat Befriedigung finden können (SZ. XIII/32). Die Beweislast trifft also, wie das angefochtene Urteil richtig erkennt, diebeklagte Partei. Die Bestimmungen der §§ 1397 ff. ABGB. gelten für die volle Zession, die allein im Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch geregelt ist, können daher hier nur in einem eingeschränkten Sinn angewendet werden.

Während bei Zession an Zahlungs Statt dem Gläubiger nur der Regreß nach § 1397 ABGB. bleibt (16. April 1872, Slg. 4574; 1. März 1870, Slg. 3728), ist bei Zession zahlungshalber, wie bereits erwähnt, der Rückgriff auf die ursprüngliche Schuld zulässig (17. April 1860, Slg. 1118; 13. Mai 1857, Slg. 349) und die ursprüngliche Forderung nur bis zu einem vergeblichen Eintreibungsversuch gestundet (, Slg. VIII/2935).