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OGH vom 05.11.2002, 4Ob170/02g

OGH vom 05.11.2002, 4Ob170/02g

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ärztekammer für Steiermark, *****, vertreten durch Dr. Nikolaus Kodolitsch und andere Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagte Partei Mag. Gerlinde P*****, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 21.801,85 EUR) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 3.633,64 EUR), im Verfahren über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom , GZ 6 R 91/02b-13, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom , GZ 10 Cg 91/01w-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

Das Urteil vom , 4 Ob 170/02g, wird wie folgt ergänzt und berichtigt:

a) im Spruch nach dem Strichpunkt durch Einfügung der Worte "in eventu, die beklagte Partei sei gegenüber der klagenden Partei schuldig, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs die Ankündigung und/oder das Durchführen der Beurteilung von Krankheiten und/oder krankhaften Zuständen bei Verwendung medizinisch-diagnostischer Hilfsmittel, insbesondere von 'Venenmessungen' zu unterlassen;"

b) in den Entscheidungsgründen auf Seite 10 an Stelle des letzten Satzes im ersten Absatz durch Einfügung der Worte: "Vertretbar ist aber auch die Auffassung, die Bewertung eines auf die geschilderte Weise erzielten Testergebnisses nach den Kategorien 'guter' oder 'schlechter' Wert falle nicht in den Bereich der ärztlichen Diagnose. Wie der erkennende Senat bereits mehrfach ausgesprochen hat, ist die Erstellung einer Diagnose eine Ärzten vorbehaltene Tätigkeit (4 Ob 114/89; 4 Ob 14/00p = ÖBl-LS 2000/33 - Auspendeln; 4 Ob 50/01h = ÖBl-LS 01/109 - Bachblüten; zuletzt 4 Ob 70/02a). Unter einer (medizinischen) Diagnose wird die zweifelsfreie Zuordnung von Symptomen zu einem Krankheitsbegriff (Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch258), also die Erkennung und systematische Bezeichnung einer Krankheit (DUDEN, Wörterbuch medizinischer Fachausdrücke³), verstanden; sie knüpft regelmäßig an einer Untersuchung des Patienten samt Erhebung seiner Vorgeschichte (Anamnese) an (Stellamor/Steiner, Handbuch des österreichischen Arztrechts I 426 mwN). Hat eine Angestellte der Beklagten - indem sie sich an einem ihr zuvor mitgeteilten Normwert orientierte - einer Kundin auf deren Frage nur mitgeteilt, ein Wert über 25 sei gut, ein Wert darunter schlecht, ohne das Testergebnis mit ihr weiter zu besprechen oder sie näher zu befragen oder zu untersuchen, ist es jedenfalls vertretbar, dies nicht als Beurteilung von Krankheiten und/oder krankhafter Zustände bei Verwendung diagnostischer Hilfsmittel (§ 2 Abs 2 Z 2 ÄrzteG) oder als Diagnose aufzufassen. Da die Beklagte ein solches Verhalten auch nicht angekündigt hat, erweist sich demnach auch das Eventualbegehren als unbegründet."

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die Kosten der Stellungnahme zum Ergänzungsantrag von 877,50 EUR (darin 146,25 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Im bezeichneten Urteil wurde über das Eventualbegehren nicht abgesprochen. Die Klägerin hat fristgerecht einen Antrag auf Urteilsergänzung eingebracht, über den gem § 423 Abs 1 ZPO zu entscheiden war. Zugleich waren die Entscheidungsgründe entsprechend zu berichtigen (§ 419 Abs 1 ZPO) und zu ergänzen.

Da die antragstellende Klägerin in der Hauptsache zur Gänze unterlegen ist, hat sie keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten ihres Ergänzungsantrags (Rechberger in Rechberger ZPO² § 423 Rz 8; ÖJZ-LSK 1996/174; 4 Ob 230/01d) und muss der Beklagten die Kosten ihrer Stellungnahme ersetzen.