OGH vom 26.11.2002, 1Ob216/02z
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei KR Dipl. Vw. Helmut H*****, vertreten durch Dr. Axel Fuith, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Land Tirol, vertreten durch Dr. Heinz Knoflach, Dr. Eckart Söllner und Dr. Erik R. Kroker, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen 21.802,32 EUR sA und Feststellung (Streitwert 2.180,19 EUR) infolge ordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 35/02z-14, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom , GZ 10 Cg 212/01v-9, bestätigt wurde, folgenden
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.252,26 (darin 208,71 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu zahlen.
Text
Begründung:
Der am verstorbene Erblasser hatte dem Kläger, einem österreichischen Staatsbürger, mit letztwilliger Verfügung vom seinen Viertelanteil an einer Tiroler Liegenschaft - einem land- und forstwirtschaftlichen Grundstück im Sinne des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1996 (TirGVG 1996) - vermacht. Mit Bescheid vom genehmigte die Bezirks-Grundverkehrskommission die Eigentumsübertragung an den Kläger. Die Landes-Grundverkehrskommission versagte dagegen die Genehmigung des letztwilligen Eigentumserwerbs mit Bescheid vom , weil der Kläger nicht zum Kreis der gesetzlichen Erben gehöre und der Erblasser mit seiner Verfügung beabsichtigt habe, die Voraussetzungen für die Genehmigung des Rechtserwerbs unter Lebenden zu umgehen. Eine Genehmigung komme demnach schon gemäß § 6 Abs 6 TirGVG 1996 nicht in Betracht. Es mangle aber auch an den Genehmigungsvoraussetzungen nach § 6 Abs 1 dieses Gesetzes. Mit Erkenntnis vom (B 2067/98) sprach der Verfassungsgerichtshof aus, der Kläger sei durch den Bescheid der Landes-Grundverkehrskommission weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
Der Kläger begehrte den Zuspruch von 21.802,32 EUR und die Feststellung, dass ihm die beklagte Partei für alle Schäden hafte, die in seinem Vermögen infolge Versagung "der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung des Rechtserwerbs des Vierteilanteils" an der vermachten Liegenschaft in Zukunft entstehen können. Er brachte im Wesentlichen vor, die dem Rechtserwerb im "Grünen Grundverkehr" nach den Bestimmungen des TirGVG 1996 vorgeschaltete verwaltungsbehördliche Genehmigung verletze gemeinschaftsrechtlich gewährleistete Grundfreiheiten, insbesondere die Kapitalverkehrsfreiheit. Seine österreichische Staatsbürgerschaft ändere nichts, weil sich die erörterten Grundfreiheiten nach der Rechtsprechung des EuGH nicht (mehr) nur auf grenzüberschreitende Tatbestände bezögen. Die Unterlassung der Novellierung des TirGVG 1996 durch eine Ausschaltung des allgemeinen Genehmigungsverfahrens habe die beklagte Partei zu verantworten. Gleiches gelte für das Verhalten der Grundverkehrsbehörden erster und zweiter Instanz, die - ungeachtet einer entsprechenden Anregung - ein Vorabentscheidungsverfahren nicht eingeleitet und ein gemeinschaftsrechtswidriges Gesetz angewendet hätten. Das sei als "willkürliche Nichtvorlage" anzusehen. Überdies seien auch alle sonstigen Voraussetzungen eines Staatshaftungsanspruchs erfüllt.
Die beklagte Partei erhob die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs und wendete in der Sache im Wesentlichen ein, die gemeinschaftsrechtlich gewährleisteten Grundfreiheiten seien auf rein inländische Sachverhalte nicht anwendbar. Die Frage nach der Zulässigkeit einer Inländerdiskriminierung sei daher nur nach nationalem Verfassungsrecht zu beantworten. Schon deshalb scheide ein gemeinschaftsrechtlicher Staatshaftungsanspruch aus. Die vom Kläger behauptete Diskriminierung bestehe auch nicht. Der § 6 TirGVG 1996 sei europarechtskonform. Er könne daher einem Staatshaftungsanspruch selbst dann nicht als taugliche Grundlage dienen, wenn der Kläger Ausländer wäre oder der maßgebende Sachverhalt ein grenzüberschreitendes Element aufwiese.
Das Erstgericht wies die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs rechtskräftig zurück; im Übrigen wies es den Antrag des Klägers auf Einholung einer Vorabentscheidung zurück und das Klagebegehren ab. Nach dessen Ansicht besteht der behauptete Staatshaftungsanspruch schon deshalb nicht, weil dem in Anspruch genommenen Rechtsträger ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht nicht anlastbar sei.
Das Gericht zweiter Instanz bestätigte den Beschluss auf Zurückweisung des Antrags auf Einholung einer Vorabentscheidung, wies den vom Kläger im Berufungsverfahren gestellten Antrag auf Einholung einer Vorabentscheidung zurück und bestätigte das Ersturteil. Es sprach ferner aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, und erwog in rechtlicher Hinsicht, die gemeinschaftsrechtlich gewährleisteten Grundfreiheiten bezweckten die Beseitigung zwischenstaatlicher Hindernisse für den Wirtschaftsverkehr. Sie bezögen sich daher durchwegs auf das Vorhandensein eines grenzüberschreitenden Elements. Rein binnenstaatliche Angelegenheiten unterlägen nicht gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben. Der EuGH sei schon mehrmals mit solchen Sachverhalten befasst gewesen und habe in fast allen Fällen "einen Verstoß gegen die jeweilige Grundfreiheit verneint und die Nichtanwendbarkeit der Grundfreiheit jeweils sinngemäß mit dem Hinweis begründet, dass der betreffende Sachverhalt bzw die betreffende Tätigkeit keinen Anknüpfungspunkt zum Gemeinschaftsrecht aufweise". Nur die Urteile vom , RsC 321-324/94 (Pistre), und , RsC 448/98 (Guimont), bezögen sich auf Ausgangsverfahren, die "kein über die Grenze des betreffenden Mitgliedstaates hinausweisendes Element" betroffen hätten. Diese Urteile, denen keine Staatshaftungsansprüche in den Ausgangsverfahren zugrunde lägen, seien vereinzelt geblieben. In der Sache Guimont habe der EuGH über ein Vorabentscheidungsersuchen überdies nur deshalb in der Sache erkannt, weil nicht offenkundig gewesen sei, dass die erbetene Auslegung des Gemeinschaftsrechts für das nationale Gericht nicht von Nutzen sein könne. Er habe ferner erwähnt, dass in der Sache Pistre "durch eine nationale Norm aus anderen Mitgliedstaaten eingeführte Waren unmittelbar diskriminiert" worden seien. Es habe daher auch dort ein grenzüberschreitendes Sachverhaltselement gegeben. Der Klageanspruch stütze sich dagegen nicht auf ein solches Element. Die Grundverkehrsbehörden hätten dem Erwerb von Miteigentum an einem Grundstück in Österreich durch einen Österreicher die Genehmigung versagt. Dadurch könnten gemeinschaftsrechtliche Grundfreiheiten, die die Verwirklichung eines grenzüberschreitenden Tatbestandsmerkmals voraussetzten, nicht verletzt worden sein. Schon deshalb bestehe kein gemeinschaftsrechtlicher Staatshaftungsanspruch, mangle es doch an der Verletzung einer gemeinschaftsrechtlichen Norm, die dem Einzelnen die vom Kläger in Anspruch genommenen Rechte verleihe. Auch nach dem Gesichtspunkt einer Inländerdiskriminierung sei für den Kläger nichts zu gewinnen. Der EuGH habe bereits mehrfach erkannt, dass das Gemeinschaftsrecht eine Diskriminierung von Inländern gegenüber Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten nach nationalen Rechtsvorschriften nicht ausschließe. Nicht entscheidungswesentlich sei, ob gegen den Bund noch ein Vertragsverletzungsverfahren wegen Bestimmungen des TirGVG 1996 zu den Voraussetzungen des Grunderwerbs durch Ausländer anhängig sei. Wäre ein solches Verfahren anhängig, so bezöge es sich ebenso auf einen grenzüberschreitenden Sachverhalt. Die Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts über die Einleitung von Vorabentscheidungsverfahren bezweckten nicht, dem Einzelnen ein subjektives Recht auf Durchführung eines solchen Verfahrens zu verschaffen. Regelungszweck sei die Wahrung der Rechtseinheit nach objektiven Gesichtspunkten. Einzelne begünstigende Folgen einer Vorabentscheidung seien bloße Reflexwirkungen. Andernfalls wäre es unverständlich, weshalb Parteien kein Recht zugebilligt werde, die Einholung einer Vorabentscheidung zu beantragen. Allein die Nichteinleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens durch die Grundverkehrsbehörden könne daher einem Staatshaftungsanspruch mangels Verletzung einer Schutznorm des Gemeinschaftsrechts gleichfalls nicht als taugliche Stütze dienen. Es stelle sich daher gar nicht mehr die Frage, ob den Tiroler Grundverkehrsbehörden ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht anlastbar wäre. Auch das Berufungsgericht sehe sich nicht veranlasst, eine Vorabentscheidung einzuholen, weil "eine umfangreiche Judikatur des EuGH zur Frage der Verletzung von Grundfreiheiten bei rein internen Sachverhalten und zur Inländerdiskriminierung" bestehe. Die richtige Anwendung von Gemeinschaftsrecht könne daher nicht zweifelhaft sein. Dennoch sei die ordentliche Revision zulässig, weil der Klärung der Frage, ob "hinsichtlich eines rein inländischen Sachverhalts auf die bisherige überwiegende EuGH-Judikatur (unbeschadet vereinzelt gebliebener Entscheidungen mit hypothetischem Auslandsbezug) zurückgegriffen werden" könne, für die Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukomme.
Die Revision ist unzulässig.
1. Auslegung des Gemeinschaftsrechts als erhebliche Rechtsfrage
Rechtliche Beurteilung
1. 1. Der erkennende Senat erläuterte zuletzt im Vorabentscheidungsersuchen zur AZ 1 Ob 126/02i unter Berufung auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs, dass der EuGH gesetzlicher Richter im Sinne von Art 83 Abs 2 B-VG ist, wenn die Entscheidung der nationalen Behörde von der Auslegung einer Frage des primären oder sekundären Gemeinschaftsrechts abhängt. Der EuGH wirkt durch die ihm vorbehaltene Auslegung der Rechtsvorschriften des Gemeinschaftsrechts an der innerstaatlichen Entscheidungsfindung mit. Würde ein innerstaatliches, zur Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens berufenes Organ eine vorlagepflichtige Auslegungsfrage dem EuGH nicht zur Entscheidung vorlegen, so läge darin eine Verletzung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung, die den Parteien den gesetzlichen Richter entzöge und damit eine Verletzung des Art 83 Abs 2 B-VG verwirklichte ( = EuGRZ 1996, 529). Nach der vom Verfassungsgerichtshof im soeben zitierten Erkenntnis referierten Rechtsprechung des EuGH hat die Vorlage zur Lösung einer gemeinschaftsrechtlichen Frage nur zu unterbleiben, wenn die aufgeworfene Frage nicht entscheidungswesentlich ist, die betroffene Bestimmung des Gemeinschaftsrechts bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof war oder die richtige Auslegung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt. Ist daher etwa die Voraussetzung für die Anwendung letzterer "acte clair-Doktrin" erfüllt, so kommt eine Anrufung des EuGH zur Auslegung von Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts nicht in Betracht.
1. 2. Die Erwägungen des Berufungsgerichts sind dahin zu verstehen, dass es die Einholung einer Vorabentscheidung deshalb nicht für erforderlich hielt, weil - auf der Grundlage bereits ergangener Urteile des EuGH - für einen vernünftigen Zweifel an der Richtigkeit der getroffenen Auslegung des Gemeinschaftsrechts kein Raum bleibe. Ist aber diese Voraussetzung für die nicht erforderliche Anrufung des EuGH auf dem Boden einer offenkundigen gedanklichen Verknüpfung des Verständnisses seiner Vorentscheidungen mit der "acte clair-Doktrin" nach der Überzeugung des Berufungsgerichts erfüllt, so kann die Lösung einer Frage des Gemeinschaftsrechts - vor dem Hintergrund dieser Überzeugung - keine erhebliche Rechtsfrage nach § 502 Abs 1 ZPO aufwerfen, bedarf doch das, was - innerhalb des auch bei Lösung der erörterten Frage bestehenden Wertungsspielraums - rechtlich keinem vernünftigen Zweifel unterliegen kann, nicht auch noch einer Bestätigung durch den Obersten Gerichtshof.
Eine solche Überzeugung des Berufungsgerichts wäre daher bei richtiger Anwendung der Bestimmungen über die Anrufbarkeit des Obersten Gerichtshofs nur auf zwei Wegen überprüfbar: Hätte das Berufungsgericht die ordentliche Revision nicht zugelassen und bestünde nach § 505 Abs 4 ZPO die Möglichkeit zur Erhebung einer außerordentlichen Revision, so könnte der Oberste Gerichtshof bei der Prüfung der Zulassungsbeschwerde zum Ergebnis gelangen, dass dem Berufungsgericht bei der Auslegung des Gemeinschaftsrechts auf Grund der Rechtsprechung des EuGH eine gravierende Fehlbeurteilung unterlief und die Revision deshalb zulässig sei. Stünde der beschwerten Partei nach einem Ausspruch des Berufungsgerichts über die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision dagegen nur der mit einer ordentlichen Revision verbundene Antrag nach § 508 Abs 1 ZPO als Abhilfemaßnahme zu Gebote, so müsste das Berufungsgericht als Voraussetzung einer Entscheidung nach § 508 Abs 3 ZPO selbst zur Überzeugung gelangen, dass ihm bei der Anwendung des Gemeinschaftsrechts eine gravierende Fehlbeurteilung unterlaufen und die ordentliche Revision deshalb nachträglich doch zuzulassen sei (vgl 3 Ob 59/02a; EvBl 2001/52 - je zu nicht gemeinschaftsrechtlichen Fragen).
1. 3. Die bisherigen Erwägungen sind daher wie folgt zusammenzufassen:
Hängt die Entscheidung von der Lösung einer Frage des Gemeinschaftsrechts ab, so ist die Anrufung des Obersten Gerichtshofs zur Nachprüfung dessen Anwendung auf der Grundlage der Rechtsprechung des EuGH nur zulässig, wenn der zweiten Instanz bei Lösung dieser Frage eine gravierende Fehlbeurteilung unterlief.
2. Grundverkehrsbehördliche Genehmigung und Grundfreiheiten des Gemeinschaftsrechts
2. 1. Der EuGH sprach jüngst im Urteil vom C-515/99 und C-527/99 bis C-540/99 Reisch (Slg 2002 I-02157) aus, er sei im Verfahren nach Art 234 EG nicht befugt, die Normen des Gemeinschaftsrechts auf einen Einzelfall anzuwenden, und daher nicht dafür zuständig, eine Bestimmung des innerstaatlichen Rechts unter jene Normen einzuordnen; er könne jedoch das Gemeinschaftsrecht im Rahmen der durch Art 234 EG vorgesehenen Zusammenarbeit zwischen den Gerichten anhand der Akten insoweit auslegen, als das dem innerstaatlichen Gericht bei der Beurteilung der Wirkungen der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmung dienlich sein könnte (Rz 22). Wiesen die Ausgangsverfahren mit keinem Element über die Grenzen eines einzigen Mitgliedstaats hinaus, so könne eine nationale Regelung wie die des Salzburger Grundverkehrsgesetzes, deren Anwendbarkeit sich unterschiedslos auf österreichische Staatsbürger und Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften erstrecke, nur dann Vertragsbestimmungen über die Grundfreiheiten betreffen, wenn sie auf Sachlagen anwendbar sei, die eine Verbindung zum innergemeinschaftlichen Handel aufwiesen (Rz 24). Nach dem jeweils maßgebenden Sachverhalt hätten grundsätzlich allein die nationalen Gerichte einerseits die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung als Voraussetzung für ihr Urteil, andererseits aber auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof vorgelegten Fragen zu beurteilen. Der Gerichtshof könne das Ersuchen eines nationalen Gerichts daher nur dann zurückweisen, wenn offensichtlich kein Zusammenhang zwischen der erbetenen Auslegung oder Prüfung der Gültigkeit einer Vorschrift des Gemeinschaftsrechts und der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsverfahrens besteht (Rz 25 - auch unter Berufung auf das Urteil in der Rechtssache Guimont, Slg. 2000, I-10663, Rz 22). Könne die erbetene Auslegung des Gemeinschaftsrechts für das nationale Gericht von Nutzen sein, wenn sein nationales Recht vorschriebe, dass einem österreichischen Staatsangehörigen die gleichen Rechte wie dem Staatsbürger eines anderen Mitgliedstaats in der gleichen Lage kraft Gemeinschaftsrechts zustünden, so sei nicht offenkundig, dass die erbetene Auslegung des Gemeinschaftsrechts für das nationale Gericht nicht erforderlich wäre (Rz 26 - unter Berufung auf das Urteil in der Rechtssache Guimont).
2. 2. Aus der soeben wiedergegebenen Rechtsprechung folgt - entgegen der Ansicht des Klägers -, dass allein aus der sachlichen Erledigung von Vorabentscheidungsersuchen, bei denen es nicht offenkundig an einem Zusammenhang zwischen der erbetenen Auslegung oder Prüfung der Gültigkeit einer Vorschrift des Gemeinschaftsrechts und der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsverfahrens mangelt, nicht geschlossen werden darf, es bedürfe eines Vorabentscheidungsersuchens schon immer dann, wenn es der EuGH mangels offenkundiger Irrelevanz der erbetenen Auslegung für das Ausgangsverfahren nicht zurückweisen könne. Nach Ansicht des EuGH hat vielmehr die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung als Urteilsvoraussetzung auf dem Boden der Gemeinschaftsrechtslage allein das nationale Gericht zu beurteilen.
2. 3. Der Kläger begründete seine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof kurz zusammengefasst damit, dass die mit dem Grundsatz der Selbstbewirtschaftung eines land- und forstwirtschaftlichen Grundstücks nach dem TirGVG 1996 verbundene rechtliche Konsequenz für den Wohnsitz von EU-Bürgern als Verstoß gegen das Prinzip der Kapitalverkehrsfreiheit nicht anzuwenden sei. Daher könne "ein EU-Bürger mit dem Hauptwohnsitz in der EU außerhalb Österreichs die gegenständliche Liegenschaft ohne jede Beschränkung, insbesondere ohne die Beschränkung der Selbstbewirtschaftung erwerben". Die Anwendung des Grundsatzes der Selbstbewirtschaftung nur auf österreichische Staatsbürger bewirke somit eine Inländerdiskriminierung.
Der Verfassungsgerichtshof schloss sich dieser Ansicht im Erkenntnis vom B 2067/98 nicht an und entgegnete, die für das Vorliegen einer Inländerdiskriminierung maßgebende Voraussetzung, dass der Erwerb durch einen EU-Bürger einem Genehmigungsverfahren nicht unterworfen werden dürfe, treffe nicht zu: Der EuGH habe im Urteil vom in der Rechtssache C-302/97 Konle (Slg 1999 I-03099) die Lösung der Frage vertieft, ob nationale Gesetze den Grundstückserwerb von einer vorangehenden behördlichen Genehmigung abhängig machen dürften. Er habe festgehalten, dass Regelungen des Grundeigentums zwar weiterhin in die Zuständigkeit der einzelnen Mitgliedstaaten fielen, doch dürften sie nicht gegen die Grundprinzipien des EGV verstoßen. Schließlich habe der EuGH ausgesprochen: Halte ein Mitgliedstaat eine vorherige Genehmigung aus raumplanerischen Zielen im Allgemeininteresse wie der Erhaltung einer dauerhaft ansässigen Bevölkerung und einer in einigen Gebieten vom Tourismus unabhängigen Wirtschaftstätigkeit für erforderlich, so sei die darin liegende Beschränkung nur zulässig, wenn sie nicht diskriminierend angewandt werde und mit anderen, weniger einschneidenden Verfahren nicht das gleiche Ergebnis erreichbar sei. Die vorherige Kontrolle beim Grundstückserwerb diene nicht einem bloßen Informationsbedürfnis, sondern könne mit der Versagung der Genehmigung enden, ohne dass dies gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen müsse. Obgleich der EuGH im Fall Konle die Ansicht vertreten habe, das Baugrundstücke betreffende Genehmigungsverfahren sei keine unerlässliche Beschränkung zur Verhinderung des Zuwiderhandelns gegen innerstaatliche Rechtsvorschriften über Zweitwohnsitze, so bestätige die zuvor referierte Meinung doch auch, dass ein dem Grundstückserwerb vorgeschaltetes Genehmigungsverfahren gemeinschaftsrechtlich dann zulässig sei, wenn es im allgemeinen Interesse gelegen sei, nicht diskriminierend angewendet werde und andere, weniger einschneidende Mittel nicht zur Verfügung stünden. Das TirGVG 1996 verfolge agrarstrukturelle und sozialpolitische Ziele, so etwa die Hintanhaltung der Bodenspekulation und die Verhinderung unrentabler Betriebe. Der Strukturerhaltung diene dazu, dass land- und forstwirtschaftliche Grundstücke nur im Eigentum von Personen stehen sollten, die sie auch selbst bewirtschaften könnten. Unter Bedachtnahme auf die Urteile des EuGH in den Rechtssachen Konle und Fearon ( 182/83 Slg 1984, 3677) hege der Verfassungsgerichtshof somit nicht das Bedenken, "dass die Bestimmung des § 6 TGVG 1996 nicht auch aus europarechtlicher Sicht im Allgemeininteresse läge oder dass das vorherige Genehmigungsverfahren an sich kein geeignetes Instrument wäre, die durch das Gesetz erfolgte Zielsetzung zu verwirklichen". Es sei ferner nicht erkennbar, dass beim land- und forstwirtschaftlichen Grundverkehr "ein weniger einschneidendes Mittel als die vorherige Genehmigung des Rechtserwerbs zur Verfügung stünde, um die genannten Ziele zu erreichen". Im Zeitpunkt der Erlassung des bekämpften Bescheids sei zwar die europarechtliche Einschätzung von generellen Genehmigungsverfahren durch den EuGH noch nicht im Sinne des in der Rechtssache Konle ergangenen Urteils präzisiert gewesen, nunmehr sei aber diese Rechtsfrage "so hinreichend beantwortet, dass die vorgebrachten Bedenken, die Vollziehung der Bestimmung des § 6 TGVG 1996 führe zwangsläufig zu einer 'Inländerdiskriminierung', ins Leere" gingen.
2. 4. Der erkennende Senat tritt der Ansicht des Verfassungsgerichtshofs bei. Auf dieser Grundlage ist nicht erkennbar, dass die vom Berufungsgericht erzielte Lösung, der für den land- und forstwirtschaftlichen Grundstücksverkehr geltende § 6 TirGVG 1996 widerspreche nicht dem Gemeinschaftsrecht, weshalb die darauf gestützte Versagung der Genehmigung des Rechtserwerbs des Klägers an einem land- und forstwirtschaftlichen Grundstück den erhobenen Staatshaftungsanspruch nicht trage, auf einer gravierenden Fehlbeurteilung bei der Lösung einer präjudiziellen Frage des Gemeinschaftsrechts beruhen könnte. Daran ändert auch der vom EuGH in der Rechtssache Reisch wiederholte Grundsatz nichts, dass nationale Bestimmungen zur Abwicklung des Grundverkehrs, deren Anwendbarkeit sich unterschiedslos auf österreichische Staatsbürger und Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften erstrecke, bei reinen Binnensachverhalten dann Vertragsbestimmungen über die Grundfreiheiten betreffen könnten, wenn sie auf Sachlagen anwendbar seien, die eine Verbindung zum innergemeinschaftlichen Handel aufwiesen, widerspricht doch der § 6 TirGVG 1996 - nach der zumindest vertretbaren Ansicht des Berufungsgerichts - keiner gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheit.
3. Ergebnis
Gemäß § 508a Abs 1 ZPO ist der Oberste Gerichtshof bei der Prüfung der Zulässigkeit der Revision an einen Ausspruch des Berufungsgerichts nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO nicht gebunden. Aus allen bisherigen Erwägungen folgt, dass die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage abhängt. Die Revision ist demnach mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.
4. Kosten
Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsbeantwortung gründet sich auf § 41 iVm § 50 Abs 1 ZPO. Die beklagte Partei wies auf die Unzulässigkeit der Revision hin. Ihr sind daher die Kosten der Revisionsbeantwortung als solche einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung zu ersetzen. Der von der beklagten Partei begehrte Zuschlag von 50 % nach § 21 Abs 1 RATG ist jedoch nicht zuzuerkennen, weil die erbrachte anwaltliche Leistung weder nach ihrem Umfang noch nach ihrer Art den Durchschnitt erheblich übersteigt.