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OGH vom 31.08.1999, 5Ob176/99i

OGH vom 31.08.1999, 5Ob176/99i

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann, Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Mietrechtssache der Antragstellerin S***** S. A., *****, vertreten durch Dr. Franz Marschall, Rechtsanwalt in 1010 Wien, gegen die Antragsgegnerin Margarete H*****, vertreten durch Dr. Christian Streit, Rechtsanwalt in 1010 Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom , GZ 39 R 781/98m-23, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Josefstadt vom , GZ 5 Msch 8/98t-19, bestätigt wurde, folgenden

Sachbeschluss

gefasst:

Spruch

Die Revisionsrekursbeantwortung der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Im gegenständlichen Mietzinsüberprüfungsverfahren stellte das Erstgericht fest, dass die Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin das gesetzlich zulässige Zinsausmaß zu den Zinsterminen bis inklusive September 1997 durch die monatliche Vorschreibung eines Hauptmietzinses von netto S 19.696,50 um monatlich S 3.939,50 überschritten hat. Es legte dabei einen angemessenen Mietzins von S 120,-- pro m2 für das Bestandobjekt - eine neu ausgebaute Dachgeschoßwohnung - zugrunde. In dritter Instanz ist nur mehr strittig, ob im Hinblick auf das Fehlen der baubehördlichen Benützungsbewilligung für die Wohnung (die laut Punkt 8 des Mietvertrages die Antragsgegnerin unverzüglich zu beantragen versprochen hatte) der die Vereinbarung des angemessenen Hauptmiezinses rechtfertigende Tatbestand des § 16 Abs 1 Z 2 MRG vorliegt. Das Erstgericht vertrat dazu den Standpunkt, dass der (angemessene) Hauptmietzins nur danach zu bemessen sei, ob die Wohnung ordnungsgemäß übergeben wurde.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung aus folgenden Erwägungen:

Das Fehlen einer Benützungsbewilligung stelle einen bloßen Rechtsmangel dar. Wohl sei der Vermieter verpflichtet, alles zu unternehmen, um die behördliche Bewilligung zu erlangen, wobei nach den nunmehrigen Bauvorschriften die Bestätigung des Architekten genüge, wonach die Bauführung entsprechend der Baubewilligung erfolgte. Für den angemessenen Mietzins könne das Fehlen der Benützungsbewilligung bzw das Nichtvorliegen der erwähnten Bestätigung des Architekten nur insofern Bedeutung erlangen, als dadurch die Benützung des Bestandobjektes einschränkt oder unmöglich gemacht wird. Dass die bedungene Benützung des Objektes durch das Fehlen der behördlichen Genehmigung bzw das Nichtvorliegen der Bestätigung des Architekten beeinträchtigt oder gehindert war, sei von der Antragstellerin im erstinstanzlichen Verfahren gar nicht behauptet worden (immolex 1998/170 = 9 Ob 43/98h). Der von der Antragstellerin geltend gemachte Rechtsmangel sei daher für die Höhe des angemessenen Mietzinses ohne Bedeutung.

Dieser Sachbeschluss enthält den Ausspruch, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes zwar S 130.000,-- übersteige, der ordentliche Revisionsrekurs jedoch nicht zulässig sei. Letzteres wurde damit begründet, dass die Entscheidung im Einklang mit der höchstgerichtlichen Judikatur stehe.

Gegen die zweitinstanzliche Entscheidung hat die Antragstellerin fristgerecht außerordentlichen Revisionsrekurs mit dem Antrag erhoben, ihn entgegen dem rekursgerichtlichen Ausspruch als zulässig zu behandeln so abzuändern, dass (auf Basis des Kategorie-D-Zinses) die monatliche Mietzinsüberschreitung mit S 18.567,24 festgestellt wird; hilfsweise soll der zweitinstanzliche Sachbeschluss aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen werden. Es fehle Judikatur zur Frage, wie sich die Gewährleistungsregel des § 1096 ABGB (im Hinblick auf den Rechtsmangel der fehlenden Benützungsbewilligung) und die Zinsbildungsvorschriften des MRG (§ 16 Abs 1 Z 2) zueinander verhalten. Da Sach- und Rechtsmängel gleich zu behandeln sind, sei eine Wohnung ohne Benützungsbewilligung als unbrauchbar zu werten und in die Kategorie D einzustufen. Die Tatsache, dass durch die rechtliche Unmöglichkeit der Benützung des Bestandobjektes die physische Benützbarkeit an sich nicht beeinträchtigt ist, ändere daran nichts. Zu Unrecht bzw aktenwidrig habe daher das Rekursgericht der Antragstellerin den Mangel eines Vorbringens angelastet, wonach die Benützung der Wohnung durch das Fehlen der Benützungsbewilligung bzw der Bestätigung des Architekten beeinträchtigt oder gehindert gewesen sei. Die für diesen Rechtsstandpunkt zitierte Entscheidung 9 Ob 43/98h betreffe einen rechtlich wie tatsächlich nicht vergleichbaren Sachverhalt.

Von der Antragsgegnerin, der am (durch Zustellung des diesbezüglichen Beschlusses) die Beantwortung des Revisionsrekurses freigestellt wurde, liegt dazu eine am zur Post gegebene Revisionsrekursbeantwortung vor. Diese ist im Hinblick auf die vierwöchige Beantwortungsfrist des § 37 Abs 3 Z 17 lit d MRG verspätet. Die Vorschriften der ZPO über die Gerichtsferien finden nämlich auf Angelegenheiten des außerstreitigen Verfahrens (auch auf das Verfahren nach § 37 Abs 3 MRG) keine Anwendung (5 Ob 1009/93 ua). Die Revisionsrekursbeantwortung war daher zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs selbst erweist sich als zulässig, weil zur angesprochenen Rechtsfrage zwar bereits in der Rechtsprechung eines Instanzgerichtes (MietSlg 36.310), jedoch noch nicht vom Obersten Gerichtshof Stellung bezogen wurde; er ist aber nicht berechtigt.

Richtig ist, dass Rechts- und Sachmängel grundsätzlich gleich zu behandeln sind (SZ 53/107 ua). Das für die Zinsbildung nach § 15a Abs 1 Z 1 bis Z 3 MRG (früher § 16 Abs 2 Z 1 bis Z 3 MRG) maßgebliche Kriterium der (Un-)Brauchbarkeit stellt jedoch ausschließlich auf Sachmängel ab. Das Fehlen der Benützungsbewilligung (bzw einer sie jetzt gemäß § 128 Abs 2 Z 1 Wr BauO, LGBl 1997/40, ersetzenden Ziviltechnikerbestätigung über die baubewilligungsgemäße und den Bauvorschriften entsprechende Bauausführung) für ein Bestandobjekt besagt daher noch nicht, dass es unbrauchbar iSd genannten Gesetzesbestimmungen ist und daher die Zulässigkeit des vereinbarten Mietzinses auf den in § 15a Abs 3 Z 4 MRG genannten Betrag beschränkt. Auch sonst wird dem Rechtsmangel der Benützungsbewilligung (der nach Meinung des erkennenden Senates zumindest insoweit keine konstitutive Wirkung zukommt) im MRG-Bereich nicht generell die Bedeutung zuerkannt, dass das betreffende Objekt nicht vermietbar wäre oder gar aus dem Schutzbereich des MRG herausfiele (vgl WoBl 1992, 202/134 mit Anm von Würth; 5 Ob 85/93, teilweise veröffentlicht in WoBl 1995, 18/6; 5 Ob 116/99s). Umsomehr gilt dies für das Fehlen einer jetzt die Benützungsbewilligung ersetzenden Bestätigung nach § 128 Abs 2 Z 1 Wr BauO. Zutreffend, wenn auch durch die bisherige Judikatur noch nicht eindeutig gedeckt (die Entscheidung 9 Ob 43/98h betrifft einen rechtlich wie tatsächlich nicht vergleichbaren Sachverhalt), hat daher das Rekursgericht erkannt, dass das Fehlen der Benützungsbewilligung, solange nicht behauptet wird, dass sie mit einer effektiven Beeinträchtigung der Brauchbarkeit des Mietobjektes einhergeht, nur zu einer im Msch-Verfahren unbeachtlichen Vertragsanfechtung bzw Mietzinsminderung nach § 1096 ABGB führen kann.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.