OGH vom 25.11.2009, 3Ob191/09y
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie die Hofräte und Hofrätinnen Hon.-Prof. Dr. Sailer, Dr. Lovrek, Dr. Jensik und Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** P*****, vertreten durch Mag. Gunther Gram, Rechtsanwalt in Wien, als bestellter Verfahrenshelfer, gegen die beklagte Partei E***** AG, *****, vertreten durch Widter Mayrhauser Wolf Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen Einwendungen gegen den Anspruch (§ 35 EO), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 129/09z-28, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom , GZ 16 Cg 186/06m-12, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Die Beklagte gewährte dem vom Kläger geführten Unternehmen im November 1999 im Rahmen der „Bürges-Jungunternehmerförderung" einen Kredit. Der Kläger akzeptierte zur Besicherung der Kreditforderung einen Wechsel und übernahm für die Kreditrückzahlung die Haftung als Bürge und Zahler. Die Bürges Förderungsbank GmbH übernahm unter Zugrundelegung ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Ausfallsbürgschaft im Ausmaß von 80 % des Kreditbetrags. Aufgrund der Förderungsbedingungen, die sowohl die Hauptkreditnehmerin (das Unternehmen des Klägers) als auch der Kläger und die Beklagte zustimmend zur Kenntnis nahmen, schießt die Förderungsgeberin im Fall der Inanspruchnahme ihrer Ausfallsbürgschaft den entsprechenden Betrag der Beklagten nur vor, die verpflichtet ist, die Forderung als Treuhänder (Inkassozessionar) der Ausfallsbürgin zu betreiben und erzielte Zahlungs- und sonstige Eingänge anteilig entsprechend der Haftungsquote an sie abzuführen.
Die Beklagte erwirkte gegen den Kläger mangels Kreditrückzahlung Exekutionstitel, aufgrund derer ihr gegen den Kläger als Verpflichteter Forderungs- und Fahrnisexekution bewilligt wurde (AZ 11 E 1833/01w des Bezirksgerichts Floridsdorf).
Die Beklagte nahm die Ausfallsbürgschaft der Bürges Förderungsbank GmbH in Anspruch, die im Oktober 2002 65.146,52 EUR an die Beklagte auf das für die aushaftende Kreditforderung bei dieser geführte Konto überwies.
Die Vorinstanzen wiesen die vom Kläger mit der Begründung, der dem Exekutionstitel zugrundeliegende Kredit sei von der Ausfallsbürgin getilgt worden, erhobene Oppositionsklage ab. Durch die Zahlung der Ausfallsbürgin sei diese ex lege in die Rechte der Beklagten als Gläubigerin eingetreten. Die Zahlung habe also nicht zur endgültigen Tilgung und zum Erlöschen der gesicherten Hauptschuld, sondern ipso iure zu deren Übergang auf den Bürgen und Zahler geführt. Da der Beklagten als ursprünglicher „Legalzedentin" der vollstreckbare Anspruch zum Inkasso rückübertragen worden sei, sei sie nach wie vor, nunmehr als Treuhänderin der Bürges Förderungsbank GmbH, zur Exekutionsführung berechtigt. Ihr komme nach außen die Stellung als Inhaberin des Vollrechts zu. Da sie schon vor der Zahlung der Bürges Förderungsbank GmbH als Titelgläubigerin (und somit Inhaberin des Vollrechts) Exekution geführt habe, habe in Wahrheit kein Wechsel in der Person des Gläubigers der betriebenen Forderung stattgefunden.
Der Kläger macht als erhebliche Rechtsfrage geltend, dass Rechtsprechung zu einem vergleichbaren Sachverhalt fehle, das Berufungsgericht das Wesen der stillen Zession verkannt habe und überdies übersehen habe, dass nicht die ursprünglich gesicherte und titulierte Darlehensforderung durch die Abtretung übertragen, sondern der Regressanspruch der Ausfallsbürgin an die ursprüngliche Gläubigerin zurückübertragen worden sei.
Rechtliche Beurteilung
Ungeachtet des Umstands, dass der Oberste Gerichtshof einen genau dem hier zu beurteilenden Sachverhalt entsprechenden Fall noch nicht entschieden hat, was für sich allein noch keine erhebliche Rechtsfrage nach § 502 Abs 1 ZPO aufwirft (RIS-Justiz RS0107773), steht die angefochtene Entscheidung im Einklang mit der in der oberstgerichtlichen Judikatur und im Schrifttum vertretenen Auffassung, dass eine stille oder „abgeschwächte" Zession keinen Oppositionsgrund bildet:
1.) Grundsätzlich ist die vor der Exekutionsbewilligung erfolgte Zession der betriebenen Forderung ein Oppositionsgrund, der zwar nicht zur Feststellung des Erlöschens des Anspruchs schlechthin, sondern nur zur Feststellung führt, dass der Anspruch des Titelgläubigers erloschen ist (RIS-Justiz RS0000316; Jakusch in Angst, EO2, § 35 Rz 27; Dullinger in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO § 35 Rz 62). Der Forderungsübergang auf Gläubigerseite, egal ob rechtsgeschäftlich oder im Wege der Legalzession, beseitigt die Legitimation zur Exekutionsführung, die nur mehr dem Zessionar zusteht, andernfalls die Gefahr bestünde, dass der Titelschuldner doppelt zu leisten oder zur unterlassen hätte (3 Ob 234/08w mwN).
2.) Die dargelegte Rechtslage gilt aber nicht für die Fälle der sogenannten „abgeschwächten Abtretung", insbesondere bei der stillen Zession, bei der sich der Zedent verpflichtet, die Forderung im eigenen Namen einzutreiben und sodann die vom Schuldner erhaltene Leistung an den Zessionar abzuliefern. Der Zedent ist da wie jeder indirekter Stellvertreter zur Eintreibung im eigenen Namen legitimiert, auch wenn dem Schuldner bekannt ist, dass er für Rechnung des Zessionars auftritt. Diese schon in der Entscheidung 3 Ob 142/69 (= SZ 43/21) vertretene Auffassung wird von der Lehre geteilt (Jakusch aaO Rz 27 mwN; Dullinger aaO). Die bei der stillen Zession beim Zedenten verbleibende Einziehungsberechtigung lässt seine Legitimation zur Exekutionsführung unberührt. Eine solche Zession ist kein Oppositionsgrund. Die Kritik Apathys an der letztgenannten Entscheidung (in ÖBA 2009, 527) ist hier jedenfalls nicht wesentlich, weil zwischen (Legal-)Zedentin und Zessionarin vorweg die Rückzession (zum Inkasso) vereinbart worden ist.
3.) Die Auslegung der von den Streitteilen nach den getroffenen Feststellungen akzeptierten Förderungsbedingungen der Ausfallsbürgin dahin, dass die Beklagte ungeachtet des durch die Zahlung der Ausfallsbürgin bewirkten Forderungsübergangs auf die Ausfallsbürgin als deren Treuhänderin (Inkassozessionarin) weiter zur Forderungsbetreibung berechtigt und verpflichtet bleiben soll, bildet ebenso wenig eine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung wie die Schlussfolgerung des Berufungsgerichts, dass aufgrund der besonderen vertraglichen Vereinbarung zwischen den Streitteilen und der Ausfallsbürgin im vorliegenden Fall kein Parteiwechsel stattgefunden habe. Ob der Zedent berechtigt ist, mit ausdrücklicher Zustimmung des Zessionars die abgetretene Forderung im eigenen Namen einzuklagen, richtet sich regelmäßig nach den zwischen Zedenten und Zessionar bestehenden Beziehungen des materiellen Rechts. Es ist eine Reihe von Fällen denkbar, in denen der Zedent tatsächlich zur Klage legitimiert ist (stille Zession, Rückzession zum Inkasso, Treuhänderschaft des Zedenten). Nur eine bloße „abstrakte Übertragung des Prozessführungsrechts" ist unzulässig (RIS-Justiz RS0032699). Dass der Inkassozessionar auch aufgrund einer Rückzession klagen kann, entspricht der Rechtsprechung (1 Ob 638/95 = SZ 69/57; 1 Ob 2021/96w).
4.) Zu Gunsten einer anderen als der im Exekutionstitel als berechtigt bezeichneten Person kann die Exekution nur soweit stattfinden, als durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden bewiesen wird, dass der im Exekutionstitel anerkannte Anspruch von den daselbst benannten Personen auf diejenigen Personen übergegangen ist, von welchen die Exekution beantragt wird (§ 9 EO). Dies gilt analog auch nach erfolgter Exekutionsbewilligung. Strittig ist, wie der Nachweis des Rechtsübergangs zu erbringen ist, etwa durch Erklärung des bisherigen betreibenden Gläubigers oder des Zessionars oder durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden (vgl Jakusch aaO Rz 10 zu § 9 EO mwN).
Da die Beklagte ungeachtet der durch die Zahlung der Ausfallsbürgin an sich bewirkten Legalzession an die Ausfallsbürgin aufgrund der Inkasso-(Rück-)zessionsvereinbarung forderungsberechtigt blieb, kommt die vom Revisionswerber geforderte „Titelumschreibung nach § 9 EO" nicht in Betracht (ebensowenig eine Titelergänzungsklage nach § 10 EO). Der hiefür maßgebliche Sachverhalt wurde im Oppositionsstreit festgestellt, einer Urkundenvorlage bedurfte es daher jedenfalls nicht. Überdies hat sich der Kläger in seiner Klage nicht auf das Fehlen den Rechtsübergang auf Betreibendenseite dokumentierender Urkunden berufen.
Da der Kläger sohin keine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen vermochte, war seine Revision zurückzuweisen.