OGH vom 17.12.1997, 3Ob189/97h
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Pimmer, Dr.Zechner und Dr.Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Richard H***** GmbH, ***** vertreten durch Dr.Gerald Hauska und Dr.Herbert Matzunski, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die verpflichtete Partei Dr.Erwin F*****, Rechtsanwalt, ***** als Masseverwalter in den Konkursen über das Vermögen der 1. E***** GmbH & Co KG, 2. E***** GmbH, beide*****, wegen S 70.654,78 sA, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz als Rekursgerichtes vom , GZ 4 R 127/97v-16, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Hartberg vom , GZ 4 E 3277/94v-11, abgeändert wurde, den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß des Rekursgerichtes wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Die Kosten der betreibenden Partei für den Revisionsrekurs in Höhe von S 5.358,14 (darin enthalten S 893,02 Umsatzsteuer) werden als weitere Exekutionskosten bestimmt.
Text
Begründung:
Mit Beschluß vom wurde auf Antrag des betreibenden Gläubigers gegen die verpflichteten Parteien - über deren Vermögen damals noch nicht der Konkurs eröffnet war - zur Hereinbringung einer Forderung von S 113.128,26 sA ua die Fahrnisexekution bewilligt.
Durch Anschlußpfändung wurden am ua die Pfandgegenstände Postzahlen 2-4 und 6 gepfändet (Pfändungsprotokoll E 2994/93).
Das Erstgericht ordnete am die öffentliche Versteigerung gemäß § 270 EO an Ort und Stelle an.
Auf Antrag der betreibenden Partei bewilligte das Erstgericht mit Beschluß vom (und gleichlautend mit Beschluß vom ) die Einstellung des Verkaufsverfahrens gemäß § 200 Z 3,§ 282 EO.
Mit Schriftsatz vom , beim Erstgericht eingelangt am , schränkte die betreibende Partei die Exekution auf S 77.806,39 sA ein und beantragte die Fortsetzung des Verkaufsverfahrens, für den Fall der Erfolglosigkeit den neuerlichen Vollzug der bereits bewilligten Fahrnisexekution.
Das Erstgericht bewilligte mit Beschluß vom diese Anträge; die öffentliche Versteigerung wurde für angeordnet. Dieser Beschluß wurde an die Betreibendenvertreter - nach einer am beim Erstgericht eingelangten Urgenz - erst am abgefertigt.
Bei der bereits am erfolgten öffentlichen Versteigerung wurden nur die Gegenstände Pz 1 und 5 verkauft; für die Gegenstände Pz 2-4 und 6 des Pfändungsprotokolls E 2994/93 wurde kein Anbot abgegeben (Protokoll 6 E 1596/95-3).
Das Erstgericht beraumte die Tagsatzung zur Verteilung des Verkaufserlöses von S 10.000 für die am verkauften Gegenstände Pz 1 und 5 des Pfändungsprotokolls E 2994/93 auf den an (Beschluß vom , 6 E 1596/95-6). Den Betreibendenvertretern wurde dieser Beschluß am zugestellt.
Die betreibende Partei meldete mit Schriftsatz vom (beim Erstgericht eingelangt am ) ihre Forderung von S 77.806,39 sA an.
Der Verteilungsbeschluß vom , 6 E 1596/95d, wonach der betreibenden Partei als erstrangigem Pfandgläubiger S 9.751 zugewiesen wurden, wurde den Betreibendenvertretern am zugestellt.
Der neuerliche Verkauf der am nicht versteigerten Pz 2-4 und 6 wurde mit Beschluß vom auf den anberaumt. Der Verkauf wurde auch an diesem Tag nicht vollzogen, weil kein Käufer gekommen war. Hierauf ordnete das Erstgericht mit Beschluß vom den Freihandverkauf gemäß § 280 Abs 2 EO an. Die betreibende Partei, der der Beschluß am zugestellt wurde, machte sich selbst als Kaufinteressenten namhaft (Schriftsatz 4 E 3277/94v-11, eingelangt am ). Das Erstgericht ordnete hierauf den Termin für den Freihandverkauf auf an.
Auf Antrag des für die verpflichteten Parteien, über deren Vermögen am der Konkurs eröffnet worden war (26 S 374/95k, 26 S 375/95g des Landesgerichtes für ZRS Graz), bestellten Masseverwalters wurde die Exekution mit Beschluß vom aufgeschoben.
Das Rekursgericht änderte den Beschluß auf Anordnung des Verkaufstermins dahin ab, daß die Käufernamhaftmachung der betreibenden Partei laut Schriftsatz vom zurückgewiesen und der darin zu erblickende Antrag auf Fortsetzung des Verkaufsverfahrens hinsichtlich der Pfandgegenstände Pz 2-4 sowie 6 des Pfändungsprotokolls E 2994/93 abgewiesen wurde; es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige, und ließ den (ordentlichen) Revisionsrekurs zu, weil zur Frage der gehörigen Fortsetzung des Verkaufsverfahrens im Sinn des § 256 Abs 2 EO eine auf den vorliegenden, besonders gelagerten Fall zutreffende Entscheidung des Obersten Gerichtshofes nicht feststellbar sei; vor allem komme der Beantwortung der Frage grundsätzliche Bedeutung zu, ob im Falle des Unterbleibens der vorgeschriebenen Verständigung der betreibenden Partei vom Mißerfolg eines Verkaufstermins nach dem Verstreichen eines gewissen Zeitraums eine Betreibungspflicht (Urgenzpflicht) entsteht, deren Verletzung als nicht gehörige Fortsetzung anzusehen ist.
Das Rekursgericht führte in rechtlicher Hinsicht aus, gemäß § 256 Abs 2 EO in der hier maßgeblichen Fassung vor der EO-Nov 1995 erlösche das Pfandrecht, wenn der Antrag auf Bewilligung des Verkaufes nicht innerhalb eines Jahres seit der Pfändung gestellt und das Verkaufsverfahren nicht gehörig fortgesetzt werde. Das Erlöschen des Pfandrechtes nach § 256 Abs 2 EO sei von Amts wegen zu berücksichtigen. Das Rekursvorbringen genüge demnach, um auch auf § 256 Abs 2 EO Bedacht nehmen zu müssen. Im vorliegenden Fall habe die betreibende Partei mit Schriftsatz vom jedenfalls rechtzeitig die Fortsetzung des Verkaufsverfahrens beantragt. Sie sei zwar vom negativen Ergebnis des Verkaufstermins vom aufgrund eines Versehens des Erstgerichtes nicht verständigt worden; somit liege ein Gerichtsfehler vor; andererseits habe die betreibende Partei aber bis zur Käufernamhaftmachung am , demnach rund 15 Monate hindurch, nicht erkennbar eine Aktivität im Sinn einer gehörigen Fortsetzung des Verkaufsverfahrens gestetzt. Ihre Einbeziehung in das Freihandverkaufsverfahren durch die Verständigung vom negativen Ergebnis des Verkaufstermins vom beruhe auf der Auffassung des Erstgerichtes, daß die Pfandrechte noch aufrecht sind, vor allem aber auf den Verkaufsbemühungen eines anderen betreibenden Gläubigers. Die Untätigkeit der betreibenden Partei durch etwa 15 Monate hindurch sei auch unter Bedachtnahme auf das Versehen des Erstgerichtes als nicht gehörige Fortsetzung des Verkaufsverfahrens im Sinn des § 256 Abs 2 EO zu werten. Von der betreibenden Partei wäre zu erwarten und ihr zusinnbar gewesen, spätestens nach etwa sechs Monaten oder einem Jahr eine Urgenz oder entsprechende Anträge zu stellen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist berechtigt.
Das Verkaufsverfahren wird vom betreibenden Gläubiger gehörig fortgesetzt (§ 256 Abs 2 EO), wenn der betreibende Gläubiger alle zumutbaren Schritte unternommen hat, um den gerichtlichen Verkauf der gepfändeten Sachen zu erwirken. Das ist bei einem Unterbleiben des Verkaufs nur dann der Fall, wenn dies bloß auf Umstände zurückzuführen ist, die vom Willen des betreibenden Gläubigers unabhängig sind (EvBl 1969/67; JBl 1960, 655; Heller/Berger/Stix 1708), wenn also die Ursache der nicht gehörigen Fortsetzung nicht beim betreibenden Gläubiger, sondern beim Gericht liegt (Rechberger/Simotta Exekutionsverfahren**2 Rz 594). Von einer nicht gehörigen Fortsetzung des Exekutionsverfahrens kann nur dann gesprochen werden, wenn der betreibende Gläubiger zwecklos die Ausnützung des Pfandrechtes verzögert (SZ 20/74; 3 Ob 236/60).
Hier hat das Rekursgericht von Amts wegen, ohne daß dies im Rekurs des Masseverwalters konkret geltend gemacht worden wäre, die nicht gehörige Fortsetzung des Verkaufsverfahrens durch den betreibenden Gläubiger darin gesehen, daß der betreibende Gläubiger nach dem Antrag auf Fortsetzung des Verkaufsverfahrens mit Schriftsatz vom erst am durch die Freihandkäufernamhaftmachung wieder eine Aktivität gesetzt habe.
Abgesehen davon, daß das Rekursgericht hiebei die Urgenz des betreibenden Gläubigers vom nicht berücksichtige, stellt es an den betreibenden Gläubiger, der von der Erfolglosigkeit des Verkaufstermins vom aufgrund eines Versehens des Erstgerichtes nicht verständigt wurde, zu hohe Anforderungen. Erst nach der Verständigung von der Erfolglosigkeit des Verkaufs wäre es dem betreibenden Gläubiger oblegen, einen Antrag auf Fortsetzung des Verkaufsverfahrens zu stellen (vgl GlUNF 677; 3 Ob 146/65; Heller/Berger/Stix 1709).
Da eine solche Verständigung nicht erfolgt war, konnte der betreibende Gläubiger davon ausgehen, daß das Verkaufsverfahren von Amts wegen oder auf Antrag anderer betreibender Gläubiger fortgesetzt wird. In dieser Situation ist vom betreibenden Gläubiger nicht zu verlangen, daß er von sich aus weitere Anträge stellt. Vielmehr ist das Unterbleiben des Verkaufs in einem solchen Fall bloß auf Umstände zurückzuführen, die vom Willen des betreibenden Gläubigers unabhängig sind.
Da somit die Annahme des Rekursgerichtes, der betreibende Gläubiger habe das Verkaufsverfahren nicht gehörig fortgesetzt, nicht berechtigt ist, war der erstgerichtliche Beschluß wiederherzustellen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 74 EO.