OGH vom 19.12.2001, 3Ob189/01t
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Helmut D*****, Deutschland, vertreten durch Dr. Georg Fialka, Rechtsanwalt in Wien, gegen die verpflichtete Partei Joachim S*****, vertreten durch Mag. Alexander Jelly, Rechtsanwalt in Villach, wegen Vollstreckbarerklärung und Erzwingung unvertretbarer Handlungen, über den Revisionsrekurs der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgericht vom , GZ 2 R 149/01s-26, womit infolge Rekurses der verpflichteten Partei der Beschluss des Bezirksgerichtes Villach vom , GZ 14 E 2970/99g-4, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, folgenden
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Revisionsrekursbeantwortung der verpflichteten Partei wird zurückgewiesen.
Die betreibende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Mit Teil-Anerkenntnis-Urteil vom verurteilte das Landgericht Halle, Deutschland, den Verpflichteten dazu, einer Eigentümergemeinschaft, bestehend aus dem betreibenden Gläubiger sowie dessen Bruder, gegenüber Rechenschaft über die mit der Verwaltung des Anwesens H***** verbundenen Einnahmen und Ausgaben für den Abrechnungszeitraum 01.01. - sowie für die Zeit 01. 01. - abzulegen und die entsprechenden Abrechnungsbelege und Kontoauszüge vorzulegen. Mit Beschluss vom verhängte das Landgericht Halle zur Erzwingung der genannten Verurteilung "und hier zur Erzwingung der vollständigen Vorlage von Belegen für den Abrechnungszeitraum - " ein Zwangsgeld von DM 2.000,--, ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, für je DM 100,-- einen Tag Erzwingungshaft. Der Betreibende beantragte, das genannte Urteil für vollstreckbar zu erklären, ihm auf Grund dieses Titels die Exekution zur Erwirkung der Verpflichtung auf Ablegung von Rechenschaft über die mit der Verwaltung des genannten Anwesens verbundenen Einnahmen und Ausgaben für den Abrechnungszeitraum 1. 1. - und 1. 1. - und Vorlage der entsprechenden Abrechnungsbelege und Kontoauszüge durch Androhung einer Geldstrafe sowie zur Hereinbringung der Kosten des Antrages die Fahrnis- und die Forderungsexekution nach § 294a EO zu bewilligen. Außerdem beantragte er den "Vollzug" der vom Titelgericht verhängten Beugestrafe (einschließlich der ersatzweise angeordneten Erzwingungshaft). Das Erstgericht erklärte mit Beschluss vom (ON 4) das Teilanerkenntnisurteil für vollstreckbar (Punkt 1.), bewilligte die beantragten Exekutionen (Punkt 2.), wies jedoch den Antrag auf Vollzug der in Deutschland verhängten Beugestrafe ab (Punkt 3.). Die Abweisung zu Punkt 3. wurde vom Betreibenden nicht angefochten. Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Rekursgericht dem gegen den erstgerichtlichen Beschluss gerichteten Rekurs des Verpflichteten, soweit er sich gegen die Vollstreckbarerklärung und die Bewilligung der Exekution zur Hereinbringung der Kosten richtete, nicht Folge. Dagegen gab es dem Rekurs, soweit er sich gegen die Exekutionsbewilligung durch Androhung einer Geldstrafe von S 10.000,-- zur Erwirkung der Verpflichtung auf Ablegung von Rechenschaft und Vorlage der entsprechenden Abrechnungsbelege und Kontoauszüge richtete, dahin Folge, dass es den Exekutionsantrag abwies.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 52.000,--, nicht jedoch S 260.000,-- übersteigt und dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Das Rekursgericht bejahte die Voraussetzung einer Vollstreckbarerklärung nach dem zufolge des Datums des Exekutionstitels anwendbaren LGVÜ.
Daraus, dass der betreibende Gläubiger in seinem Antrag ausdrücklich den Beschluss des Titelgerichtes vom wiedergegeben habe, wonach der Verpflichtete die erforderliche Auskunft erteilt und die Kontoauszüge vollständig vorgelegt habe, nicht jedoch die Belege für die Zeit vom 1. 7. bis zum , habe er selbst die Erfüllung der Titelverpflichtung durch den Schuldner im dargestellten Ausmaß dargelegt, weshalb ihm für eine Exekutionsführung das Rechtsschutzinteresse fehle.
Im Hinblick darauf, dass der Betreibende bereits vor dem Landgericht Halle ein Vollstreckungsverfahren eingeleitet habe, das auf Grund des Art 43 LGVÜ in Österreich auch vollzogen werden könnte, sei dieses in Österreich wie ein inländisches Exekutionsverfahren zu behandeln. Einer neuerlichen Exekutionsbewilligung stehe damit die materielle Rechtskraft des ersten Exekutionsbewilligungsbeschlusses entgegen ("ne bis in idem": EvBl 1976/160; RPflE 1981/32, 1985/146, 1986/31; JBl 1958, 340). Ein neuer Exekutionsbewilligungsbeschluss könne erst dann gefasst werden, wenn die früher bewilligte Exekution beendet wurde, ohne dass das Exekutionsrecht des betreibenden Gläubigers erloschen ist (Heller/Berger/Stix 163 f; RPflE 1981/32). Dass die vom Landgericht Halle eingeleitete Exekution beendet worden und der Schuldner seiner urteilsmäßigen Verpflichtung dennoch nicht nachgekommen sei, habe der Betreibende nicht dargelegt. Selbst wenn man aber (mit Klicka in Angst, EO Rz 5 zu § 346 und Rz 7 zu § 354 mwN) auf dem Standpunkt stehe, dass die Exekution zur Herausgabe von Belegen nach § 346 EO und nicht nach § 354 EO zu führen sei, könnte dem Exekutionsantrag kein Erfolg beschieden sein. Auch wenn § 54 Abs 3 EO seit der EO-Novelle 1995 ein Verfahren zur Verbesserung von Inhaltsmängeln vorschreibe, sei eine Verbesserung nicht möglich, wenn wie hier das Vorbringen zwar formell vollständig, inhaltlich jedoch unschlüssig sei, weil der Antragsteller eine unrichtige rechtliche Beurteilung vorgenommen habe (Gitschthaler in Rechberger, ZPO2 Rz 20 zu § 84 mwN; LG Klagenfurt 1 R 241/99g). Daher wäre auch in diesem Fall der Antrag als nicht verbesserungsfähig abzuweisen. Die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses begründete das Rekursgericht damit, dass ein Judikatur des Obersten Gerichtshofes zur Frage des "ne bis in idem" in auf Grund eines ausländischen Exekutionstitels geführten Exekutionsverfahren bei einem anhängigen ausländischen Exekutionsverfahren nicht vorliege, ebensowenig zum Verhältnis zwischen einer Exekution zur Erzwingung einer unvertretbaren Handlung und einer Herausgabeexekution, wenn es um die Übergabe von Belegen im Zusammenhang mit einer Rechnungslegung gehe. Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs des betreibenden Gläubigers insofern, als sein Exekutionsantrag (teilweise) abgewiesen wurde. Während er in erster Linie die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses begehrt, stellt er hilfsweise auch einen Aufhebungsantrag.
Der Verpflichtete erstattete eine Revisionsrekursbeantwortung.
Rechtliche Beurteilung
Diese ist jedoch nicht zulässig.
Das Rekursverfahren nach der EO ist (sieht man von den in § 402 Abs 1 EO genannten Fällen ab) einseitig, weil keiner der anfechtbaren Beschlüsse unter § 521a ZPO, der gemäß § 78 EO grundsätzlich auch im Exekutionsverfahren anwendbar wäre, fallen kann. Auch § 84 EO (hier gemäß Art III Abs 10 der EO-Novelle 2000 [BGBl I 59] noch idF vor dieser Novelle anzuwenden, weil der Antrag auf Vollstreckbarerklärung nicht nach dem bei Gericht eingelangt ist) vermag daran nichts zu ändern. Nach dessen Abs 4 gilt für das Verfahren über einen Rekurs gegen einen Beschluss über einen Antrag auf Vollstreckbarerklärung § 521a ZPO sinngemäß. Da die Rekursentscheidung den Parteienvertretern jeweils am zugestellt worden war, war die dem Verpflichteten offenstehende Revisionsrekursfrist hinsichtlich der Vollstreckbarerklärung bei der Zustellung des ordentlichen Revisionsrekurses an seinen Vertreter (am ) längst abgelaufen. Damit wurde die Vollstreckbarerklärung formell rechtskräftig. Der Revisionsrekurs richtet sich allein gegen die Abweisung des Exekutionsantrags. Daher ist § 84 Abs 4 EO (idF vor der EO-Novelle 2000) hier nicht anwendbar. Die Revisionsrekursbeantwortung war daher zurückzuweisen. Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Soweit der Verpflichtete vermeint, es wäre eine Vollstreckung nach § 346 EO mit den Mitteln des § 354 EO möglich, verkennt er die Rechtslage, wonach entweder Exekution nach § 346 EO oder nach § 354 EO bewilligt werden kann, keineswegs aber eine nach § 346 EO mit den Mitteln des § 354 EO. Der betreibende Gläubiger hat nämlich grundsätzlich kein Wahlrecht zwischen den einzelnen Exekutionsarten (Klicka in Angst, EO § 354 Rz 6 und § 346 Rz 2). Klicka (in Angst, EO § 354 Rz 7; ebenso LGZ Wien RPflE 1975/36) ist auch darin zuzustimmen, dass - jedenfalls zur Herausgabe der Belege allein - die Exekution nur nach § 346 EO zu führen ist, hat doch in diesem Fall der zu vollstreckende Anspruch genau den in dieser Gesetzesstelle angeführten Inhalt, nämlich die Herausgabe bestimmter beweglicher Sachen, die sich in der Gewahrsame des Verpflichteten befinden. Das - gemäß § 54 Abs 1 Z 3 EO im Exekutionsantrag zu bezeichnende - Exekutionsmittel der Exekution nach § 346 EO ist die Wegnahme der herauszugebenden Sachen durch das Vollstreckungsorgan. Diese und damit die Exekution nach § 346 EO hat die betreibende Partei aber nicht beantragt.
Die Wahl eines verfehlten Exekutionsmittels (hier: Androhung einer Geldstrafe statt Wegnahme durch das Vollstreckungsorgan) ist kein inhaltlicher Mangel, also keine Unvollständigkeit, welche die vom Gesetz vorgesehene Art der Erledigung hindern könnte (3 Ob 243/00g mwN; Lehrsatz in JBl 2001, 328). Demnach hat das Rekursgericht zu Recht die Notwendigkeit eines Verbesserungsversuchs verneint. Aus dem Gesagten folgt ferner, dass das Rekursgericht jedenfalls im Ergebnis auch zu Recht den auf Bewilligung der Exekution nach § 354 EO gerichteten Exekutionsantrag abgewiesen hat, daher kann die vom Rekursgericht und im Revisionsrekurs behandelte Frage, ob (auch) das in der Bundesrepublik Deutschland eingeleitete Zwangsvollstreckungsverfahren die Bewilligung der Exekution hindert, dahinstehen.
Aus all dem ergibt sich somit, dass dem Revisionsrekurs kein Erfolg beschieden sein kann.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50, 40 ZPO iVm § 78 EO.