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OGH vom 22.02.1989, 3Ob188/88

OGH vom 22.02.1989, 3Ob188/88

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Johann S***, Landwirt und Polizeibeamter, Spielfeld 163, vertreten durch Dr. Wilfried Stenitzer, Rechtsanwalt in Leibnitz, wider die verpflichtete Partei Josef S***, Landwirt, Spielfeld 55, vertreten durch Dr. Arnold Petrowitsch, Rechtsanwalt in Leibnitz, wegen körperlicher Teilung einer gemeinschaftlichen unbeweglichen Sache, infolge Rekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgerichtes vom , GZ 4 R 482/88-17, womit ihr Rekurs gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Leibnitz vom , GZ E 10385/87-14, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben. Dem Rekursgericht wird die Entscheidung über den Rekurs der betreibenden Partei aufgetragen.

Die betreibende Partei hat die Kosten ihres Rekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die betreibende Partei führt gegen den Verpflichteten Exekution auf körperliche Teilung mehrerer je zur Hälfte im Eigentum der Parteien stehender Liegenschaften. Das Erstgericht führte diese Teilung dadurch aus, daß es den Parteien einzelne Grundstücke und in einem Fall auch die näher bezeichneten Teile eines Grundstücks in das Alleineigentum zuwies und ergänzende Anordnungen, wie die Begründung von Dienstbarkeiten und die Auferlegung einer Ausgleichszahlung, traf. Der Teilungsbeschluß ist rechtskräftig geworden.

Die betreibende Partei beantragte in der Folge die Vermarkung der Grenze zwischen den im Teilungsbeschluß bei einem Grundstück neu geschaffenen Grundstücksteilen.

Das Erstgericht wies den Antrag mit der Begründung ab, daß sich aus dem Teilungsbeschluß die Verpflichtung der Parteien zur Vermarkung ergebe.

Das Rekursgericht wies den von der betreibenden Partei gegen diesen Beschluß des Erstgerichtes erhobenen Rekurs zurück und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, S 15.000,-, aber nicht S 300.000,- übersteige und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Gemäß § 351 Abs. 2 EO könnten die im Teilungsverfahren ergehenden Beschlüsse des Richters mit Ausnahme des Beschlusses, wodurch die Teilung endgültig bestimmt wird, mit Rekurs nicht angefochten werden. Der Beschluß des Erstgerichtes gehöre weder zu dem im Gesetz ausdrücklich ausgenommenen Beschluß noch zu den Einstellungsbeschlüssen, für welche die Rechtsprechung eine Ausnahme zulasse.

Rechtliche Beurteilung

Der von der betreibenden Partei gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Rekurs ist berechtigt.

Zweck der im § 351 Abs. 2 EO vorgesehenen Rechtsmittelbeschränkung ist es, eine Verzögerung des Verfahrens zu vermeiden (Heller-Berger-Stix III 2535; 3 Ob 168/83). Dieser Zweck erfordert es aber, gerade die Anfechtung von Beschlüssen zuzulassen, durch welche die Einleitung oder die Fortsetzung des Verfahrens verweigert wird, weil es sonst überhaupt nicht zum Abschluß des Verfahrens kommt. Für solche Beschlüsse gilt daher die angeführte Rechtsmittelbeschränkung nicht, weshalb sie angefochten werden können (ebenso Heller-Berger-Stix aaO, die zutreffend auf den vergleichbaren § 518 ZPO hinweisen). Diesem Gedankengang entspricht die bisherige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, der etwa den Einstellungsbeschluß für anfechtbar erklärte (SZ 51/69). Gemäß § 351 Abs. 1 EO ist die körperliche Teilung unter Bedachtnahme auf die §§ 841 bis 853 ABGB auszuführen. Dazu gehört also auch § 845 ABGB, der vorschreibt, daß bei Teilungen der Grundstücke die gegenseitigen Grenzen durch entsprechende Grenzzeichen auf eine deutliche und unwandelbare Art zu bezeichnen sind. Die Kennzeichnung (Vermarkung) der Grenzen bildet also, wenn sie durch das Exekutionsgericht vorgenommen oder veranlaßt wird, einen Teil des Exekutionsverfahrens. Verweigert das Exekutionsgericht die Kennzeichnung, so lehnt es damit die Fortsetzung des Exekutionsverfahrens ab. Ein solcher Beschluß ist daher anfechtbar. Damit ist noch nichts zur Frage gesagt, ob das Exekutionsgericht im konkreten Fall zur Kennzeichnung der Grenzen verpflichtet ist. Die Lösung dieser Frage bildet den Gegenstand der Rekursentscheidung.

Nicht überzeugend ist das vom Rekursgericht gebrauchte Argument, die betreibende Partei sei durch den Beschluß des Erstgerichtes nicht in einem Ausmaß beschwert, das einer Einstellung des Exekutionsverfahrens gleichkäme, weil sie einen "Zivilgeometer" mit der Durchführung der Vermessung beauftragen könne. Dies ändert nichts daran, daß das Erstgericht die Fortsetzung des Exekutionsverfahrens ablehnte, und hat daher keinen Einfluß auf die Zulässigkeit der Anfechtung des entsprechenden Beschlusses des Erstgerichtes.

Das Rekursgericht wird somit über den Rekurs der betreibenden Partei, mit dem sie den die Fortsetzung des Exekutionsverfahrens ablehnenden Beschluß des Erstgerichtes bekämpft, in der Sache zu entscheiden haben.

Der Ausspruch über die Kosten des an den Obersten Gerichtshof gerichteten Rekurses folgt aus § 352 a EO. Der betreibenden Partei könnte ein Anspruch auf Ersatz der Kosten nur gemäß § 78 EO iVm den §§ 41 und 50 ZPO zustehen, also wenn sie in einem mit dem Verpflichteten entstandenen Zwischenstreit obsiegt hätte. Zu einem solchen Zwischenstreit ist es hier aber nicht gekommen.