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OGH vom 15.12.2009, 5Ob174/09p

OGH vom 15.12.2009, 5Ob174/09p

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Lovrek, Dr. Veith und Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Agnes K*****, vertreten durch Dr. Peter Ozlberger, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Karin W*****, vertreten durch Kosch & Partner, Rechtsanwälte in Wiener Neustadt, wegen 72.600 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 11 R 64/09a-27, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Die Klägerin hatte mit dem Vater der Beklagten von 1992 bis April 2003 eine Lebensgemeinschaft unterhalten und während dieser Zeit Haushalts- und Gartenarbeiten durchgeführt sowie ab 1993 bei einem Hausbau zwar keinen finanziellen Beitrag, aber doch Arbeitsleistungen erbracht und zwar im Hinblick auf ein Eheversprechen des Vaters der Beklagten. Immer stand fest, dass der Vater der Beklagten Alleineigentümer des Hauses werden und seine Tochter das Haus erben sollte. Die Klägerin sollte mit dem Vater der Beklagten im ersten Stock des Hauses wohnen. Nach Auflösung der Lebensgemeinschaft verlangte die Klägerin am vom Vater der Beklagten eine finanzielle Abgeltung ihrer Leistungen, was dieser verweigerte.

Von Juli bis Dezember 2005 unterstützte die Klägerin den erkrankten Vater der Beklagten in seelischer Hinsicht und führte Haushalts- sowie Gartenarbeiten durch, wobei sie eine letztwillige Zuwendung erhoffte. Für den Vater der Beklagten war Letzteres nicht erkennbar. Eine Eheschließung hatte der Vater der Beklagten noch im Juli 2005 endgültig ausgeschlossen. Alleinerbin wurde die Beklagte.

Das Zahlungsbegehren der Klägerin war in beiden Vorinstanzen erfolglos.

Rechtliche Beurteilung

Zu den in der außerordentlichen Revision relevierten Rechtsfragen:

1. Da ein auf Vertrag gestützter Anspruch die Berufung auf Bereicherungsrecht ausschließt, ist primär zu prüfen, ob die Klägerin und der Vater der Beklagten im Rahmen ihrer Lebensgemeinschaft eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts begründet haben:

In Lehre und Rechtsprechung ist anerkannt, dass durch gemeinsamen Erwerb, Errichtung oder den Ausbau eines Hauses Ehegatten aber auch Lebensgefährten unter bestimmten Voraussetzungen eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts begründen können. Voraussetzung dafür ist aber ein ausdrücklich oder schlüssig zustande gekommener Gesellschaftsvertrag. Das gemeinsame Wirtschaften und Wohnen der Lebensgefährten allein reicht dazu nicht aus. Nicht jede Lebensgemeinschaft ist von vornherein eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (vgl RIS-Justiz RS0021746). In ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung wird für die Bejahung einer Gesellschaft eine Gemeinschaftsorganisation verlangt, die jedem Vertragspartner gewisse Einwirkungs- und Mitwirkungsrechte verschafft (8 Ob 38/75 = SZ 48/59 = JBl 1975, 659 = RZ 1976/4, 16 = MietSlg 27.244/6; 7 Ob 183/97f = EFSlg 84.415; 2 Ob 200/98w = NZ 2000, 19 = EFSlg 87.414 = EFSlg 87.415; 6 Ob 135/99t mwN; RIS-Justiz RS0022154; RS0022222).

Für die Annahme des schlüssigen Zustandekommens einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts genügt die Aussicht, später Mitbewohner eines zu erwerbenden oder zu schaffenden Hauses zu werden, nicht (vgl 2 Ob 200/98w = NZ 2000, 19 = EFSlg 87.414 = EFSlg 87.415; 7 Ob 183/97f = EFSlg 84.415; 6 Ob 135/99t; RIS-Justiz RS0022382).

Gegen die Annahme einer schlüssigen Willenseinigung der Lebensgefährten zu einer wechselseitigen Bindung mit konkreten Rechten und Pflichten spricht, wenn zwischen den Parteien nicht einmal in grob bestimmbaren Zügen klar ist, wer was und in welcher Form zum gemeinsamen Ziel beizusteuern hat und was für den anderen auch durchsetzbar sein muss, also bindende Organisationsabsprachen (vgl RIS-Justiz RS0022382). In Übereinstimmung mit der dargestellten Rechtsprechung haben die Vorinstanzen bei der hier zu beurteilenden Sachlage ein schlüssiges Zustandekommen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts verneint. Rechtsfragen von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO vermag die Revision in diesem Zusammenhang nicht darzutun.

2. Zum Bereicherungsanspruch:

2.1. Die von einem Lebensgefährten während der Lebensgemeinschaft erbrachten Leistungen und Aufwendungen sind in der Regel unentgeltlich und können daher grundsätzlich nicht zurückgefordert werden (vgl 8 Ob 617/87 = SZ 61/76 = EvBl 1988/149, 754; RIS-Justiz RS0033705 [T2]; 4 Ob 84/09w mwN = JBl 2009, 713 = EF-Z 2009/126, 192 [Ott/Janovsky]). Leistungen und Aufwendungen, die keinen in die Zukunft reichenden Zweck aufweisen, sondern ihrer Natur nach für den entsprechenden Zeitraum der bestehenden Lebensgemeinschaft bestimmt sind, haben bei einer späteren Aufhebung der Lebensgemeinschaft ihren Zweck nicht verfehlt (RIS-Justiz RS0033701).

Demgegenüber gilt für außergewöhnliche Zuwendungen, etwa auch im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Wohnung oder der Errichtung eines Hauses, die erkennbar in der Erwartung des Fortbestands der Lebensgemeinschaft gemacht werden (RIS-Justiz RS0033921), dass bei Zweckverfehlung, hier durch Beendigung der Lebensgemeinschaft und Nichtzustandekommen einer Ehe, ein bereicherungsrechtlicher Rückforderungsanspruch entstehen kann.

Ein solcher Anspruch der Klägerin könnte allenfalls für die von ihr beim Hausbau erbrachten Arbeitsleistungen im Zeitraum 1993 bis 2003 bejaht werden. Nach den maßgeblichen Feststellungen hat allerdings der Vater der Beklagten im April 2005 auf Aufforderung der Klägerin aus Anlass der Beendigung der Lebensgemeinschaft die von ihr verlangte Abgeltung ihrer Leistungen ausdrücklich verweigert. Ab diesem Zeitpunkt begann dann die Verjährungsfrist zu laufen, wie dies schon die Vorinstanzen in Übereinstimmung mit bestehender Rechtsprechung zutreffend erkannt haben (vgl RIS-Justiz RS0021844; RS0021829).

Es entspricht ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung, dass Ansprüche aus zweckverfehlenden Arbeitsleistungen inhaltlich nach § 1152 ABGB zu beurteilen sind und der dreijährigen Verjährungsfrist des § 1486 Abs 5 ABGB unterliegen (RIS-Justiz RS0021868; RS0021820; RS0021790). An dieser Ansicht hält der Oberste Gerichtshof auch trotz der von einem Teil der Lehre geäußerten Kritik ausdrücklich fest (vgl 3 Ob 589/86 = SZ 61/16; 6 Ob 51/05a mwN = ecolex 2006/230). Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass insofern bestandene Ansprüche der Klägerin aus ihrer Mitwirkung am Hausbau verjährt sind, ist daher ebenfalls durch einhellige Rechtsprechung gedeckt.

2.2. Was die von der Klägerin von Juli bis Dezember 2005 (bzw bis zum Ableben des Vaters der Beklagten im Jänner 2006) erbrachten Leistungen zur seelischen Unterstützung des erkrankten ehemaligen Lebensgefährten sowie Haushalts- und Gartenarbeiten betrifft, steht auch die Abweisung des darauf beruhenden Teils des Klagebegehrens in Übereinstimmung mit höchstgerichtlicher Rechtsprechung. Wer seine Dienste in der dem anderen Teil erkennbaren oder von ihm herbeigeführten Erwartung eines späteren Vermögensvorteils zunächst unentgeltlich leistet, hat Anspruch auf angemessene Entlohnung (§ 1152 ABGB), wenn er in dieser Erwartung enttäuscht wird. Im vorliegenden Fall liegen aber keine Feststellungsgrundlagen dafür vor, dass dem Leistungsempfänger die Erwartung der Klägerin auf eine Erbeinsetzung erkennbar gewesen wäre. Insofern setzt sich die Klägerin in ihren Rechtsmittelausführungen in Widerspruch zu Lehre und ständiger Rechtsprechung (vgl RIS-Justiz RS0021790; RS0021840; Pfeil in Schwimann³, § 1152 ABGB Rz 3 mwN; Spenling in KBB² Rz 2 zu § 1152 ABGB).

3. Zur angeblichen Rechtsmissbräuchlichkeit des Verjährungseinwands fehlen Feststellungsgrundlagen, zumal der Leistungsempfänger die Befriedigung allfälliger Ansprüche der Klägerin schon zu Beginn der Verjährungsfrist eindeutig abgelehnt hat (vgl RIS-Justiz RS0034537 [T3; T 4; T 8; T 9]).

4. Auch betreffend die behauptete Verjährungshemmung wegen Rücksichtnahme auf die Krankheit des Leistungsempfängers sind die in der Revision dazu angeführten Umstände jedenfalls ohne Relevanz für eine Hemmung nach § 1495 ABGB (vgl RIS-Justiz RS0107279; RS0034679 [T5]).

Insgesamt vermögen die Ausführungen der außerordentlichen Revision keine Rechtsfragen von der Bedeutung des § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen. Das hatte zur Zurückweisung des Rechtsmittels der Klägerin zu führen.