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OGH vom 23.03.1976, 4Ob313/76

OGH vom 23.03.1976, 4Ob313/76

Norm

ABGB § 354;

ABGB § 362;

Urheberrechtsgesetz § 1;

Kopf

SZ 49/45

Spruch

Die Veranstaltung eines sportlichen Wettkampfes genießt keine urheberrechtlichen Schutz. Der Veranstalter ist grundsätzlich berechtigt, im Rahmen seines Hausrechts andere Personen von der Veranstaltung auszuschließen

(OLG Wien 21 R 44/75; LGZ Wien 4 a Cg 258/74)

Text

Die klagende Partei, Österreichischer Rundfunk, beantragt die beklagt Partei zu verurteilen, es sofort zu unterlassen, sie daran zu hindern oder - sei es auch nur durch das Fordern von Geldzahlungen - dabei zu behindern Boxwettkämpfe, welche die beklagte Partei - sei es auch nur im Namen oder Rechnung von I Z - veranstaltet, für Zwecke einer jeweils drei Minuten nicht übersteigenden Berichterstattung über Tagesereignisse im Fernsehfunk a zu senden und/oder b) vorher auf Bildträger aufzunehmen, sofern die mit Aufnahme solcher Kurzbericht Beauftragten der klagenden Partei mit der Besucherkarten versehen seien. Zur Begründung ihres Unterlassungsbegehrens führt sie aus, der Beklagte veranstalte, zum Teil unter der Unternehmensbezeichnung "Boxing International, I Z", gewerbsmäßig Boxwettkämpfe. Infolge überhöhter Forderungen des Beklagten sei es nur selten zu vollständigen Fernsehübertragungen solcher Veranstaltungen gekommen. Der Beklagteversuche aber auch, die Fernsehberichterstattung über die von ihm veranstalteten Boxkämpfe in der Form von Kurzberichten über Tagesereignisse in der international üblichen Dauer von maximal drei Minuten zu behindern oder zumindest zu erschweren. So sei die Übertragung eines vom Beklagten am in der Wiener Stadthalle veranstalteten Boxkampfes an überhöhten Entgeltforderungen des Beklagten gescheitert. Die Zustimmung zu einem Kurzbericht habe der Beklagte an die Bedingung geknüpft, jede Vorankündigung hierüber zu unterlassen und am Kampftag den Bericht nicht vor 19.45 Uhr im Fernsehen anzukundigen. Die klagende Partei habe diese Bedingung nicht akzeptiert und habe die Kurzberichterstattung am Kampftag um

19.20 Uhr in der Kundendienstsendung "ORF heute abend" angekundigt. Nach Kampfbeginn habe sich der Beklagte neben die in der Stadthalle aufgestellte Fernsehkamera gesetzt und habe, wenn aufgenommen werden sollte, eine Pelzmütze vor das Objektiv gehalten. Bezüglich des am abgehaltenen Boxkampfes habe der Beklagte einen Kurzbericht nur unter der durch eine Konventionalstrafe gesicherten Bedingung gestattet, daß der Ausschnitt nicht vor dem ,

21.40 Uhr, gesendet und nicht vor diesem Tag angekundigt werde. Im Interesse der Fernsehpublikums habe die klagende Partei diese Bedingungen akzeptiert. Im Gegensatz dazu habe der Beklagte hinsichtlich einer am in Pinkafeld abgehaltenen Boxveranstaltung einen Kurzbericht nur unter der - nicht akzeptierten - Bedingung gestattet, daß die klagende Partei in ihren Sendungen bereits einen Tag vorher auf die Veranstaltung hinweise, daß sie also dafür Reklame mache. Schließlich habe er erst knapp vor Beginn der Veranstaltung einen Kurzbericht gegen die Verpflichtung der klagenden Partei zur Leistung einer Konventionalstrafe von 100 000 S für den Fall der Überschreitung der vereinbarten Dauer gestattet.

In rechtlicher Hinsicht wies die klagende Partei auf den ihr im § 2 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom , BGBl. 397/1974, erteilten Informationsauftrag hin und führte aus, der Beklagte sei nicht berechtigt, der klagenden Partei von Boxkämpfen im Rahmen der üblichen Berichterstattung über zu untersagen oder an einschränkende Bedingungen zu knüpfen mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen auch nicht auf die Rechte eines Veranstalters im Sinne des § 66 Abs. 5 UrhG berufen, die im 1 übrigen auf Kurzberichte ebensowenig zur Anwendung kämen, wie der Bildnisschutz des § 78 UrhG. Was aber für künstlerische Darbietungen gelte, die sich durch ein gesetzliches Ausschlußrecht geschützt seien, sei erst recht auf öffentliche Sportveranstaltungen anzuwenden, hinsichtlich deren weder dem Veranstalter noch mitwirkenden Sportlern irgendwelche gesetzliche Unterlassungsansprüche zuerkannt seien. Die klagende Partei könne den ihr erteilten Informationsauftrag, der selbst die Ausübung eines Hausrechtes im Sinne des § 364 Abs. 1 ABGB beschränke, nur dann erfüllen, wenn sie daran nicht rechtswidrig gehindert werde. Jede Behinderung sei rechtswidrig und verpflichte den Beklagten zur Unterlassung im Sinne des § 1295 Abs. 2 ABGB. Es sei nicht entscheidend, ob die klagende Partei aus dem ORF-Gesetz (Informationsauftrag) ein subjektives Recht auf Zutritt zu öffentlichen Veranstaltungen ableiten könne, weil eine Behinderung der klagenden Partei an der Erfüllung ihres Informationsauftrages keinesfalls zulässig sei. Die Suche nach einer Rechtsgrundlage für die Kurzberichterstattung sei nicht Sache der klagenden Partei; vielmehr hätte der Beklagte sein Recht darzutun, die klagende Partei daran zu hindern. Jedermann habe das Recht, Aufnahmen zu machen und öffentlich zu berichten. Die Gefahr künftiger Eingriffshandlungen bestehe fort.

Der Beklagte beantragte Klagsabweisung. Er bestritt seine Passivlegitimation, weil die in der Klage erwähnten Boxabende nicht er, sondern (seine Gattin) I Z unter der nicht protokollierten Bezeichnung "Boxring International, I Z" veranstaltet habe. Er selbst habe im Namen des Unternehmens das Management geführt und sei technischer Leiter der Veranstaltungen gewesen. Die Verhandlungen mit der klagenden Partei habe er nur als Vertreter der Veranstalterin in deren Namen und auf deren Rechnung geführt. 1 Z habe für die Einräumung von Aufnahme- und Senderechten keine überhöhten Entgeltforderungen gestellt. Der Veranstalter trage das Unternehmerrisiko. Die angekundigte Ausstrahlung eines Kurzberichtes halte einen Teil der Interessenten am Besuch Veranstaltung, die namhafte Kosten erfordere, ab. Die international übliche Dauer eines Kurzberichtes über einen Berufsboxkampf betrage nur eine Minute und werde nur gegen Zahlung eines Entgeltes zugelassen. Ein solcher Kurzbericht könne einem künftigen Gegner des auftretenden Sportlers als Studie dienen und beeinträchtige daher die beruflichen Interessen eines Berufsboxers. In rechtlicher Hinsicht vertrat der Beklagte die Auffassung, Sportveranstaltungen seien keine Werke im Sinne des Urheberrechtsgesetzes und genössen daher auch nicht dessen Schutz. Aus den §§ 49, 69, 70 UrhG könne weder im Wege der Analogie noch im Wege eines Größenschlusses eine vergleichbare Duldungspflicht des Veranstalters von Sportereignissen abgeleitet werden. Auch ein Kurzbericht wäre als "Schmarotzen" an der Unternehmerleistung nach den §§ 1295 ABGB, 1 UWG rechtswidrig. Das ORF-Gesetz räume der klagenden Partei keine Sonderrechte dritten Personen gegenüber ein und belaste dritte Personen nicht mit Duldungs- und Unterlassungspflichten. Der Veranstalter genieße Besitzesschutz und dürfe daher gegen jeden, der sich an die Eintrittsbedingungen nicht halte, seine Besitzrechte ausüben und dürfe auf Grund seines Hausrechtes jeden, der die Eintrittsbedingungen nicht beachte, aus der Sporthalle entfernen lassen. Im übrigen sei die klagende Partei auch nicht berechtigt, die Veranstaltung zur Gänze aufzunehmen, um dann Kurzberichte auszustrahlen. Das Klagebegehren sei schließlich zu weit gefaßt, weil es sich auch auf Veranstaltungen im Ausland erstrecke, Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es ging in tatsächlicher Hinsicht von dem unbestrittenen Klagevorbringen aus, daß der Beklagte ein auf die Verhinderung oder Erschwerung von Kurzberichten abzielendes Verhalten bei den in der Klage genannten Veranstaltungen eingenommen habe. Dieses Verhalten sei ihm unabhängig davon zuzurechnen, ob er die Boxkämpfe im eigenen oder im fremden Namen veranstaltet habe. Seine passive Sachlegitimation sei daher gegeben. Die Wiederholungsgefahr liege schon auf Grund des sein Verhalten rechtfertigenden Prozeßstandpunktes des Beklagten vor.

Da öffentliche Sportveranstaltungen nicht unter dem Schutz des Urheberrechtsgesetzes stunden, müßten deren Veranstalter umso eher die Aufnahme und Sendung kleiner Teile ihrer Veranstaltungen zwecks Berichterstattung über Tagesereignisse (Kurzberichte) dulden. Weder die Befugnis zur Aufstellung einer Hausordnung und zu deren Durchsetzung noch das UWG oder das allgemeine Schadenersatzrecht noch die verwandten Schutzrechte nach dem Urheberrechtsgesetzgewährten dem Veranstalter ein Versagungsrecht hinsichtlich solcher Kurzberichte. Störungen oder Behinderungen der klagenden Partei bei der Erfüllung des im ORF-Gesetz enthaltenen Informationsauftrages seien daher rechtswidrig. In entsprechender Anwendung der §§ 69, 70 UrhG sei der Bericht über einen Boxkampf dann als freier Kurzbericht zu werten, wenn seine Gesamtdauer drei Minuten - dies entspreche der Zeit einer Boxkampfrunde - nicht übersteige. Zu diesem Zweck müsse der Veranstalter auch Aufnahmen von längerer Dauer, selbst die Aufnahme des gesamten Kampfes dulden, weil es der klagenden Partei obliege, zur anschaulichen Information der Allgemeinheit die markantesten Szenen auszuwählen. Eine Beschränkung des Unterlassungsgebotes auf inländische Veranstaltungen sei nicht erforderlich, weil sich die klagende Partei an Beschränkungen, die etwa im Ausland bestehen, ohnehin halten müsse. Die mit einem Kurzbericht verbundenen, den Veranstalter treffenden Vor- und Nachteile hielten sich die Waage.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil unter gleichzeitiger Neufassung des Entscheidungstenors teilweise dahin ab, daß der Beklagte schuldig sei, ab sofort zu dulden, daß die klagende Partei, ohne dafür ein besonderes Entgelt zu entrichten, Boxwettkämpfe, die der Beklagte - sei es auch nur im Namen oder für Rechnung von I Z in Österreich veranstaltet, für Zwecke einer jeweils drei Minuten nicht übersteigenden Berichterstattung über Tagesereignisse im Fernsehfunk sendet und auch vorher auf Bildträger aufnehme, sofern die mit der Aufnahme solcher Kurzberichte Beauftragten der klagenden Partei mit Besucherkarten versehen sind. Hingegen wies das Berufungsgericht das sich auf außerhalb Österreichs veranstaltete Boxkämpfe beziehende Mehrbegehren ab und sprach aus, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes 1000 S übersteigt. Es übernahm den vom Erstgericht seiner Entscheidung zugrundegelegten Sachverhalt mit Ausnahme der Feststellung, die mit einem Kurzbericht verbundenen, den Veranstalter treffenden Vor- und Nachteile hielten sich die Waage. Eine diesbezügliche Feststellung sei, so führte das Berufungsgericht aus, mit Rücksicht auf die den analog anzuwendenden Bestimmungen der §§ 69, 70 UrhG zugrundeliegende, vom Gesetzgeber selbst vorgenommene Interessenabwägung entbehrlich. In rechtlicher Hinsicht verneinte das Berufungsgericht eine die Erhaltung und Beförderung des allgemeinen Wohls im Sinne des § 364 Abs. 1 ABGB zu Lasten des Eigentumsrechtes oder sonstiger subjektiver Rechte einschränkende Wirkung des ORF-Gesetzes. Die klagende Partei dürfe bei Erfüllung ihres gesetzlichen Informationsauftrages in rechtlich geschützte Interessen Dritter nicht eingreifen. Hingegen genieße sie innerhalb ihres gesetzlich umschriebenen Aufgabenkreises, soweit sie nicht rechtlich geschützte Interessen Dritter verletze, Schutz gegen Eingriffe. Eine mutwillige Unterbindung oder Störung der rechtmäßigen Tätigkeiten der klagenden Partei sei daher rechtswidrig. Wohl sei eine Sportveranstaltung durch das Urheberrechtsgesetz nicht geschützt; werde jedoch eine solche Veranstaltung öffentlich abgehalten und bestehe ein Interesse der Allgemeinheit, darüber zu berichten, dann trete derselbe Interessengegensatz zwischen Veranstalter und Berichtsmittler auf, wie dies bei der öffentlichen, nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Aufführung der Fall sei. Beim Veranstalter urheberrechtlich geschützter Aufführungen lägen grundsätzlich alle jenen ideellen und geldwerten Interessen vor, die auch der Veranstalter eines sportlichen Wettkampfes besitze. Daraus folge, daß letzterer umsomehr alles das dulden müsse, was der Veranstalter urheberrechtlich privilegierter Aufführungen zu gestatten habe. Der vom Erstgericht aus den §§ 49, 69 Abs. 1, 70 Abs. 2 UrhG gezogene Größenschluß sei daher gerechtfertigt. Dies habe mit einer Ausdehnung von Ausschließungsrechten auf urheberrechtlich nicht geschützte geistige Arbeit oder auf die Schaustellung körperlicher Geschicklichkeit nichts zu tun. Es gehe vielmehr nur um die Duldungspflicht gegenüber einer im allgemeinen Interesse gesetzlich begünstigten Tagesberichterstattung. Da sich der Gesetzgeber für die Freiheit der "kleinen Berichterstattung" entschieden habe, könne all das, was sich am diese Grenzen halte, auch unter dem Gesichtspunkt einer unentgeltlichen Ausnützung fremder Leistung nicht rechtswidrig sein. Im übrigen sei infolge des unterschiedlichen Geschäftszweckes die gegenständliche Tätigkeit der klagenden Partei im Verhältnis zum Beklagten nicht eine zu Wettbewerbszwecken vorgenommene Handlung im Sinne des § 1 UWG. Im Hinblick auf den nicht vorgeplanten, ungewissen Handlungsablauf eines sportlichen Wettkampfes müsse es dem Nachrichtenmittler überlassen bleiben, unter Umständen sogar den gesamten Kampf aufzunehmen und dann die für den Kurzbericht notwendigen Teile zu senden. Eine Dauer von drei Minuten sei selbst im Falle der Beendigung eines Kampfes in der ersten Runde als Sendung eines "kleinen Teiles" anzusehen, weil auf die Dauer der gesamten Veranstaltung, die regelmäßig mehrere Kämpfe umfasse, abzustellen sei. Auf Grund dieser Gesetzeslage sei es unerheblich, ob nach internationaler Gepflogenheit ein Kurzbericht nur eine Minute dauere und nur gegen Entrichtung eines Entgeltes gesendet werden dürfe, sowie ob und in welchem Ausmaß das Zuschauerinteresse durch die Sendung eines Kurzberichtes beeinflußt werde. Da die klagende Partei ein Vorbringen nur in bezug auf einen räumlich auf das Inland beschränkten Unterlassungsanspruch erstattet habe, sei das darüber hinausreichende Mehrbegehren abzuweisen gewesen. Als reines Unterlassungsbegehren könnte das Klagebegehren umbestimmt sein, weil die klagende Partei die vom Beklagten zu unterlassende Handlungen nicht in einer konkreten Begehungsform, sondern nur in ihrer Zielrichtung umschrieben habe. Das Begehren sei der Sache nach auf Duldung, somit auf einen Sonderfall der Unterlassung gerichtet. Aus diesem Grund habe das Klagebegehren in diesem Sinn neu formuliert werden müssen.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei Folge und wies das Klagebegehren ab.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

In der Rechtsrüge wendet sich der Beklagte vor allem gegen die von den Untergerichten vorgenommene analoge Anwendung der §§ 49, 69 Abs. 1 und 70 Abs. 2 UrhG. Diese Bestimmungen räumten, so führt der Beklagte aus, der klagenden Partei keine subjektiven Rechte ein, die in die Vertragsfreiheit und in das Eigentum Dritter eingreifen könnten. Der Veranstalter habe das Recht, Personen von der Veranstaltung auszuschließen, die mit ihm keinen Vertrag abgeschlossen haben und er sei berechtigt, Vertragspersonen an vertragswidrigen Handlungen zu hindern. Dem Erwerber einer Eintrittskarte seien jedoch Filmaufnahmen verwehrt. Diese Rechte stunden dem Veranstalter nicht auf Grund des Urheberrechtsgesetzes, sondern auf Grund des ABGB zu. Die klagende Partei sei auch auf Grund ihres gesetzlichen Informationsauftrages nicht berechtigt, in diese Rechte des Veranstalters einzugreifen. Ein urheberrechtlich geschütztes Werk und die Veranstaltung eines Boxkampfes hätten nichts gemein, so daß weder ein Größenschluß noch eine Analogie zu den vorerwähnten Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes, die nicht einmal für alle öffentlichen Aufführungen urheberrechtlich geschützter Werke gelten (so nicht für die freie Werknutzung an Werken der bildenden Kunst und für den Schutz von Lichtbildern und Schallträgern), gerechtfertigt. Sportliche Veranstaltungen seien im Verhältnis zu Vorträgen und Aufführungen von Werken der Literatur und Tonkunst ein aliud. Es liege nicht eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes, sondern vielmehr eine absichtliche rechtspolitische Lücke vor, die von den Gerichten nicht geschlossen werden dürfe. Schließlich bestehe zwischen den Streitteilen ein Wettbewerbsverhältnis, so daß sich der Beklagte unter dem Gesichtspunkt des "Schmarotzens" an fremder Leistung auf den § 1 UWG berufen könne. Die klagende Partei versuche, das Unternehmerrisiko ohne gesetzliche Grundlage auf den Beklagten abzuwälzen. Eine Sendung in der Dauer von drei Minuten sei nicht als "kleine Berichterstattung" anzusehen. Noch weniger sei die klagende Partei berechtigt, einen Boxkampf in seiner ganzen Dauer aufzunehmen. Der Beklagte besitze nicht die passive Sachlegitimation, weil nach der Argumentation des Berufungsgerichtes nicht eine Verletzung eines urheberrechtlichen Ausschließungsrechtes im Sinne des einen Unterlassungsanspruch gegen jedermann gewährenden § 81 UrhG, sondern die Verletzung eines obligatorischen Rechts durch einen Erfüllungsgehilfen oder Beauftragten des Veranstalters vorliege. Für die Einhaltung der ihm obliegenden Pflichten habe ausschließlich der Veranstalter zu sorgen. Dies sei jedoch nicht der Beklagte gewesen. Die Frage, ob ein Kurzbericht drei Minuten oder nach internationalen Gepflogenheiten nur eine Minute umfasse, sei keine Rechtsfrage. Der Ausdruck "kurz" sei vielmehr ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Inhalt nach tatsächlichen Gegebenheiten festzustellen sei. Da dies nicht geschehen sei, liege ein Feststellungsmangel vor.

Entscheidend ist, wie die Untergerichte und auch die Streitteile erkannt haben, die Beantwortung der zentralen Frage, ob die im Urheberrechtsgesetz enthaltenen Bestimmungen über Kurzberichte (§§ 49, 69 Abs. 1, 70 Abs. 2 UrhG) im Wege der Analogie oder des Größenschlusses auf den vorliegenden Fall Anwendung finden können. Hiebei ist in Übereinstimmung mit den Untergerichten und der Auffassung des Beklagten, der von der klagenden Partei grundsätzlich gar nicht widersprochen wurde, davon auszugehen, daß der der klagenden Partei im ORF-Gesetz (Bundesverfassungsgesetz vom über die Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunks BGBl. 397/1974) erteilte Informationsauftrag für sich allein den Klagsanspruch nicht zu begrunden vermag, weil er nur innerhalb der durch die Gesetze gezogenen Grenzen zu befolgen ist. Gemäß dem § 2 Abs. 1 ORF-Gesetz hat der ORF, soweit es für diesen Rechtsstreit von Bedeutung ist, durch die Herstellung und Sendung von Hörfunk- und Fernsehprogramm sowie durch die Planung, die Errichtung und den Betrieb der hiefür notwendigen technischen Einrichtungen, insbesondere von Studios und Senderanlagen, vor allem zu sorgen für

1. die umfassende Information der Allgemeinheit über alle wichtigen politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und sportlichen Fragen durch a) objektive Auswahl und Vermittlung von Nachrichten und Reportagen, einschließlich der Berichterstattung über die Tätigkeit der gesetzgebenden Organe und der Übertragung ihrer Verhandlungen,

b) Wiedergabe und Vermittlung von für die Allgemeinheit wesentlichen Kommentaren, Standpunkten und kritischen Stellungnahmen unter angemessener Berücksichtigung der Vielfalt der im öffentlichen Leben vertretenen Meinungen, c) eigene Kommentare und Sachanalysen unter Wahrung des Grundsatzes der Objektivität. Irgendwelche Bestimmungen über die Art der Durchführung dieses Informationsauftrages, insbesondere über etwaige Eingriffsrechte in die durch die Gesetze geschützte Rechtssphäre dritter Personen, wie etwa Einschränkungen des Eigentumsrechtes im Interesse des öffentlichen Wohls (§ 364 Abs. 1 ABGB), sind in dem Gesetz nicht enthalten Der Informationsauftrag ist daher lediglich eine an die klagende Partei gerichtete programmatische Erklärung über deren Pflichten. Eine Verpflichtung erwächst aus dieser Vorschrift nur der klagenden Partei, die diesen Auftrag in Übereinstimmung mit der geltenden Rechtsordnung zu erfüllen hat. Daraus folgt für den vorliegenden Fall, daß sie zu Aufnahmen eines Boxkampfes auf Bildträgern und zur Sendung dieser Aufnahmen im Rahmen des ihr vom Gesetzgeber erteilten Informationsauftrages nur nach Maßgabe der in der Rechtsordnung hiefür vorgesehenen Bestimmungen berechtigt und verpflichtet ist. Stimmt der Veranstalter einem solchen Vorhaben der klagenden Partei zu, dann grundet sich Veranstalter gegenüber auf einen Vertragstitel. Da eine solche Zustimmung hier nicht erteilt wurde,muß geprüft werden, ob und unter welchen Voraussetzungen der klagenden Partei ein einseitiges, von der Zustimmung des Veranstalters unabhängiges Recht zusteht.

Bei dieser Untersuchung ist davon auszugehen, daß die Veranstaltung eines sportlichen Wettkampfes, wie die Untergerichte und auch die Streitteile zutreffend erkannt haben, einen urheberrechtlichen Schutz nicht genießt. Es handelt sich hiebei weder um ein Werk im Sinne der §§ 1 bis 6 UrhG noch um den Vortrag oder um die Aufführung von Werken der Literatur und Tonkunst (§ 66 UrhG). Daraus folgt, daß sich der Beklagte als Veranstalter (oder als dessen Vertreter) auf ein urheberrechtliches Ausschließungsrecht nicht mit Erfolg zu berufen vermag.

Dies bedeutet freilich nicht, daß er einen etwaigen Eingriff in seine Rechte hinnehmen muß. Als Veranstalter ist er grundsätzlich berechtigt, im Rahmen seines Hausrechts andere Personen von der Veranstaltung auszuschließen (§§ 354, 339, 344 ff., 362 ff. ABGB). Er besitzt daher einen im Eigentum bzw. im Besitz wurzelnden Ausschließungsanspruch, der von dem urheberrechtlichen Ausschließungsanspruch ungeachtet der vorhandenen Gemeinsamkeiten zu unterscheiden ist. Dem Urheberrecht liegt der Gedanke zugrunde, den Urheber in der wirtschaftlichen Verwertung zu sichern und vor allem das geistige Band, das zwischen dem Urheber und seinem Werk besteht, zu schützen. Besonders aus diesem Grund sind Zwangseingriffe in das Urheberrecht grundsätzlich umzulässig. Im Urheberrecht werden vermögensrechtliche und persönlichkeitsrechtliche Elemente auf das engste miteinander verbunden (Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 5).

Dieses urheberrechtliche Ausschließungsrecht wird nur im Interesse der Unterrichtung der Allgemeinheit über Tagesereignisse hinsichtlich kleiner Teile (im folgenden Kurzberichte genannt) von öffentlich vorgetragenen oder aufgeführten Werken der Literatur (§ 49 UrhG) bzw. von öffentlichen Vorträgen oder Aufführungen (§§ 69 Abs. 1, 70 Abs. 2 UrhG) Beschränkungen unterworfen (vgl. dazu Peter, Das österreichische Urheberrecht, 569, 599). Hiebei macht es keinen Unterschied, ob es sich um eine "Live-Sendung" oder um eine auf einem Bild- oder Schallträger festgehaltene Sendung handelt (SZ 43/5 mit ausführlicher Begründung. AM: Walter, GRURIt. 1971, 384). Es erhebt sich daher die Frage, ob diese Beschränkungen auf den vorliegenden Fall, somit auf die vorerwähnten bürgerlich-rechtlichen Ausschließungsrechte des Veranstalters von (urheberrechtlich nicht geschützten) sportlichen Wettkämpfen analog angewendet werden können. Da eine unmittelbar anzuwendende Norm nicht vorhanden ist, muß geprüft werden, ob eine vom Rechtsanwender zu schließende Lücke vorliegt oder ob an den gegenständlichen Sachverhalt nach der Absicht des Gesetzgebers keine Rechtsfolge geknüpft werden soll. Eine Rechtslücke ist eine planwidrige Unvollständigkeit innerhalb des positiven Rechts, gemessen am Maßstab der gesamten geltenden Rechtsordnung. Das Gesetz ist in einem solchen Fall, gemessen an seiner eigenen Absicht und immanenten Teleologie, ergänzungsbedürftig, ohne daß seine Ergänzung einer vom Gesetz gewollten Beschränkung widerspricht (Koziol - Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts[3] I, 20). Während eine planwidrige, vom Gesetzgeber nicht gewollte Lücke vom Gericht im Wege der Analogie zu schließen ist, bleibt die Schließung einer rechtspolitischen Lücke (gewollte Unvollständigkeit) ausschließlich dem Gesetzgeber vorbehalten.

Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, daß eine ausdrückliche Regelung über die Rechte der klagenden Parteien, Kurzberichte über einen Boxwettkampf auch gegen den Willen des Veranstalters aufzunehmen und zu senden, nicht besteht. Eine Untersuchung über die Art dieser Unvollständigkeit des positiven Rechts im oben dargelegten Sinn führt jedoch zu dem Ergebnis einer nur vom Gesetzgeber allenfalls zu schließenden rechtspolitischen Lücke. Dies ergibt sich zunächst aus dem bereits erwähnten Umstand, daß der Gesetzgeber im ORF-Gesetz der klagenden Partei zwar einen Informationsauftrag erteilt hat, ohne aber Vorschriften für dessen Durchführung zu erlassen. Aus diesem Schweigen des Gesetzgebers kann nur der bereits erwähnte Schluß gezogen werden, daß die Durchführung des Informationsauftrages ausschließlich im Rahmen der Gesetze und somit unter Beachtung der Rechte dritter Personen zu erfolgen hat. Für Zwangseingriffe in Rechte dritter Personen bieten die Bestimmungen des ORF-Gesetzes nicht den geringsten Anhaltspunkt, so daß angenommen werden muß, daß der Gesetzgeber, dem diese Problematik nicht unbekannt sein konnte, eine Regelung im Sinne von Zwangseingriffen nicht vornehmen wollte.

Entgegen der Auffassung der Untergerichte und der klagenden Partei fehlen die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung der vorerwähnten Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes betreffend Kurzberichte über Tagesereignisse (§§ 49, 69 Abs. 1, 70 Abs. 2), weil der durch diese Bestimmungen geregelte Fall eines Zwangseingriffes und der gegenständliche ungeregelte Fall eines (von der klagenden Partei gewünschten) Zwangseingriffes in den maßgeblichen Voraussetzungen nicht übereinstimmen.

Die urheberrechtlichen Bestimmungen über die Kurzberichte beruhen, wie den Erläuternden Bemerkungen zu entnehmen ist (abgedruckt in Peter, Das österreichische Urheberrecht, 569), auf der Überlegung, daß es bei Berichten über Tagesereignisse oft unvermeidlich ist, einzelne kleine Teile von öffentlich vorgetragenen oder aufgeführten Werken der Literatur oder Tonkunst bzw. von öffentlichen Vorträgen festzuhalten und dann öffentlich wiederzugeben. Die Unterrichtung der Allgemeinheit über Tagesereignisse in dieser anschaulichen Form soll nicht dadurch erschwert werden, daß sie an die Zustimmung der Urheber der geschützten Werke gebunden wird, zumal die Interessen der Urheber durch solche Filmberichte kaum berührt werden. Aus diesen Überlegungen des Gesetzgebers folgt, daß die Berichterstattung über Tagesereignisse die öffentlich aufgeführten oder vorgetragenen Werke selbst nicht zum Gegenstand haben darf. Sie muß vielmehr ein Tagesereignis betreffen, in dessen Verlauf geschützte Werke wahrnehmbar werden. Einer solchen Berichterstattung muß ein nachrichtenhafter, informativer Charakter eignen; sie darf nicht im Rahmen des Programmes eine darüber hinausreichende Wirkung anstreben oder einen selbständigen, in bezug auf das betreffende Werk einen Eigenwert besitzenden Programmpunkt darstellen. Die bruchstückhafte Wiedergabe soll eine Beeinträchtigung der Verwertungschancen des Urhebers verhindern (vgl. Walter, GRURInt., 1971, 384).

All diese Merkmale treffen aber auf einen Kurzbericht über einen Boxwettkampf nicht zu. Ein solcher Bericht ist nicht für eine nachrichtenhafte Berichterstattung über ein Tagesereignis bestimmt, in dessen Verlauf über den betreffenden Boxkampf berichtet wird, sondern der Kurzbericht hat einen veranstalteten Wettkampf selbst unmittelbar und ausschließlich zum Gegenstand und besitzt daher einen Eigenwert im vorgenannten Sinn. Der Kurzbericht, der noch am selben Abend und unmittelbar nach dem Kampf gesendet wird, hat nicht primär einen nachrichtenhaften Charakter. Die mit der Sendung eines solchen Berichtes verbundene Wirkung zielt vielmehr unverkennbar darauf ab, das Fernsehpublikum an dem Ereignis teilhaben, es gewissermaßen "dabeisein" zu lassen, weil die Aufnahme des gesamten Kampfes und die aus dem gewonnenen Filmmaterial ausgewählten und zusammengefügten interessantesten und wirkungsvollsten Szenen dem Fernsehpublikum einen sehr weitgehenden Gesamteindruck des Kampfes unter günstigsten Sichtverhältnissen ermöglichen. Auf diese Weise geht jedoch der nachrichtenhafte, informative und bruchstückhafte Charakter verloren und der von der klagenden Partei solcherart gestaltete Kurzbericht gewinnt die Bedeutung eines selbständigen Programmpunktes. Die dem Regelungszweck der vorerwähnten urheberrechtlichen Bestimmungen über Kurzberichte zugrundeliegenden Überlegungen des Gesetzgebers treffen daher, auf die gegenständlichen Kurzberichte nicht zu, so daß es nach der für die Analogie erforderlichen Voraussetzung der Gleichheit des Regelungszweckes fehlt.

Das gleiche gilt aber auch für die Voraussetzung der Gleichheit des Schutzbedürfnisses. Die urheberrechtlich geschützten Aufführungen und Vorträge sind ihrer Natur nach an sich wiederholbar. Für die Berichterstattung im oben dargelegten Sinn werden die Verwertungsinteressen des Urhebers nicht oder kaum beeinträchtigt. Im Gegensatz dazu sind Boxkämpfe und deren Verlauf an sich nicht wiederholbar, so daß das Spannungsmoment, insbesondere der Ausgang des Kampfes, für das Publikum in den Vordergrund tritt. Diesem Spannungsmoment vor allem verdankt der Veranstalter das Interesse der Zuschauer und damit seine Einnahmen. Die Sendung eines den Kampfverlauf in den wichtigsten und spannendsten Szenen zusammenfassenden Kurzberichtes beeinträchtigt diese Interessen daher in einem ungleich höheren Maß als dies bei Kurzberichten über Tagesereignisse im Sinne der zitierten urheberrechtlichen Bestimmungen hinsichtlich des Urhebers der Fall ist. Daraus ergibt sich ein wesentlich größeres Schutzbedürfnis des Veranstalters von Boxwettkämpfen, der überdies besorgen muß, daß durch einen zusammenfassend gestalteten Filmbericht ein mit den Tatsachen nicht übereinstimmender, seine Interessen gefährdender Eindruck des Fernsehzuschauers über den Kampfverlauf und über die Fähigkeiten der Boxer entstehen könnte. Mangels Gleichheit des Regelungszweckes und mangels Gleichheit des Schutzbedürfnisses sind daher die beiden zu vergleichenden Fälle nicht rechtsähnlich, so daß sich ein Analogieschluß verbietet. Der OGH verkennt hiebei nicht das bedeutende Schutzbedürfnis der Allgemeinheit an der Unterrichtung über derartige Sportveranstaltungen in der Form von Kurzberichten und verkennt auch nicht die Problematik des Gegensatzes der Interessen der Allgemeinheit und jener des Veranstalters. Die Schließung der bestehenden rechtspolitischen Lücke ist jedoch, wie bereits erwähnt, nicht Sache der Rechtsprechung, sondern Aufgabe des Gesetzgebers.