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OGH vom 18.07.2002, 3Ob186/02b

OGH vom 18.07.2002, 3Ob186/02b

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Sabine V*****, vertreten durch Dr. Johannes Patzak und Dr. Johannes Krauss, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Ferdinand B*****, Rechtsanwalt in *****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der J***** Gesellschaft m. b. H., *****, wegen "Unzulässigkeit der Exekutionsführung" (Streitwert 65.037,74 S sA = 4.726,48 EUR) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Berufungsgericht vom , GZ 23 R 115/01a-17, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Schwechat vom , GZ 1 C 96/00d-11, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 399,74 EUR (darin 66,62 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu zahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin wurde mit rechtskräftigem Urteil des LGZ Wien vom als Beklagte eines Verfahrens nach der AnfO schuldig erkannt, dem nunmehrigen beklagten Masseverwalter 508.918,40 S samt 9,75 % Zinsen seit und 17.720,37 S an Kosten sowie die mit 144.628,20 S bestimmten Prozesskosten bei sonstiger Exekution in die vormals ihrem Onkel (Schuldner des Anfechtungsgläubigers) gehörende und der Klägerin geschenkten Liegenschaft - ungeachtet des zu dessen Gunsten einverleibten Wohnungsrechts - zu zahlen. Mit Beschluss des BG Gmünd vom wurde dem nunmehrigen Beklagten zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von 508.918,40 S samt 9,75 % Zinsen seit sowie der Kosten von insgesamt 162.348,57 S samt 4 % Zinsen seit und der Kosten des Exekutionsantrags von 13.171,10 S die Zwangsversteigerung der erwähnten Liegenschaft bewilligt. Dieses Exekutionsobjekt wurde im Versteigerungstermin vom der betreibenden Partei um das Meistbot von 925.000 S zugeschlagen. Nach dem rechtskräftigen Verteilungsbeschluss vom wurde das Meistbot der betreibenden Partei "in der bücherlichen Rangordnung ... zur teilweisen Berichtigung der auf der Liegenschaft sichergestellten Forderung durch Barzahlung" - nämlich von 508.918,40 S samt 9,75 % Zinsen seit sowie der Kosten von 162.348,57 S samt 4 % Zinsen seit und der Kosten des Exekutionsantrags von 13.171,10 S - zugewiesen. Daraufhin wurde dem Beklagten am die gesamte Verteilungsmasse von 929.694,36 S (Meistbot samt Zinsen) ausgezahlt. Nach einer Teilzahlung auf die offene Restforderung von 30.000 S am haftet noch ein Betrag "von rund 65.000 S" aus.

Die Klägerin begehrte den Ausspruch der Unzulässigkeit der gegen sie mit Beschluss des BG Schwechat vom nach § 294a EO bewilligten "Exekutionsführung". Sie brachte vor, das Meistbot aufgrund der Zwangsversteigerung ihrer Liegenschaft sei nach § 216 Abs 2 EO sowie nach allgemeinen privatrechtlichen Grundsätzen wie folgt zuzuweisen gewesen:

Urteil LGZ Wien Kosten 162.438,57 S

Exekutionskosten BG Gmünd 30.396,03 S

Zinsen der beiden vorgehenden Kosten 8.103,88 S

Zinsen vom Hauptanspruch 313.705,78 S

Hauptanspruch 415.050,10 S

Ungetilgter Rest Hauptanspruch 93.868,30 S

Der nunmehr noch betriebene Forderungsrest sei ein Teil des Hauptanspruchs. Dafür bestehe jedoch nur eine Sachhaftung mit der versteigerten Liegenschaft.

Der Beklagte wendete ein, nach dem im Anfechtungsprozess erwirkten Urteil habe "zuerst die Sachhaftung zu greifen" und "dann erst die Haftung im Zuge des persönlichen Vermögens der Klägerin". Für den Ersatz der Kosten des Anfechtungsprozesses hafte die Klägerin persönlich. Die Zuweisung des Meistbots im Zwangsversteigerungsverfahren sei "auch nach allgemeinen Vorschriften zuerst auf Zinsen, dann auf Kapital und zuletzt auf Kosten" anzurechnen. Die Konkursmasse habe auf die Kostenersatzforderung aufgrund des im Anfechtungsprozess erwirkten Urteils nicht verzichtet.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es war der Ansicht, dass der Meistbotsverteilungsbeschluss des BG Gmünd zwar einer ziffernmäßigen Aufteilung des Meistbots in der nach § 216 Abs 2 EO gebotenen Tilgungsreihenfolge entbehre. Aus dem erzielten Meistbot folge jedoch iVm § 216 Abs 2 EO, dass die unberichtigte Restforderung des Beklagten auf das Kapital des Hauptanspruchs und auf mehr als drei Jahre rückständige Zinsen entfalle. Dafür hafte die Klägerin aber nicht persönlich, sondern nur mit der bereits versteigerten Liegenschaft. Die nunmehrige Exekutionsführung sei somit unzulässig.

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab. Es erwog in rechtlicher Hinsicht, die im Anfechtungsprozess bestimmten Prozesskosten genössen im Verteilungsverfahren nach § 216 Abs 2 EO - entgegen der Ansicht des Erstgerichts - nicht den Rang des Kapitals des Hauptanspruchs. Als Prozess- und Exekutionskosten iS des Gesetzes seien vielmehr "nur die dem Gläubiger mit der Einklagung und zwangsweisen Eintreibung erwachsenen Auslagen" als Nebengebühren der Hauptschuld gemäß § 912 ABGB anzusehen. Das verdeutliche insbesondere der Wortlaut des § 216 Abs 2 EO. Der Primärschuldner des Anfechtungsgläubigers sei zur Zahlung von 508.918,40 S samt 9,75 % Zinsen seit und 17.720,37 S an Kosten verurteilt worden. Diese Forderungen genössen iSd § 216 Abs 2 EO "die gleiche Priorität". Die im Anfechtungsprozess bestimmten Kosten seien hingegen nicht akzessorisch zur ursprünglichen Kapitalforderung gegen den Primärschuldner des Anfechtungsgläubigers, hafte doch die nunmehrige Klägerin als Anfechtungsgegnerin für die dem Anfechtungskläger zuerkannten Prozesskosten persönlich. Deren Hereinbringung sei nicht auf die versteigerte Liegenschaft als Haftungsobjekt beschränkt. Diese Kosten seien aus dem Meistbot erst nach Tilgung der Forderungen gegen den Primärschuldner des Anfechtungsgläubigers, die nach dem Gesetz gleiche Priorität genössen, zuzuweisen. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil es an einer Rsp des Obersten Gerichtshofs dazu mangle, "ob die Kosten, die im Prozess über eine erfolgreiche Anfechtung entstanden" seien, im nachfolgenden Versteigerungsverfahren den gleichen Rang wie die "ursprüngliche Forderung" hätten.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist wegen des vom Berufungsgericht angeführten Grundes zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt.

1. Verteilungsgrundsätze

1. 1. Nach § 216 Abs 2 EO genießen die gerichtlich bestimmten Prozess- und Exekutionskosten, die ua durch die Geltendmachung einer nicht pfandrechtlich sichergestellten Forderung (§ 216 Abs 1 Z 4 EO) entstanden sind, und die nicht länger als drei Jahre vor dem Tag der Erteilung des Zuschlags rückständigen, aus einem Vertrag oder aus dem Gesetz gebührenden Zinsen "gleiche Priorität mit dem Kapitale"; solche Kosten und Zinsen sind also im Rang des Kapitals zuzuweisen. Wie bereits der Wortlaut des § 216 Abs 2 EO klarstellt, handelt es sich bei den erörterten Kosten um die anlässlich der Durchsetzung des betriebenen Anspruchs zweckentsprechend aufgewendeten und daher gerichtlich bestimmten Kosten. Betriebener Anspruch im erörterten Sinn ist jene vollstreckbare Forderung nach § 8 Abs 1 AnfO, die im Wege der Exekution gegen den primären Titelschuldner nicht hereingebracht werden kann bzw konnte, deren Bestehen jedoch die Voraussetzung für die Anfechtungsbefugnis ist.

1. 2. Nach § 13 Abs 1 AnfO kann der Gläubiger das, was dem Vermögen des Schuldners durch die anfechtbare Rechtshandlung entging oder daraus veräußert oder aufgegeben wurde, soweit für sich beanspruchen, als es zu seiner Befriedigung erforderlich ist. War Gegenstand einer erfolgreichen Anfechtung - wie hier - die Veräußerung einer Liegenschaft aus dem Vermögen des Primärschuldners, so muss der Erwerber als Anfechtungsgegner deren exekutive Verwertung dulden. Er haftet demnach für die Befriedigung der vollstreckbaren Forderung des Anfechtungsklägers gegen den Primärschuldner nur mit diesem Vermögensobjekt. Dementgegen hat er für die Tilgung der Prozesskostenforderung des erfolgreichen Anfechtungsklägers mit seinem ganzen Vermögen einzustehen, haftet also insoweit persönlich.

1. 3. Durch eine Auslegung des § 216 Abs 2 EO, wie sie die Klägerin nach der von ihr für richtig gehaltenen Tilgungsreihenfolge anstrebt, würde deren persönliche Haftung für den Ersatz der gerichtlich bestimmten Kosten des Anfechtungsklägers in eine reine Sachhaftung umfunktioniert. Ein solches Ergebnis wäre untragbar. Das folgt schon aus dem erläuterten Verhältnis der Parteien des Anfechtungsprozesses. Somit genießen daher die dem erfolgreichen Anfechtungskläger zu ersetzenden, gerichtlich bestimmten Prozesskosten, wie schon das Berufungsgericht zutreffend ausführte, nicht den Rang der betriebenen Kapitalforderung, sind doch diese Kosten naturgemäß kein Akzessorium des im Titelprozess gegen den Primärschuldner geltend gemachten Anspruchs. Demnach kann sich aber der Begriff "Prozesskosten" in § 216 Abs 2 EO nur auf jene Kosten beziehen, die im Titelprozess gegen den Primärschuldner aufgewendet und gerichtlich bestimmt wurden.

2. Stellungnahme zu den Revisionsgründen

Die Klägerin setzt sich mit der Begründung im Berufungsurteil nicht auseinander, sondern beharrt auf ihrem schon im Verfahren erster Instanz vertretenen Prozessstandpunkt. Sie gesteht jedoch ausdrücklich zu, für die Kosten des verlorenen Anfechtungsprozesses "unbeschränkt" zu haften. Dem widerspricht allerdings die von ihr verfochtene Tilgungsreihenfolge im Lichte der Erwägungen unter 1. 3. Dass die bewilligte Exekution auch dann "unzulässig" wäre, wenn der Zuweisung des Meistbots die vom Berufungsgericht begründete zutreffende - im Verteilungsbeschluss nicht offen gelegte - Methode zugrunde liegt, wird von der Klägerin nicht behauptet. Angesichts des erzielten Ergebnisses muss überdies nicht mehr erörtert werden, ob die auf § 35 und § 36 EO gestützte Klage als Oppositions- oder Impugnationsklage zu qualifizieren ist.

Der Revision ist somit nicht Folge zu geben.

3. Kosten

Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsbeantwortung gründet sich auf § 41 iVm § 50 Abs 1 ZPO.