OGH vom 21.10.1998, 3Ob185/98x
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei C*****verein, nunmehr C***** AG, *****, vertreten durch Dr. Ferdinand R. Graf, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei Emanuel A*****, vertreten durch Dr.Karl Franz Leitgeb, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 2,000.000,-, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom , GZ 46 R 1684/97f-11, womit infolge von Rekursen der verpflichteten Partei und der verbotsberechtigten minderjährigen Michael A***** und Gabriel Rafael A*****, beide vertreten durch die Kindesmutter Christine A*****, diese vertreten durch Dr. Michael Drexler, Rechtsanwalt in Wien der Beschluß des Bezirksgerichtes Donaustadt vom , GZ 24 E 4915/97-2, abgeändert wurde, den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
1.) Die Bezeichnung der betreibenden Partei wird richtiggestellt auf "C***** AG".
2.) Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die betreibende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Mit Beschluß vom bewilligte das Handelsgericht Wien auf Grund eines Wechselzahlungsauftrages vom zu 15 Cg 151/97s unter anderem gegenüber dem Verpflichteten Exekution zur Sicherstellung durch bücherliche Vormerkung des Simultanpfandrechtes ob den Liegenschaften EZ 2858 und EZ 2859 je Grundbuch *****, wobei angemerkt werden soll, daß die Liegenschaft EZ 2858 als Haupteinlage auf die Liegenschaft EZ 2859 als Nebeneinlage diene.
Mit Beschluß vom (ON 2) wies das Erstgericht als Exekutionsgericht (siehe Heller/Berger/Stix 929) sein Grundbuch an, die bücherliche Vormerkung dieses Simultanpfandrechtes [zu vollziehen]. Dieser Beschluß wurde zwar den Parteien, nicht aber den minderjährigen Michael A***** und Gabriel Rafael A***** zugestellt.
Zu C-LNr. 10 (TZ 3738/1997) ist für den minderjährigen Michael und den minderjährigen Gabriel Rafael A***** das Belastungs- und Veräußerungsverbot eingetragen. Die Pfandrechtsvormerkung der betreibenden Gläubigerin erfolgte zu C-LNr. 11 (TZ 5994/1997). In der EZ 2859 wurde zu C-LNr. 6 (TZ 3738/1997) ein eben solches Belastungs- und Veräußerungsverbot eingetragen, während das Pfandrecht der betreibenden Gläubigerin zu C-LNr. 7 (TZ 5994/1997) vorgemerkt wurde.
Infolge Rekurses des Verpflichteten und der Verbotsberechtigten änderte das Rekursgericht mit dem angefochtenen Beschluß die erstgerichtliche Entscheidung dahin ab, daß es den Vollzug der mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien bewilligten bücherlichen Vormerkung des Simultanpfandrechtes ob den genannten Liegenschaften ablehnte. Zugleich verfügte es die Anmerkung dieser Verfügung im Grundbuch. Es sprach aus, daß der Revisionsrekurs zulässig sei.
Zur Begründung der Ablehnung des Vollzuges wird ausgeführt, daß den Belastungs- und Veräußerungsverboten der Verbotsberechtigten jeweils der Vorrang vor dem (vorgemerkten) Pfandrecht der betreibenden Partei zukomme, sodaß der "Anmerkung der bücherlichen Vormerkung des Simultanpfandrechtes" ein bücherliches Hindernis entgegenstehe und schon das Erstgericht die Anmerkung ablehnen hätte müssen. Aus den Ausführungen im Rekurs des Verpflichteten sei gerade noch erkennbar, daß sich dieser nicht gegen die Exekutionsbewilligung des Handelsgerichtes Wien, sondern eben gegen den genannten Beschluß des Bezirksgerichtes Donaustadt richte, mit dem auf Grund der Exekutionsbewilligung die bücherliche Vormerkung des Simultanpfandrechtes angemerkt worden sei.
Der Revisionsrekurs sei für zulässig zu erklären, da der Entscheidung zur Wahrung der Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukomme, und zwar insbesondere unter Berücksichtigung der Ausführungen Hofmeisters, Veräußerungs- und Belastungsverbote. Aktuelle Rechtsprechung und Entwicklungstendenzen, ÖJZ 1996, 752 ff. Nach diesem Vortragsbericht bestünden keine Bedenken dagegen, trotz des Verbotes dem Gläubiger eine Vormerkung gemäß § 38 lit a oder b GBG zu bewilligen. Erwachse der gesicherte Anspruch in Rechtskraft, so berechtige dieser Umstand allein noch nicht, die Anmerkung der Rechtfertigung der Vormerkung zu erwirken; vielmehr benötige der Vorgemerkte noch zusätzlich die Zustimmung des Verbotsberechtigten, die freiwillig erteilt oder durch die erfolgreiche Verbotsanfechtung entbehrlich gemacht werde. Gerade im zweiten Fall komme der Sicherung durch Vormerkung besonders große Bedeutung zu, da der ungesicherte Gläubiger nur allzu leicht durch genehmigte Verfügungen des Verbotsbetroffenen um den Lohn der erfolgreichen Anfechtung geprellt werden könne.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil offenbar seit den Entscheidungen SZ 23/255 und SZ 28/196 = EvBl 1955/293 = JBl 1956, 148 der Oberste Gerichtshof nicht mehr mit der Frage befaßt war, ob ungeachtet eines einverleibten Veräußerungs- und Belastungsverbotes nach § 364c ABGB die Vormerkung eines exekutiven Pfandrechts nach § 38 lit b GBG auf einer Liegenschaft zulässig ist. Der Oberste Gerichtshof hat allerdings in seiner Entscheidung NZ 1995, 69 und 187, die die Vormerkung eines Pfandrechts für Abgabenforderungen nach § 38 lit c GBG betraf, ausgesprochen, daß für eine Pfandrechtsvormerkung nach dieser Gesetzesstelle ein intabuliertes Veräußerungs- und Belastungsverbot ein Eintragungshindernis darstellt. Gegen die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes in den Fällen des § 38 lit a und b GBG hatte zunächst nur Hofmeister (siehe den vom Rekursgericht zitierten Vortrag; ebenso auch in Anmerkung NZ 1985, 116 zu NZ 1985/45 und in Anmerkung NZ 1988, 238 zu KG Ried im Innkreis NZ 1988/124) Bedenken geäußert. Noch in NZ 1985/116 bezeichnete er es als ganz unbestrittene Auffassung, daß das Veräußerungs- und Belastungsverbot grundbuchsrechtlich als Eintragungssperre auch gegen Vormerkungen wirke.
In der Folge hat Spielbüchler (in Rummel2 Rz 13 zu § 364c ABGB) unter Berufung auf (das obiter dictum in) Kreisgericht Ried NZ 1988/124, 234 eine Vormerkung nach § 38 lit b GBG für möglich erklärt, wenn die Unzulässigkeit des Verbotes geltend gemacht wird. Dazu kann sogleich bemerkt werden, daß im vorliegenden Fall die von Spielbüchler gestellte Bedingung nicht gegeben war. Oberhammer (in Schwimann ABGB2 Rz 21 zu § 364c) spricht sich unter Berufung auf die zitierten Ausführungen von Hofmeister und Spielbüchler für eine "Vormerkung des Anfechtungsstreits gemäß § 38 GBG" aus. Der Auffassung von Oberhammer kann aber schon deshalb keinesfalls beigetreten werden, weil eine "Vormerkung des Anfechtungsstreits" in unlösbaren Widerspruch zu § 8 Z 2 GBG steht, wonach man unter Vormerkungen (bedingte Rechtserwerbungen oder Löschungen - Pränotationen) grundbücherliche Eintragungen versteht, die nur unter der Bedingung ihrer nachfolgenden Rechtfertigung die Erwerbung, Übertragung, Beschränkung oder Erlöschung bücherlicher Rechte bewirken. Solches trifft auf einen "Anfechtungsstreit" zweifellos nicht zu.
Gegen die Auffassung von Hofmeister haben sich Angst (Rechtsfragen des rechtsgeschäftlichen Veräußerungs- und Belastungsverbotes, in Hofmeister-GedS 1 ff [13 f]) und Aschauer (Das rechtsgeschäftliche Veräußerungs- und Belastungsverbot bei Liegenschaften, 146 f und 172) ausgesprochen. Beide Autoren bekunden zwar durchaus Sympathie für das Anliegen Hofmeisters, sehen aber den von ihm vorgeschlagenen Weg als nicht gangbar an. Während Aschauer, der sich allein auf den von Hofmeister ebenfalls berücksichtigten Fall einer Anfechtungsklage bezieht, das Hindernis allein darin sieht, daß sich die Anfechtungsklage auf die Unwirksamkeitserklärung des Veräußerungs- und Belastungsverbotes richten würde, die Exekution zur Sicherstellung aber ausschließlich zugunsten von Geldforderungen zulässig sei, argumentiert Angst (abgesehen von dem hier nicht vorliegenden Fall eines vertraglich vereinbarten bücherlichen Rechtes) mit dem Widerspruch von Hofmeisters Auffassung zur Regelung in den §§ 41 und 42 GBG. In den Fällen des § 38 lit a und b GBG sei nämlich § 41 GBG anzuwenden, und hänge die Rechtfertigung daher vom Eintritt der "Exekutionsfähigkeit des vorgemerkten gerichtlichen Erkenntnisses" ab. Darunter sei aber eindeutig die Entscheidung zu verstehen, die über die Klage ergehe, die gegen den Eigentümer der mit dem Verbot belasteten Liegenschaft erhoben wurde, und es könne der Bestimmung nicht auch die Entscheidung über die gegen die Verbotsberechtigten eingebrachte Klage unterstellt werden. Es fehle somit jede gesetzliche Grundlage dafür, daß die Rechtfertigung der Vormerkung (erst) auf Grund eines dieser Klage stattgebenden Urteils beantragt werden könne. Der Gläubiger hätte daher die Möglichkeit, auf Grund des gegenüber dem Liegenschaftseigentümer erwirkten Exekutionstitels unabhängig vom Stand und vom Ergebnis des gegenüber dem Verbotsberechtigten geführten Verfahrens die Rechtfertigung der Vormerkung zu beantragen und würde daher ein unbedingtes Recht auch dann erwerben, wenn die von ihm gegen den Verbotsberechtigten eingebrachte Klage erfolglos bleibe. Vor allem könne wegen der Regelung des § 41 und § 42 Abs 2 GBG die im Absatz 1 dieser Bestimmung über die Rechtfertigungsklage enthaltene Regelung auf die gegen den Verbotsberechtigten einzubringende oder eingebrachte Klage nicht analog angewendet werden. Diese Auffassung werde auch in der - soweit überblickbar - einzigen Entscheidung [KG Ried NZ 1988, 234, die von Spielbüchler zu Unrecht als Beleg für seine Ansicht angeführt werde] vertreten, die bisher zu der erörterten Frage ergangen sei.
Dem Revisionsrekurs kann schon auf Grund der zutreffenden Ausführungen von Angst kein Erfolg beschieden sein. Wie sich aus dem (allein in Frage kommenden und auch von der Revisionsrekurswerberin allein angesprochenen) § 38 lit b GBG ergibt, kann die Vormerkung auf Grund gerichtlicher Verfügungen erfolgen, wodurch die Vormerkung als Exekution zur Sicherstellung bewilligt wird. Nach § 41 lit b GBG erfolgt die Rechtfertigung (im Sinne des § 40 GBG) in den Fällen des § 38 durch den Ausweis über den Eintritt der Exekutionsfähigkeit des vorgemerkten gerichtlichen Erkenntnisses. Die zweite Alternative des § 41 lit b GBG betreffend rechtskräftige Erkenntnisse von Behörden kommt hier nicht in Betracht. Zweifellos kann gerade in Fällen wie dem vorliegenden, in welchem im Exekutionsantrag von einer Anfechtung des dort gar nicht erwähnten Belastungs- und Veräußerungsverbotes gar keine Rede ist, kein Zweifel daran bestehen, daß mit "vorgemerktem gerichtlichen Erkenntnis" nur jener Exekutionstitel gemeint sein kann, der Grundlage für die Bewilligung der Exekution zur Sicherstellung war. Daß nach § 38 GBG eine Vormerkung unter mehr als einer Bedingung zulässig sein sollte, läßt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Die zusammengefaßten Ausführungen von Hofmeister in ÖJZ 1986, 754 lassen nicht erkennen, wodurch die von Angst aufgezeigte Konsequenz vermieden würde, daß das volle Recht (exekutive Pfandrecht) bereits mit der Rechtskraft der gesicherten Entscheidung (und nicht erst mit der Rechtskraft eines allfälligen Anfechtungsstreites) erworben werden könnte. Derartiges würde aber der einhelligen Rechtsprechung zuwiderlaufen, wonach das im Grundbuch eingetragene Belastungs- und Veräußerungsverbot nicht nur die vertragliche, sondern auch die zwangsweise Pfandrechtsbegründung verhindert (SZ 12/50, SZ 23/55, SZ 28/196; NZ 1985/45, 114; JBl 1989, 388 mzN). Umso weniger könnte die Vormerkung bewilligt werden, wenn der betreibende Gläubiger wie im vorliegenden Fall eine Klage gegen die Verbotsberechtigten nicht einmal ankündigt. Schließlich könnte sich die Betreibende auch nicht auf § 41 lit c GBG stützen, kann doch nicht gesagt werden, ein allfälliger Anfechtungs- oder Zustimmungsprozeß würde sich gegen die Person richten, wider die die Vormerkung erwirkt wurde.
Was zuletzt die Frage der Stattgebung auch des Rekurses des Verpflichteten angeht, so entspricht es ständiger Rechtsprechung, daß auch der Verpflichtete Rekurs gegen die entgegen einem Belastungs- und Veräußerungsverbot erteilte Exekutionsbewilligung erheben kann (Nachweise bei Oberhammer aaO Rz 20, welcher allerdings eine von der einhelligen Rechtsprechung abweichende Begründung bietet).
Kann aber der Verpflichtete eine unzulässige Exekutionsbewilligung anfechten, dann muß dasselbe auch für die im vorliegenden Fall bekämpfte Verbücherungsanordnung des vom Bewilligungsgericht verschiedenen Exekutionsgerichts gelten. Entgegen der Ansicht des Revisionsrekurses hat das Rekursgericht ohnehin zum Ausdruck gebracht, daß nach seiner zutreffenden Auffassung aus dem Rekurs des Verpflichteten gerade noch erkennbar ist, daß er sich nicht gegen die Exekutionsbewilligung sondern gegen den Verbücherungsbeschluß richtet. Das Gegenteil wäre schon deshalb widersinnig gewesen, weil das Rekursgericht keinesfalls das für das Handelsgericht Wien zuständig wäre.
Demgemäß hat das Rekursgericht auch dem Rekurs des Verpflichteten zu Recht Folge gegeben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO iVm § 78
Auf Grund der von der betreibenden Partei vorgelegten notariellen Bestätigung war die auf Grund einer Firmenänderung derselben unrichtig gewordene Parteibezeichnung richtigzustellen.